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Zwangsarbeiter: Erst heiß begehrt, jetzt ignoriert

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Während der NS-Herrschaft waren Zwangsarbeiter in Regensburg heiß begehrt. An die 150 Unternehmen und Institutionen forderten billige Arbeitssklaven an. Allein in den Rüstungsbetrieben von Messerschmidt wurden in Regensburg 5.000 Menschen zur Arbeit gezwungen. Insgesamt waren 18.000 Zwangsarbeiter in Regensburg registriert, quer durch alle Bereiche der Gesellschaft. Das Orchester am Stadttheater bestand fast ausschließlich aus Zwangsarbeitern, die Kirche profitierte unter anderem bei der Brauerei Bischofshof oder im Karmelitenkloster von Zwangsarbeit. Für das Fürstenhaus Thurn und Taxis, das übrigens nie in den Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft eingezahlt hat, mussten die verschleppten Männer und Frauen auf den herrschaftlichen Gütern arbeiten. So groß sich das Profitinteresse bis 1945 ausnahm, so gering ist das Interesse an der Aufarbeitung dieser Geschichte heute. Die ersten Besuche ehemaliger Zwangsarbeiterinnen wurden nicht von der Stadt Regensburg, sondern durch Privatinitiativen organisiert. Die maßgebliche Arbeit leisten bis heute Einzelpersonen und Verbände.

Die medizinische Hilfe für ehemalige NS-Opfer auf der Krim ist ein Projekt, das aus diesem Engagement entstanden und in dieser Form einmalig in ganz Bayern ist. Seit 2006 hat sich Pax Christi als Träger dieses Projekts angenommen. Es ist aber untrennbar verknüpft mit dem Namen Hana Pfalzova verknüpft. Seit 2003 fährt die 34jährige regelmäßig auf die ukrainische Halbinsel, um den Betroffenen, die im Rahmen des Projekts unterstützt werden, das gesammelte Geld persönlich vorbei zu bringen. Dabei arbeitet Hana Pfalzova eng mit einem Opferverein zusammen, der in der Hauptstadt Simferopol seinen Sitz hat.

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Diese 180 Menschen, fast ausschließlich Frauen, kennt sie alle persönlich. Und neben den harten Zahlen und Fakten beeindrucken vor allem die persönlichen Schicksale dieser Frauen, die Hana Pfalzova in diesen sechs Jahren dokumentiert und im Bild festgehalten hat. Ein kleiner Teil dieser Frauen wird noch bis Ende November bei der Ausstellung Frauenleben im L.E.D.E.R.E.R. e.V. vorgestellt. Dass sich zur Eröffnung knapp 40 Besucher eingefunden haben, darf als Erfolg gewertet werden.

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„Trotz ihrer unterschiedlichsten Lebensgeschichten haben diese Frauen alle etwas gemeinsam: Sie litten ihr ganzes Leben lang darunter, dass sie in ihrer Kindheit oder Jugend im deutschen NS-Reich waren”, sagt Pfalzova. Meist noch als Jugendliche wurden sie von den Nazis nach Deutschland verschleppt. Viele von ihnen können bis heute nicht über ihre Erfahrungen reden. In der Sowjetunion wurden sie unmittelbar nach ihrer Befreiung auch noch als Staatsfeinde bezeichnet und erneut verfolgt und diskriminiert. Es wurde ihnen vorgeworfen, für die Deutschen gearbeitet zu haben. „Die Frauen, die Sie auf den Fotos sehen, sind jetzt alle alt, und sie werden zum dritten Mal bestraft”, konstatiert Hana Pfalzova. „Sie können ihr Alter nicht in Würde verbringen.” Die symbolische Entschädigung, die einige – nicht alle von ihnen – bekommen haben, ist längst verbraucht. Für dringende medizinische Behandlungen reichen 80 Euro monatliche Rente nicht aus. Die Folgen der Wirtschaftskrise tun ein Übriges. Zuletzt war Hana Pfalzova im März auf der Krim und ist von der Situation schockiert. Enorme Preissteigerungen, viele Entlassungen. Die Kinder können ihre Eltern finanziell nicht mehr unterstützen. Einigen wenigen Menschen wird durch das Projekt geholfen. Auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Schätzungsweise 16.000 ehemalige NS-Opfer leben noch auf der Krim, 180 werden durch das Hilfsprojekt unterstützt.

Hana Pfalzova: „Für mich ist es etwas ganz Besonderes, denn ich bekomme sehr viel zurück von diesen liebevollen alten Menschen. Ich bin mir sicher, dass es zur Versöhnung beiträgt, sich an ihr Bett zu setzen, ihnen zu zuhören. Doch diese Versöhnung kommt viel zu spät. Auf der Krim stellte ich fest, dass sie zum ersten Mal über die Zeit in Deutschland sprechen. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass zumindest ein Beitrag zur medizinischen Hilfe nicht zu spät kommt.”

Fotos: Herbert Baumgärtner

Das Projekt Medizinische Hilfe wurde im April 2006 von pax christi Regensburg gestartet. Initiiert wurde es 2003 von der „Arbeitsgemeinschaft für ehemalige ZwangsarbeiterInnen im Evangelischen Bildungswerk e.V.“. Mittlerweile besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Opferverband in Simferopol, über den 180 ehemalige Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge unterstützt werden. 108 Personen sind älter als 75 Jahre. Alle drei Monate erhalten sie Pakete mit haltbaren Lebensmitteln. Seit 2003 wurden 22.000 Euro verteilt, vor allem für Medikamente und medizinische Behandlung. Das Geld stammt zum übergroßen Teil aus Spenden (Spendenkonto: pax christi, Liga Bank Regensburg, BLZ 75090300, Kontonummer 101167464, Betreff: Medizinische Hilfe – Krim).

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Kommentare (3)

  • edi buchinger

    |

    an @all

    Es ist doch nicht von der Hand zu weisen,
    dass u.a. “unser” OB, auch in punkto Regensburger
    Zwangsarbeiter, nur so viel tut, wie es eben
    gerade noch oportun ist.
    Seine Pflichtübungen, z.B. beim Zug gegen das
    Vergessen, Umbenennung der Nazi Straße “Florian-Seidel”, sein labiler Widerstand gegen Rechtsextreme Strömungen im Regensburger CSU Stadtrat, sind uns allen noch in Erinnerung.
    Also Herr Schaidinger “Farbe bekennen”, die
    Farbe unserer Demokratie kann und wird nie mehr
    wieder braun sein”

    Grüße an @ all ;-)

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  • Josef

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    @ edi buchinger

    und was hat das alles mit den fehlenden Entschädigungsansprüchen zu tun ? Selbst wenn unser OB eine Straße nach den Zwangsarbeitern benennen würde, hätten diese nichts davon. Und Kriegsopferrenten wie etwa nach dem BVG sind eindeutig Sache des Bundes. Einfach mal auf den OB “draufhaun” und ihm in diesem Zusammenhang “rechte Gesinnung” zu unterstellen, weils gerade mal wieder passt, ist nicht sehr objektiv und führt in dieser Sache nicht weiter.

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  • eduard buchinger

    |

    an @Josef,

    “Und Kriegsopferrenten wie etwa nach dem BVG sind eindeutig Sache des Bundes.”

    merci! …für ihre schnelle, wenn auch unrichtige
    und polemische Antwort. Sicher wird “unser OB”,
    ihnen dafür danken, er braucht gerade jetzt
    Fürsprecher wie sie es wohl sind?
    Aber sie haben da wohl etwas durcheinander gebracht, Kriegsopferrenten und Zwangsarbeiterentschädigungen sind Zweierlei!
    Selbstverständlich kann und soll unsere, einst
    blühende Stadt (also: vor den letzten Jahren
    des Schaidinger Clans) …für die rund 14.000 in
    Regensburg tätigen Zwangsarbeiter E n t s c h ä d i g u n g e n leisten!!! Solange jene noch
    leben, und dannach an deren Angehörigen, klaro?

    Damals hat Regensburg, angefangen von der
    Zuckerfabrik bis zum Kirchenneu- und -Straßenbau, von
    der “Blutarbeit” der Zwangsarbeiter auch ordentlich provitiert.
    Und Arbeit muß bezahlt werden lieber Josef, oder? ;-)
    P.S. Wenn ein OB J e n e s “-vergessen machen wollte, dann zeigte dieses auch eine gewisse Gesinnung!”

    Viel Spaß beim Lobhudeln ….

    Beste Grüße edi .-)

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