31 Mrz2008
Wieder eine Abschiebung, wieder eine kranke Frau
Psychisch kranke Iranerin soll BRD „freiwillig” verlassen.
Sie ist selbstmordgefährdet. Dennoch ist unklar, ob die für Dienstag geplante Abschiebung von Nebahate J. noch gestoppt werden kann. Die Ausländerbehörde sieht die notwendigen Voraussetzungen offenbar erfüllt: Wie gestern von uns berichtet, soll die schwer traumatisierte Frau am Dienstag nach Serbien abgeschoben werden. Sie lebt seit rund zehn Jahren in Deutschland, hat hier einen Sohn, samt Frau und Enkel sowie eine Schwester. Das UN-Flüchtlingswerk rät ausdrücklich von einer Abschiebung nach Serbien ab. Nebahate J. ist kosovarische Roma. In Serbien eine weitgehend rechtlose Minderheit.
Von ihrem gewalttätigen Ehemann ist sie mittlerweile geschieden. Allerdings wird diese Scheidung in Serbien nicht anerkannt. Frau J., die von ihrem – dafür verurteilten – Ex-Mann jahrelang misshandelt und gedemütigt wurde, befürchtet, dass er ihr im Fall der Abschiebung nach Serbien nachreisen könnte, hat Todesangst. Seit dem 13. März sitzt sie in Abschiebehaft in der JVA.
„Ich hoffe, dass wir die Abschiebung noch verhindern können”, sagt Marion Puhle vom Regensburger Flüchtlingsforum (RFF). Mittlerweile wurde Haftbeschwerde eingelegt. Ein Asylfolgeantrag ist gestellt. Der hat allerdings keine aufschiebende Wirkung und dass sich die Ausländerbehörde entgegenkommend zeigt und ein fundiertes Gutachten über den Gesundheitszustand von Frau J. abwartet, ist eher unwahrscheinlich. Selbst bei Mitarbeitern von Ausländerämtern in anderen Landkreisen gilt die hiesige Ausländerbehörde als „besonders restriktiv” (Zitat eines Mitarbeiters in der Behörde eines Nachbarlandkreises).
Diese Einschätzung bestätigt ein weiterer Fall, der auf dem Schreibtisch von Marion Puhle gelandet ist. Der „Schübling” (Amtsdeutsch für einen Flüchtling, der abgeschoben werden soll) ist erneut eine psychisch kranke Frau. Sie stammt aus dem Iran und wurde von der Ausländerbehörde aufgefordert, Deutschland freiwillig zu verlassen. Kommt sie dem nicht binnen einer Woche nach, steht die zwangsweise Abschiebung ins Haus. Auch bei der Iranerin besteht akute Selbstmordgefahr. Laut Auskunft vom RFF liegen entsprechende Atteste des Bezirksklinikums Regensburg vor. Derzeit befindet sich die Frau zudem in Therapie. Sie leidet an einer „Posttraumatischen Belastungsstörung” (PTBS). Eine Krankheit, die bei Flüchtlingen überdurchschnittlich häufig diagnostiziert wird.
Für die Heilung von PTBS ist nach den Leitlinien der „Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften” der Universität Düsseldorf insbesondere eine sichere und stabile soziale Situation zwingend erforderlich. Eine solche war bei weder der Iranerin noch bei Nebahate J. zu irgendeinem Zeitpunkt gegeben. Seit sie in Deutschland leben, sind beide permanent von Abschiebung bedroht.
In Regensburg gab es in den zurückliegenden Jahren mehrere Selbstmorde von Flüchtlingen – meist kurz vor ihrer Abschiebung.