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Nach Nein zum Tarifvertrag in der Altenpflege

ver.di protestiert vor Caritas-Geschäftsstelle

Mit seinem Nein zu einem bundesweit einheitlichen Tarifvertrag für Beschäftigte in der Altenpflege hat sich der Caritas-Verband viel Ärger eingehandelt. Am Montag – dem Internationalen Frauentag – kam es in Regensburg und weiteren Städten zu Protesten.

Die Blockade der Caritas sei „scheinheilig” und „ein mieses Signal“, so die Kritik am Montag. Foto: bm

„Das geht nur gemeinsam“, heißt es auf einem Schild, das die DGB-Regionssekretärin Katja Ertl vor sich hält. Gemeinsam mit einigen Vertreterinnen aus der Pflege und Kolleginnen aus der Gewerkschaft steht sie am Montagvormittag vor der Geschäftsstelle der Caritas-Regensburg in der Von-der-Tann-Straße. Gemeinsam mit der Caritas wollte man für die rund 1,2 Millionen Beschäftigten der Altenpflege einen flächendeckenden Tarifvertrag ab Mitte dieses Jahres auf den Weg bringen. Damit würde unter anderem der Mindestlohn bis Mitte 2023 schrittweise auf 18,50 Euro angehoben werden. Das wären immerhin bis zu 25 Prozent mehr Lohn für viele der Beschäftigten.

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Den Tarifentwurf hatte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Ende Januar zusammen mit der Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) erarbeitet und dafür viel Zustimmung erhalten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach gar von einem „historischen Schritt“. Denn einen solchen bundesweiten Tarif hat es in der Branche bisher nicht gegeben.

Caritas befürchtet Nachteile für eigene Beschäftigte

Den gemeinsamen Schritt konnte der Caritas-Verband am Ende aber nicht mitgehen. Auf dessen Zustimmung und die der Diakonie – dem zweiten großen kirchlichen Pflegedienstleister – war man allerdings rechtlich angewiesen. Vergangene Woche erklärte die Caritas, für viele überraschend, dass man dem Vorschlag jedoch nicht zustimmen könne. Die Diakonie stimmte daraufhin über das Vorhaben gar nicht mehr ab. Wie aus der Erklärung der Caritas hervorgeht, habe man offenbar negative Auswirkungen auf die eigenen Beschäftigten befürchtet.

Die werden bisher in einem eigenen Tarif geführt, verdienen deutlich über den üblichen Gehältern und auch mehr als der von ver.di und BVAP erarbeitete Mindestlohn. Zudem sieht man durch einen einheitlichen Tarifvertrag sein eigenes als „Dritten Weg“ bezeichnetes Kirchenarbeitsrecht gefährdet. Hierbei verständigen sich Dienstgeber und Dienstnehmer in entsprechenden Kommissionen über die Arbeitsbedingungen – einen Betriebsrat im eigentlichen Sinne gibt es nicht.

Gewerkschafterin spricht von einem Skandal

Für die Gewerkschaft ist das Nein „ein Schlag ins Gesicht“, wie die zuständige Regensburger Gewerkschaftssekretärin Karin Wagner am Montag vor der Hausnummer 7 stehend betont. Die Entscheidung der Caritas sei „mehr als scheinheilig“. Niedriglöhne und unzureichende Arbeitsbedingungen in der Altenpflege seien nicht länger hinnehmbar und in Zeiten der Corona-Pandemie „besonders skandalös“. Einfluss auf die Regelungen der kirchlichen Einrichtungen und deren bestehende Tarifverträge sieht sie mit dem Vorhaben nicht.

83 Prozent der Altenpflegebeschäftigten sind Frauen. Gerade für sie wäre der neue Tarifvertrag laut Wagner besonders wichtig gewesen. Foto: bm

Stattdessen hätte dieser allgemeinverbindliche Tarifvertrag aber Mindestbedingungen in der Altenpflege festgelegt und somit vor allem die Beschäftigten in privaten, nicht tarifgebundenen Altenpflegeeinrichtungen besser gestellt. „Diese Entscheidung der beiden Kirchen trifft vor allem Frauen, die über 83 Prozent der Beschäftigten ausmachen“, so Wagner. Niedriglöhne in der Altenpflege für „abertausende Frauen“ und Altersarmut könnten somit auch weiterhin nicht bekämpft werden. Wenige Tage vor dem Internationalen Frauentag am 8. März (die Geschichte des 8. März findet sich hier) sei das ein „wirklich mieses Signal“ gewesen.

Verbindliche Vorgaben weiterhin auf der Agenda

„Leidtragende sind neben den Beschäftigten auch die Bewohnerinnen der privaten Altenpflegeeinrichtungen. Daher werden wir auch weiterhin für eine bessere Bezahlung, verbindliche Vorgaben für genug Personal und eine solidarische Pflegegarantie eintreten“, sagt Wagner zum Schluss der kurzen Protestaktion. Zuvor hatte sie noch einen Brief von Tatjana Sambale, Betriebsratsvorsitzende eines privaten Altenheims in Nürnberg verlesen, den wir hier vollständig anhängen.

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Kommentare (22)

  • Mr. T.

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    Kirchenarbeitsrecht – so ein Begriff ist in einem Rechtsstaat eigentlich skandalös. Warum sollen Kirchen ein anderes Arbeitsrecht haben wie andere? Was kommt als nächstes? Ein eigenes Betäubungsmittelgesetz für Drogenkonsumenten und Dealer? Eine eigene Korruptionsgesetzgebung für Politiker?
    OK, ich merke, ich gleite ins absurde ab und höre besser auf …

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  • Mr. T.

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    OK, ich wär da noch für eine gesonderte Straßenverkehrsordnung für Schnellfaher, Drängler und Falschparker sowie ein abweichendes Steuerrecht für Steuerhinterzieher.
    Außerdem noch eine komplett eigene Rechtsordnung für das gesamte OK-Feld. Natürlich mit Ausnahme religiöser Organisationen, da diese bereits eigens berücksichtigt wurden.

    Es ist auf jeden Fall skandalös, wenn hier die Caritas, quasi die katholische Kirche, hier eine halbwegs gerechte Entlohnung von Pflegekräften sabotiert.

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  • joey

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    wenn die Caritas mehr zahlt, was hat Verdi dagegen? Zu wenig Macht? Umgekehrt könnte man fragen, ob die Caritas nicht zustimmen könnte und dann übertariflich…

    Das Tendenzarbeitsrecht gehört stärker beschnitten, was auch die AWO, die Gewerkschaften und Parteien betrifft.
    Darf dann eine Kopierassistentin der Gewerkschaft auch bei der AfD sein?

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  • Piedro

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    Die Postition der Carritas hätte etwas umfassender dargestellt werden können, Quellen liegen ja vor.

    “Nach der Entscheidung sagte Norbert Altmann, Sprecher der Dienstgeberseite: „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir können aber weder in Detailfragen noch in grundsätzlichen Fragen diesem Tarifvertrag unsere Zustimmung erteilen.” Die Dienstgeberseite vermisst im Tarifvertrag eine betriebliche Altersvorsorge, passgenaue Arbeitszeitmodelle oder Überstundenzuschläge. (Mehr dazu in diesem Interview: Warum die Dienstgeber einen Einheitstarif ablehnen).

    Zum anderen befürchtet sie, dass die Kostenträger (im Wesentlichen die Pflegekassen) sich künftig am Tarifvertrag Altenpflege als Norm orientieren und die Mehrkosten der Einrichtungen nicht mehr refinanzieren, die höhere Löhne zahlen. Das ist der Fall bei der Caritas, die Pflegerinnen und Pfleger höhere Löhne zahlt als der Branchendurchschnitt und als das im Tarifvertrag von BVAP und ver.di festgelegte Lohnniveau vorgesehen ist.

    Ein drittes Argument waren die möglichen Folgen für die Tarifbestimmungen der Caritas, die AVR. Die Caritas ist stolz auf ihr Tarifwerk. Dieser ist im kirchlichen Arbeitsrecht verankert und gewährleistet eine Tarifbindung für beinahe 700.000 Menschen. Die Arbeitsrechtliche Kommission sieht Einmischungen in die AVR, die ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag mit sich bringen würden, skeptisch.”
    https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/gesundheit/der-tarifvertrag-in-der-altenpflege-komm#Warum%20hat%20die%20Arbeitsrechtliche%20Kommission%20den%20Antrag%20der%20Tarifpartner%20auf%20Allgemeinverbindlichkeit%20abgelehnt?
    (Mit weiter führenden Links zu Arbeitnehmerpositionen)

    Jetzt können wieder andere zu Wort kommen.

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  • Joachim Datko

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    Bei wie vielen Arbeitsstunden in der Woche?

    Zitat aus dem Brief: “Eine junge Mutter, die mit 1400 Euro brutto nach Haus geht, drei kleine Kinder hat und einen Mann in Kurzarbeit …”

    Ich bin vorsichtig, wenn man eine Zahl ohne weitere Angaben in den Raum wirft.
    Man geht nicht mit dem Brutto nach Hause. Wichtig für eine Einordnung wäre das Bruttogehalt und die dazugehörige Wochenarbeitszeit.

    In einem Vergleichsportal konnte ich folgenden Mittelwert des Bruttogehalts bei einer 40 Stundenwoche für Pflegefachkräfte finden: 3.163 €
    Siehe: https://www.gehalt.de/berufe/lp/pflegefachkraft

    Das Kindergeld beträgt für drei Kinder 663 € im Monat.

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  • R.G.

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    Ein eigenes Kirchenarbeitsrecht. Das gibt es angeblich europaweit.

    Ich erinnere mich gut, der Monsignore einer progessiv genannten Diözese, mein Vorgesetzter, bestellte mich ein, er fragte was die Leute neuerdings abends in meiner Wohnung machten, die mich da abwechselnd besuchten, mal ein Mann um 12 Uhr nachts und mal (s)eine Frau. Sie sähen wie Andersgläubige aus. Wenn ich eine Beziehung zu Nichtchristlichen hätte, könnte ich nicht mehr für die Kirche arbeiten.
    (Ich hatte einem befreundeten Ehepaar, das in eine Krise geraten war angeboten, bevor sie sich noch einmal vor dem Kind anschrien und prügelten, könnten sie die Wohnung rechtzeitig verlassen und bei mir Asyl finden, sofern ich mir die Eheprobleme nicht anhören müsste.)
    Eigenes Kirchenarbeitsrecht enthält nach meinem Wissen das Recht, Geschiedene, so sie eine neue Beziehung haben, zu kündigen, Gleichgeschlechtlich Liebende verlieren ihre Arbeit u.v.a. Grauslichkeiten mehr.

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  • R.G.

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    Tarifvergleiche sind schwer möglich. Man muss mit den Beschäftigten der Kirche konkret sprechen.
    Bei uns, nicht in der Pflege, hatte das ganze Team bei einem Vorgesetzten schlussendlich bis zu zwei Mal pro Woche von 8 Uhr abends bis früh am nächsten Morgen zu Besprechungen anwesend zu sein, übersetzt, der Chef hielt Hof.
    Am Wochenende verpflichtete man mich zur Mitarbeit in der Pfarre.
    Es kamen so über 20 unbezahlte Stunden in der Woche zusammen.

    Ich höre regelmäßig Pflegerinnen aus unterschiedlichen Länden und von verschiedenen Arbeitgebern zu, das Problem ist, überhaupt eine Volzeitstelle zu ergattern, wer über Tarif bzw. Kollektivvertrag bezahlt wird bei einer Halbtagsstelle, hat angeblich häufiger unbezahlte Mehrleistungen bei den Kranken zu erbringen.

    Für wieviele Stunden gilt der Vertrag? Wie lange müssen die Frauien tatsächlich leisten?

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  • Altmann

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    Examinierte Pflegekräfte erhalten bei der Caritas eine Vergütung zwischen 40.000 und 50.000 € je nach Berufserfahrung jährlich. Die tarifliche Anwendung der AVR liegt über 90%. In über 80% der Einrichtungen gibt es Mitarbeitervertretungen. Der 3. Weg ist auf Konsens ausgerichtet. Im 2. Weg schaut man neidisch diese Erfolge. Warum bekämpft Verdi diesen erfolgreichen Weg? Ich verstehe es nicht!

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  • Traudi

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    …man könnte doch von Kostenträgerseite genau so gut fordern, dass die privaten sich am Tarif orientieren. Aber da gehen Rendite und Gewinne halt vor. Komisch, dass VERDI dieses System stützt. Nicht nachvollziehbar…

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  • Traudi

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    …vor allem das RD das so unreflektiert übernimmt, vermutlich weil es mit Kirchenbashing einhergeht, das ist halt grad sehr opportun…

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  • xy

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    Ich war einmal stationär in einem kirchlichen Krankenhaus, wo ich unter Geltung des kirchlichen Arbeitsrechts eine derart menschliche Aufnahme fand, wie das unter verdi-Arbeitsrecht niemals möglich gewesen wäre und heute noch weniger.

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  • Mr. T.

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    xy, eine kirchliche Trägerschaft schließt eine menschliche Aufnahme ja nicht aus. Genau so wenig wie sie das verdi-Arbeitsrecht garantiert.
    Die anekdotische Bestätigung eines eigentlich normalen Zustands bringt auch nichts.

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  • Nicolaus

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    Die Argumente der Arbeitgebenden der Caritas halte ich nicht für handfest. Sie hätten Angst, dass der schlechtere Tarifvertrag die Kostenträger dazu bringt, die Kosten zu senken mit dem Argument, sie würden dann eventuell nur noch den flächendeckenden Vertrag zahlen wollen. Das hätten sie bisher auch machen können, es gibt bereits jetzt einen Pflegemindestlohn (der hinter dem ausgehandelten Vertrag zurück bleibt).

    Die Caritas sichert sich mit der Entscheidung natürlich den Vorteil, dass man besser bezahlt als woanders und dadurch leichter an das knappe Personal kommt. Dank des “Dritten Weges” gibt es jedoch Leute, die nicht bei der Kirche arbeiten wollen oder dürfen.

    Die Kommission, die über das Ganze abgestimmt hat, ist unabhängig innerhalb der Caritas und besteht zur Hälfte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter*innen, eine 2/3-Mehrheit wäre nötig gewesen. Laut einem Interview – veröffentlicht bei der Zeit – ist wohl selbst der Caritas-Präsident mit der Entscheidung nicht sehr glücklich.

    @xy: Wenn Sie zu mir ans UKR kommen, werde ich Sie trotz “verdi-Arbeitsrecht”, wie Sie es nennen, menschlich und herzlich empfangen und betreuen. Ich verstehe gerade nicht, warum mir das Ihrer Meinung nach “nicht möglich” sein sollte.

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  • AG

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    Kommentar gelöscht. Bitte nicht persönlich werden.

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  • R.G.

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    @Nicolaus
    Wenn die Caritas die gute Entlohnung einer 40 Stunden examinierten Krankenpflegefachkraft anführt, weiß man doch nicht, wieviele Volzeitstellen überhaupt angeboten werden und was der Rest des in der Pflege tätigen Personals bekommt bei wievielen offiziell im Verttrag angegebenen Stunden.

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  • Erik L.

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    “Zudem sieht man durch einen einheitlichen Tarifvertrag sein eigenes […] Kirchenarbeitsrecht gefährdet. […] einen Betriebsrat […] gibt es nicht.”

    Das ist der Grund für die Nichtzustimmung. Nicht die ‘Sorge’ um eigene Beschäftigte. Die Sorge um die eigene Macht. Typisch (kath.) Kirche eben, wobei die evangelische(n) Kirchen keinen Deut besser sind.

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  • Gscheidhaferl

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    These:
    Das Scheitern des Tarifvertrags für die Pflege war absehbar. Und das haben die Akteure (Ministerium, Verdi und BVAP) auch bewusst in Kauf genommen. Denn es ging gar nicht um konstruktive Verbesserungen für die Pflege, sondern lediglich um billige Verzweckung dieses Arbeitsbereichs zur scheinheiligen Profilierung im Wahlkampf auf dem Rücken der Pflegekräfte.

    Begründung:
    Für die Weiterentwicklung der Pflege und der dortigen Arbeitsbedingungen ist bereits vor Längerem extra die sogenannte (und beim Bundesarbeitsministerium angesiedelte) Pflegekomission etabliert worden. Das Gremium ist hinsichtlicher der Trägerlandschaft und deren ArbeitnehmerInnen paritätisch zusammengesetzt. Herr Heil hat sich erst unlängst darüber gefreut, dass dieses Gremium inzwischen quasi zur Dauereinrichtung geworden ist (vgl. entsprechende Paragraphen im Entsendegesetz). Unter anderem weil man mit ‘einfachen Tarifverhandlungen’ im komplexen Pflegebereich nicht weit kommt. Die Löhne werden z.B. aus den Erstattungen der Pflege- und Krankenkassen bezahlt. Über Löhne (=Ausgaben) zu verhandeln, ohne auch die gedeckelten Erstattungen (=Einnahmen) in den Blick zu nehmen, macht also wenig Sinn. Alles andere geht nur wieder auf Kosten der Qualität bzw. der Arbeitsbedingungen. An den Sitzungen der Pflegekommission nehmen nicht zuletzt deshalb in der Regel auch VertreterInnen des Gesundheitsministeriums teil.

    An diesem Gremium vorbei ‘Tarifverhandlungen’ zu führen, ist also schon mal an sich befremdlich. Wenn das dann auch noch ein erst vor kurzem ins Leben gerufener und etwas arg großspurig benannter, aber letztlich nicht besonders bedeutsamer (AWO-dominierter) Arbeitgeberverband tut, zusammen mit ver.di, die nur selten durch besonderes Engagement für Pflegekräfte aufgefallen sind (vielleicht auch ein Grund für den relativ niedrigen Organisationsgrad?), dann sollte das eigentlich doppelt stutzig machen. Aber wer interessiert sich schon so sehr für diese Details? Welches Qualitäts-/Leit-Medium mutet seinen LeserInnen denn schon so viel Komplexität zu?

    Es wäre naiv zu glauben, dass den Beteiligten nicht klar gewesen wäre, wie gering die Erfolgsaussichten der Initiative waren. Ein wirklich konstruktiver Verbesserungsversuch hätte über die Pfelgekommission laufen müssen. Und nicht erst in Wahlkampfzeiten. Aber Herr Heil konnte sich so wieder als Rächer der Pflegefachkräfte in Szene setzen, obwohl er deren Misere doch in erster Linie nur genutz hat, um Munition gegen den CDU-Kollegen Spahn zu generieren. Und in der Sache ist nichts vorwärts gegangen.

    Getroffen wurde zudem jetzt vor allem eine dumm agierende Caritas, die sich scheinheilig hinter Ihrem dritten Weg verschanzt, statt schlicht und sachlich auf die unsinnige und einseitige Einfädelung der Initiative zu verweisen. Als Motiv würde ich auch darauf tippen (wie das zuvor schon in einem Kommentar angeklungen ist), dass die Caritas ihre Wettbewerbsvorteile (die relativ gute Bezahlung, die sie ja bei der Gelegenheit auch wieder deutlich herausgekehrt hat) nicht gefährden möchte. Die sind bei den Wohlfahrstverbänden zwar letztlich nicht zuletzt der steuerlichen Begünstigung geschuldet (und damit wettbewerbsverzerrend), aber egal. So gleicht der Verband eben die an sich oft eher abschreckende Kirchennähe aus.

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  • Gscheidhaferl

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    @xy
    Die Menschlichkeit, die eine Pflegekraft an den Tag legt, hat wenig mit dem Arbeitsrecht zu tun, dem sie unterliegt. Die hängt in erster Linie vom Anspruch an sich selbst ab, den die Person hat. Und an die Freiräume, die ihr dazu von den Vorgesetzten eingeräumt werden. Es gibt sowohl ‘böse’ private Träger, die sich für ihre Patienten zerreissen, als auch ‘gute’ Wohlfahrtsverbände, die ihre Klienten im Regen stehen lassen. Sie können schon in ein und der selben Einrichtung je nach Diensteinteilung entweder ‘das große Los’ ziehen oder furchtbar unter die Räder kommen. Bös gesagt: Es ist wie Lose-ziehen. Also wie im richtigen Leben.

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  • Karin Wagner

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    Also ein paar Dinge muss ich hier schon gerade rücken: ver.di hat natürlich nichts dagegen @Joey, wenn die Caritas mehr bezahlt. Warum auch? Das soll doch auch so bleiben! Die Kritik ist, dass die Caritas (und dann auch die Diakonie) die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifwerkes für die Altenpflege verhindert haben, das den derzeitigen Pflegemindestlohn deutlich verbessert hätte, indem sie die Zustimmung dazu verweigern. Um diese Mindestlöhne geht es auch im Brief von Frau Sambale, sie beginnen in der Pflege derzeit bei 10,85 für ungelernte Kräfte. Pflegefachkräfte mit 3-jähriger Ausbildung stehen bei 15€ pro Stunde.
    Das Argument der Caritas, das bessere Mindestbedingungen dazu führen würden, dass Einrichtungen mit besserer Bezahlung nicht mehr refinanziert werden, lässt mich dagegen jedesmal wieder verzweifeln. Diesen Effekt hat doch der Mindestlohn auch nicht. Es ist doch gerade anders herum: das Lohndumping der privaten Anbieter setzt doch alle unter Druck, die ordentliche Tariflöhne bezahlen. Es ist einfach ärgerlich und es wurde eine Riesenchance auf Verbesserungen vertan. Lippenbekenntnisse dagegen gibt es immer viele. Ver.di steht übrigens längts nicht alleine da mit der Kritik. Auch die Arbeitnehmerseite in der arbeitsrechtlichen Kommission hat die Entscheidung kritisiert, ebenso wie Professor*innen der christlichen Sozialethik siehe hier: https://www.theologie.uni-wuerzburg.de/fileadmin/01040600/2021/Erklaerung_Caritas-EinheitlicherTarifvertragAltenpflege_2021-03-04-1.pdf

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  • xy

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    Mein Gefühl der Menschlichkeit in einem kirchlichen Krankenhaus unter Geltung des kirchlichen Arbeitsrechts hat sicher damit zu tun, dass ich persönlich ver.di nur mit schreihalsigem Krawall, immer wieder völlig unzeitgemäßen Streiks und egoistischer Geldgier in Verbindung bringe…

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  • Gscheidhaferl

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    @Karin Wagner

    Es ist nicht hilfreich, privaten Anbieter pauschal Lohndumping zu unterstellen. Ich denke, das wissen Sie auch.

    Bitte erwecken Sie auch nicht den Eindruck, dass die Wohlfahrtsverbände ausnahmslos fair mit ihren MitarbeiterInnen umgehen würden. Gerade in Regensburg gibt es da eindrucksvolle Beispiele dafür, dass MitarbeiterInnen angesichts mieser Bedingungen mitunter sehr gerne zu einem privaten Anbieter wechseln, der ihnen fairere Bedingungen bietet.

    Und zur Wahrheit gehört eben auch, dass die bessere Bezahlung (nicht nur, aber auch bei dem einen oder anderen Wohlfahrtsverband) sogar dazu führen kann, dass an sich nicht genügend Leute beschäftigt werden. Da hat man dann nicht unbedingt viel vom besseren Gehalt, wenn man sich dafür aufarbeiten darf.

    Und man sollte auch nicht aus dem Blick verlieren, dass Wohlfahrtsverbände (oder auch Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft) über zusätzliche ‘Sicherheiten’ verfügen, die privaten Anbietern nicht zugänglich sind. Entsteht bei den angeblich Gemeinnützigen ein hinreichend großes Defizit, wird in irgendeiner Form auf den Steuerzahler als Ausfallsbürgen zurückgegriffen. Über solche Fallschirme verfügen die Privaten nicht.

    Bei den Mindestlöhnen stimme ich Ihnen hingegen sogar zu: Die schaden nicht wirklich, weil sie meistens ohnehin nur nachträglich das ohnehin bereits übliche Mindestniveau festschreiben. Das wird der schlecht informierten Öffentlichkeit dann aber gern als Fortschritt verkauft.

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