29 Juli2012
250 demonstrieren gegen Asylgesetze
„Wenn das keinen Menschen wütend macht, dann ist dies eine tote Stadt“
Etwa 250 Menschen haben sich am Samstag in Regensburg mit dem Protest-Camp der fünf iranischen Flüchtlinge solidarisiert. Bei einer Demonstration durch die Altstadt forderten sie unter anderem eine Abschaffung der Residenzpflicht und das Ende der Lagerpflicht für Asylbewerber. Zeitgleich fanden auch in Bamberg, Würzburg und Düsseldorf Demonstrationen statt. Wir dokumentieren die Reden von Houmer Hedayatzadeh und Omid Moradian, die zusammen mit ihren Mitstreitern seit über zwei Wochen auf dem Neupfarrplatz campieren.
Was bedeutet Gewinn? Zu gewinnen ist der letzte Gedanke eines Menschen, der Widerstand leistet. Es ist das letztmögliche, was in einem Kampf passieren kann. Dieser Mensch blickt während des Widerstands auf ein Ziel und denkt über den bestmöglichen Weg nach, dieses Ziel zu erreichen.
Wir befinden uns gerade mitten in diesem Kampf. Der erste Schritt des Widerstands bestand darin, den Menschen die Situation zu zeigen, die in der Lage waren, das Menschsein zu begreifen. Hier und heute können wir von einem einzigen Triumph sprechen: Eure Gegenwart hier. Eine Gegenwart, die uns lächeln macht, die das Leben herausschreit und denjenigen, die Widerstand leisten, zeigt, dass sie nicht alleine sind. Eure Gegenwart zeigt uns, dass die Welt noch Menschen kennt, die Schulter an Schulter mit uns schreien. Obwohl die Machthaber versuchen, den Kämpfenden weiß zu machen, dass sie alleine sind, schwach und zerbrechlich.
Unsere Macht ist das Nicht-Alleinsein, der Zusammenhalt, unsere zahllose Größe. Eine Macht, die unsere Gedanken von der Niederlage entfernt und eine klare Vorstellung zeichnet vom nächsten Triumph, der auf dem Weg liegt. So einfach sind die siegreichen Schritte. Nebeneinander zu stehen ist nichts Kleines, es ist ein schönes Gefühl. Es ist etwas Schönes, wenn Menschlichkeit aus der Kehle hunderter Menschen gleichzeitig herausgebrüllt wird. Sogar die Vorstellung davon ist schön. Heute haben wir diese Vorstellung realisiert.
Heute finden in weiteren Städten Demonstrationen unserer Mitstreiterinnen und Mitstreiter statt. Dadurch fühlen wir uns einander näher und das gibt uns Kraft. Gemeinsam kämpfen wir für mehr Menschlichkeit.
An dieser Stelle möchten wir unsere Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Aub, die sich im Hungerstreik befinden, darum bitten diesen zu beenden, um genügend Kraft zu haben mit uns gemeinsam den Machthabern klar zu machen, was Menschsein bedeutet. Damit es für die Welt nicht selbstverständlich wird, dass Menschen ihr eigenes Leben riskieren, um menschliche Grundbedürfnisse zu kämpfen. Der Anfang ist gemacht! Danke an euch!
Omid Moradian
mkveits
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Die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes
Die Frage ist doch, wohin unsere aktuelle “Staats- und Gesellschaftsordnung” führt.
Vom “Ende der Nachkriegsdemokratie” schrieb Wolfgang Streeck am 27. Juli 2012 in der SZ (Seite 23). Daran anknüpfend (es geht um die “Umwidmung der EU zu einem Einlagensicherungssystem und Inkassobüro für Staatsschulden” mit ggf. folgenschweren Verwerfungen einer Art Verteilungskrieg) mag sich die Situation nach dem II. Weltkrieg, auf die sich die BV bezieht, für die Völker Europas in “moderner Weise” in den nächsten Monaten und Jahren als “strukturelle Gewalt” im Sinne von Johan Galtung in analoger Weise einstellen.
Vor diesem Hintergrund einer von den “Märkten” und ihren Erfüllungsgehilfen erzwungenen Transformation unserer Gesellschaft in eine Postdemokratie mit einem nur “residualen Rechts- und Polizeistaat” (Streeck) gibt es in der Tat nur eine allseitige Solidarisierung all jener, die von den neoliberalen Kräften “unkündbar und unkontrollierbar” für die Milliarden-Schulden Dritter zur Kasse gebeten werden.
In einer solchen Umbruchssituation gilt es gerade auf die Rücksichtnahme und Einbindung der Schwachen zu pochen, ganz im Sinne des nachfolgenden Textes der BV, in welchem vom “festen Entschluss” die Rede ist, “die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes dauernd zu sichern”.
P.S.
Bayerische Verfassung
Präambel
Vom 2. Dezember 1946 In der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (GVBl. Seite 991), zuletzt geändert durch Gesetze vom 10.11.2003 (GVBl. Seite 816 und 817)
Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschlusse, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes dauernd zu sichern, gibt sich das Bayerische Volk, eingedenk seiner mehr als tausendjährigen Geschichte, nachstehende demokratische Verfassung.
Gotthold Streitberger
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Die iranischen Flüchtlinge danken in ihren beeindruckenden Reden in ihrer schönen Sprache allen, die ihr camp unterstützen und sich an ihrer Demo beteiligt haben.
Ich danke in meinen einfachen Worten den Flüchtlingen. Ihre Entschlossenheit, ihr Protest und ihr Kampf ist auch ein Beitrag für mehr Menschlichkeit, für mehr Menschenwürde, für mehr Demokratie und mehr Rechtstaatlichkeit in unserem Land.
Gotthold Streitberger, (Mitglied BI Asyl Regensburg)