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Ermittlungen

Willkür, Dummheit oder Absicht? Strafanzeigen gegen Unbeteiligte nach Blockade von extrem rechter Demo in Regensburg

Nach der Blockade einer extrem rechts und verschwörungsideologisch geprägten Demo letzten Oktober hagelt es plötzlich Strafanzeigen. Das Problem: Viele der Angezeigten waren bei der Blockade gar nicht dabei.

Am 7. Oktober 2023 gerieten zwei Demos auf der Steinernen Brücke aneinander. Foto: Witzgall

Früher marschierte Nadine Alt gerne mit der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ und trug deren Transparente durch die Straßen. Heute gibt sich die Schierlinger Aktivistin bürgerlich, zeichnet aber verantwortlich für mehrere Kundgebungen, die insbesondere in Regensburg stattgefunden haben und deren Parolen wabern zwischen antisemitisch angehauchtem Verschwörungsgeraune, Geschwätz über „Frühsexualisierung und Genderwahn“, Hetze gegen – eine willkürliche Auswahl – Veganer, Geflüchtete und vermeintliche Linksextremen, und Unsinn.

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Mit dabei waren in der Vergangenheit Vertreter der Regensburger AfD, teils aus Ostdeutschland angereist Querdenken-Aktivisten und Mitglieder der „Freien Sachsen“, ein Partei gewordenes Sammelbecken von Rechtspopulisten, Rechtsextremisten und offenen Neonazis. Ausweislich eines Facebook-Posts war Nadine Alt erst kürzlich bei zwei zentralen Figuren der extremen Rechten, Martin Sellner und Götz Kubitschek, in Nebra. Thema der Veranstaltung: Remigration.

„Schlagt ihnen den Schädel ein.“

Am 7. Oktober letztes Jahr wollten bei einer von Alt angemeldeten und organisierten Demonstration die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – damalige Angaben schwanken zwischen 200 und 400 – vom Dultplatz Richtung Altstadt ziehen, wo nahezu zeitgleich die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang eine Rede hielt. Doch dorthin schaffte es die Alt-Demo nicht. Sowohl die Steinerne wie auch die Eiserne Brücke wurde von Gegendemonstrantinnen blockiert. Versuche der Polizei, die Blockade aufzulösen, blieben erfolglos. Flankiert wurde dies von Rufen wie „Schlagt ihnen den Schädel ein“ oder „Schmeißt sie die Brücke runter“.

Nun, Monate nach den Ereignissen, hagelt es plötzlich Strafanzeigen gegen Blockierer bzw. vermeintliche Blockierer. Diese Strafanzeigen stammen nach Informationen unserer Redaktion von Nadine Alt bzw. aus deren Umfeld.

Völlig Unbeteiligte angezeigt

Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher bestätigt gegenüber unserer Redaktion Ermittlungen „gegen ca. 15 Person wegen des Anfangsverdachts der Nötigung bzw. strafbarer Verstöße gegen das Versammlungsgesetz“. Es handle sich um ein laufendes Verfahren, dass durch die Ermittlungsbehörden „noch nicht abschließend geprüft“ worden sei. Zunächst hätten die Beschuldigten Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Erst dann könne man eine eventuelle Strafbarkeit beurteilen.

Hintergrund dieser eher zurückhaltenden Einordnung der Staatsanwaltschaft dürfte insbesondere sein, dass hier offenbar völlig willkürlich Personen angezeigt wurden – auch Unbeteiligte. Allein unserer Redaktion liegen die Namen von bislang vier Angezeigten vor, die nachweislich nicht an der Blockade beteiligt waren oder sich zum Teil an jenem 7. Oktober nicht einmal in Regensburg aufhielten. Ähnliches berichtet die Mittelbayerische Zeitung, die zwei Personen zitiert, die sich ebenfalls nicht an der Blockade auf der Steinernen Brücke beteiligt hatten.

Frau „Klartext“ schweigt

Woher also hatte Nadine Alt die Namen derjenigen, die sie angezeigt hat? Auf eine Anfrage über den Facebook-Chat reagiert die Aktivistin, die sich gerne dafür rühmt, „Klartext“ zu sprechen, nicht. Sollte sie jedoch wissentlich unbeteiligte Personen angezeigt haben, liegt es nahe, dass sich Alt selbst strafbar gemacht haben könnte. Gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung hat Richard Schrepfer, angezeigt, aber bei der besagten Blockade nicht dabei, bereits angekündigt, eine Gegenanzeige zu prüfen. Es bleibt abzuwarten, ob er der einzige ist, der solche Schritte in Erwägung zieht.

Einen etwas anderen Blick auf die Ereignisse vom 7. Oktober hat Thomas Witzgall. Der szenekundige Journalist von der Plattform Endstation Rechts war damals vor Ort. Er spricht davon, dass die extrem rechts und verschwörungsidelogisch geprägte Versammlung bereits am Dultplatz „Narrenfreiheit“ gehabt habe. „Ein Teilnehmer mit Jagdhorn, den ich später noch mal bei einem Treffen von Reichsbürgern in Gera wiedersah, konnte direkt an der Absperrung die Reden der Gegenversammlung stören.“

Einsatzstrategie der Polizei „beflügelt die Szene“.

Auf der Steinernen Brücke habe die Polizei dann eherne Einsatzprinzipien, wie die Trennung der Lager, „unverständlicherweise aufgegeben“ und sich das Leben selbst schwer gemacht. „Teilnehmer der extrem rechten Versammlung konnten frei die eigene Demo verlassen und standen den Einsatzkräften, die versuchten, auf die Blockade einzuwirken direkt im Nacken. Auch die Versammlungsleiterin stand mal direkt in der Blockade.“

Neben Anfeuerungsrufen, wie die Blockierer von der Brücke zu werfen, habe ein Teilnehmer, der wenige Wochen zuvor bei der Versammlung des AfD-Politikers Dieter Arnold in Neutraubling die Technik machte, mehrfach einen Fotografen attackiert. „Er erhielt zwar mindestens einen Platzverweis, den er aber grinsend und feixend ignorierte.“ Angesprochene Kontaktbeamte hätte nur nur mit den Schultern gezuckt. „Man habe angeblich keine Kräfte, um den Platzverweis gegen den Attackierer durchzusetzen.“

Witzgall sieht darin ein grundsätzliches Problem. „Es beflügelt natürlich die Szene, wenn solche Platzverweise nicht durchgesetzt werden und solchen Leuten keine Grenzen gesetzt werden. Sie sehen sich dann insgeheim von den Ordnungskräften in ihren Anliegen unterstützt.“

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Kommentare (14)

  • joey

    |

    die ganze Sache ist Blödsinn in verschiedenen Stufen.
    Stufe 1 ist die Blockade selbst. Sie vergißt das Erbe der Aufklärung, nachdem jeder Depp oder Sonstiger “unterhalb der Strafbarkeitsschwelle” demostrieren darf, der eben nicht verboten ist. Blockaden und andere Gesetzesvertöße bringen nur Aufmerksamkeit zu denen, die man eigentlich stören möchte. Diese Nadine Alt kannte ich vorher nicht und will sie auch gar nicht kennen. Jetzt aber kenne ich sie. Die Blockierten kriegen den Nimbus der Verfolgten und irgendwelche Klageansätze.

    Eine liberale Zivilisation geht davon aus, daß die Bürger Schwachsinn eigentlich selbst erkennen können. Über das Gegenmodell zur liberalen Gesellschaft schreibe ich hier aus Gründen der Kürze nicht – jeder kennt die Beispiele aus der Geschichte.
    Recht und Freiheit für alle sichert, daß hier auch jeder dagegen demonstrieren kann, ohne von der Brücke geworfen zu werden.

  • Mr. T.

    |

    Ja, für ein bestimmtes Klientel ist es beim Demonstrationsrecht wie bei der Meinungsfreiheit. Für Rechte soll es gelten, für Gegendemonstrationen oder Gegenrede nicht mehr.
    Die ewig gleiche Forderung der ewig gleichen Ewiggestrigen, Faschisten einfach machen zu lassen und zu ignorieren bis sie ihr Ziel wieder erreicht haben haut in die selbe Kerbe.
    Aber nein, nie wieder ist jetzt und die deutsche Bevölkerung wird sich wehren gegen diese braune Minderheit und sich nicht von ihr die Unmenschlichkeit diktieren lassen.

  • Lina E

    |

    Danke an alle mutigen Antifaschist*innen, welche sich an der Blockade beteiligt haben – ihr seid das wirklich wahre Rückgrat unserer wehrhaften Demokratie! Kein Millimeter ungestört für Nadine Alt und ihre Faschofreunde, ALERTA ALERTA ANTIFASCISTA!✊🏻🚩

  • Native

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    Vorsicht an der Bahnsteigkante!
    Weg von den Rändern. Es droht, akute Gefahr für die Demokratie, wegen destruktiven Dauerblockaden, unfinanzierbare Pläne, Europafeindlichkeit und strenge, egoistische nationalstaatliche Ausrichtung und führt zur Unregierbarkeit unserer Volkswirtschaft. Thüringen und Sachsen lässt grüßen! Es gibt auch noch andere lebenswichtige Aufgaben aufzugreifen (Klimawandel, Energiewende, geopolitische Neuausrichtung, Dauerkrisen in Nahost, Jemen, Ukraine, China, Russland, usw., weltweiter islamistischer Terror, weltweite zunehmende Flüchtlingsströme wegen existentieller Not (Kriege, Naturkatastrophen). Ohne Blick über den Tellerrand und mit nationalistischer Ausgrenzung kaum zu lösen. Wer glaubt, die „Alternative“ zur Lösung der Probleme liegt bei den demokratiegefährdenden Parteien am Rand, der glaubt auch an den Osterasen. Zum Glück gibt es noch genügend Demokraten, die sich aufrecht dagegen in den Weg stellen und die nicht „Alt“ aussehen wollen. Jetzt kommt die Stunde für realistische, pragmatische „politische Animals“, die die grundlegenden Prinzipien, sowie die notwendigen Änderungen und politische Ausrichtungen im Wahlkampf, den Wählern vermitteln und danach auch einhalten. Nur so hat der „Souverän“ die Qual der Wahl und schützt ihn langfristig vor Enttäuschungen.

  • Robert B.

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    Bin mal gespannt ob ich auch noch Post bekomme 🤪

  • joey

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    ich fasse nochmal zusammen: das Demonstrationsrecht ist kein Blockaderecht. Freiheit gilt immer besonders für die, die wir nicht mögen.

  • Hthik

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    Aufgrund der Dinge, die Herr Witzgall da beschreibt, tue ich mich etwas schwer, jeden Cop-ACAB-ana-Fan zu verurteilen. Wer weiß, was der schon erleben musste.

  • Eine Regensburgerin

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    Auch ich wurde angezeigt, ohne blockiert zu haben, ich war noch nicht einmal zur in der Anzeige angegebenen Tatzeit an der Eisernen Brücke. So geht es den meisten Angezeigten: eine Anzeige ohne haltbare Vorwürfe, ohne Sinn und Verstand; aber wo soll dieser Verstand bei der Anzeigenerstatterin auch herkommen?!? Nadine Alt und ihresgleichen probieren es halt einfach mal. Aber da hat sie sich bei uns geschnitten.

  • Christian

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    @ Eine Regensburgerin
    Ich verstehe ihr Problem nicht wirklich. Sie wurden angezeigt. Im Anschluss werden sie wie das üblich ist zum vorgebrachten Tatbestand von den Ermittlungsbehörden befragt. In diesem Zuge wird sich wohl dann auch herausstellen dass sie keine Straftat begangen haben bzw. kein Tatverdacht besteht und es wird nicht zur Anklage kommen. Wenn dies belegbar ist dürfte es vielmehr ein rechtliches Nachspiel für den Anzeigensteller haben.
    Auf beiden Seiten des politischen Spektrums werden Personen unbegründet angezeigt. Frau Bärbock und Herr Habeck beispielsweise sind wahre Deutsche Meister im Stellen von Anzeigen. Meistens müssen sich konservative Blogger oder Youtuber dann damit herumschlagen und die beklagen sich ebenso wie sie sich jetzt beklagen.
    Das schlimme ist dass durch diese Anzeigenfluten von beiden Lagern die Behörden mit Unsinnigkeiten überflutet werden die es nicht bräuchte und dadurch Kapazitäten andernorts fehlen wo sie notwendig gebraucht würden.
    Also dann lassen sie doch die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit machen. Es wird sich herausstellen dass sie niemanden genötigt haben.

    @RD
    Bedenklich empfinde ich es dass hier Personen unter dem Pseudonym einer verurteilten Straftäterin eine Lobeshymne auf die Antifa singt (die Antifa ist in den USA übrigens verboten und dort als terroristische Organisation eingestuft). Lina E(ngel) wurde vor wenigen Monaten zu über 5 Jahre Gefängnis verurteilt weil sie Mitglied in einer kriminellen Vereinigung war (mutmaßlich die Anführerin) und mit anderen mehreren Menschen den Schädel mit Hämmern eingeschlagen hat. Ich kann nicht verstehen weshalb hier Beiträge wegen Geringfügigkeiten gelöscht werden jedoch ein Pseudonym einer Kriminellen kommentarlos hingenommen wird.

  • Tröster

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    @Christian
    Was ist denn das für ein sinnfreier Vergleich.
    Auf der einen Seite eine mindestens seltsame Person, die offensichtlich wahllos unbeteiligte Menschen anzeigt, auf der anderen Seite zwei Politiker, die sich mit Anzeigen gegen übelste Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen zur Wehr setzen.
    Das gleichzusetzen ist ja wohl völlig daneben.

  • Hindemit

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    Herr Christian, wortreich und eloquent, aber leider trotzdem daneben.
    Trollen Sie doch in den tollen USA weiter, wenn sie deren politische Kultur so schätzen.
    Vlt. wäre ja etwas mehr Zivilgesellschaft mit Antifa-Tradition dort in letzter Zeit hilfreich gewesen, genug Proud Boys haben sie ja bereits. Stichwort Capitolsturm.
    Unser Grundgesetz trieft gerade zu vor antifaschistischen Prinzipen und das ist gut so!
    Wussten Sie das gar nicht?
    Das politische Spektrum in hat auch mehr als nur 2 Ränder.

  • Wortspielkönig

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    Na, die Nerven werden bei den Unbeteiligten erst mal blank liegen. Man sollte sich einen Anwalt nehmen, aber nicht zu viel Sorgen machen, denn bei einer Falschbeschuldigung sieht die Gegenseite oft ganz schön… alt aus.

  • Kein Fake

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    ich wünsche allen angeklagten, inhaftierten, untergetauchten oder anderweitig von Repression betroffenen antifaschist*innen viel Glück und Erfolg. auf dass die cops euch niemals kriegen <3

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