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Graphic Novel

Zeit heilt keine Wunden – das Leben des Ernst Grube

Ernst Grube überlebte den Holocaust. Nach dem Krieg wurde er als Kommunist politisch verfolgt und mehrfach inhaftiert. Nun gibt es eine Graphic Novel über sein Leben.

Ernst Grube mit Zeichnerin Hannah Brinkmann. Fotos: pm

Auch wer dem NS-Verfolgten Erst Grube schon mehrfach zuhören durfte, kann immer wieder neue Details und Zusammenhänge seines Lebens erfahren. Nun auch in einer neuen Form, eindrücklich und versiert gezeichnet in einer Graphic Novel. Die Geschichte der grausamen Kindheit Grubes in München und Theresienstadt, die Zeit nach der Befreiung und seine antikommunistische Verfolgung erzählt nun die mehrfach prämierte Zeichnerin Hannah Brinkmann (zuletzt Dortmunder Comic-Preis 20024).

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Es ist eine Hommage an den Überlebenden des NS-Regimes Ernst Grube. Aber auch die Geschichte des ehemaligen NS-Staatsanwalts und Richters Kurt Weber, der im NS-Regime Todesurteile gegen kommunistische Widerständler verhängt hatte und Grube 1959 verurteilte, wird erzählt.

Nach dem Krieg von einem Kriegsverbrecher verurteilt

Als zwölfjähriger Junge wurde Ernst Grube im Februar 1945 zusammen mit seiner jüdischen Mutter und seinen Geschwistern ins nationalsozialistische Ghetto nach Theresienstadt deportiert. Sie überlebten. Nach der Befreiung durch die Rote Armee engagierte er sich unter anderem gegen die Wiederbewaffnung der BRD. Als Mitglied der FDJ und KPD (Verbot 1956) wurde Grube dann Anfang der 1950er Jahre politisch verfolgt und mehrfach inhaftiert – teils in Isolationshaft.

Seine letzte Verurteilung vor dem Strafsenat des Bundesgerichtshofs zu einem Jahr Gefängnis geschah 1959 unter dem Vorsitzenden Richter Kurt Weber: einst Erster Staatsanwalt im nationalsozialistischem Regime.

„Im Alter kommt der Schmerz zurück.“

In einem kurzen Abspann zeichnet Brinkmann wie Grube als etwa 90jähriger auf sein Leben als Verfolgter und Aktivist zurückblickt. Trotz seines hohen Alters mahnt und engagiert sich Erst Grube (92) als Überlebender des NS-Regimes gegen Diskriminierungen und Rassismus, Rechtsextremismus und Krieg.

Für Grube, der seit Jahrzehnten in Schulen und auf öffentlichen Veranstaltungen von seiner Ausgrenzung und Verfolgung berichtet, heilt die Zeit keine Wunden: „Im Alter kommt der Schmerz zurück“. Er habe Glück gehabt, sagt der gezeichnete Grube. Seine Mutter (Clementine) und Geschwister (Werner, Ruth) und er verdanken ihr Leben „vor allem der Standhaftigkeit meines Vaters, der unbeugsam und hartnäckig um seine Familie kämpfte“.

Sein nicht-jüdischer (protestantischer) Vater Franz, ein selbständiger, kommunistischer Malermeister, habe dem immer größeren werdenden Druck der Nazis, sich von seiner jüdischen Frau und den Kindern zu trennen, bis zuletzt widerstanden.

Berufsverbot und Diffamierung durch den Verfassungsschutz

Während Ernst Grube Anfang der 1970er ein Berufsverbot als Berufsschullehrer abwehren musste und er im Jahre 2010 als bayerischer Landessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) vom Verfassungsschutz namentlich im Jahresbericht erwähnt wurde, genießt er heute mehrere Auszeichnungen: Georg-Elser-Preis (2007), Ehrenbürger München (2002).

Über die Grenzen Bayerns hinaus tritt Grube auf Demonstrationen und Veranstaltungen als gefragter Redner, sozusagen Experte für erlittene Ausgrenzung und Verfolgung auf. Ehrenamtlich engagiert er sich in vielerlei Organisationen, wie etwa als Präsident der Lagergemeinschaft Dachau oder im Kuratorium der Stiftung Bayerische Gedenkstätten.

Wie die 1990 in Hamburg geborene Brinkmann in einem Interview mit dem Verlag erzählt, bot das Münchner NS-Dokumentationszentrum (das den Band zusammen mit dem Avant-Verlag auch herausgibt) ihr an, eine grafische Biografie über das Leben Grubes zu zeichnen. Für die daraus entstandene Graphic Novel hat Brinkmann seit 2019 eng mit Grube und seiner Ehefrau Helga Hanusa zusammengearbeitet.

NS-Staatsanwalt wurde BGH-Richter

Immer wieder und mehrfach seien Aussagen und Formulierungen, die von Ernst Grube stammen, abgestimmt worden. Brinkmann: „Ich habe das als sehr bereichernd empfunden, da ich Ernsts Stimme so wirklich wiedergegeben werden konnte und es nicht ausschließlich durch den Filter meines Schreibens ging. (…) Und es gab auch für mich immer wieder Momente der Sprachlosigkeit angesichts dessen, was Ernst erlebt hat.“

Für eine historisch korrekte Darstellung der Laufbahn des NS-Staatsanwalts und späteren BGH-Richters Kurt Weber stellte Brinkmann ausgiebige Recherchen in diversen Archiven an. Sie suchte einschlägige historische Ort auf, wie etwa das heutige Theresienstadt (Terezin).

Buchvorstellung am 18. Februar

Die eigentlichen Zeichenarbeiten haben sich über Jahre hingezogen. Brinkmann habe durch die Zusammenarbeit mit Ernst Grube „ein ganz neues Bild davon bekommen, was politisches Engagement bedeuten kann.“ Denn Ernst Grube habe sein ganzes Leben für das gekämpft, was er für richtig hält. „Er ist überzeugt, dass jeder Mensch gleich viel wert ist. Unabhängig von seiner Herkunft, Hautfarbe, Religion oder politischen Haltung. Ich finde das besonders bewundernswert in einer Zeit, in der viele vergessen, politische Verantwortung zu übernehmen.“

Am Dienstag den 18.2.2025 stellt Hannah Brinkmann ihr herausragendes, fast 270 Seiten dickes Buch zusammen mit Ernst Grube im Leeren Beutel vor: Beginn 19 Uhr, Eintritt frei.

Hannah Brinkmann: Zeit heilt keine Wunden – Das Leben des Ernst Grube, Avant-Verlag Berlin 2024, 261 Seiten, 30 Euro.

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Kommentare (1)

  • Mr. T.

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    Interessant, dass es auch damals schon faschistische Staatsanwälte und Richter gegeben hat. Auch Berufsverbote für als Links gelesene Personen sind keine Erfindung der Neuzeit.

    Dabei war doch auch Hitler laut führenden Personen nicht längst verbotener Parteien angeblich ein Kommunist.

    Bei allem Sarkasmus: Hut ab vor Herrn Grube und seinen Millionen von Leidensgenossen*innen, die nicht so viel Glück hatten.

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