Zweite Runde für den Umweltklub
PM der Stadt Regensburg
Fotos:Â Stadt Regensburg/Stefan Effenhauser
Am 24. Juli 2015 fand der zweite U-Klub unter der Federfederung von Bürgermeister Jürgen Huber zum Thema „Umwelt und Verkehr“ im Leeren Beutel statt.
„Um über die Frage, wie wir mehr Verkehr abwickeln und zugleich umweltfreundlicher werden, sprechen und diskutieren zu können, brauchen wir Expertisen, Expertenwissen und fundierte Zahlen und Fakten“, so Bürgermeister Huber, der die Gäste herzlich begrüßte. „Wir müssen miteinander reden, uns informieren und Fragen stellen. Diese Möglichkeit will der U-Klub bieten.“
Zur Einstimmung auf den Abend zeigte der Filmemacher Erik Grun eindrucksvoll und mit einem Schuss Humor, wie viele Autofahrer auf dem Weg zur Arbeit alleine unterwegs sind, anstatt beispielsweise Fahrgemeinschaften zu bilden. Dieses Bild untermauerte auch der erste Beitrag von Anton Sedlmeier, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung bei der Stadt Regensburg. Er zeigte auf, dass rund 90 Prozent der Autos, die nach Regensburg einpendeln, mit nur einer Person besetzt sind.
Demografie stellt Stadt vor Herausforderung
Des Weiteren führte Sedlmeier aus, dass seit 1990 die Stadtbevölkerung in Regensburg zunimmt und weiterhin zunehmen wird. Die Stadt verzeichnet dabei auch einen Zuwachs bei der jüngeren Generation, so dass bis 2030 Regensburg zur zweitjüngsten Großstadt nach München in Bayern wird. Mit dieser positiven demografischen Entwicklung hält auch die wirtschaftliche Entwicklung Schritt. Das bedeutet aber auch, dass zwei Drittel der Menschen, die in Regensburg arbeiten, zu ihren Arbeitsplätzen in die Stadt pendeln. Die aktuellen Statistiken sprechen laut Amtsleiter Sedlmeier eine deutliche Sprache: Immer noch 51 Prozent der Stadtbevölkerung greift auf das Auto zurück, um von A nach B zu kommen. Das Fahrrad wird von 19 Prozent, der ÖPNV von 13 Prozent bevorzugt. 17 Prozent sind in Regensburg hauptsächlich zu Fuß unterwegs.
Was bedeuten diese Zahlen? Die CO²-Emissionswerte und der Feinstaub steigen, der Verkehrslärm nimmt zu. Allein in Regensburg fühlt sich jeder vierte Stadtbewohner vom Verkehrslärm gestört.
Raimund Schoberer, Bund Naturschutz, betonte in seinem Statement, dass es genügend Erkenntnisse über die Risiken des Feinstaubs gäbe. Doch was muss man tun? Erste positive Signale hat die Stadt gesetzt: Die Einführung des E-Busses für die Altstadt oder die Fahrrad-Kampagne „Respekt bewegt“.
Weiteren Herausforderungen muss sich die Kommune jedoch nach Meinung von Raimund Schoberer stellen: Feinstaub, Lärm, Flächenverbrauch, Unfälle.
Rudolf Gruber, Leiter des städtischen Umweltamtes, weiß, dass Regensburg zu den Städten mit hohen Feinstaubwerten gehört. „Wir haben seit 2007 die gesetzlich zulässigen Werte für Feinstaub nicht überschritten. Dennoch ist uns allen klar, dass wir die Werte minimieren müssen“, so Gruber. Einen großen Teil des Feinstaubs produziert der Verkehr. Stadtrat und Verwaltung befassen sich derzeit mit der Einführung einer Umweltzone; ein entsprechendes TÜV-Gutachten ist in Bearbeitung. Die Einführung der Umweltzone ist und kann jedoch nur ein Baustein von vielen weiteren Maßnahmen sein. Wichtig ist es, beispielsweise die Elektromobilität voranzutreiben.
Die Zahl von aktuell 49 angemeldeten reinen Elektro-Autos in Regensburg spricht Bände.
Radverkehr bedeutet Lebensqualität
Die Vertreter des ADFC Regensburg fanden klare Worte: Um städtische Lebensqualität zu schaffen und den öffentlichen Raum optimal zu gestalten, ist der Fahrradverkehr das beste Mittel. Die Stadtplaner müssen sich entscheiden, für wen sie planen. Bevorzugen sie den motorisierten Individualverkehr oder den Radverkehr. Die Funktionsfähigkeit einer Großstadt leidet nicht darunter, wenn mehr für den Fahrradverkehr getan wird: Während ein Auto laut ADFC in europäischen Großstädten durchschnittlich 10 bis 15 km/h fährt, kommt man per Rad mit einer konstanten Geschwindigkeit von 15 km/h gut voran.
Auch für die Altstadt und den Einzelhandel sind die Fußgänger und Radfahrer wichtig – mehr noch als PKW-Nutzer. „Es ist uns unverständlich, warum die Einzelhändler immer noch um jeden Parkplatz kämpfen“, so Dr. Klaus Wörle, der Regensburger ADFC-Vorsitzende.
Wolfgang Bogie, Vertreter des VCD – Verkehrsclub Deutschland – Kreisverband Regensburg e.V., verstärkte nochmals die Aussage, dass die Stadtplanung das A und O sei, um den Pendlerverkehr zu minimieren. „Wir brauchen eine mutige Verkehrswende“, so Bogie. „Seit Jahren ist unsere Infrastruktur nicht fahrradfreundlich. Und der ansteigende Pendelverkehr braucht unbedingt die Schiene.“
Urbane Elektromobilität
Dieser Aufruf war für Holger Ben Zid-Ostrowski, Projektleiter für den E-Bus 2020 bei den Stadtwerken Solingen, eine Steilvorlage: „In Solingen wird ein emissionsfreier ÖPNV realisiert. Wir wollen weg vom Diesel und hin zur E-Mobilität. Ziel ist es, im Jahre 2020 einen klimafreundlichen ÖPNV durch 100-prozentige Elektromobilität zu erreichen.“ Die Stadt Solingen, die Stadtwerke und Netze Solingen verfolgen mit mehreren Kooperationspartnern das Ziel, den ÖPNV in Solingen zukünftig rein elektrisch und emissionsfrei zu gestalten. Gemeinsam soll der Oberleitungsbus und das damit verknüpfte Oberleitungsnetz intelligent und ökologisch weiter entwickelt werden.
Straßenbahn in historischen Städten
Felix Berschin, Nahverkehrsberater aus Heidelberg, zeigte anhand von Fotos aus aller Welt, wie gut sich eine Straßenbahn in historischen Städten mit schmalen Gassen anpassen kann. „Eine Straßenbahn darf kein Fremdkörper im Stadtbild sein“, betonte Berschin. „Sie müssen ebenerdig sein, in sensiblen Bereichen auch mal ohne Oberleitung auskommen und sich in den Verkehrsraum einfügen.“ Für den Experten ist Regensburg absolut geeignet für eine Straßenbahn, auch wenn viel Öffentlichkeitsarbeit nötig ist, um das Nutzen-Kosten-Verhältnis zu erläutern.
An die Expertenrunde schloss sich eine offene Diskussion an. Die Teilnehmer waren sich einige, dass man viel mutiger sein sollte: Die Angst, dem Auto etwas wegzunehmen, ist auch unter Politikern immer noch groß. Wichtig ist, den ÖPNV noch attraktiver zu gestalten: Es müssten besondere Angebote für Unternehmen bzw. deren Arbeitsnehmer geben, Komfort wie WLAN in den Bussen vorhanden sein, die Tarife überschaubarer und die Fahrpläne verständlicher werden.
Nach gut zwei Stunden bedankte sich Bürgermeister Huber bei allen Beteiligten. „Mit diesem Abend haben wir die Diskussion – besonders zur Stadtbahn – wieder in Gang gebracht. Wichtig ist nun, dass wir keinen ideologischen Krieg führen, sondern beide Themen Umwelt und Verkehr positiv besetzen.“
Neben Erik Grun war auch die Tänzerin Kilta Rainprechter der Bitte des Bürgermeisters nachgekommen, sich künstlerisch mit den Themen des Abends auseinanderzusetzen. Sie zeigte mit ihrem Ausdruckstanz, wie gut man sich dank seines Körpers fortbewegen kann: schnell und langsam, mit kleinen oder großen Schritten, hektisch oder schleichend, hüpfend und bedächtig.