Vertrauen Sie Ihren Vorurteilen!
Sie suchen Orientierung in schwierigen Zeiten? Dann vertrauen Sie Martin Stein und seinem Lebensratgeber „Herr Stein rät“ – heute: Vertrauen Sie Ihren Vorurteilen. Wir veröffentlichen das zugehörige Video und haben den Text so gut es ging transkribiert…
Also, die Lage wird jetzt nicht zwangsläufig besser. Das merken Sie ja selber. Magst meinen, dass schön langsam klar geworden ist, wo hinten ist und wo vorne. Aber mitnichten. Tausende und abertausende von wissenschaftlichen Studien gibt’s mittlerweile, aber wenn einer von einem gehört hat, dass dem seiner Cousine ihr Kollege bei Siemens direkt nach dem Impfen einen plötzlichen Samenerguss bei der Katja Burkard von RTL gekriegt hat – holla die Waldfee, da geht’s dann aber rund auf allen Kanälen. Und auf der Stelle wird eine Demo angemeldet.
In seiner ganzen Geschichte hat der Mensch nie so viele Informationen gehabt wie jetzt, und, was hat er davon? Nix hat er davon. Weil’s ihm zuviel ist. Da hat die Kirche früher schon recht gehabt, wo man früher am Sonntag eine halbe Stunde Information gepredigt gekriegt hat, und das hat man dann schlucken können, zusammen mit der Hostie. Aber mit der christlichen Moral ist halt auch die christliche Informationspolitik den Bach hinunter gegangen, und jetzt hamma den Dreck im Schachterl.
Der Mensch heute hat gewissermaßen einen Harem an Informationen zur freien Verfügung. Eine Information schöner und nackerter als die andere, und das überfordert ihn dann auf einmal, den Menschen. Dann kann es halt auch leicht passieren, dass er sich vertut, so auf der Suche nach intellektueller Befruchtung, und in seiner Verwirrung den Türpfosten bumst. Das Problem ist dann leider oft genug, dass er sowieso mit dem Türpfosten besser zurecht kommt als mit der Haremsdame und deswegen lieber gleich dabei bleibt, auch wenn er sich ab und zu einen Schiefer in die Weichteile zieht.
Na, jedenfalls ist die Wahl der Wahrheit eine schwierige, besonders, wenn die Leut’ auch noch meinen, dass Wahrheit und Demokratie doch bestimmt auch irgendwas miteinander zu tun haben müssen, dass man da drüber abstimmen muss.
Muss man nämlich nicht.
Aber finden muss man sie halt, die Wahrheit, in diesem Gestrüpp aus Informationen. Und da kann ich Ihnen ein paar recht nützliche Ratschläge geben, auf der Suche. Also, passen’s auf: Es wird Sie vielleicht überraschen, aber Sie müssen mehr mit Ihren Vorurteilen arbeiten. Da hör ich jetzt die Verblüffung direkt durch den Äther. Wie, Vorurteile! Vorurteile sind schlimm, Vorurteile sind ungerecht, die Menschen haben einfach zu viele Vorurteile! Und das stimmt nicht, sag ich Ihnen. Die Menschen haben überhaupt keineswegs zu viele Vorurteile. Die Menschen haben zu viele Urteile! So schaut’s nämlich aus!
Ein Vorurteil ist nämlich ein extrem praktisches Alltagswerkzeug und hat sich evolutionär über Jahrtausende hin bewährt. Wenn der Mensch früher bei jedem Säbelzahntiger nachgefragt hätte, ob er schon satt ist, dann hätten wir heute keine Klimakrise, das sag ich Ihnen. Lieber vorsichtig sein. Auch wenn man ihm vielleicht Unrecht tut, dem Säbelzahntiger.
Das kann halt passieren, das mit dem Unrecht. Aber deswegen ist es halt ein Vor-Urteil und kein Urteil. Und mit den richtigen Vorurteilen kommt man recht weit, das können Sie mir glauben.
Ein Beispiel: Wenn einer schreibt, dass Studien gezeigt haben, dass 40 Prozent aller Hüttenkäsekonsumenten in der Nacht öfter aufs Klo müssen, dann fragt kein Mensch nach, welche Studien denn? Von wem? Und wo?
Kann man ja mal nachschauen, von wem die Studie ist, die da so wichtig daherkommt. Und da gibt’s dann halt Studien, die sind von einer Uni, wo Leute schon seit Jahrzehnten mit Hüttenkäse arbeiten, und andere Studien sind halt aus einer Fortbildung für Klangschalenstreichler aus dem Internet. Und wieder andere Studien findet man gar nicht. Weil es die nämlich nicht gibt. Schaut ja eh keiner nach.
Deswegen muss man bloß sagen, „Studien haben gezeigt“ und schon traut sich keiner mehr was zu sagen. Früher hat’s geheißen, in der Zeitung, da ist gestanden, das war auch nix anderes. Die Zeitung oder die Studie oder der Pfarrer oder der Fernseher, irgendeine mysteriöse Autorität braucht’s anscheinend.
So nachschauen, ob eine Studie was taugt, ist halt auch mühsam. Auch eine gute Studie liest sich selten so flüssig wie ein Harry Potter. Aber da komm ich wieder mit meinen Vorurteilen daher: Jetzt kann man sich halt die Studie anschauen oder einfach den Studenten. Das langt nämlich meistens schon.
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, das hat schon der Jesus gesagt, und dann hat er vor den Wölfen im Schafspelz gewarnt, der Jesus, und da tät ich ihm glatt widersprechen, auch wenn man Jesus eigentlich nicht widersprechen sollte, schon wegen seinem Vater. Jedenfalls finde ich, dass man es sich gar nicht so kompliziert machen muss. Passen’s obacht: Meiner Meinung nach langt es völlig, wenn man die Schafe im Schafspelz erkennt.
Hier hat es zum Beispiel mal einen gegeben, der war immer so ein bisserl westernmäßig angezogen. Und wenn der mit dem Radl durch die Stadt gefahren ist. dann hat er mit seiner imaginären Zeigefingerpistole auf die Tauben geschossen und auch so die Geräusche gemacht, so „Pfiu! Pfiu!“ Und eine große Gürtelschnalle hat er gehabt, auf der ist gestanden: „Spiel mir am Glied bis zum Tod.“
Jetzt geb ich zu, dass ich den, ohne dass ich ihn näher gekannt habe, für einen kompletten Volltrottel gehalten hab. Aufgrund meiner Vorurteile hab ich mich nie besonders bemüht, dass ich den näher kennenlerne, aber ich muss auch ehrlich sagen, dass mir noch keiner gesagt hat, du, Herr Stein, schade, da hast jetzt echt was verpasst, so ein netter Mensch aber auch, und gescheit erst.
Man muss halt die Augen aufmachen beim Vorverurteilen. Es heißt zwar immer, dass man in einen Menschen nicht hineinschauen kann, aber oft genug schaut’s einfach aus dem Menschen heraus. Passen’s einfach mal auf! Ganz vielen Leuten hängt ihr Charakter im Gesicht wie ein Essensrest. Direkt nicht zum Übersehen.#
Wir haben da so einen Professor, der hat eine Zeitlang schlimmer ausgeschaut wie der Saddam Hussein, als ihn die Amis damals aus seinem Erdloch gezogen haben. Jetzt kann man natürlich sagen: Gut, der hat jetzt so dermaßen intensiv forschen müssen, dass er keine Zeit mehr zum Waschen gehabt hat. Da sag ich Ihnen: Vertrauen Sie ihrer ersten Idee, nämlich, dass dem wahrscheinlich der Hirnschwammerl ausm Gesicht wachst. Bis jetzt hab ich noch nix von dem gelesen, was mich vom Gegenteil überzeugt hätte.
Schaust ihn an, merkst sofort: Dumm ist er nicht, aber ein Depp. Das ist ein wichtiger Unterschied nämlich. Die tatsächlich Dummen sind ja sowieso nicht schwer zum Erkennen, grad mit den richtigen Vorurteilen.
Ganz wichtiges Vorurteil: Rechtschreibung. Find ich zumindest. Wenn der Psychologiestudent, der die ganzen Statistiken als allererster richtig verstanden hat, wenn der nicht einmal die Überschrift von seinem YouTube-Video fehlerfrei hinkriegt, dann muss man vielleicht auch dem Rest nicht so arg glauben. Vielleicht langt’s ja überhaupt, wenn einer Psychologiestudent ist, dass man ihm nix glauben kann, das kann auch sein.
Und wenn einer farbige Schriften für seine Botschaften hernimmt und lauter Großbuchstaben und dann eventuell noch einen Haufen Ausrufezeichen, dann hat er auf jeden Fall Unrecht. Da können Sie Gift drauf nehmen. Ab drei Ausrufezeichen hintereinander ist ein Mensch auf jeden Fall ein Trottel. Und es werden immer mehr Ausrufezeichen, weil’s den Leuten natürlich abgeht, dass sie schriftlich nicht so umeinanderschreien können, wie sie das gern täten.
Ein berühmter Volksschriftsteller hat einmal gesagt, dass einer, der fünf Ausrufezeichen hernimmt, dass der auch seine Unterhose auf dem Kopf trägt. Und das war ein gescheiter Mensch, das sag ich Ihnen. Hat einen ganzen Haufen Bücher geschrieben und nie mehr als ein Ausrufezeichen auf einmal gebraucht. Der hat halt auch nicht schreien müssen, damit man ihn hört.
Also, kurz gesagt, wenn Sie das Gefühl haben bei einem, mit dem Menschen da, mit dem würd ich in hundert Jahr keinen Kaffee trinken, aber vielleicht hat er ja trotzdem recht mit seiner Theorie von den Echsenmenschen – denken’s nochmal.
Zum Beispiel dieser Politiker von dieser Randgruppenpartei in Thüringen. Schauen’s dem einmal ins Gesicht, da wissen Sie, was engstirnig bedeutet. Dem hat man doch erst operativ das Mono-Auge auseinanderbauen müssen, so wie der schaut. Dem sein Mutter ist doch noch mit zwei Reihen Knöpf am Bauch durch den Wald gelaufen und hat Eicheln gefressen.
Oder nehmen’s nur diesen Trump, diesen Donald Trump. Dem würde doch im Leben kein Mensch einen Gebrauchtwagen abkaufen, so wie der schon schaut. So haben früher beim James Bond die Bösen ausgeschaut, damit man es im Kino auch gleich merkt, dass das der Böse ist. Da hat der Regisseur dann beim Filmen gesagt, geh Donald, jetzt tu einmal deine Unterlippe noch a bisserl rausschieben, damit du auch skrupellos genug ausschaust! Die Leut sollen das doch gleich wissen! Hat ja grad noch gefehlt, dass er im weißen Haus in einem Sessel hockt und eine Katz streichelt. Also wirklich.
Jetzt tun uns die Deppen schon den Gefallen, dass sie ausschauen wie Deppen, und die Verbrecher schauen aus wie Verbrecher, und trotzdem wird so einer Präsident. Und jeder fragt sich, wie das hat passieren können. Ich glaub schon, dass das daran liegt, dass die Leute nicht mehr auf ihre Vorurteile hören. Da heißt’s dann: Ach geh, du kannst den ja jetzt nicht deswegen nicht wählen, weil er so eine Gesichtsbarackn ist, und Auto müssen wir ihm ja keins abkaufen. Und schon hamma den Salat.
Aber wem vertrauen?
Zu schön darf er aber auch nicht sein, da muss man schon Vorsicht walten lassen. Man braucht da ja keinen Bachelor. Am Besten nehmen’s so eine hintergründige Schönheit, sowas Dezentes, mit einer Form von attraktivem Übergewicht, wo man weiß, der reitet uns nicht in die Scheiße, weil, der mag morgen auch noch seinen Leberkäs essen. Also quasi, wen, der ausschaut wie ich, zumindest so grundsätzlich. Das ist eine gute Basis, das sag ich Ihnen.
Wenn einer so ausschaut wie ich – dem können’s vertrauen.
Der darf auch Präsident werden.
Auf Wiederschaun.
Bernd
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Hammerfoto! Gruß an den Künstler und sein Model.
Herr Scheid
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😂 Find ich schon sehr gut transkribiert. Danke!