31 Jan2008
Wegen Millionenpleite! Klinik-Guru vor Gericht
Staatsanwaltschaft geht von mehr als 20 Millionen Gesamtschaden aus
Seit Montag muss sich der einstige „Klinik-Guru aus dem Bayerwald“ Günther Dachs aus Bad Kötzting vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt dem 50jährigen Diplom-Kaufmann „vorsätzliche Insolvenzverschleppung, Verletzung der Buchführungspflicht und betrügerischen Bankrott in vier Fällen“ zur Last. Dabei geht die Staatsanwaltschaft von einem Gesamtschaden von mehr als 20 Millionen Euro aus. Betroffen sind hiervon die Sanwald-Kliniken in Waldmünchen, Lohberg und Rabenstein, sowie die Akut-Klinik in Waldmünchen.
Im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch seiner Firmengruppe kassierte Dachs im vergangenen Jahr vor dem Schöffengericht Cham – quasi als „Spitze des Eisbergs“ eine 18-monatige Bewährungsstrafe, die im Falle einer Verurteilung mit eingerechnet werden müsste.
Ein von der Staatsanwaltschaft angebotener Deal – sein Geständnis gegen eine dreijährige Haftstrafe und die Einstellung weiterer noch anhängiger Verfahren – kam bislang nicht zustande.
Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens ist die Gretchenfrage „Wann wusste, beziehungsweise hätte Dachs um die Zahlungsunfähig seiner Firmengruppe wissen müssen?“ Ab diesem Zeitpunkt ist innerhalb von drei Wochen der Gang zum Insolvenzrichter zwingend vorgeschrieben. Doch Dachs ging diesen Weg erst im Sommer 2005. Die Staatsanwaltschaft geht indes davon aus, dass dem Angeklagten bereits seit dem Jahr 2003 der marode Zustand seines Imperiums bekannt war. Dies ergibt sich in den Augen der Ankläger schon aus den häufigen Gastspielen des Gerichtsvollziehers und den Umständen, dass Löhne mit erheblicher Verspätung gezahlt und von Banken Kredite gekündigt wurden. Ein inzwischen vorliegendes Gutachten soll diese Hypothese manifestieren. Nachdem am ersten Verhandlungstag ein Befangenheitsantrag der Verteidiger Michael Haizmann und Dr. Jan Bockemühl (dem sich der dritte Verteidiger, Rechtsanwalt Jörg Geißmayer nicht anschloss) gegen den Gerichtsvorsitzenden scheiterte und sowohl der Gerichtsvollzieher, als auch ein Kripobeamter zu „Nebenschauplätzen“ vernommen worden waren, konzentrierte sich die weitere Beweisaufnahme auf die Vernehmung von Angestellten einer Gläubigerbank.
Dabei kristallisierte sich heraus, dass es schon seit dem Jahr 2000 den Klinik-Betrieben alles andere als rosig ging. Die Lage wurde – auch bedingt durch Veränderungen im Gesundheitswesen – im Laufe der Zeit eher prekärer als besser. Doch Dachs sei stets bemüht gewesen, sein Lebenswerk über Wasser zu halten.
Ab dem Jahr 2003 – so einer der Zeugen – wurde Dachs „an der kurzen Leine geführt“, nachdem die Realität hinter den Erwartungen zurück geblieben war. Auch strebte man von der Bankenseite aus an, dass deren Risiko auf „andere Schultern“ verteilt wird. Als all diese Bestrebungen zu nichts führten, erfolgte im Februar 2005 die Kreditkündigung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Dachs an Lösungen geglaubt – oder wollte zumindest daran glauben.
Das Urteil in diesem Verfahren – für das die Wirtschaftsstrafkammer zunächst sechs Verhandlungstage angesetzt hat – wird für frühestens Mitte Februar erwartet. Überdies sind gegen Dachs noch weitere Ermittlungsverfahren anhängig, unter anderem wegen betrügerischem Privatbankrotts und Devisenvergehen.
Dachs selbst saß wegen „Fluchtgefahr“ im vergangenen Jahr sechseinhalb Monate in Untersuchungshaft, nachdem er in Österreich zusammen mit seiner Familie einen Zweitwohnsitz begründet hatte. Er wurde gegen Meldeauflagen im Oktober 2007 auf freien Fuß gesetzt.