Zwischen Vergewaltigung und Verlobung
Es hörte sich zunächst nach einem Martyrium an, das eine junge Frau durchmachen musste und mit dem sich das Landgericht Regensburg diese Woche beschäftigt hat. Doch nun hat sich die 29-Jährige mit ihrem vermeintlichen Peiniger verlobt und will eine Familie mit ihm gründen.
Es muss ein lautstarker Streit gewesen sein, der die Polizei am frühen Morgen des 11. Januar veranlasst, in einer Wohnung in der Landshuter Straße nach dem Rechten zu sehen. Die Tür öffnet ihnen ein Mann mit nacktem Oberkörper: Yunus L. (Namen geändert). Auf dem Boden: zerbrochene Teller und Essensreste. Yasmin W., die in der Wohnung lebt, hat ein frisches blaues Auge.
Der Vorwurf: Körperverletzung und Vergewaltigung
Es ist eine verworrene Geschichte, die hinter alledem steckt. Yunus L. (34) bringt sie zunächst einmal für acht Monate in Untersuchungshaft und diese Woche vor das Landgericht Regensburg. Der Vorwurf: Körperverletzung und Vergewaltigung. Doch was genau passiert ist, kann am Ende auch die 8. Kammer am Landgericht Regensburg nicht aufklären. Wesentliche Vorwürfe werden am Ende fallengelassen. Und eine dubiose Rolle spielt der angebliche Ex-Verlobte der Geschädigten.
Laut Anklage soll L. die Frau, die sich als seine Freundin herausstellt, sturzbetrunken und unter Drogeneinfluss, im Streit zunächst mit der Faust derart aufs Auge geschlagen haben, dass sie kurz das Bewusstsein verlor. Er soll sie gewürgt, in den Oberarm gebissen und aufgefordert haben, für ihn in Hamburg anschaffen zu gehen. 5.000 Euro solle Yasmin W. für ihn auftreiben, die in Regensburg tatsächlich als Prostituierte arbeitet.
Handyfotos und viel Ketchup
Dann fesselt er die Frau, wirft sie aufs Bett und reißt ihr die Kleider vom Leib. Anschließend habe die Frau ihren Peiniger gebeten haben, doch miteinander zu schlafen. Aus Angst um ihr Leben, heißt es in der Anklage. Neben gefährlicher Körperverletzung wird Yunus L. deshalb auch die Vergewaltigung seiner Partnerin vorgeworfen.
Dann schießt L. Fotos von der gefesselten Frau. Laut Anklageschrift habe er dabei den Eindruck von Blut erwecken wollen und deshalb Ketchup auf Gesicht und Brust verteilt. Doch sind die Bilder tatsächlich Zeugnis eines brutalen Angriffs auf die 29-jährige?
Liebesbriefe ins Gefängnis
Yunus L., der während seiner Haft noch recht mitteilsam war, schweigt. Er wartet die Aussage von Yasmin W. ab. Dann die Überraschung. Es gibt einen Briefwechsel während der U-Haft, in dem die beiden sie die Treue schwören und Heiratspläne schmieden. Sie vermisse ihn schrecklich und denke permanent an ihn, heißt es in einem Brief, der verlesen wird. „Ich liebe dich, mein kleiner Affe.“
Mitte September haben die beiden sich schließlich verlobt. Deshalb steht der 29-Jährigen das Recht zu, die Aussage zu verweigern. Davon macht sie Gebrauch, erklärt mit knappen Worten lediglich, dass sie mit ihrem vermeintlichen Peiniger eine Familie gründen wolle.
Streit aus Eifersucht?
Im weiteren Verlauf der Verhandlung ergeben sich dann immer mehr Fragen. Eine Zeuge, laut eigener Aussage schon lange mit Yunus L. befreundet, erzählt, dass er am Tatabend bei dem Paar zu Gast war. Man habe einen Nudelauflauf gegessen und ein wenig getrunken. Er sei bald wieder gegangen. „Ich wurde dann aber von Yasmin angerufen und sollte zu ihr kommen.“
Sie habe über eine Handy-Ortungsapp festgestellt, dass sich Yunus L. im Auweg herumtreibe. Dort, wo sie selbst als Prostituierte arbeitet. Die 29-Jährige sei wohl davon ausgegangen, dass Yunus L. sie betrüge. So jedenfalls die Erzählung des Zeugen. Als der Angeklagte wieder in der Wohnung angekommen sei, habe sich sofort ein Streit entsponnen.
„Ich bin dann gegangen“, sagt der Zeuge. Er habe beide schon an Silvester aus seiner Wohnung geschmissen, als es wohl auch aufgrund von Eifersucht zu einem Streit gekommen war. Er wolle sich bei so etwas nicht einmischen und damit nichts zu tun haben.
Es folgen mehrere Stunden, in denen das Paar alleine in der Wohnung ist und über die sich das Gericht ein besseres Bild machen möchte. Unter anderem durch die Vernehmung von Roman B.
Der großzügige Bauunternehmer – Verlobter oder Zuhälter?
Der Bauunternehmer stellt sich als Ex-Verlobter von Yasmin W. vor. Den Angeklagten kenne er zwar, sei aber davon ausgegangen, dass dieser nur ein guter Freund von ihr sei. Von der Beziehung habe er erst durch den Polizeieinsatz erfahren, behauptet B. Er habe die Frau geliebt. Er habe alles für sie gegeben. Er bezahlte ihr die Wohnung, brachte ihr Essen. Und sei von ihr massiv betrogen worden.
Kennengelernt haben sich beide über die frühere Verlobte von B. Die Frauen seien Kolleginnen im Rotlicht-Milieu gewesen. So seien er und Yasmin W. sich näher gekommen und im Sommer 2019 schließlich ein Paar geworden. Zwei Jahre später habe man sich verlobt.
Doch war der Zeuge tatsächlich der liebende Verlobte der 29-Jährigen – oder nicht eher ihr Zuhälter? Das stellt Verteidiger Michael Haizmann in den Raum. Und auch wenn Roman B. das mehrfach und erbost von sich weist, werden auch bei der Kammer die Fragezeichen immer größer.
Bauunternehmer wollte „Wohnungen für Frauen“ schaffen…
Laut anderen Zeugenaussagen hat die 29-Jährige eher abfällig über B. gesprochen und ihn als „Chef“ bezeichnet. Wenn er ihr dann noch das Apartment bezahle, dann dränge sich natürlich ein entsprechender Verdacht auf, so der Vorsitzende Richter Oliver Wagner.
Stutzig macht das Gericht auch, dass das Verhältnis zwischen Roman B. und dem Angeklagten laut verschiedenen Chats zunächst wohl ein recht gutes war. Die Nachrichten lassen zudem den Schluss zu, dass Roman B. von der Beziehung zwischen Yunus L. und Yasmin W. wusste.
Im selben Chat geht es um eine Immobilie im Auweg, direkt neben der Arbeitsstätte von Yasmin W. als Prostituierte. Er habe das Haus kaufen und umbauen wollen, erklärt Roman B. Er spricht von Büroräumen, nuschelt aber auch etwas über „Wohnungen für Frauen“. Jetzt wird Richter Wagner deutlich. Er sei „nicht auf der Brennsuppe daher geschwommen“.
Zeuge soll Geschädigte beeinflusst haben
Doch Roman B. bleibt dabei. Mit Prostitution habe er nichts zu tun. Er habe Yasmin W. finanziell ausgeholfen und ihr eben auch Wohnraum zur Verfügung gestellt. Dass die Frau zeitweise um die 7.000 Euro pro Woche machte, habe er gewusst. Das habe ihn aber nie interessiert.
Die Verteidiger Haizmann und Alexander Greithaner haben massive Zweifel an der Aussage des Zeugen. Der wolle ihren Mandanten „hinter Gitter sehen“. Er habe deshalb auch auf die Geschädigte eingewirkt und sie vor ihren Aussagen im Zuge der Ermittlungen beeinflusst, so Haizmann.
Tatsächlich hatte die Geschädigte den Angeklagten, den sie nun heiraten will, zunächst massiv belastet. Doch nach der Verlobung Mitte September schrieb sie ihm ins Gefängnis, dass sie „aus diesem Alptraum aufwachen“ wolle und er stark bleiben solle.
Bewährungsstrafe und Suchtberatung
Angesichts dieser vielen Ungereimtheiten spielen all die Aussagen, die sich das Gericht angehört hat, am Ende keine große Rolle mehr. Nach einem kurzen Rechtsgespräch erklärt die Kammer, dass ohne eine Einlassung der Geschädigten nicht zweifelsfrei gesagt werden könne, ob es sich bei den Fotos nicht auch um einvernehmliche Situationen gehandelt haben könnte. Dem Angeklagten könne die Vergewaltigung somit nicht nachgewiesen werden.
Yunus L. gesteht, die Frau ins Gesicht geschlagen und sie auch am Hals gepackt zu haben. Die Kammer verurteilt den 34-Jährigen deshalb wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von 14 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Der bereits einschlägig vorbestrafte Mann soll in den kommenden sechs Monaten zudem 1.200 Euro an den Regensburger kontakt e.V. überweisen und an sechs Suchtberatungsterminen teilnehmen.
Stabilisierender Einfluss der Verlobung?
„Wir hoffen mal, dass die Verlobung der beiden einen auf die Beziehung stabilisierenden Einfluss hat“, hofft Wagner in seinem Schlusswort am Donnerstagnachmittag. Ob sich diese Hoffnung erfüllen wird, bleibt abzuwarten.
Erst vergangene Woche löste Yasmin W. einen Großeinsatz der Polizei in der Ostengasse aus. Dort wohnt die 29-Jährige mittlerweile – wieder in einer Wohnung von Roman B., der mit Prostitution nichts zu tun haben will.
Die Frau hatte mit einer Waffe auf sich selbst gezielt und mit Suizid gedroht. Offenbar, weil der Angeklagte sich von ihr trennen wollte. Das erzählt zumindest Roman B. Das Geschehen verlagerte sich auf die Straße, wo kurz darauf die Polizei eintraf und die Ostengasse angesichts der unklaren Situation kurzzeitig sperrte.
Die Ermittlungen wegen des Vorfalls wurden aber bereits eingestellt, da es sich lediglich um eine Schreckschusspistole handelte und kein strafbares Verhalten vorlag.
Mr. B.
| #
Mir tun die Gerichte leid!
Mit welchen Fällen müssen Sie sich befassen?
R.G.
| #
Solange Männer von hier diese Ge-prostituierten konsumieren, werden Frauen für eine Art Verlobte arbeiten müssen, damit ihnen hier und ihren Familien anderswo, vom Herrgot oder sonstwem, ein noch andauerndes Leben beschert ist.
joey
| #
Schlüsselworte: Affe, Waffe, Auweg.
So lebten sie bis ans Lebensende.
R.G.
| #
Die Justiz in Deutschland kann nach den bisherigen Gesetzen nicht ausreichend schützen, wenn Zwangsprostituierte aussagen möchten. Man müsste sie samt ihren KIndern aus der Heimat unter Polizeischutz stellen können.
Sollte auf die ferne Familie ausgeübte Gewalt befürchtet werden, bleibt den Damen nichts anderes übrig, als sich hier komplett zu unterwerfen und so zu verhalten, wie es den Tätern zum Vorteil gereicht.
Hase
| #
Hört sich für mich ganz danach an, dass die Freundin harte psychische Probleme hat. Meistens sieht man es so lieben Mädels es nicht an, wie viel Wahnsinn hinter dieser Schönheit steckt, ich spreche aus Erfahrung.