Wie geht es mit dem „Haus der Bürger“ weiter?
Zum Abschluss einer Veranstaltungsreihe im Evangelischen Bildungswerk wurde zwar hitzig diskutiert, eine absehbare Lösung für ein „Haus der Bürger“, ein soziokulturelles Zentrum, scheint aber nicht in Sicht.
„Eine kurzfristige Lösung gibt es nicht“ – „Selbstverständlich kann die Stadt das kurzfristig lösen“ – „Wenn es politisch gewollt ist, dann ist es auch finanzierbar“ – „Wir brauchen zuerst eine Kostenübersicht“. Am Mittwoch ging es hoch her im Evangelischen Bildungswerk (EBW), als Stadträte hitzig untereinander und mit dem Publikum über ein „Haus der Bürger“ diskutierten. Das EBW hatte das Thema im Rahmen einer Veranstaltungsreihe auf die Agenda gesetzt. Stadtratsmitglieder von der Linksfraktion, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CSU, den Freien Wählern und der ÖDP waren dabei.
Räume sind Mangelware
EBW-Leiter Carsten Lenk hat die wichtigsten Punkte der vergangenen Veranstaltungen mit fünf Thesen zusammengefasst:
- kostengünstige, barrierefreie Räume sind Mangelware,
- Engagement braucht Möglichkeitsräume,
- Engagement braucht einen festen Ort um einen Platz in der Stadtgesellschaft zu bekommen,
- Engagement lebt von Austausch, Begegnung und Vernetzung.
- Ein Haus für Engagement muss dauerhaft angelegt sein mit ehrenamtlicher Hilfe, aber auch mit hauptamtlich Engagierten.
“Stadt lässt Areale verfallen”
Räume sind Mangelware – egal ob es um Orte für Kulturevents, für Vereine, oder zum Üben für ein Orchester aus Holzblasinstrumenten geht. Doch ist es wirklich notwendig, langfristig neue Räumlichkeiten zu errichten, wenn auch kurzfristig, vielleicht aufgefrischt mit etwas Mörtel und neuer Farbe, bereits bestehende Orte einfach anderweitig für bürgerschaftliches Engagement genutzt werden könnten? Wie das Kepler-Areal, das nun, da der Bürgerentscheid gegen ein RKK erfolgreich war, in den Augen des “Bündnis für die Zukunft des Kepler-Areals” verschieden nutzbar wäre. Eine Klage, um den Abriss zu verhindern, ist allerdings vorerst gescheitert.
„Es wäre eine Sünde diese ganze graue Masse zuzuschütten, einschließlich der Parkgarage, die man dann gleich darauf ein paar Meter weiter wieder aufbaut“, findet Reinhard Kellner von den Sozialen Initiativen. Auch Mitveranstalter Jakob Friedl ist der Meinung: „Die Stadt nutzt Räume nicht, sondern lässt sie verkommen, wie auch das Kepler-Areal. Die Stadt scheint offenbar kein Problem damit zu haben, Schandflecken herzustellen. Es geht um die Aktivierung der Stadt, nicht um eine Bestandsaufnahme von Kulturraum.“
Nutzbare Orte im Blick
Natürlich haben die Stadträte auch schon einige Orte ins Auge gefasst, die noch anderweitig nutzbar wären: Dagmar Schmidl (CSU) überlegt, die VHS oder auch Büchereien für verschiedene Zwecke zu nutzen, während Maria Simon (Grüne) darüber nachdenkt, ob das Marinaforum, das für viele momentan noch viel zu teuer zum Mieten ist, auch noch anderweitig genutzt werden könnte. Und dann ist da natürlich noch das frühere Evangelische Krankenhaus, das die Stadt auch weiterhin positiv nutzen soll.
Wer finanziert das Ganze?
Doch wer soll das Vorhaben finanzieren? Laute Stimmen aus dem Publikum werfen ein, dass die Stadt reich sei und es auch bleiben würde, schließlich gebe es genügend Einnahmequellen. Aber Schmidl denkt da weniger an die Stadt als finanziellen Träger: „Muss unbedingt die Stadt das Dach sein? Regulär ist nicht die Stadt, sondern ein Verein bzw. ein Zusammenschluss von Vereinen das Dach und der Verein sorgt auch für die Räume, wie ein Sportverein, der auch für seine eigenen Räume sorgt. Wir müssen eine Vernetzung von Vereinen, von Pfarreien und allen, die damit zu tun haben, schaffen.“
Währenddessen denkt Maria Simon über ein Konzept der Selbstermächtigung nach: Vereine würden sich zusammenschließen, ein Konzept ausarbeiten und könnten dann Fördermittel von der Stadt beantragen.Für Benedikt Suttner (ÖDP) ist dagegen klar: „Wenn es politisch gewollt ist, dann ist es auch finanzierbar.“ Er bekomme Bauchschmerzen, wenn er höre, dass die Vereine selbstorganisiert sein sollen, denn auf diese Weise würden alle ausgeschlossen, die diese Ader für Organisation nicht haben, und das seien gerade diejenigen, die gute Ideen liefern und spontan etwas umsetzen wollen. „Deshalb wäre eine Selbstermächtigung womöglich doch keine so gute Idee.“
Im Wahlkampf dabei
Es ist gut möglich, dass das Thema „Haus der Bürger“ beim nächsten Wahlkampf auf dem Programm steht, schließlich finden die Kommunalwahlen schon im nächsten Jahr statt. Wenn es nach der Linksfraktion ginge, hätte das Thema nichts im Wahlkampf zu suchen: „Ich hoffe das Thema bleibt neutral beim Wahlkampf“, meint Richard Spieß. „Es soll nicht irgendetwas versprochen werden, das dann nicht erfüllt wird. In Wahlkämpfen besteht die Notwendigkeit alles zu versprechen und hinterher wird es dann kritisch beleuchtet.“
SPD-Fraktionschef Klaus Rappert hält dem entgegen: „Wenn das Thema nicht in den Wahlkampf gehört, wo sonst soll man dann über die Zukunft der Stadt sprechen?“
Ein Platz wie in anderen Städten auch
Das es definitiv Platz für ein „Haus der Bürger“ geben muss, zeigt Sebastian Schnellbögl von der LAG Soziokultur mit einem Vergleich zwischen Nürnberg und Regensburg auf. „Ich sehe in der Stadt Nürnberg mit ihren rund 500.000 Einwohnern 15 städtische soziokulturelle Zentren sowie mindestens fünf freie soziokulturelle Zentren. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl müsste Regensburg, mit seinen circa 150.000 Einwohnern fünf städtische sowie ein freies soziokulturelles Zentrum haben.“
Joachim Datko
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Neutralität wäre wichtig!
Zitat: “Aber Schmidl denkt da weniger an die Stadt als finanziellen Träger: „Muss unbedingt die Stadt das Dach sein? Regulär ist nicht die Stadt, sondern ein Verein bzw. ein Zusammenschluss von Vereinen das Dach und der Verein […]”
Es sollte tatsächlich die Stadt sein. So kann Neutralität gewährleistet werden. Jeder Trägerverein würde bei den Regensburger Verhältnissen schnell links-grün dominiert. Außerdem neigen Trägervereine zu Absprachen unter den Mitgliedern und damit zur Benachteiligung von Nichtmitgliedern.
Barnie Geröllheimer
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Verkehrte Welt. Man will ein soziokulturelles Zentrum (was ist Sozikultur überhaupt genau?) haben, wird aber nicht konkret, was dort eingegerichtet und durchgeführt werden soll. Aktion auf Kosten der Stadt ohne Plan. Wie einfältig die Initiatoren sind erkennt man am Begriff “hauptamtlich Engagierte”. Engagement ja, aber nur gegen Bezahlung? Oder brauchen da welche aus der lokalen Soziokulturszene eine Versorgung?
dünnster Künstler
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@Arnie Trollheimer
Mit Deiner Verurteilungskraft kann es nicht so weit her sein:
Du warst offenbar bei keiner einzigen der 4 Veranstaltungen.
//Input von Aktiven aus Rgbg,
//Konglomerat e.V, Zukunftsschutzgebiete Raumkongress,
//Quellkollektiv, Institut für angewandte Heterotopie, Verbund offener Werkstätten
//Diskussion mit den Stadträten: Bei dieser letzten Veranstaltung hätte man meiner Meinung nach die Stadträte nicht auf das Podium stellen sollen…
INFOS zur Veranstaltungsreihe: http://europabrunnendeckel.de/?p=7484
Nur mal so: Transition Town Regensburg wünscht sich eine feste Stelle, bisher gibt es nur vollkommen überlastete Projektstellen und sehr viele Ehrenamtliche, Bei KISS und den Sozialen Initiativen arbeiten Leute festangestellt um Engagement zu unterstützen, so auch beim EBW….
Hier ein Foto (Do, den 28.2.19 im EBW) mit einem Plan und einer der ehrenamtlich Engagierten, rechts im Bild, angestellt beim Quellkollektiv: 20 Stunden Vertrag / 60 Stunden Arbeit… http://europabrunnendeckel.de/download/DSC03697_Quellkollektiv.jpg
@ Datko: In Dresden sorgen sich die Künstler der “freien Scene” um Ihre Zukunft, denn dort sitzt jetzt neben der CSU auch die AFD im Stadtrat. http://dresdenkippt.de/
Abgesehen davon gibt es viele Gründe selbstorganisierte Kultur nicht bei der Stadtverwaltung anzusiedeln.
Noch ein Wort zum Umgang der Stadt mit gewachsenen Strukturen:
Auf dem Boschgelände in der Guerickestraße, gab es 30 Jahre lang jeden Samstag einen Flohmarkt, zudem sehr viele Leute aus dem Stadtviertel gingen. Seit die Stadt das Gelände vor zwei Jahren erwarb steht alles ungenutzt leer bis dort irgendwann gefördert durch den Bund ein “Urbanes Gebiet” entsteht; Wohnen als Lärmschutz. Die Stadtverwaltung ist offenbar nicht auf die Mieteinnahmen des Flohmarkts angewiesen. Anfragen nach kultureller Zwischennutzung werden konsequent abgeschmettert. Gleichzeitig organisiert die Stadt einen groß angelegten und entsprechend teuren Beteiligungsprozess für ein soziales Stadt Programm im inneren Stadtosten (Beteiligungsfolklore mit Förderung vom Bund?)… ohne Räume in denen sich Ideen entwickeln und abbilden können. Ahnungslose Künstler werden vom Immobilienzentrum über dem Kunst und Gewerbe Verein abgeworfen: “IMPACT” Wohnen am Kunstpark. (LERAG). Irgendwie komisch.
Katharina Reilinger
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Ich verstehe nur nicht, warum die Stadt für die zig 1000 Vereine und Gruppierungen, die es in Regensburg gibt, ein Gebäude errichten und unterhalten soll?
R.G.
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@Katharina Reilinger
Ich schließe mich Ihrer sehr klugen Frage an.
Ich verstehe nicht, weshalb man für Stadtratssitzungen, Theater, Fußballclubs, Bahnhöfe etc Gebäude errichten und erhalten soll.
Unsere Vorfahren liefen brav auf allen vieren in der Savanne herum. Ohne festes Dach über dem Kopf.
Gut möglich, dass es Sinn machte, aufrecht gehen zu lernen und feste Gebäude zu errrichten für Wohnzwecke und als Versammlungsorte, einerseits für die Entscheider, andrerseits für das Volk.
Barnie Geröllheimer
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Lieber Europabrunnenverdeckler,
ich entschuldige mich für mein Verhalten. Ich wollte Sie nicht in den Verdacht des Anstrebens einer Festanstellung zum hauptamtlich Engagierten bringen.