Wie Einzeller die Energiewende möglich machen
Am Regensburger Hochschulcampus forscht ein Team gemeinsam mit weiteren Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie an einer modernen Speichertechnologie für regenerativ erzeugten Strom. Nach der derzeit laufenden Testphase soll der Methanisierungs-Reaktor im kommenden Jahr in Norddeutschland an das regionale Gasnetz angeschlossen werden und dann grünes Methan produzieren. Martin Thema, verantwortlich für das Projekt, gab einen Einblick in diese als Power-to-Gas bezeichnete Technologie.
Es sieht ein wenig aus, als hätte jemand eine alte Dampfmaschine genommen und sie in ein futuristisches Gewand gepackt. Nur wenige Quadratmeter Fläche beansprucht das Hauptgebilde, das auf einem umzäunten Platz vor der OTH Regensburg steht. Eine etwa zwei Meter hohe, mit Alufolie umwickelte Röhre, ähnlich eines Kaminschlots, ragt an der Seite empor. Lediglich die etwa vier Dutzend Gasflaschen, neben dem sogenannten Methanisierungs-Reaktor gelagert, lassen erahnen, dass hier etwas Komplexeres steht, als das bloße Auge vermuten lässt. Mehrere Leitungen führen von den, mit Wasserstoff und CO2 befüllten Flaschen in die „Gasmaschine“ und versorgen den Reaktor mit den benötigten „Rohstoffen“.
Power-to-Gas gilt als Schlüsseltechnologie einer erfolgreichen Energiewende. „Wir können damit in Zukunft eine enorme Menge an nachhaltig erzeugtem Strom zum Beispiel in Methan umwandeln, das wir dann wiederum als Energieträger in der bereits vorhandenen Gasinfrastruktur speichern und eben dann nutzen können, wenn der Bedarf da ist“, erklärt Martin Thema von der Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher an der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik der OTH Regensburg. Die Speichertechnologie stelle eine der tragenden Säulen im Energiesystem der Zukunft dar – neben intelligenten Stromnetzen, der Flexibilisierung von Verbrauch und Erzeugung sowie die Kopplung der verschiedenen Energiesektoren.
Heute die Energieversorgung von Morgen sicherstellen
„Vom technologischen Standpunkt aus sind die Möglichkeiten einer erneuerbaren Vollversorgung bereits gegeben“, so Thema. Für eine nachhaltige Klimapolitik müsse die Energiewende aber „ab sofort und mit Nachdruck wieder an Fahrt aufnehmen“, fordert der Energietechnik-Experte. Thema sieht das Problem unter anderem darin, dass „die Dynamik einer dezentral getragenen Energiewende politisch motiviert ausgebremst wurde. Genau das Gegenteil dessen, was wir in Zeiten zunehmenden Bewusstseins, im Angesicht der Klimakrise, tun sollten“. Dabei bestehe in Fachkreisen bereits seit Jahren Konsens darüber, dass die Energiewende nur umgesetzt werden könne, „wenn wir den erzeugten Strom künftig auch in großen Mengen und über längere Zeiträume hinweg speichern können“. „Die dafür notwendigen Anlagen müssen wir heute bauen, um sie in ausreichender Zahl verfügbar zu haben, wenn wir ohne sie nicht mehr auskommen werden.“
Ein Problem bei der Umstellung auf erneuerbare Energien stecke in der derzeit zu geringen Ausschöpfung von Wind- und Sonnenenergie. „Die Sonne scheint und der Wind weht manchmal dann am stärksten, wenn wir den mit ihnen produzierten Strom gerade gar nicht brauchen oder aufnehmen können. Da geht uns viel Energie einfach ungenutzt verloren.“ Auf der anderen Seite gäbe es Zeiten, in denen der Energiebedarf höher sei, als die Natur in dem Moment zur Verfügung stellt.
Das Projekt „ORBIT“
Um diese zeitliche Abhängigkeit vom Energieangebot der Sonne und des Windes abzufedern, arbeiten Thema und sein Team an einer Speichermöglichkeit, dem bereits erwähnten Power-to-Gas-Verfahren. In Regensburg wird an dieser Technologie seit längerem geforscht. „2017 haben wir dann das Projekt ORBIT gestartet“, erklärt Thema. Bereits vor zehn Jahren hat der Regensburger Professor Dr.-Ing. Michael Sterner das Konzept mitentwickelt. Heute leitet er die Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher (FENES) an der OTH Regensburg, die gemeinsam mit Dr. Annett Bellack vom Lehrstuhl für Mikrobiologie und dem Deutschen Archaeenzentrum der Universität Regensburg, sowie dem Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg an einer technischen Umsetzung arbeitet. Aus der Industrie sind zudem die Firmen Electrochaea GmbH, microbEnergy GmbH (Viessmann-Gruppe), MicroPyros GmbH, Westnetz GmbH und innogySE in das Projekt involviert.
Schritt 1: Die Elektrolyse
Seit März dieses Jahres steht auf dem Hochschulcampus nun der Methanisierungs-Reaktor. Dieser speichert elektrischen Strom aus Wind- und PV-Anlagen durch die Erzeugung von grünem Methan. Dazu sind mehrere Schritte notwendig. „Wir können Windspitzen zum Beispiel nutzen, um durch Elektrolyse Sauer- und Wasserstoff nachhaltig zu produzieren“, erklärt Thema das zugrunde liegende Prinzip. Bei dieser Elektrolyse wird Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Ein Großteil der elektrischen Energie kann so im Wasserstoff zwischengespeichert werden.
„Der erzeugte Wasserstoff kann im Anschluss beispielsweise für chemische Prozesse oder Wasserstoffmobilität direkt genutzt, ins Gasnetz eingespeist oder für die Methanisierung verwendet werden.“ Da reiner Wasserstoff den Energiewert des Gasnetzes senken würde, ist dessen Anteil daran auf lediglich zwei Prozent beschränkt. “Wenn wir den Wasserstoff jedoch zu Methan weiter verarbeiten, können wir die volle Speicherkapazität des Gasnetzes nutzen. Genau diese Methanisierung lassen wir hier in unserem Reaktor stattfinden.“
Schritt 2: Die Archaeen – Mikroorganismen mit viel Potential
Unterstützung bekommen die High-Tech-Tüftler dabei von winzigen Einzellern, den sogenannten Archaeen. Dabei handelt es sich um Kleinstlebewesen, die vom emeritierten Regensburger Professor Karl-Otto Stetter in den 1970er Jahren mit entdeckt wurden. Vor mittlerweile 39 Jahren stellte der Mikrobiologe die These auf, es könne Leben auch bei Temperaturen über 100 Grad Celsius geben. „Meine Kollegen haben mich damals wortwörtlich ausgelacht“, erzählte Karl Stetter Ende September bei der feierlichen Neueröffnung des Biotechnikums am Deutschen Archaeenzentrum der Uni Regensburg. Mittlerweile sind Stetters Forschungen Grundlage für viele wichtige Erkenntnisse und neue Forschungsansätze. Die Archaeen, jeweils nur wenige Mikrometer groß, gelten heute, neben Bakterien und Eukaryoten, zu denen Menschen, Pflanzen, Tiere und Pilze zählen, als wichtiger Bestandteil und Schlüssel für ein tieferes Verständnis des Lebens.
In der ORBIT-Anlage finden die Einzeller mittlerweile auch eine wichtige technische Anwendung. In der etwa zwei Meter hohen Säule des Reaktors befinden sich tausende kleine Keramikelemente. „Diese sind so geformt, dass eine möglichst große Oberfläche entsteht, auf der die Archaeen anwachsen können.“ Von oben wird, tröpfchenweise, ein flüssiges Gemisch aus Wasser und Nährstoffen für die Einzeller zugeführt. Von unten strömen Wasserstoff und CO2 in den Reaktor ein und reagieren mit den Archaeen, die dabei Methan produzieren, das oben abgezogen werden kann.
Schritt 3: Die Einspeisung in das Gasnetz
„Wenn wir das System richtig eingestellt haben, dann sollen sich die Archaeen darin künftig möglichst wohl fühlen, durch Zellteilung vermehren und durch ihren Stoffwechsel so viel Wasserstoff und CO2 in Methan umwandeln wie möglich.“ Dieses grüne Methan soll dann in das bestehende Gasnetz eingespeist werden und zum Beispiel Gastankstellen und Heizungen mit versorgen.
Wenn alles so klappt, wie das Forscherteam es sich erhofft, soll der Regensburg Reaktor bald Gas mit einer Leistung von etwa 565 Watt umwandeln. „Das ist nur eine verhältnismäßig kleine Anlage, an der wir aber sehr gut forschen können, wie das ganze System funktioniert und verbessert werden kann“, so Thema.
Es geht um einen ganzheitlichen Ansatz
Thema und seine Kollegen hoffen hierdurch einen wichtigen Beitrag für die Energiewende zu leisten. „Aktuell sind wir dabei, die Anlage besser zu verstehen, Feineinstellungen vorzunehmen und die Methanproduktion zu erhöhen. Wir produzieren derzeit etwa 16 Prozent Methan.“ Das Ziel liegt in naher Zukunft bei über 95 Prozent.
„Strom aus erneuerbaren Energien wird die zentrale Energiequelle der Zukunft sein und fossiles Gas, Kohle- und Atomkraft ablösen. Erneuerbarer Strom bedient damit dann über die Sektorenkopplung das gesamte Energiesystem und ermöglicht, auch mit Speichertechnologien die Dekarbonisierung von Strom, Wärme, Mobilität und Industrieanwendungen.“ Es gehe hier somit um einen ganzheitlichen Ansatz, erklärt Thema.
Regionale Energiekreisläufe als Zukunftskonzept
Im kommenden Jahr soll die gesamte Anlage in die Stadt Ibbenbüren in Norddeutschland verlegt und an das dortige Gasnetz angeschlossen werden. „Vor Ort wollen wir dann Wasserstoff aus einem, mit erneuerbar generiertem Strom betriebenen Elektrolyseur verwenden.“ Denn die relativ einfache Entwicklung von regionalen Energiekreisläufen sei ein weiterer, großer Vorteil, solcher kommerziell betriebenen Anlagen. „Wir könnten solche Anlagen etwa in der Nähe von Kläranlagen einplanen. Schließlich fällt dort im Faulprozess schon CO2 an, das wir benötigen. Wenn wir vor Ort zudem Ökostrom für die Elektrolyse nutzen, dann haben wir eine CO2-neutrale Erzeugung von Wasserstoff und eine perfekte Bilanz.“
Pfaffenhofen an der Ilm plant bereits ein solches Vorhaben und möchte als erste Stadt in Deutschland dadurch eine 100 Prozent nachhaltige Energieversorgung bereitstellen. Auch Audi setzt an seinem Standort im niedersächsischen Werlte seit einiger Zeit auf Power-to-Gas-Anlagen, die regenerativen Strom in klimaneutrales Gas verwandeln. Der Autobauer produziert damit fast sechs Megawatt an grünem Treibstoff für seine Gtron-Modelle.
Die Politik als Bremsklotz
Die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen zur Energiespeicherung hänge laut Thema derzeit vor allem von der Steuerpolitik ab. „Bisher müssen bei kommerziellen Anlagen dieser Art Umlagen und Abgaben gezahlt werden, als wären es Endverbraucher. Denn laut Politik werde hier kein Strom erzeugt, sondern nur verbraucht.“ Das habe direkten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. „Das Interesse an der Technologie ist bereits groß. Aber viele Investoren schrecken immer noch vor den Kosten zurück.“ Thema ist sich dennoch sicher: „Wenn sich der regulatorische Rahmen entsprechend ändert, haben wir ziemlich schnell viele solcher Anlagen.“
Für Deutschland sei das ein wichtiger Faktor. „Noch sind wir auf diesem Gebiet weltweit führend. Ein großer Teil der Projekte und Anlagen befinden sich in Deutschland und Europa.“ Doch wenn die Politik die Rahmenbedingungen nicht verbessere, könnte das die Markteinführung der Technologie verzögern oder verhindern und damit die Energiewende weiter ausbremsen.
Piedro
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Spannend.
Ob “die Politik” das unterstützt muss sich zeigen, mindestens eine “Volkspartei” tut sich ja recht schwer damit, den Energiekonzernen zu missfallen.
Dominik Müller
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Ist denn dieses “grüne Methan” dann ein weniger aggressives Treibhausgas als das übliche Methan? Meiner Meinung nach sollte Methan sogar noch mehr vermieden werden als Kohlendioxid, auch wenn in der öffentlichen Diskussion nur letzteres verteufelt wird.
“Beispielsweise beträgt das CO2-Äquivalent für Methan bei einem Zeithorizont von 100 Jahren 28: Das bedeutet, dass ein Kilogramm Methan innerhalb der ersten 100 Jahre nach der Freisetzung 28-mal so stark zum Treibhauseffekt beiträgt wie ein Kilogramm CO2.”
(aus Wikipedia, Treibhauspotential).
Piedro
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@Dominik Müller
Das Methan gelangt ja nicht in die Atmosphäre. Zu seiner Herstellung wird obendrein CO² umgewandelt, das, wenn es zB aus Kläranlagen gewonnen wird, sonst in die Atmosphäre gelangte. Das ist fast so effizient, als könnte man die heiße Luft im Bundestag zur Stromerzeugung nutzen.
Hthik
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@Dominik Müller 30. Dezember 2019 um 17:40
“Ist denn dieses „grüne Methan“ dann ein weniger aggressives Treibhausgas als das übliche Methan?”
Das “grün” wird vermutlich damit gerechtfertigt, dass es einen geschlossenen Kreislauf gibt. Das Methan wird aus CO2 gewonnen und wieder zu CO2 und Wasser verbrannt. Das ist besser als das Gas, dass uns Trump und Putin verkaufen wollen.
Es stimmt schon, dass man unter anderem ein zuverlässig dichtes Gasnetz benötigt, damit kein Methan entweicht https://www.sciencemag.org/news/2019/07/major-us-cities-are-leaking-methane-twice-rate-previously-believed
Dominik Müller
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@Piedro Mit Chemie haben Sie es nicht, ich auch nicht.
Dass so gar nichts in die Atmosphäre gelangt, ist sicher ein frommer Wunsch.
Wird es denn im Vakuum verbrannt? Wenn nicht, wird je kg Methan über 2 1/2 kg CO2 erzeugt. Und es wird ein Teil auch unverbrannt in die Atmosphäre gelangen.
Mich würde natürlich interessieren, wie die Mengenverhältnisse sind. Und für diejenigen, welche glauben, dass wir die Energiewende schneller schaffen müssen: Bezogen auf 20 Jahre liegt das CO2-Äquivalent sogar bei 84. D.h. für jedes erzeugte kg Methan müssten für den freigesetzten Teil über 84 kg CO2 verbraucht werden, für jeden verbrannten Teil 3 kg CO2. Tatsächlich ist das Verhältnis aber wohl 1:1 (einfach die C-Anteile der Grafik zählen), damit selbst wenn das Methan ausschließlich verbrannt würde, deutlich klimaschädlicher statt wie von Ihnen suggeriert, klimafreundlich.
Piedro
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@Dominik Müller
Nö, Chemie war nie wirklich meins. Ich kann nicht nachvollziehen, dass je kg Methan über 2 1/2 kg CO2 erzeugt wird. Wenn jedoch diese Menge zu 1 kg Methan umgewandelt wird, ist das Verfahren schon mal CO²-neutral. Hr. Thema wird schon wissen was er sagt, andernfalls hagelt es bald Widerspruch von Kennern, das wäre für ihn blamabel. Und wer weiß? Vielleicht meldet er sich hier noch zu Wort?
Burgweintinger
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@Dominik Müller:
Ich denke, Power to Gas macht nur ökologisch(=Klimaneutral) Sinn, wenn der dafür benötigte Strom im Elektrolysator (zur Wasserstoffgewinnung) auch “sauber” ist. Der saubere Wasserstoff und das CO2 aus einem Faulturm einer Käranlage (also kein CO2, dass seit Millionen Jahren eingelagert ist und durch fossile Energienutzung nun freigesetzt wird) ergeben dann ein klimaneutrales Gas, sprich einen geschlossenen Kreislauf.
CH4
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Ohne mich jetzt weiter über den Artikel oder die Hintergründe auszulassen:
“Grünes” Methan ist ein irreführender Begriff – Methan ist Methan.
Die Bezeichnung “klimaneutrales Gas” ist ebenfalls irreführend – das ist es nämlich nicht. “Neutral” wäre es vielleicht dann, wenn der (vollständig klimaneutral) erzeugte Wasserstoff mit CO2 mikrobiell vollständig in Methan umgewandelt würde, der dann seinerseits wieder vollständig in CO2 umgesetzt wird und dieses dann vollständig in den Kreislauf zurückgeht.
Das liegt hier u.a. aus folgenden Gründen scho nicht vor:
1.) Technische Produktion und Unterhalt der Anlagen (Photovoltaik, Windkraftanlagen, Biochemische Reaktoren) etc.
2.) Wirkungsgrad: Energie kann grundsätzlich nicht zu 100% in eine andere Energieform umgewandelt werden. Im Artikel ist angegeben, dass im Reaktor aktuell 16% Methan produziert werden können. Worauf sich diese 16% beziehen, ist dabei nicht erläutert. Auch 95% sind keine 100% (die nicht erreicht werden können). Es bleibt also immer irgendwo “was hängen”, völlig unabhängig davon, was wie ineinander umgewandelt wird.
3.) Metabolismus/Weiterer Weg in der Atmosphäre: Das erzeugte Methan wird nicht zu 100% zu CO2 verbrannt, und das entstandene CO2, nicht zu 100% mikrobiell zu Methan fixiert.
Usw.
Ich will um Gottes Willen nicht diese Forschung und deren Leistung schmälern. Ich will nur sehr deutlich machen, dass es so einfach eben nicht ist. Die Chemie hat tatsächlich ein Kommunikationsproblem, da es sehr schwer ist, komplexe Sachverhalte allgemeinverständlich darzustellen.
Was die Fragen oben anbelangt:
Methan setzt sich zusammen aus einem Kohlenstoffatom mit einer relativen Atommasse von 12.011 g/mol und vier Wasserstoffatomen der Masse 1.008 g/mol = ca. 16 g/mol.
CO2: 12.011 g/mol (C-Atom) + zwei Sauerstoffatome der Masse 15.999 = ca. 44 g/mol.
Das entspricht etwa dem 2.75-fachen der Masse eine Methan-Moleküls.
Hthik
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@Burgweintinger 31. Dezember 2019 um 10:52 | #
“Der saubere Wasserstoff und das CO2 aus einem Faulturm einer Käranlage (also kein CO2, dass seit Millionen Jahren eingelagert ist und durch fossile Energienutzung nun freigesetzt wird) ergeben dann ein klimaneutrales Gas, sprich einen geschlossenen Kreislauf.”
Die Technik entschärft sozusagen konzentrierte CO2-Quellen, indem das CO2 nicht direkt in die Atmosphäre freigesetzt wird, sondern in CH4 umgesetzt wird, woraus dann nochmal Energie gewonnen werden kann, bevor das CO2 dann endgültig in der Atmosphäre landet. Das verbessert natürlich die CO2- Bilanz, zwar wird das CO2 aus der Kläranlage zwar letztlich doch in der Gasheizung, im Gaskraftwerk, Gasauto etc. freigesetzt, aber man spart sich fossiles CH4 oder sonstige Kohlenwasserstoffe, die man stattdessen in das Erdgasnetz einspeisen müsste.
Julian86
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“Doch wenn die Politik die Rahmenbedingungen nicht verbessere, könnte das die Markteinführung der Technologie verzögern oder verhindern und damit die Energiewende weiter ausbremsen.”
so heißt es im Text.
Die Macher, sollten sie nicht der Kanzlerin Worte (Neujahrsansprache) bei den Hörnern nehmen und die Klima-Kanzlerin direkt ansprechen, was dieser wegweisenden Entwicklung an juristischen/politischen Rahmenbedingungen im Wege steht?
Zur allgemeinen Bedeutung von: Power to Gas
Einen Überblick über die verschiedenen Sektoren bei Deutsche Energie-Agenatur (dena)
https://www.dena.de/fileadmin/dena/Dokumente/Pdf/9144_Studie_Potenzialatlas_Power_to_Gas.pdf
Speicheranwendungen – Von Heimspeichern über Ladeinfrastruktur bis zur flexiblen Sektorenkopplung
https://www.eurosolar.de/de/index.php/text-medien/pressemitteilungen-eurosolar/2326-ires-ese-2019-speicheranwendungen-sektorenuebergreifend-im-kommen
Burgweintinger
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@ CH4. Ich kann dir nicht ganz folgen:
Unter der Voraussetzung dass der Wasserstoff komplett sauber ist, und das CO2 nicht von fossilen Energiequellen stammt ist aus meiner Sicht das Methan klimaneutral (geschlossener Kreislauf => Pflanzen binden CO2,=> Tiere und Menschen essen diese,=> Fäkalien landen in der Käranlage, => CO2 wird wieder frei gesetzt für Pflanzen bzw. für die Herstellung von Methan => Kreislauf
Unser Problem ist doch, dass wir CO2 frei setzen dass vor Millionen von Jahren gebunden wurde, das CO2 einer Vegetationsphase wie oben beschrieben ist, schadet nicht.
Dominik Müller
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@Burgweintinger Ihr beschriebener Kreislauf würde nur in einem Gleichgewicht funktionieren. Sie berücksichtigen nicht, dass in den letzten Jahren viele Wälder gerodet wurden, also weniger CO2 gebunden und weniger Sauerstoff produziert wird, sowie mehr Tiere (wegen erhöhtem Fleischkonsum) und Menschen den Sauerstoff verbrauchen und CO2 produzieren. Wir haben schon jetzt zu viel CO2 und Methan in der Atmosphäre, und es ist egal, ob es vom Menschen ausgeatmet wird oder fossile Energieträger verbrannt werden.
Der Königsweg wäre also, das Methan und CO2 aus der Atmosphäre zu entziehen statt neue Anlagen zu schaffen, die weiteres Methan und CO2 produzieren.
Freilich schreibt sich das leichter, als es ist.
Giesinger
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Der private Häuslebauer, der genug Geld hat, kann sich schon jetzt ein völlig Energie-autarkes Haus bauen. Er braucht die Stufe der Methanisierung nicht. Er speichert den im Sommer über PV-Anlagen gewonnen überschüssigen Strom in Form von Wasserstoff, der dann wiederum im Winter durch Brennstoffzellen zu Strom gewandelt wird.
Es gibt bereits ausgereifte Systeme (eps-Picea). Wer interessiert ist, suche doch mal nach “Wasserstoffhaus” (Picea).
Aber die Idee mit der Methanisierung fürs öffentliche Netz finde ich spannend.
Martin Thema
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Hallo in die Runde,
zuerst bedanke ich mich für das rege Interesse allerseits und wünsche einen guten Start ins Neue Jahr.
@Dominik Müller, Piedro und Hthik: Methan ist Methan. Chemisch ist es der gleiche Stoff, ob aus unserer Anlage oder aus fossilen Quellen. Das heißt auch: wenn “unser” Methan unverbrannt in die Atmosphäre entlassen wird, hat es dort die gleiche Treibhausgaswirkung wie Methan aus jeder anderen Quelle (z.B. aus fossilen Lagerstätten oder auftauenden Permafrostböden). @CH4 hat das in Ansätzen auch schon korrekt erläutert.
Wie @Burgweintinger und @Giesinger richtig schreibt, macht Power-to-Gas nur dann Sinn, wenn a) der Strom aus dem via Elektrolyse Wasserstoff produziert wird aus erneuerbarer Erzeugung stammt – sprich insbesondere aus Windkraft oder Photovoltaik und b) die CO2-Quelle ebenfalls erneuerbar ist. CO2-Quellen können dabei Bio- oder Klärgasanlagen, Biomassevergasungs- oder verbrennungsanlagen sein. CO2-Abscheidung aus der Luft ist ebenfalls technisch möglich. Zusätzlich gibt es “unvermeidbare” CO2-Quellen über die man streiten kann wie z.B. Zement- oder Stahlindustrie. Das Thema würde den Rahmen hier sprengen.
@Dominik Müller: es ist unstrittig, dass zu viele Treibhausgase in der Atmosphäre sind. Oft genug kann das nicht betont werden. Aber: für ein Gelingen der Energiewende müssen wir nicht nur den gut situierten Hausbesitzer “dekarbonisieren” sondern den gesamten Energiesektor, sprich: Stromversorgung, Wärmeversorgung, Mobilität/Verkehr, Industrie/Gewerbe, Landwirtschaft sicherstellen. Dafür werden ein paar kleine Speichersysteme in Hauskellern technikbegeisterter Vorreiter – leider – nicht ausreichen. Neben einem grundsätzlichen Umdenken z.B. beim Individualverkehr, Konsumverhalten werden wir auch großtechnische Energiespeicher benötigen. Sinn unserer Übung ist es, dass wir mit der Erzeugung von Methan vergleichsweise sehr große Gasspeicherkapazitäten im Deutschen Gasnetz erschließen. Das allein wird für die Energiewende nicht ausreichen, Netzaus-/umbau, Ausbau erneuerbarer Erzeugung, Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch. Die Liste der Aufgaben ist lang und es gibt noch genug zu tun.
Wer etwas detaillierter zum Thema nachlesen will kann hier nachschauen: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S136403211930423X
Wenn weitere Fragen offen sind, lade ich Sie ein unsere Anlage zu besichtigen. Sie wird voraussichtlich noch bis etwa August/September 2020 bei uns am Campus stehen. Meine Kontaktdaten finden Sie auf unserer Homepage http://www.fenes.net