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Korruptionsaffäre

Wolbergs’ Verfassungsbeschwerde bleibt erfolglos: Neuauflage des Korruptionsprozesses in München

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde von Joachim Wolbergs wegen seiner Verurteilungen in zwei Korruptionsprozessen nicht zur Entscheidung angenommen. Damit ist der Weg frei für eine Neuauflage des ersten Verfahrens.

Rechtsanwalt Peter Witting und sein Mandant Joachim Wolbergs. Foto: Archiv/as

Zweieinhalb Jahre hat sich das Bundesverfassungsgericht Zeit gelassen, um über die im Januar 2022 eingelegte Beschwerde von Regensburgs Ex-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs zu befinden. Er hatte sich über seinen Rechtsanwalt Peter Witting gegen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs gewandt.

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Dort hatte der sechste Strafsenat am 4. November 2021 eine Verurteilung von Wolbergs wegen Bestechlichkeit ( durch den Chef des Immobilien Zentrum Regensburg) bestätigt. Ein erstes Urteil des Landgerichts Regensburg, wo der Ex-OB in Zusammenhang mit verschleierten Wahlkampfzuwendungen des Immobilienmagnaten Volker Tretzel wegen Vorteilsannahme schuldig, in zahlreichen anderen Punkten freigesprochen wurde und straffrei blieb, zerriss der Senat damals regelrecht in der Luft.

Rechtskräftig blieb im Wesentlichen nur der Schuldspruch. Einen Großteil der Freisprüche sowie das Strafmaß hob der Bundesgerichtshof auf, monierte zahlreiche Rechtsfehler und verwies das Verfahren zur Neuverhandlung an das Landgericht München I.

Verfassungsgericht sieht keine allgemeine Bedeutung des Falls

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde von Wolbergs-Anwalt Witting befasste sich das Bundesverfassungsgericht inhaltlich nicht und lehnte eine nähere Befassung ab. Man könne keine allgemeine Bedeutung des Falls erkennen, so die Begründung. Auch lasse sich Wittings Ausführungen nicht entnehmen, „dass eine Verletzung seiner (Wolbergs’, Anm. d. Red.) Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte durch die angegriffenen Entscheidungen möglich erscheint“.

Zum anderen sei der Rechtsweg in der Sache nicht ausgeschöpft. Damit wird der erste Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs auf absehbare Zeit in weiten Teilen erneut verhandelt werden – dann vor dem Landgericht München I. Das hatte eine Terminierung des Verfahrens bis zur nun gefällten Entscheidung des Verfassungsgerichts ausgesetzt.

Neuverhandlung in München

Dort, beim Landgericht München I, hatte der Bauträger Volker Tretzel nach sieben Jahren juristischer Gegenwehr, die ihn nach eigenen Angaben neun Millionen Euro gekostet hatten, im Januar 2023 gestanden, ein kriminelles Strohmann-System zur Verschleierung von Wahlkampfspenden organisiert zu haben. Er habe sich damit das Wohlwollen des Oberbürgermeisters sichern wollen, ohne öffentlich in Erscheinung zu treten.

Dem Geständnis vorausgegangen war eine Verständigung zwischen Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft, in deren Rahmen Tretzel für den Fall eines Geständnisses eine Bewährungsstrafe zugesichert wurde. Eine Verständigung, die Wolbergs und sein Anwalt als „dreckigen Deal“ kritisierten. Am Ende wurde Tretzel wegen vier Fällen der Vorteilsgewährung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten plus einer Geldstrafe von 1,5 Millionen Euro (300 Tagessätze) verurteilt.

Gericht sah „gelockerte Unrechtsvereinbarung“ 

Auch wenn die Vorsitzende Richterin damals betonte, dass über Wolbergs’ Schuld oder Unschuld in einem gesonderten Verfahren entschieden werde, ging das Gericht damals von einer „gelockerten Unrechtsvereinbarung“ zwischen ihm und Tretzel aus. Allein schon angesichts der ungewöhnlichen Höhe sei es „fernliegend“, die Zahlungen des Unternehmers einem „großen Altruismus“ zuzuschreiben – auch aus dem „objektiven Empfängerhorizont“.

Etwas vereinfacht ausgedrückt: Jeder verständige Mensch musste erkennen, dass Tretzel diese Zahlungen nicht leistete, weil er so ein guter Mensch war, sondern weil er sich dafür eine Gegenleistung erwartete – Wohlwollen des Oberbürgermeisters bei der Beurteilung der von ihm verfolgten Projekte.

Hunderttausende flossen an Regensburger SPD und CSU

Allein für den Wolbergs-Wahlkampf 2014 flossen über mehrere Jahre verteilt aus dem Tretzel-System fast 500.000 Euro. Etwas mehr als 100.000 Euro gingen in diesem Zeitraum an die CSU für Landtags- und OB-Wahlkampf.

Im Rahmen seiner Einlassung vor dem Landgericht München I berichtete Tretzel auch von Flugerfahrungen in seiner Privatmaschine mit Alt-Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Der kurzzeitig mit einem gut dotierten Beratervertrag bei Tretzel bedachte Alt-Oberbürgermeister versucht derzeit, mit einem kürzlich erschienenem Büchlein, seine Sicht der Dinge unters Volk zu bringen.

Witting kündigt neuerliche Beschwerde an

Wolbergs-Anwalt Witting kritisiert insbesondere die lange Zeit, die das Bundesverfassungsgericht für seine (bereits Ende Juli gefallene) Entscheidung gebraucht hat: „Warum das Bundesverfassungsgericht mehr als zweieinhalb Jahre benötigte, um eine vollständig inhaltsleere Entscheidung zu treffen, ist nicht nachvollziehbar.“

Er kündigt bereits jetzt eine neuerliche Verfassungsbeschwerde an – doch zunächst steht die Neuauflage des ersten Prozesses vor dem Landgericht München I an. Dort wird Volker Tretzel aller Voraussicht nach als Zeuge aussagen müssen. Die ersten Ermittlungen in der Regensburger Korruptionsaffäre liegen mittlerweile acht Jahre zurück.

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Kommentare (15)

  • Markus Feilner

    |

    Wunderbar knackig formuliert. So bekommen die 9 Millionen Euro, die quasi der Preis dafür waren, “nur” eine Bewährungsstrafe zu bekommen, eine ganz andere Strahlkraft. Schade, dass man sich so freikaufen kann von Recht und Gesetz. Man denkt sonst immer, das gibt es nur in den USA und anderen Bananenrepubliken. Aber das ist wohl blauäugig… :-)

  • Rudiger

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    Klimawandel 2.1? Schau ma mal, wer diesmal kleben bleibt.
    Die Gerichte sind vermutlich einer fragwürdigen Verurteilung müde.

  • Daniela

    |

    Kann es nicht irgendwann ein Ende mit diesem Politskandal geben?

    Mensch Joachim, bekennen, Strafe erhalten und sich aus der Politik raus halten.
    Der Tretzel hat es doch vorgemacht.

    Zieh Dich zurück, such Dir eine neue Berufung und beginn ein neues Leben. Dieser ständige Ärger hinterlässt Spuren.

    An der ganzen Geschichte verdienen doch nur noch Anwälte und Gerichte.

  • Mr. T.

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    Zweieinhalb Jahre für diese Nicht-Entscheidung ist schon unverschämt lange. So lange sollte niemand drauf warten müssen.
    Auf jeden Fall muss es jetzt weitergehen, damit die Kiste endlich mal richtig abgeschlossen wird.

  • Burgweintinger

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    jaaa…, Gerichte verdienen Unmengen… fast schon Wucher………..

  • Exiller

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    Ich finde schon wichtig, dass sowas sorgfältig geprüft wird bevor ein Rechtskräftiges Urteil zurückgenommen wird. Die Prüfung wurde von Wollbergs selbst veranlasst. 2,5 Jahre finde ich für so ein absuredes erstes Urteil jedoch lange.
    Ich kenne mich in den juristischen Mühlen nicht aus aber für mich handelt es sich durchaus um ein Verfahren, welches von öffentlichen Interesse her ausverhandelt werden muß. Schwierig ohne Tretzel ein falsches Geständnis beweisen zu können da raus zu kommen…

  • Jonas Wiehr

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    Kommentar gelöscht. Bitte nicht persönlich werden.

  • Günther Herzig

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    Sehe ich das richtig? Hat die MZ die Keyfacts von r-d abgekupfert?

  • Luchs

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    Alle Gerichte, inkl. Bundesverfassungsgericht, sind doof und gegen Wolli. Unter diesen Umständen hat man es als Anwalt schon schwer. Zum Glück gibt’s Richterin Elke Escher, sonst würde man den Glauben an die blinde Justitia ganz verlieren.
    Im Ernst: Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass RA Witting den Rechtsweg für seinen Mandanten nicht in smartester Weise beschreitet.

  • Günther Herzig

    |

    @Daniela
    23. September 2024 um 18:54 | #
    Lebensberaterin Daniela? Meinen Sie, er hört auf Sie?
    Mit Ihrer Ansicht: “An der ganzen Geschichte verdienen doch nur noch Anwälte und Gerichte”, verraten Sie eine profunde Unkenntnis. Aber Sie müssen schließlich alles kommentieren! Wer wieviel Geld ausgibt für seinen beschädigten Ruf, entscheidet nur der Betroffene. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Wolbergs Anhängerschaft Crowd Funding betrieben hat.
    Das bisherige Ergebnis hat sehr viel zu tun mit der Beratung durch RA Witting, der hätte Einfluss nehmen können und sollen, dass Joachim Wolbergs nicht ständig öffentlich die Staatsanwaltschaft, die Justiz und noch andere angreift.

  • Lieschen Müller

    |

    Zurücklehnen und genießen.
    Das passive Wahlrecht wird er mit dem nächsten Prozeß verlieren und das war’s dann endgültig mit der Politik für Wolli. Da baut ihm auch keiner mehr eine Bruecke. Halleluja.

  • Hindemit

    |

    Das BVG prüft wohl nach Priorisierung und Relevanz und nach dem Grundsatz “wenn, dann gscheit”- und nicht kursorisch. Die werden nicht wenig zu prüfen haben und die 2.5 Jahre sind wohl ein Hinweis in diese Richtung. Das Drama ist relativ und wird halt von Hr. Wolbergs´ Verteidigung so dargestellt. Es muss nicht grundsätzlich neu geklärt werden wie die Parteispenden abzulaufen haben. Tretzel und Co. hätten auch 5 Mio. an Wolbergs Spenden können, sie hätten es nur offen legen müssen und kein Strohmannsystem installieren dürfen. Das war das Problem.

  • lol

    |

    Haha, meine Lieblings-Telenovela geht weiter! 😄 Der Wolbergs-Prozess in München wird neu aufgerollt – die Spannung steigt! Es ist einfach wie eine endlose Serie mit all den Intrigen, Skandalen und überraschenden Wendungen. Jetzt, da das Verfassungsgericht die Beschwerde abgelehnt hat, freue ich mich schon auf die nächste Staffel. Wer braucht schon Netflix, wenn die reale Politik so viel Drama bietet?

  • xy

    |

    Ich verstehe nicht, wie Wolbergs und sein Anwalt rechtlich im Ernst auf den Gedanken kommen konnten, dass man mit der Verfassungsbeschwerde Erfolg habe, solange der Rechtsweg nicht ausgeschöpft ist (§ 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG). Das würde mich wirklich interessieren. Dass keine der gesetzlichen Ausnahmen von diesem Grundsatz vorliegt, ist offensichtlich. Die Verfassungsbeschwerde war vollkommen überflüssig und die Entscheidung vorhersehbar.

  • Arno Nym

    |

    Endlich geht es weiter. Sicher nicht die Letzte Runde. Irgendwie kann man doch bestimmt auch noch den EuGH für Menschenrechte anrufen, wenn es in München die nächste Klatsche gibt.
    Schade nur dass Wolli bei den Politikern in Regensburg echt gute Chancen hat wieder Bürgermeister zu werden. Hätte er seine Fehler nur von Anfang an eingestanden…
    Aber so. Unwählbar.

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