„Wir tun hier etwas ganz Normales.“
Die vorübergehende Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Regensburg ist fertig. Am Dienstag treffen die ersten Menschen ein.
Der katholische Bischof und der evangelische Dekan, ein paar Regensburger Abgeordnete, Staatsministerin Emilia Müller, Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und Regierungspräsident Axel Bartelt – am Montag ist es noch die Polit-Prominenz, die mit zahlreichen Journalisten im Schlepptau zwischen den mit Karton abgeteilten Notbetten steht, um sich dann von der Essensausgabe, vorbei an den Registrierschaltern und der medizinischen Untersuchungsstation zu den Wohnunterkünften führen zu lassen. Morgen, am Dienstag, wird der erste Bus mit 50 Flüchtlingen in der Pionierkaserne eintreffen.
Durchlaufstation für 280 Menschen
In den letzten drei Monaten hat das Staatliche Bauamt Regensburg hier die vorübergehende Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge fertiggestellt. Sie soll Platz für 280 Menschen bieten – eine Übergangslösung, bis die dauerhafte Aufnahmestelle auf der ehemaligen Bajuwarenkaserne für 500 Menschen fertig ist.
Sechs bis acht Wochen verbringen Flüchtlinge in solchen Erstaufnahmeeinrichtungen. Hier werden sie registriert, untersucht und mit dem Notwendigsten versorgt, ehe sie auf andere Unterkünfte verteilt werden, um dort den Ausgang ihres Asylverfahrens abzuwarten. Die Erstaufnahmeeinrichtung in Regensburg ist die erste von mehreren solcher Unterkünfte, die nun Zug um Zug in jedem Regierungsbezirk Bayerns eingerichtet werden, um die beiden Aufnahmestellen in Zirndorf und München zu entlasten. Bereits im Januar soll Deggendorf folgen. Die Erstaufnahmeeinrichtungen werden den Kommunen auf die Zahl der Asylbewerber angerechnet, die längerfristig dort untergebracht werden. Für Regensburg bedeutet das: Es werden weniger Flüchtlinge auf Dauer hier leben.
Kritik an Container-Unterkunft „einigermaßen befremdlich“
Am Montag üben die anwesenden Politiker – gemeinsam mit den Kirchenvertretern – den demonstrativen Schulterschluss. Viel gegenseitiger Dank wird verteilt. Die Kommunen seien ein „unschätzbarer Partner“ wenn es darum gehe, „denen Unterkunft zu geben, die in Not sind“, so Staatsministerin Müller. Regensburg hatte sich von Anfang an um eine solche Erstaufnahmeeinrichtung beworben. „Wir tun hier etwas ganz Normales“, so Oberbürgermeister Wolbergs. „Wir helfen Menschen.“ Und gerade in Regensburg sei die Bevölkerung besonders aufgeschlossen und lebe eine „beeindruckende Willkommenskultur“.
Nicht verkneifen kann sich der Oberbürgermeister einen Seitenhieb auf „all jene, die sich über die Qualität von Containern beschweren“. Damit bezieht er sich (mutmaßlich) auf Stadträtin Tina Lorenz (Piraten) und die Linken-Fraktion, die sich vergangene Woche kritisch zu der geplanten Gemeinschaftsunterkunft am Weinweg geäußert hatten, die in Container-Bauweise errichtet werden soll. Dort sollen 100 Menschen auf engstem Raum – 6,8 Quadratmeter pro Person im Doppelzimmer – untergebracht werden – nicht nur über sechs Wochen, wie in der Erstaufnahmestelle, sondern bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens.
Ein paar Quadratmeter „deutsche Lebenswirklichkeit“
Fünf Jahre im Container?
Vielleicht besser als überhaupt nix
Laut Staatsministerin Müller dauert allein die Bearbeitung eines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration zwischen neun und zwölf Monaten. 2012 lag die durchschnittliche Verweildauer in solchen Gemeinschaftsunterkünften bei drei Jahren. Verkauft wurde diese Container-Lösung für Regensburg den Stadträten als mittelfristige Unterkunft im Rahmen des Winternotfallplans. Doch der ist bereits abgelaufen, wenn die Container bestellt werden können. Sollte diese Unterkunft also kommen, dann als – wie ebenfalls in der Beschlussvorlage ausgeführt – Gemeinschaftsunterkunft, die „langfristig“ an die Regierung vermietet werden soll. Kritik daran findet Wolbergs, das erklärt er am Montag, „einigermaßen befremdlich“. Sie sei „Wasser auf die Mühlen von einigen, die versuchen, daraus Kapital zu schlagen“.
„Advent, Advent. Ein Asylheim brennt.“
Kapital aus Ängsten und Ressentiments zu schlagen versuchen organisierte Neonazis. Nach den Brandanschläge im fränkischen Vorra – hier wurden in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember – zwei Gebäude angezündet, die als Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen waren – bedachte die bayerische NPD die Tat mit den Worten „Advent, Advent. Ein Asylheim brennt.“ Die neonazistische Partei „Der Dritte Weg“ feierte gar ein „vorzeitiges Weihnachtsgeschenk“.
Auch in Regensburg wurden am 5. und 6. Dezember im Umfeld einer Flüchtlingsunterkunft neonazistische Flugblätter verteilt.
„Die Menschen müssen einander kennenlernen.“
Emilia Müller sprach in diesem Zusammenhang davon, dass man die große Solidarität und Akzeptanz für Flüchtlinge in der Bevölkerung nicht gefährden dürfe. Sie plädiert für Infoveranstaltungen und organisierten Treffen von Asylbewerbern und Bürgern. „Die Menschen müssen einander kennenlernen und wissen, wer einem da gegenübersteht.“
Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Pionierkaserne wird rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewacht. Auch die Polizei werde hier intensiv unterwegs sein, kündigte Regierungspräsident Bartelt an.
„Wir sind ja kein Gefängnis…“ » Regensburg Digital
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[…] Bei der Eröffnung im Dezember 2014 war die – zunächst als Provisorium geplante – Erstaufnahmeeinrichtung in der Pionierkaserne für rund 280 Menschen ausgelegt. Seitdem wurde erheblich umgebaut und erweitert. Heute leben dort im Schnitt 600 Asylsuchende. Und mittlerweile ist auch klar: Die Kaserne wird längerfristig zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden. […]
Wolbergs will nach Abschluss der Ermittlungen alles offenlegen » Regensburg Digital
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