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Wenzenbacher Finanzskandal

Verfahren „geerbt“: Bürgermeister-Witwe vor dem Verwaltungsgericht Regensburg

Neun Jahre nach Bekanntwerden der Affäre und zwei Jahre nach dem Tod des Wenzenbacher Altbürgermeisters Josef Schmid geht es vor dem Verwaltungsgericht Regensburg nun noch einmal um unrechtmäßige Prämien, hohe Pauschalen und private Steuerschulden, die aus der Gemeindekasse beglichen wurden.

War zwölf Jahre Bürgermeister von Wenzenbach: der 2021 verstorbene Josef Schmid. Foto: Archiv/Ostbayern-Kurier

Warum hat das so lange gedauert? Das ist die erste Frage, die man sich mit Blick auf das Verfahren stellen könnte, das kommende Woche vor dem Verwaltungsgericht Regensburg stattfindet.

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Neun Jahre ist es her, seit nach einer Prüfung durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands im Jahr 2014 eine gewisse Selbstbedienungsmentalität in der Gemeinde Wenzenbach ruchbar wurde. Unter dem früheren Bürgermeister Josef Schmid und dem langjährigen Geschäftsstellenleiter Hans E. wurden demnach unter anderem unberechtigte Leistungsprämien, Urlaubsabgeltungen, hohe Fahrtkostenpauschalen und private Steuerschulden von Schmid und E. aus der Gemeindekasse beglichen. Der Schaden wurde damals auf etwa 160.000 Euro beziffert.

Sieben Jahre ist es her, seit Hans E. deshalb nach einem Teilgeständnis zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde (wegen Untreue in einem besonders schweren Fall). Im Nachgang verlor er zudem seine Pensionsansprüche und gilt als treibende Kraft hinter der damaligen Praxis.

Freispruch für Altbürgermeister: „Es muss aber nicht alles strafbar sein, was nicht richtig läuft.“

Altbürgermeister Schmid erhielt hingegen einen weitgehenden Freibrief – strafrechtlich jedenfalls. Sechs Jahre ist es her, seit er (nach einer erstinstanzlichen Verurteilung) vom Landgericht Regensburg im Jahr 2017 freigesprochen wurde. Der Tatbestand der Untreue in mehreren Fällen sei zwar in objektiver Hinsicht erfüllt, aber nicht in subjektiver, so das Gericht damals.

Schmid hätte sich die Dokumente, die ihm Geschäftsstellenleiter E. zu all diesen Zahlungen vorlegte, „zumindest grob anschauen müssen“ anstatt sie einfach unbesehen zu unterschreiben, so die Vorsitzende Richterin Elke Escher damals. Der Bürgermeister habe damit fahrlässig gehandelt und seine Sorgfaltspflicht verletzt. „Es muss aber nicht alles strafbar sein, was nicht richtig läuft“, so Escher.

Zudem gebe es bezüglich des entstandenen Schadens ohnehin noch ein Disziplinarverfahren gegen Schmid und eine Leistungsklage, welche die Gemeinde Wenzenbach beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht habe. Sagte Escher am 16. November 2017 – also vor fast sechs Jahren.

Verfahren kam nicht voran: Witwe wurde Rechtsnachfolgerin

Die Landesanwaltschaft schaffte es anschließend nicht, das Disziplinarverfahren mit möglichen beamtenrechtlichen Konsequenzen gegen Schmid abzuschließen. Weil der Altbürgermeister wenig später schwer erkrankte, wurde es ausgesetzt, kurz vor seinem Tod dann eingestellt. Bei der Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht ging entsprechend ebenfalls nichts voran.

Als Schmid schließlich im Februar 2021 verstarb, „erbte“ seine Witwe nicht nur die sich aus Schmids bis zuletzt bestehenden Pensionsansprüchen (A16) ergebende Rente, sondern auch das immer noch anhängige Verfahren. Das wird nun am 6. September vor dem Verwaltungsgericht Regensburg verhandelt – neun Jahre nach Bekanntwerden der Affäre.

Beklagt ist dabei nicht nur die Witwe des Bürgermeisters als dessen Erbin und damit Rechtsnachfolgerin, sondern auch Ex-Geschäftsstellenleiter Hans E. Beide werden von der Gemeinde als Gesamtschuldner betrachtet. Von den rund 160.000 Euro, auf die der Schaden zunächst beziffert wurde, sind noch etwa 90.000 Euro offen.

Involvierte Beamte zahlten einiges zurück

Größtenteils zurückgezahlt wurden demnach die zu Unrecht ausbezahlten Leistungsprämien – durch die drei betroffenen Beamten, inklusive Hans E. Rund 50.000 Euro. Der Ex-Geschäftsführer hat zudem weitere rund 20.000 Euro zurückbezahlt – private Steuerschulden, die zunächst aus der Gemeindekasse übernommen worden waren.

Diese Steuerforderung entstand, weil Hans E. Urlaubstage (mit Schmids Unterschrift) zunächst steuerfrei ausbezahlt wurden. Als das bei einer Überprüfung durch das Finanzamt herauskam und Nachversteuerung gefordert wurde, wurde das aus der Gemeindekasse bezahlt – erneut mit Schmids Unterschrift auf einem Dokument, das ausdrücklich auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen einer solchen Praxis hinwies.

Die dafür angefallenen Steuern hat Hans E. der Gemeinde erstattet, das Geld für die ausbezahlten Urlaubstage nicht.

Private Steuerschulden Schmids aus der Gemeindekasse beglichen

Durch Josef Schmid (bzw. nach dessen Tod durch seine Witwe) scheint in all den Jahren seit Bekanntwerden der Affäre nichts an die Gemeinde zurückbezahlt worden zu sein. Hier geht es zum einen um rund 70.000 Euro, die sich Schmid als Fahrtkostenpauschale über die Jahre 2002 bis 2014 bewilligen ließ. Weitere rund 11.000 Euro will die Gemeinde zurück haben, weil auch besagte Pauschalen an Schmid zunächst „steuerfrei“ ausgezahlt wurden.

Auch das fiel dem Finanzamt bei einer späteren Prüfung auf. Die daraus resultierenden privaten Steuerschulden des Altbürgermeisters wurden anschließend ebenfalls aus der Gemeindekasse beglichen.

Inwieweit diese Forderungen ihre Berechtigung haben, muss nun das Verwaltungsgericht entscheiden.

Bürgermeister Koch: „Das ist meine Dienstpflicht.“

Wenzenbachs Bürgermeister Sebastian Koch hatte in der Vergangenheit stets betont, dass die Gemeinde völlig unabhängig vom strafrechtlichen Urteil ihre Schadenersatzforderungen gegen Josef Schmid und Hans E. geltend machen, also klagen müsse. „Das ist meine Dienstpflicht“, so Koch Anfang August gegenüber der MZ.

Ansonsten bestehe zum einen die Möglichkeit, dass es Probleme bei künftigen Rechnungsprüfungen gebe – der Bayerische Kommunale Prüfungsverband sieht die Schadensregulierung nach wie vor nicht als abgeschlossen an.

Auch könnte Koch selbst sich dem Vorwurf des leichtfertigen Umgangs, möglicherweise sogar der Untreue aussetzen, wenn er berechtigten Forderungen der Gemeinde nicht nachgehe. Zum anderen sei ein juristische Klärung notwendig, ehe die Versicherung der Gemeinde prüfe, ob der Schaden durch diese beglichen werde. Anders ausgedrückt: Die Gemeinde braucht eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Lange Dauer zum Schaden aller Beteiligten

Dass es so lange gedauert hat, bis diese gerichtliche Klärung nun stattfindet, ist für keinen der Beteiligten vergnügungssteuerpflichtig. Nicht für Schmids Witwe, die vor gerade einmal zwei Jahren ihren Mann verloren hat, und die naturgemäß eine andere Perspektive auf den neun Jahre zurückliegenden Wenzenbacher Finanzskandal haben dürfte als Außenstehende.

Doch auch nicht für Sebastian Koch. Der wird gerade jetzt, während er als SPD-Kandidat in den Landtag einziehen möchte, wieder mit besagter Klage in Verbindung gebracht, die in Wenzenbach höchst umstritten ist und die ihm spätestens seit Schmids Tod kaum Sympathien geschweige denn Wählerstimmen einbringen dürfte.

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Kommentare (9)

  • Mr. B.

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    Das war aber ein schöner Selbstbedienungsladen?
    Und die damalige Richterin kennen wir doch noch vom “unschuldigen” Regensburger EX-OB Wolli?
    Auch hier mußte auch nicht alles bestraft werden?

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  • Dieter

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    “Es muss aber nicht alles strafbar sein, was nicht richtig läuft“, so Escher.”

    Hätte da man von Seiten der Staatsanwaltschaft nicht in Revision gehen können oder wollen?
    Was man von Eschers Persil-Urteilen halten darf, weiß man ja bereits

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  • Günther Herzig

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    @Dieter
    Finden Sie das in Ordnung ohne weitere Kenntnisse Spekulationen über eine Richterin loszutreten? Immerhin haben Richter mit einem Fall erst zu tun nach Abschluss häufig schwieriger Ermittlungen.

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  • G. Siegemund

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    @Dieter, mit solchen ehrabschneidenden Beiträgen werden m.E. Verleumdungen in Umlauf gebracht. (siehe auch Aiwanger). Richter sind nun mal in ihrer Urteilsfindung frei, auch wenn ein Urteil unbequem ist.
    @Günter Herzog: Respekt!!

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  • Roche-Dirac

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    @Günther Herzig u. G. Siegemund

    Was heisst hier Spekulationen über eine Richterin lostreten? Wo ist da eine Verleumdung? Und was soll hier der Hinweis auf Aiwanger?

    Fest steht aber, dass das Urteil des Landgerichts Regensburg , Vorsitzende Richterin E. Escher, zum Prozess gegen Joachim Wolbergs aus dem Jahre 2019 vom BGH teilweise aufgehoben wurde. So was kommt nicht so oft vor und wird in der “Juristenszene” als eine Ohrfeige gewertet.
    Wer diesen Prozess damals medial oder gar auch mal persönlich begleitet hat, konnte klar erkennen, dass die Staatsanwaltschaft vom Gericht öfter mal abgebürstet wurde, wo hingegen der Tonfall Richtung Angeklagte und deren Verteidiger verbindlich aber stets freundlich war.

    Insofern ist der Begriff Eschers Persil-Urteil hier nicht völlig aus der Luft gegriffen. Was der Hinweis auf Aiwanger hier zu suchen hat, erschliesst sich mir überhaupt nicht. Wurde Aiwanger verleumdet? Gibt es da eine falsche Tatsachenbehauptung? Ist da schon was gerichtsmassig? Ich seh da aktuell nix …

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  • Günther Herzig

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    @Roche-Dirac
    30. August 2023 um 11:03 | #
    Zitat: Insofern ist der Begriff Eschers Persil-Urteil hier nicht völlig aus der Luft gegriffen.
    Nicht völlig bedeutet dann doch sogar bei Ihnen “schon ein bisschen?”
    Wie wäre es, wenn Sie sich ein “bisschen” schämen, nicht vollständig, nur etwas? Sie sind großartig, nicht vollständig aber eben ein bisschen!

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  • Hthik

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    Kommentar gelöscht. Bitte sachlich.

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  • rhomas otto

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    als beamter darf man sehr viel anstellen, aber sich halt nicht am tafelsilber vergreifen. das findet der staat ( der steuerzahler) nicht lustig.
    entsprechend die rechtsfolgen.

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  • Hthik

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    Tut mir leid. Ich brings nicht auf die Reihe.

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Kommentare sind deaktiviert

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