Von Hillary Clinton und anderen Verlierern
Anlässlich der US-Wahlen verlor Politikwissenschaftler Stephan Bierling drei Flaschen guten Brunello.
Am Dienstag, den 8. November, fanden sich viele Menschen zu einem großen Ereignis im Audimax der Regensburger Universität ein. Schon um 19:30, als die Veranstaltung begann, war der Hörsaal prall gefühlt. Viele saßen auf den Stufen und lauschten den Begrüßungsworten des Präsidenten Udo Hebel. Es war die Akademische Party zu den US-Wahlen, die vom Lehrstuhl „Internationale Politik und Transatlantische Beziehungen“ ausgerichtet wurde, genauer gesagt war der Veranstalter Stephan Bierling, altbekannter Kaffeesatzleser und Politprophet des Instituts.
Die Vorwahlen würde Trump klar verlieren, so waren seine Worte, spätestens beim Super Tuesday würde Jeb Bush sich durchsetzen. Hillary gegen Bush so lautete Bierlings Prognose für den Hauptwahlkampf. Doch selbst diese fatale Fehleinschätzung konnte den wackeren Politologen nicht davon abbringen „drei Flaschen guten Brunello“ auf den Wahlsieg Hillarys zu wetten. So verkündete er es vorher auf der Seite seines Instituts.
Schon im Vorfeld während seiner Vorlesungen, versuchte Bierling mittels abenteuerlichen Schaubildern die Zusammensetzung von Trumps Wählerschaft zu erklären, um seine Thesen zu stützen. Rinks und Lechts kann man leicht verwechseln, wie das Gedicht „lichtung“ von Ernst Jandl schon einst aufzeigte.
Auf der Akademischen Wahlparty sollte sich nicht nur klären, wer von nun an die freie Welt regieren würde, sondern auch wer mit dem gebildeten Politikversteher zu Abend essen darf. Es gab nämlich eine Tombola. Wer dem Ergebnis des Stimmanteils (popular vote) am nächsten käme, der dürfe einem charmanten Dinner mit Bierling beiwohnen, so das Versprechen.
Nichts geht über einen guten Vorlesungstitel
Erfüllt von übermäßigem Vertrauen in seine Qualitäten als Politikwissenschaftler und Hellseher kündigte Bierling bereits im Voraus seine Vorlesung nach der Wahl (15.11) unter dem Titel „Warum Hillary gewonnen hat“ an. Blöd nur, dass letztendlich Trump gewann und Bierling in die peinliche Situation geriet, die Vorlesung unter diesem Titel halten zu müssen.
Ein kurzes Resümee aus dem Vortrag: Die Gründe für Bierlings Scheitern sind sehr vielfältig. Zum einen, wenn man es sich leicht machen möchte, könnte man es auf das „saudumme Wahlsystem“ der Amerikaner schieben. Erschwerend wurde seine Einschätzung dadurch gemindert, dass er noch nie einen Trump-Wähler traf. Außer einmal und zwar im Urlaub in Botswana in einer „sehr edlen Lodge“, und dieser war – laut Bierling – einfach nur widerlich. Recht behielt Bierling aber letztendlich doch, wenn auch nur indirekt, denn Hillary bekam natürlich den größten Stimmanteil, aber leider nicht die meisten Wahlmänner.
Einsicht ist der beste Weg zur Besserung
Droben von der Kugel
Eins können wir doch lernen: die Einsicht, dass man sich in der Politikwissenschaft nicht allein auf die quantitative Forschungsmethode und große Datenmengen verlassen kann, sondern mehr qualitative Methoden zu Rate gezogen werden sollten. Hier muss Bierling zu Gute gehalten werden, dass er, trotz seines allseits bekannten Hangs zur Selbstinszenierung, zu einer gehörigen Portion Selbstkritik fähig war.
Abschließend kann gesagt werden, das einzig Gute an Trumps Sieg ist, dass Herr Bierling drei Flaschen guten Brunello und viel Glaubwürdigkeit verloren hat. Vielleicht wird er beim nächsten Mal etwas vorsichtiger und wettet nur eine. Man kann gespannt sein auf die nächste große Wahlparty im Audimax in vier Jahren.
Basti
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Durch das Eingestehen seiner Fehlprognose in der Vorlesung kam er mir fast schon ein wenig sympathisch vor. nachdem er es immer so selbstsicher herumposaunt hatte.
Das Event war auch sehr gelungen: Bier, Donuts und Hotdogs. Brot und Spiele.
Ach, wäre nur die Wahl zum Bundeskanzler oder -präsidenten auch so ein Spektakel, vielleicht gäbe es dann weniger politikverdrossene Menschen. Ok naja, spannender wäre es, aber ob die Ergebnisse erfreulicher wären? Da wäre eine andere Sache…
Achja, kleiner Fehler: Von Hillary Clinton und anderen VerliereRn
Wolf Erdel
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zur Artikel! Aber zur Verteidigung des Professors: Jemand, der 3 Flaschen Brunello riskiert, kann kein schlechter Mensch sein. Ein bisschen mehr Lockerheit (und Spaß an der Forschung) kann unseren Unis nur nutzen!
dünnster Künstler
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@ Wolf Erdel:
“HAHA” (sagt Backenbuckel – der hirnlose hundsköpfige Affe und fügt dem sonst nichts substanzielles hinzu) … Pataphysik.
68er akademiker
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Die Sache war bereits in der mz, und durch breittreten desselben Sachverhalts bekommt dieser auch nicht mehr Gehalt. Einzig spannend fnde ich die Frage,warum der Prof wie 99 % aller so genannter Fachleute hier so gründlich falsch lag.warum wollen diese Leute sich nicht mit den sozialen und kulturellen Missverhältnissen beschäftigen , die in den USA wie auch in Europa zum Ruf nach dem sogenannten starken Mann führen? Bierling und Co sind Teil des Systems, dass ums verrecken so weiter machen will, anders kann ich mir das nicht erklären. Die Kolumne sollte richtig ,droben vom elfenbeinturm, heissen. Was aber nicht stimmt.Statt belanglosen geschichtchen über Profs würde mich zum Beispiel die Erfahrungswelt der Campus Asyl Leute interessieren.