22 Jul2009
Unschöne Dinge in Cham …
Ignoranz. Die Bürgerschaft schaut weg, Presse und Politik „beseitigen“ das Problem mit bewusstem Ignorieren. Kein Wunder, dass sich rechtsextreme Kameradschaften mit Aufmärschen immer mehr auf die Oberpfalz und Ostbayern konzentrieren.
Neonazis, zusammengetrommelt aus verschiedenen Kameradschaften wie Weiden, Tirschenreuth oder Schwandorf marschieren durch die Straßen und demonstrieren für „Opferschutz statt Täterschutz“. Es sind etwa 100. Sie fordern großmäulig „Todesstrafe für Kinderschänder“. Dem Zug voran wird ein Kranz getragen, es folgen Holzkreuze für die Opfer. Spruchbanner der neuen Kameradschaftswiege nach sächsischem Vorbild Freies Netz Süd werden mit Stolz getragen.
Das Spiel mit der obligatorischen Abscheu der Menschen gegen sexuelle Gewalt als Vorwand, um aktionistisch aufzutreten widert an. Das sollte es zumindest. Während man in scheinheiliger Samaritermanier demonstriert, wird auf einem Nebenschauplatz eine junge Frau von einem Weidener Neonazi in aller Öffentlichkeit geschlagen. Das Aggressionspotential des Aufmarsches ist offensichtlich und spürbar. Der chauvinistische Demonstrationszug rollt für „deutsche“ Kinder über die Straße und hinterlässt in jedem noch so sauberen Ort eine rassistische Schleimspur. Schlimm nur wenn niemand darauf ausrutscht.
Wir befinden uns in Cham, der Stadt am Regenbogen, wo es am 18. Juli nicht ganz so bunt war. Dort, wo sich neonazistische Gruppierungen immer aktiver zeigen, weil sie sich immer aktiver zeigen können.
Das Wegschauen bei Aufmärschen wie in Cham seitens Politik, Bürger und Presse fördert dies. Man lässt die Jugend im wahrsten Sinne des Wortes „im Regen stehen“. Denn es waren größtenteils Jugendliche, die bei strömenden Regen Gesicht gegen Nazis zeigten. Etwa 100 verfolgten die demokratische Kundgebung beim Spitalplatz, während auf dem Steinmarkt, unterhalb einer Chamer Tageszeitung, ungestört und ohne bürgerliches Interesse nationale Parolen gegrölt wurden.
Die Nazis konzentrieren sich immer mehr auf das ländliche Gebiet. Denn dort fehlt es an klarer und offener Opposition.
Die lokale Presse behauptet, man schenke durch die Unterstützung einer Gegendemonstration, dem rechten Aufmarsch nur Aufmerksamkeit. Da ist es kein Wunder, dass sich das immer selbe Feindbild mit Lagerschüssen von rechts nach links kreieren lässt, wenn Presse und Politik die Opposition gleichsam als „chaotische Linke“ sehen.
Berichte in der Lokalpresse spielen das Ganze bewusst herunter, scheuen sich davor die Vorgänge beim Namen zu nennen und drücken die Anzahl der demokratischen Gegenbewegung nach unten oder übernehmen wortwörtlich den Polizeibericht:
„Die Versammlung des ,Aktionsbündnisses Cham’ , die sich in der Schillerstraße formierte, zog als Aufzug zum Steinmarkt und wieder zurück. Bei dieser Versammlung waren ca. 95 Teilnehmer zu verzeichnen. (…) Die zweite Versammlung wurde von einem Angehörigen der `Grünen Jugend´ angemeldet und am Spitalplatz mit ca. 60 Teilnehmern abgehalten. (…) Unabhängig davon hielten sich mehrere kleine Personengruppen im Stadtgebiet auf, die versuchten, die Versammlung und den Aufzug des Aktionsbündnisses zu stören. Dies wurde durch die eingesetzten Polizeibeamten verhindert.“
TVA berichtet gar von „linken Autonomen“, die bewusst die Versammlung der „Aktionsgemeinschaft Cham” zu stören versuchten, denn das sei eine altbekannte Taktik dieser Leute. So kam es dann zu einem „Zusammenprall“. Davon, dass eine junge Frau aus dieser Gruppe „linker Autonomer“, von einem Neonazi im Vorfeld in das Gesicht getreten wurde, liest man weder in der Presse oder hört davon bei TVA. Stattdessen einigen sich beide Medien über „schönere Dinge“ zu berichten – das Garnisonsfest. Dieses fand zeitgleich statt, wo auch Bürgermeisterin Karin Bucher lieber weilte, als bei den „unschönen Dingen“, die mitten in Cham passieren.
Stefan D. Christoph
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Lieber Stefan,
Danke für diese treffende Analye und Zusammenfassung dessen, was in Cham wirklich passiert gegen Rechts.
Stefan Christoph,
einer der Gegendemo-Organisatoren
Roland Hornung
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Vor Jahren gab es mal in Cham eine ” Demo gegen Rechts ” mit 7000 Teilnehmern, weit mehr als in Regensburg in jener Zeit. Damals war ich überrascht, wie stark sich Cham gegen Rechts engagiert !
Schade, jene Zeiten scheinen vergessen.
Euer Roland Hornung