Wie Bernhardswald eine Viertelmillion verschwendet hat
Weil es an Kinderbetreuungsplätzen fehlt, muss die Gemeinde Bernhardswald jetzt 265.000 Euro für eine provisorische Lösung ausgeben. Dabei gab es bereits 2015 Beschlüsse für eine dauerhafte Krippenlösung inklusive fertiger Planung. Dieses Geld wollte man sich sparen – und muss es jetzt zusätzlich ausgeben.
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“, meint Florian Obermeier. Und recht viel mehr, als es mit Humor zu nehmen, bleibt dem Bürgermeister von Bernhardswald wohl auch nicht übrig. Denn weil es aktuell an Kinderbetreuungsplätzen fehlt – und das ziemlich akut – muss die Gemeinde im nordöstlichen Landkreis Regensburg nicht nur rund 265.000 Euro für ein vorübergehendes Provisorium in die Hand nehmen, sondern mittelfristig auch mindestens weitere 420.000 Euro für eine dauerhafte Lösung. Zumindest die 265.000 Euro fürs Provisorium – eine Containerlösung auf dem Bolzplatz – hätte sich die ohnehin nicht sonderlich begüterte Gemeinde aber sparen können, wenn sie nicht unter Obermeiers Vorgänger Werner Fischer gespart hätte.
Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass die Krippenplätze in Bernhardswald knapp werden. Die Auslastung der zwölf Plätze sei immer bei 80 und 90 Prozent gelegen – und manchmal eben über den vorhandenen Kapazitäten, erzählt Dr. Merten Niebelschütz, der seit 2020 für die Grünen im Gemeinderat sitzt. Er sei in die Politik gegangen, weil es ihn geärgert habe, „dass bei der Kinderbetreuung gar nichts voran ging“. Und Niebelschütz war davon selbst betroffen. 2013 musste er seinen Sohn in der Krippe der Nachbargemeinde Wenzenbach unterbringen. So wie manch andere Elternpaare.
Fertige Planung schon 2015
Wegen dieser immer wieder angespannten Situation weiß man in Bernhardswald auch schon länger recht genau, was eine dauerhafte Lösung kostet. 2015 hat der Gemeinderat nämlich deshalb – und weil die bestehende Johanniterkrippe schon damals Alarm schlug – bereits 420.000 Euro für eine Erweiterung der bestehenden Krippe bewilligt und den Neubau für eine zweite Gruppe nebst flankierendem Heizkonzept beschlossen – einstimmig. Auch der Förderbescheid der Regierung für die restlichen rund 300.000 Euro war da. Es gab sogar schon den fertigen Entwurf von einem Regensburger Architekturbüro. Und dann passierte sechs Jahre lang nichts mehr.
Die Situation habe sich seinerzeit wieder entspannt, sagt Bürgermeister Obermeier, der erst 2020 ins Amt gewählt wurde. „Da war kein Bedarf mehr da.“ Der damalige Gemeinderat sei dann zu dem Schluss gekommen, dass es das doch nicht brauche und man sich das Geld sparen könne. Schließlich sei Bernhardswald ja auch keine der reicheren Gemeinden – und bis vor kurzem habe das ja auch geklappt. Mit Unterstützung von Nachbargemeinden, die mit freien Plätzen aushalfen. Oder der Eltern, die ihren Betreuungsbedarf zurückstellten.
Jetzt: Provisorium plus Dauerlösung
Dann kam der März 2021 – und es ging nichts mehr. Die zwölf Plätze waren voll belegt. Für das Jahr 2021/22 sei es für neun Kinder nicht möglich, sie unterzubringen, hieß es.
Für die neun Kinder habe man zwar zwischenzeitlich Lösungen gefunden, sagt Obermeier. Einige Eltern hätten ihren Betreuungswunsch zurückgestellt, andere hätten einen Platz in Krippen ihrer Arbeitgeber gefunden – und wieder welche in Nachbargemeinden. Doch dennoch habe man nun schnell eine Lösung gebraucht. Die Situation werde sich aufgrund von Zuzügen nämlich weiter verschärfen. Und deshalb wird es – voraussichtlich im Januar oder Februar 2022 – besagte Containerlösung auf dem Bolzplatz geben. Für insgesamt 265.000 Euro, damit knapp zwei Drittel dessen, was eine dauerhafte Lösung 2015 gekostet hätte, aber, das verspricht Obermeier, nur für maximal zwei Jahre.
Denn dann soll es nun doch die dauerhafte Krippenerweiterung geben. Ob es die auch jetzt noch für 420.000 Euro gibt oder ob das Ganze nach sechs Jahren Aussitzplanung etwas teurer geworden ist – aber das wäre dann wieder so eine schwierige Prognose.
Joachim Datko
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Probleme aussitzen, ist oft eine kostengünstige Lösung. Es hat in diesem Fall sogar viele Jahre funktioniert.
Der Unterschied zwischen den Fällen, in denen aussitzen funktioniert und den anderen ist, dass es öffentlich oft nicht bekannt wird, wenn jemand durch langsames Handeln Geld spart. Manches erledigt sich von selbst.
Man sollte die Container-Lösung auch erst langjährig ausprobieren. Oft wird aus einem Provisorium eine sehr gute Dauerlösung. Bei uns in Burgweinting ist der Container-Kindergarten in der Sophie-Scholl-Straße wohl schon mehr als 25 Jahre alt.
Frieda
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Da hat die Gemeinde aber ein Glück das sie kein Interims-ZOB Provisorium baut.
Fünfeinhalb Millionen Euro wird Regensburg allein für dieses ZOB-Provisorium in die Hand nehmen. Was das Gesamtprojekt „kepler+“ am Ende kosten wird, ist noch nicht bekannt.
https://www.regensburg-digital.de/ernst-reuter-platz-bekommt-ein-neues-gesicht/18022021/
Joachim Datko
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Das ZOB-Provisorium wäre für mich die ideale Dauerlösung!
Zu Frieda 20:35 “Fünfeinhalb Millionen Euro wird Regensburg allein für dieses ZOB-Provisorium in die Hand nehmen. Was das Gesamtprojekt „kepler+“ am Ende kosten wird, ist noch nicht bekannt.”
Je näher der öffentliche Nahverkehr an der Innenstadt gebündelt wird, desto besser. Der jetzige Platz zwischen Bahnhof und Innenstadt ist ideal.
Piedro
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@Joachim Datko
“Probleme aussitzen, ist oft eine kostengünstige Lösung. Es hat in diesem Fall sogar viele Jahre funktioniert.”
Sprach der Ingenieur oder der Philosoph?
Vielleicht kann Herr joey uns mitteilen, wie die Baukosten seit 2015 gestiegen sind. Mit den damals veranlagten 420.000 € plus Förderung wird sich das jedenfalls längst nicht mehr ausgehen. Das funktionierende Aussitzen ging auf Kosten der Familien, und auch der Nachbargemeinden, die den Sprösslingen Unterschlupf gewährten. Die Arbeit des Regensburger Architekten wird auch nicht kostenlos gewesen sein. Nun wird mehr als die Hälfte der ursprünglichen Kosten für ein Provisorium ausgegeben. Sie halten die Containerlösung für ausreichend, die Gemeinde ist anderer Ansicht, man hat also alles andere als Geld gespart.
Erfahrungsberichte von Eltern und Erziehern fallen nicht gerade gut aus. Der Lärmpegel ist höher als in einem Gebäude, es ist nur schwer möglich etwas an den Wänden zu befestigen. Es wird elektrisch geheizt, das Raumklima ist im Winter ungünstig, das übermäßig nötige Lüften erhöht die Heizkosten. Nicht selten wird, in der Regel wegen unvermeidbarer Kältebrücken, nach einigen Jahren Schimmelbefall festgestellt. Die Kleinen können ihren Bewegungsdrang wegen des engeren Raums nicht angemessen ausleben. All solche Dinge, die Eltern kaum als Preis für ein “funktionierendes Aussitzen” hinnehmen sollten.
Natürlich gibt es auch hochwertigere Containerkonzepte, die für das veranlagte Geld jedoch nicht zu kriegen sind – und trotzdem suboptimal bleiben. Kinder sind halt keine Stapelware. Deren Bedürfnisse lassen sich auch nicht aussitzen. Was sie brauchen, das brauchen sie. Was ihnen zusteht, das steht ihnen zu. Aus die Maus.
Hans Peter
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Das erinnert mich doch schwer an Köfering, wo der jetzt im Neubau befindliche Kindergarten mit 3 Gruppen gerade mal den aktuellen Bedarf deckt, ohne die im ersten (!) Bauabschnitt entstehenden 350 neuen Häuser…
Coffin Corner
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Und da zu kommt noch, daß Corona die Geburtenrate hochtreibt.
Lockdown als lay down.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/06/PD21_280_126.html
Das müssen die Politiker noch etwa 7 Jahre aussitzen, dann lässt der Bedarf wieder nach. (Wenn Corona dann vorbei ist)