Wer ließ das Geld der Ärztin verschwinden?
Fast 230.000 Euro soll ein 54jähriger vom Konto seiner Ex geklaut haben. Vom Amtsgericht wurde er dafür wegen Computerbetrugs verurteilt. Doch im Berufungsverfahren stellt sich der Fall nicht so eindeutig dar, wie man glauben könnte.
Es ist ein Rosenkrieg, der auch Teile der besseren Gesellschaft von Regensburg bewegt. Und dass Details der 2016 vollzogenen Trennung eines Ingenieurs und einer prominenten Ärztin derzeit auch wieder öffentlich verfolgt werden können, liegt daran, dass der Streit nicht nur vor dem Familiengericht – wo keine Zuschauer zugelassen sind – ausgetragen wird, sondern derzeit auch in einem Strafverfahren vor dem Landgericht Regensburg. Der 54jährige geht in dem Berufungsprozess gegen seine Verurteilung durch das hiesige Amtsgericht vor.
Das zeigte sich 2019 nach acht Verhandlungstagen überzeugt, dass der Angeklagte seine damalige Frau im Herbst 2016 auf recht raffinierte Weise um fast 230.000 Euro erleichtert haben soll und verhängte eine zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe von eineinhalb Jahren wegen Computerbetrugs. Doch nach mittlerweile zwei Verhandlungstagen im Berufungsprozess unter Vorsitz von Richter Robert Rösl stellt sich der Fall bei weitem nicht so eindeutig dar, wie es das erstinstanzliche Urteil vermuten lassen könnte.
Bei der Scheidung geht es um viel Geld
Tatsächlich geht es auch abseits des Strafprozesses um viel Geld. Nur wenige Monate vor der Trennung hatte die Ärztin ihren Mann zu einem Ehevertrag überredet, in dem er auf zahlreiche Ansprüche gegenüber seiner Frau verzichtete – unter anderem Trennungsunterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich. Vorgeblich, weil sie zu diesem Zeitpunkt eine eigene Praxis eröffnet hatte und mittels Vertrag verhindern habe wollen, dass ihr Gatte in Mithaftung für eventuelle Schulden genommen werden würde. Was der zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, aber wenig später herausfand: Seine Frau hatte damals bereits seit geraumer Zeit einen Liebhaber – ihren späteren neuen Ehemann.
Deshalb schwelt bereits seit längerem ein zivilrechtlicher Streit. Die als Zeugin vernommene Rechtsanwältin des Ingenieurs hält den Ehevertrag für sittenwidrig und spricht von „arglistiger Täuschung“. Insgesamt gehe es um bis zu eine halbe Millionen Euro, die ihrem Mandanten zustünden. Auf ein erstes Angebot, dass mit 250.000 Euro sämtliche Ansprüche abgegolten seien, sei dessen Ex nicht eingegangen.
Vom Festgeldkonto nach Polen
Vor diesem Hintergrund mutet es zumindest überraschend an, dass der Ingenieur im September 2016 – als die zivilrechtliche Auseinandersetzung bereits lief – zunächst 228.144 Euro von einem Festgeldkonto seiner Ex auf deren Girokonto und dann von dort auf das Konto einer polnischen Bank transferiert haben soll, wo das Geld dann in Bitcoins umgewandelt wurde und spurlos verschwand. Tatsächlich hatte die Bank der Ärztin das Ganze laut einem dort beschäftigten Informatiker als „normales Phishing“ eines unbekannten Dritten eingestuft und ihr den Betrag ersetzt.
Handynummern, über die die notwendigen TANs versandt wurden, sind auf niemanden zurückführbar, Online-Prozesse wurden mutmaßlich via Tor-Browser durchgeführt und sind nicht nachzuverfolgen. „Das wurde alles sehr gut verschleiert“, sagt einer der Ermittler. Als belastend für den Angeklagten sahen die Kripo und später auch das Amtsgericht Regensburg aber zwei Punkte an: Der Ingenieur hatte sich in der Vergangenheit um sämtliche Bankangelegenheiten seiner Frau gekümmert und habe deshalb Zugriff auf alle notwendigen Daten gehabt. Und: Bei einer Hausdurchsuchung wurde bei ihm ein Stick sichergestellt, auf dem sich ein PDF mit den Daten des polnischen Bankkontos fand.
„Hanebüchene Story“?
Der 54jährige sagt, er habe das entsprechende PDF aus dem E-Mail-Account seiner Ex. Er habe ihre Passwörter gekannt und noch über mehrere Monate heimlich mitgelesen und Mails von ihr gespeichert. Nach einigen Monaten sei ihm das aber zu heiß geworden und er habe alles gelöscht. Wollte die Ärztin oder jemand anders aus ihrem Umfeld das Geld angesichts des möglich doch noch anstehenden Trennungsausgleichs selbst verschwinden lassen?
Als „hanebüchene Story“ und „ganz klare Schutzbehauptung“ bezeichnet einer der damals ermittelnden Kripobeamten diese Version des Angeklagten im Zeugenstand. Gegen die Ärztin habe man deshalb auch nicht ermittelt, so der Kriminalhauptkommissar auf Nachfrage von Verteidiger Andreas Hoyer. „Das erschien mir völlig unlogisch. Warum hätte sie das tun sollen?“ Die Frau habe überhaupt nicht gewusst, wie man solche Transaktionen durchführe.
Generell sei der „Ehekrieg“ für die Ermittlungen nicht relevant gewesen. Man habe den Mann nach der Betrugsanzeige seiner Ex ins Visier genommen, weil er eben nach deren Schilderungen Zugang zu den Konten hatte. Und auch wenn man weder die verwendeten Handynummern einem Nutzer zuordnen konnte, noch die Online-Transaktionen irgendeinem Computer – Tor-Browser – habe sich dieser Verdacht nach dem Fund der PDF-Datei am Ende auch bestätigt.
Sachverständige entlasten Angeklagten
Doch ganz so einfach scheint das Ganze nicht zu sein. Belege dafür, dass der Angeklagte einen Tor-Browser auf seinen Geräten installiert hatte, konnten die Ermittler zum einen nicht finden. Zum anderen hält ein Sachverständiger für IT-Forensik, der am Donnerstag vernommen wird, die Version des Angeklagten durchaus für denkbar, derzufolge die polnischen Kontodaten aus dem Mailaccount der Ex stammen.
Bemerkenswert: Im Scheidungsverfahren hatte die Ärztin verschwiegen, dass die Bank ihr die knapp 230.000 Euro zurückerstattet hatte und geriet deshalb selbst ins Visier strafrechtlicher Ermittlungen.
Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.
yeet
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So viele bescheißen sich heutzutage nur noch gegenseitig…
Mr. B.
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“Es ist ein Rosenkrieg, der auch Teile der besseren Gesellschaft von Regensburg bewegt.”
Ein schöner Einleitungssatz.
Die Beteiligten hier haben sich doch wahrscheinlich nur selbst beschissen, bis vermutlich. die Sache mit der Bankrückerstattung.
Bisher, so glaube ich, dass in Regensburg das Handeln von Teilen der sog. besseren Gesellschaft bei Immobilien die “untere Gesellschaft” mehr bewegt hat?