Woher kam das „exklusive“ Stadtbau-Protokoll?
Es gibt Geplänkel um die Herausgabe des internen Protokolls einer Stadtbau-Sitzung an das Wochenblatt. CSU-Chef Franz Rieger verdächtigt den OB.
Man kennt das als Journalist. Wenn einem exklusive Infos zugespielt werden und man diese veröffentlicht, dann beginnt sie: die Suche nach dem Leck. Ein solches Leck vermeint nun der CSU-Vorsitzende Franz Rieger gefunden zu haben: in Person von keinem Geringeren als Oberbürgermeister Joachim Wolbergs.
Umstrittene Besetzung bei der Stadtbau
Worum geht es: Bereits vor einigen Wochen – am 16. August – hatte das Regensburger Wochenblatt „exklusiv“ aus den Protokollen jener Stadtbau-Sitzung zitiert, in der es um die umstrittene Besetzung des Postens für den technischen Leiter mit einem Mann ging, der zuvor zunächst für das Bauteam Tretzel und anschließend für das Immobilien Zentrum Regensburg tätig war. Zwei Unternehmen also, gegen die die Staatsanwaltschaft im Zuge der Spendenaffäre rund um den Wahlkampf von Joachim Wolbergs ermittelt.
Dossier
Zudem wird auch gegen den – mittlerweile in Amt und Würden befindlichen – technischen Leiter selbst ermittelt. Er steht in Verdacht, Architekt jenes Spendenkonstrukts zu sein, vermittels dessen über Strohmänner über 500.000 Euro auf das Wahlkampfkonto des jetzigen Oberbürgermeisters geflossen sein sollen. Insbesondere SPD-Fraktionschef Norbert Hartl, aber auch der OB selbst sollen sich für den Tretzel-Mann als technischen Leiter stark gemacht haben.
Das Wochenblatt tritt in besagtem Bericht dem entgegen, zitiert dazu aus den besagten „Stadtbau-Protokollen“ und – diese Tendenz ist bereits seit einigen Wochen üblicher Duktus – verteidigt Joachim Wolbergs uneingeschränkt.
“Vertrauen irreparabel zerstört”
Ist das bereits Beleg dafür, dass es auch Wolbergs war, der jene vertraulichen Protokolle an das Wochenblatt durchgesteckt hat? Selbstverständlich, befindet CSU-Chef Franz Rieger in einer heute verschickten Pressemitteilung.
Auf Nachfrage mehrerer CSU-Stadträte habe der Geschäftsführer der Stadtbau, Joachim Becker, erklärt, dass er und seine damit betraute Mitarbeiterin zu keinem Zeitpunkt ein Aufsichtsratsprotokoll an die Medien gegeben hätten, heißt es darin.
„Da das Protokoll über die Sitzung des beschließenden Ausschusses der Stadtbau GmbH vom 28.05, in der der neue technische Leiter nach persönlicher Fürsprache und auf Druck des Oberbürgermeisters eingestellt wurde, nach Wissen der CSU nur Becker und Wolbergs erhalten haben, kann folglich nur der Oberbürgermeister das Protokoll weitergegeben haben“, so Rieger weiter. „Wir sind der festen Überzeugung, dass Wolbergs nicht nur dieses, sondern auch die beiden anderen Protokolle weitergegeben hat, zumal Becker überhaupt keinen Anlass hatte, das betreffende Medium zu bedienen, da er in dem Artikel selbst kritisiert wurde.“ Entsprechend fordert Rieger den Rücktritt von Wolbergs als Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtbau. Er habe „die notwendige Vertrauensbasis für die Ausübung dieses Amtes ist damit irreparabel zerstört“.
Wolbergs hat die Vorwürfe in einer knappen Erklärung bereits zurückgewiesen: „Ich habe in meiner Funktion als OB und Aufsichtsrats- beziehungsweise Verwaltungsratsvorsitzender von Tochtergesellschaften noch nie nichtöffentliche Dinge öffentlich gemacht“, schreibt er, versehen mit dem interessanten Zusatz: „sofern diese nicht schon vorher von anderen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden waren“.
Das lässt freilich Raum für Spekulationen, den tatsächlich war die umstrittene Personalie und das entsprechende Abstimmungsverhalten im Aufsichtsrat der Stadtbau bereits vor besagtem Wochenblatt-Artikel in diversen Medien kritisiert worden, mithin also öffentlich.
Ermittlungen dauern mindestens noch bis 2017
Beweise für seine Behauptung hat Franz Rieger trotz weitschweifiger Ausführungen freilich nicht. Möglicherweise ist es auch nur ein Manöver, um davon abzulenken, dass die Spendenaffäre zwischenzeitlich auch den früheren Oberbürgermeister Hans Schaidinger erreicht hat, von dem mittlerweile bekannt wurde, dass er einen lukrativen Beratervertrag beim Bauteam Tretzel hat.
Wohin die Ermittlungen in der Spendenaffäre noch führen werden und ob es bei der – von der CSU gern so bezeichneten – „Affäre Wolbergs“ bleibt, ist derzeit ohnehin noch nicht absehbar. Wie Oberstaatsanwalt Theo Ziegler auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt, ist mit einem Abschluss in diesem Jahr keinesfalls mehr zu rechnen und:
„Ob und wann die Ermittlungen 2017 abgeschlossen werden, kann man seriös nicht sagen, da nicht abzusehen ist, welche neuen Erkenntnisse sich im Zuge der Ermittlungen ergeben.“
Es ist allenfalls auffällig, dass sich das Wochenblatt bereits seit geraumer Zeit zum uneingeschränkten Verteidiger des Oberbürgermeisters aufgeschwungen hat und dazu regelmäßig mit entsprechenden „exklusiven“ Informationen versorgt wird – von wem auch immer.
Aber mal ganz ehrlich, Herr Rieger: Das würden Sie doch auch machen, wenn’s gerade passt und Sie genau wissen, dass Ihnen jemand nach dem Mund schreibt.
Lenz
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pfui deibel ;-o
Lothgaßler
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Das Wochenblatt lebt auch von den Anzeigen diverser Immo-Firmen, hierüber könnten sich übereinstimmende Interessen ergeben, die dann die Tonlage des Wochenblatts erklären.
Ein bisserl Stänkern gehört zum politischen Geschäft, das würde ich dem Rieger nun nicht negativ auslegen. Wer hats dem Wochenblatt gesteckt? Das Wochenblatt weiß es. Oder weiß das Wochenblatt doch nicht viel, dichtet aber wilde Geschichten zusammen?
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