„Zugegebenermaßen etwas verkürzte Botschaft“
Regensburg im Freudentaumel: Das Domspatzen-Video der Tourismus GmbH ist endlich wieder online. Warum es überhaupt entfernt wurde, weiß ohnehin nur der Oberbürgermeister.
Was ist Krisenmanagement? Zum Beispiel das: Reagiere nicht auf die Kritik, die geäußert wird, sondern auf eine andere – eröffne einen Nebenkriegsschauplatz. Erkläre öffentlich, wie absurd und blödsinnig diese Kritik (die niemand geäußert hat) ist und beweise dadurch Haltung. Ernte dafür den erwartungsgemäßen Zuspruch und warte ab. Zum Abschluss sorge dafür, dass Personen, die entweder selbst Betroffene der (berechtigten) Kritik oder von Dir abhängig sind, Deine Haltung unterstützen. Dieser Tage hat das die Stadt Regensburg in Person von Oberbürgermeister Joachim Wolbergs vorexerziert.
Weiber und Neger können nicht singen
Was ist geschehen?
Die Regensburger Tourismus GmbH (RTG) produziert in Zusammenarbeit mit übrigens einer Münchner Film-Firma eine multimedial angelegte und viral wirken sollende Werbekampagne, um Besucher nach Regensburg zu locken. Für einen fünfstelligen Eurobetrag werden vier Videos unter dem Motto „Regensburger Originale“ produziert, über deren Qualität und Witz man sicher streiten kann. Dazu werden entsprechende Postkarten und Plakate gedruckt und bundesweit verteilt. Doch eine Postkarte misslingt. Sie vermittelt die Botschaft: „Weiber und Neger können nicht singen und sind fürchterlich nervig. Nichts ist eben besser als das Original: Regensburgs straff geführte Domspatzen!“ Lustig! Hihihi! So ein toller Humor! Da muss man doch gleich nach Regensburg fahren.
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen…
Das ist vielleicht noch kein Grund, in Hysterie zu verfallen, insbesondere dann, wenn man schon länger in Regensburg lebt und schon ganz anderes erlebt hat, aber: Dass hier – sicher nicht absichtlich, sondern aus reiner Achtlosigkeit – mit sexistischen und rassistischen Stereotypen gespielt wird, das wird man ja wohl noch sagen dürfen…
Ein Beipackzettel für den tollen Witz
Da reagierte auch die RTG. Geschäftsführerin Sabine Thiele erklärte die Intention der Werbekampagne, die offensichtlich erklärungsbedürftig war, und rechnete den Ausländer- und Frauenanteil in ihrem Unternehmen vor, um zu beweisen, dass man doch gar nicht rassistisch oder sexistisch sein könne. „Absurder geht es ja wohl nicht mehr“, sekundierte wenig später Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und um diese „wirklich nicht hilfreiche Pseudo-Empörungsaktion (zu) beenden“, „deswegen, und nur deswegen“ ließ er das Video – das niemand kritisiert hatte – vom Netz nehmen. Eine eher seltsame und übereilte Reaktion: Mit dem Video nämlich verschwand auch die einzige Erklärung, welche die Aussage der besagten Postkarte etwas hätte entschärfen können.
Unzählige 26 Kommentare
Unterdessen gingen die „Regensburger Originale“, zumindest eines davon, viral, wenn auch nicht ganz im Sinne des Erfinders: Zahlreiche Medien berichteten über den Wirbel rund um die Postkarte. Selbst eine dpa-Meldung gab es zu dem Thema. Die Kommentarspalten auf Facebook füllten sich, auch bei Oberbürgermeister Wolbergs. Unzählige 26 Kommentare bekam er auf die Veröffentlichung seiner Pressemitteilung, meist positiv, manchmal verbunden mit der Forderung, doch das Video wieder online zu stellen. „Aufgrund unzähliger positiver Reaktionen“, wie der Oberbürgermeister in einer Pressemitteilung verkündete, lasse er das Video deshalb wieder online stellen.
Glaubwürdige Befürworter!
Unterstützende Stimmen zu dieser Entscheidung des Oberbürgermeisters kamen von RTG-Geschäftsführerin Sabine Thiele – wenig verwunderlich, weil sie selbst im Zentrum der Kritik stand. Sie kamen von Domspatzen-Manager Christof Hartmann, der so auf die Internationalität seines Chors hinweisen kann. Und auch Philipp Weber und Insa Wiese von der Kurzfilmwoche werden in der Pressemitteilung lobende Worte in den Mund gelegt – was wenig verwunderlich erscheint, wenn man weiß, dass die Kurzfilmwoche am Tropf städtischer Zuschüsse und die RTG auf ihrer Seite als Förderer und Kooperationspartner ausweist. Ist doch immer gut, wenn jemand von einem abhängig ist…
Immerhin: Ganz am Rande seiner Jubel-Mitteilung räumt Joachim Wolbergs „die zugegebenermaßen etwas verkürzte Botschaft der Werbe-Postkarte“ ein. Dieses verkniffene Eingeständnis hätte er auch gleich machen können. Denn darum ging es eigentlich.
P:S: Missbrauchsopfer Georg Auer, dem das Bistum Regensburg acht Jahre lang die Anerkennung verweigert hat, reagiert sarkastisch auf das erneute Online-Stellen des Videos. Er schreibt in einem Kommentar auf unserer Seite:
Domspatzen-Faschings-Video ist wieder Online:
Meine Frage an den OB von Regensburg: Meint er bei seiner Bezeichnung “Pseudoempörung” etwa auch die Domspatzen-Missbrauchsopfer?
“— Fasching is. Hellau, Hellau, Hellau!!!”
Student
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Peinlicher Aktionismus von Herrn Wolbergs.
Dieter
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OB Wolbergs tappt seit Wochen von einem Fettnäpfchen ins andere, wirkt dabei fahrig und so patzig wie Schaidinger in seinen besten Zeiten. Zu anderen Themen wie z.B. dem Domspatzenskandal hält er sich dafür mehr als bedeckt.
Eigentlich unerträglich…
Regensburger Bürger
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Weiber und Neger können nicht singen? Wohl auch rothaarige Arier (bitte genau hinschauen!). Und wer setzt sich endlich für blonde Brillenträger ein? Die werden auch total diskriminiert auf diesen Postkarten!!!
– Und jetzt bitte zur Abwechslung mal ein wichtiges Thema. In China ist nämlich schon wieder ein Sack Reis umgefallen – und RD hat nicht drüber berichtet.
Doc Wolli
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Woher kommt plötzlich die Wolli Weisheit, das Internet mal recht hat? Erst kürzlich hat er noch den Bloggern die Kompetenz abgesprochen?
‘Twitter-Experten sollten sich nicht zu Containern äußern.’
http://www.regensburg-digital.de/container-fluechtlinge-ein-paar-quadratmeter-deutsche-lebenswirklichkeit/12122014/
Das man bei Facebook ,Twitter und drgl. aufpassen muss kennt auch ‘Doctor Wolbergs’ oder gilt doch nur die Wahrheit vom OB ? :-)
https://www.facebook.com/nachrichtenheutedeutschland/posts/389076961257349
joey
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kann ja gar nicht rass. und sex. sein, da “Neger und Weiber” oder auch Rothaarige in Regensburg an Werbeaktionen mitwirken dürfen.
Wenn sie aber “leise rieselt der Schnee” im Dom singen wollen, ist das nach wie vor schlechter Geschmack. Wenn denn das überhaupt zulässig wäre, denn im Dom hat Bischof Voderholzer das Hausrecht…
Es handelt sich um billige Komik, die mit Regensburg als Kulturstadt nichts zu tun hat. Welche gebildeten Touristen lassen sich von sowas ansprechen?
vanieda
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Werbung für ein creatives Regensburg ist es bestimmt nicht. Kein Kuhdorf würde das veröffentlichen. Werbefachlich plumper, grottenschlechter Mist, weder sexistisch noch rassistisch, sondern frei von Idee und Witz.
Rita Pauli
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Die Pressemitteilung der Stadt ist die reinste Zumutung und sind einer Behörde nicht würdig.
http://www.regensburg-digital.de/wp-content/uploads/2015/01/Absurder-geht-es-ja-wohl-nicht-mehr.pdf
-Der Inhalt und der flapsigen Stil der Pressemitteilung dient nicht der sachlichen Information, sondern erinnert mich eher an Gschaftlhuberrei. (Motto: die Deppen sind die anderen).
-Auch beinhaltet sie keine Stellungsnahme was man künftig (besser) anders machen will.
Sehr Schade.
Domspatzen-Postkarte: Es war nicht alles schlecht! » Regensburg Digital
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[…] wir ein wenig zurück: Im Zuge der Diskussion um die misslungene Werbepostkarte der RTG hatte die Linken-Fraktion eine äußerst scharfe Presseerklärung verschickt – Überschrift: […]
willwissen
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Zu:
Student
27. Januar 2015 um 17:43 | #
Peinlicher Aktionismus von Herrn Wolbergs.
Verdammt, ich will das gern lesen, Aigner! Was wurde jetzt SCHON wieder zensiert? Diese “Zeitung” ist, was Zensur angeht, wirklich spitze!
Stefan Aigner
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@willwissen
Leider verstehe ich Ihren wirren Beitrag nicht. Wenn Sie etwas lesen wollen, dann lesen Sie es. Hier wurde nichts gelöscht. Wenn, dann betrifft es Beiträge Ihres Niveaus.