Ungers letzte Tat
Während sich Kulturreferent Klemens Unger zu seinem Abschied im Licht der Domillumination sonnte, ging er an anderer Stelle auf Tauchstation. Aus dem Buch einer Expertin für jüdische Geschichte strich er eigenmächtig ganze Passagen, schriftliche Absprachen brach er, E-Mails beantwortete er nicht. Nun ist die von Unger zensierte Publikation erschienen und die Autorin erhielt nicht einmal ein Belegexemplar.
Eine geradezu freundschaftliche Verabschiedung durch Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer für den „lieben Klemens“, eine Eloge in der Mittelbayerischen Zeitung über den „besonderen Stil“ des „Lenkers vom Haidplatz“ und schließlich ein viel gelobtes Lichtspektakel am Regensburger Dom – für Klemens Unger war sein Ausscheiden aus dem Amt als Regensburger Kulturreferent ein Abschied nach Maß. Manchmal können aber gerade die kleinen Dinge ein etwas anderes Licht auf Ungers „besonderen Stil“ werfen. Und eine solche kleine Sache ist, offenbar in den Augen der Stadt Regensburg, der Umgang des Kulturreferenten mit einer renommierten Expertin für jüdische Geschichte. Denn nicht nur bei der Domillumination blieb die „Judensau“ am Sakralbau im Dunkeln.
Professorin arbeitet für Gotteslohn und wird zensiert
Bereits mehrfach hat regensburg-digital über die Auseinandersetzung zwischen Unger und Eva Haverkamp-Rott berichtet (hier, hier und hier). Die Münchner Professorin organisierte, weitgehend für Gotteslohn, die viel beachtete Ausstellung „Regensburg – Mittelalterliche Metropole der Juden“, die von der Stadt im Rahmen des Jahresthemas, dem 500. Jahrestag der Vertreibung der Juden aus Regensburg, gezeigt wurde. Auch für einen Gutteil des Vortragsprogramms zeichnete Haverkamp-Rott mit einigem Engagement verantwortlich. Eine Expertise, mit der sich Regensburg nur allzu gerne schmückte. Im Gegenzug sicherte Unger Haverkamp-Rott und ihrer Kollegin Astrid Riedler-Pohl die Veröffentlichung von zwei städtischen Publikationen zu, in der die beiden als verantwortliche Autorinnen genannt werden würden.
Doch während beim ersten Band alles reibungslos klappte, versuchte Unger bei der zweiten Publikation massiv eingreifen. Passagen, die Haverkamp-Rott in Zusammenhang mit der sogenannten „Judensau“ am Regensburger Dom verfasst hat, wollte Unger massiv verändern und eine Passage komplett streichen:
„Diese Ekel erregende Propaganda degradierte die Juden und war eine Angriff auf die jüdische Religion.“
Fast drei Monate keine Antwort
Als die Professorin sich beschwerte, ging Unger auf Tauchstation. E-Mails blieben ab dem 10. Juli unbeantwortet. Damals hielt Haverkamp-Rott von Unger lediglich die Mitteilung, dass er ein Drittel ihrer Texte streichen werde – darunter den erwähnten zur „Judensau“, einen Artikel zur „Anbetung des Goldenen Kalbes“ und einen weiteren zu einem judenfeindlichen Fresko in der Pfarrkirche St. Kassian.
Von da ab gab es keine Rückmeldung mehr, geschweige denn den Versuch der Kontaktaufnahme durch den „Lenker vom Haidplatz“. „Kulturreferent a.D. Klemens Unger hatte kurz vor seinem Ruhestand aus terminlichen Gründen keine Gelegenheit mehr, nochmals ein Gespräch mit Frau Haverkamp-Rott zu führen“, heißt es dazu von der städtischen Pressestelle, um Ungers mehr als zwei Monate währendes Schweigen zu entschuldigen.
Das Buch muss sich Haverkamp-Rott selber kaufen
Zeit hatte der Kulturreferent hingegen, um noch vor seinem Ruhestand den Druck des zweiten Bandes auf den Weg zu bringen und deren Inhalt nach seinem Gusto zu gestalten. „Die Publikation wurde gedruckt und letzte Woche ins Historische Museum geliefert“, erklärt die Pressestelle auf Nachfrage. „Damit ist das Buchprojekt abgeschlossen.“
Welche Texte von Haverkamp-Rott nun darin erschienen sind, was übernommen oder nach dem Willen Ungers zensiert wurde, weiß sie, trotz schriftlicher Vereinbarung, dass die Publikation unter ihrem Namen erscheinen würde, bis heute nicht. Unger und die Stadt Regensburg hatten bislang nicht einmal so viel Anstand, Eva Haverkamp-Rott ein Belegexemplar zu schicken. Sie wird es sich nun selber kaufen müssen, um zu erfahren, welchen Schaden der letzte Akt Ungerscher Selbstherrlichkeit angerichtet hat.
Joachim Datko
| #
Am Rande: Gefährliche Publikumsdichte
Zitat: “[…] und schließlich ein viel gelobtes Lichtspektakel am Regensburger Dom […]”
Die Menschen sind bei den Vorführungen meist dicht an dicht gestanden, das waren gefährliche Situationen. Ich würde so etwas nicht verantworten.
Joachim Datko – Physiker
kulturenttäuscht
| #
Wer Unger kennen gelernt hat, den wundert sein Verhalten in der geschilderten Angelegenheit überhaupt nicht. In der Stadtverwaltung galt er als die größte aber dauerhafteste Fehlbesetzung. Schaidinger wollte sich keinen Fehler eingestehen, deshalb wurde er mitgezogen und ihm Hilfe zur Seite gestellt. Teuer, teuer, teuer! Wolbergs hat ihm einiges zu verdanken und Unger machte keine Schwierigkeiten, zumal in Zeiten als genügend Geld vorhanden war. Unger war wie das Fähnlein auf dem Dach, missgünstig, unfähig, feige (siehe Abtauchen), in keinster weise charakterstark. Mich würde es überhaupt nicht überraschen, wenn das Buch im Steinerverlag erschienen ist. Es gibt viel Geschichten über Unger, eine führte zu einer Abmahnung durch den Stadtrat.
Hans Dampf
| #
Etz lassts halt den Clemenssss in Ruhe. Heisst doch auch Ruhestand.
Der hat viel mitgmacht. Und etz darf er Blumen fotografieren, Radlfahren, oder seiner Frau bei der Krücke äh Brücke unter die Arme greifen.
Ich find er hat nen super Job gemacht der Clemenssss, mei a bissl barock wars scho, aber für Regensburg doch genau richtig. Mal lieber schaun was der Neue / die Neue (bin grad nicht am Laufenden) dann so machen.
Erholsamen Ruhestand – ein langjähriger Fan
R.G.
| #
Wenn es kein Verlag, sondern eine Druckanstalt ist, verstünde ich es noch irgendwie.
Wie könnte einem echten Verlag passieren, dass er nach Bekanntwerden von Konflikten unter den Autoren, nicht wenigstens ein Belegexemplar an die Mitaurorin schickte?
Mir ist auch die Rolle des Lektors/der Lektorin nicht nachvollziehbar.
Bekam diese Person es wirklich hin, den Text, um wesentliche Stellen gemindert, in Druck gehen zu lassen?
Ich nehme an, dass jeder gebildete Bürger mindestens ein einziges Mal irgendwo in Europa eine Stadtführung mitmachte und die hässlichen Symbole z.B. an Eingängen von katholischen Domen erklärt hörte. Sollte da wirklich und wahrhaftig so wenig hängengeblieben sein?
Ja, der Printbereich kämpft ums Überleben.
Kann man dann so leichtfertig mit einer Autorin umgehen, die bei guter Behandlung viele Interessenten für das Buch und andere Werke eines Verlages bringen könnte?
XYZ
| #
Clemenz Unger ist ein Musterbeispiel der Freud’schen Verdrängung: nicht wahrhaben wollen was anderen Menschen angetan wurde, im Namen des Volkes und des Gesetzes.
Anomaler Circus
| #
Different place, similar shit, die Hauschronik des Hotels “(Zu den) Drei Mohren” weisst ähnliche Lücken auf, da wurde nicht nur eine peinliche Passage gestrichen, u.a. blieb von der Etymologie des kontroversen Namens nur die (christliche) Legende übrig. Dass der Autor für seinen Verzicht auf inhaltliche Schlussredaktion ein (wohl relativ) anständiges Honorar sowie Belegexemplare erhielt, macht embedded history journalism nicht besser.
Regensburger
| #
Das „letzte Denkmal“ a.Dé Kulturreferenten Klemens Unger.
Obwohl die Stadt Regensburg wie auch die Freistaat Bayern weit zu einem Meer hat,
trotzdem schmückt „ein goldener Walfisch“ (oder Delfin?) die Flusspromenade vor dem
Museum der Bayerischer Geschichte.
Diese Skulptur näht sich sehr ähnlich mit ihrer Form und der Darstellung eine Skulptur
aus Tokyo. Als Regensburger muss man sich schon fragen, ob in der Kunstausschreibung
des „Auswahlgremium“ nichts Originelles oder Bayerisches gefunden hat? Ein Stück
Schnauze und ein Stück Schwanz weg und gleich haben wir den „Regensburger Original“.
Muss die Stadt Regensburg immer die Kunstkopien als Original verkaufen?
pattirift
| #
Wenn ich mich recht erinnere, war die erste Aktivität Ungers, als er sein Amt übernahm, eine Wallfahrt nach Mariaort. Auf diesem erbärmlichen Niveau blieb er bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden. Walhalla-Anstrahlen, Dom-Anstrahlen, Komplettversagen bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt, Gschaftlhuberei. Eigentlich ist die Regensburger Kulturpolitik auf dem Stand der späten Achtziger stehen geblieben, seit Dr. Bernd Meyer in Richtung Städtetag zog. Schande über die KommunalpolitikerInnen, denen Postenschacherei, Günstlings- und Vetterlwirtschaft wichtiger war, als ernsthaftes Kulturengagement. Arme, bitterarme Stadt Regensburg, die du Tourismuswerbung mit Kulturarbeit verwechselst.