Trotz Freisprüchen in mehreren Anklagepunkten ist das Urteil der fünften Strafkammer für Joachim Wolbergs nach den Worten seines Verteidigers „niederschmetternd“. Das Gericht verurteilt ihn wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr, bescheinigt ihm persönliche Vorteile, eine Dienstpflichtverletzung und zweifelt mehrfach an seiner Glaubwürdigkeit.
Kommentierte das Urteil am Mittwoch nicht: Joachim Wolbergs. Foto: Oswald
„Wir sollten die nächste Verhandlung aufzeichnen“, ruft Peter Witting den Richtern der fünften Strafkammer hinterher. „Dann wissen Sie auch, was gesprochen wurde.“ Der Vorsitzende Georg Kimmerl wendet sich nur kurz um, murmelt etwas von „typisches Verhalten“ in Richtung Witting und verlässt dann mit seinen Kollegen ohne weiteren Kommentar den Saal, während der Strafverteidiger noch weiter poltert. Es ist nicht nur Corona geschuldet, dass das freundliche Händeschütteln, mit dem Gericht, Angeklagte und Verteidiger den ersten Korruptionsprozess im Juli 2019 beschlossen, dieses Mal ausbleibt. Als Kimmerl am Mittwoch um kurz vor 13 Uhr seine mündliche Urteilsbegründung beendet, folgt statt des wohlwollenden Abschieds Wittings Wutausbruch. Wenig später verlassen er und Joachim Wolbergs den Sitzungssaal. Auf Fragen von Medienvertretern reagieren beide nicht. Doch bereits in einer kurzen Verhandlungspause hatte der Strafverteidiger das Urteil als „niederschmetternd“ bezeichnet.
Oft laut, manchmal wütend, meist aber resigniert gibt sich Joachim Wolbergs in seinem Schlusswort beim zweiten Korruptionsprozess. An eine vollständige Rehabilitierung glaubt er mittlerweile nicht mehr. Die Verurteilung im ersten Verfahren bleibe an ihm kleben. Der Ex-Oberbürgermeister fordert als ein persönliches Fazit die Abschaffung von Parteispenden.
Ein Kripobeamter bestätigt kurz vor dem Urteil im zweiten Wolbergs-Prozess Vorwürfe aus einem anonymen Schreiben gegen einen leitenden Ermittler der Kripo. In seinem Schlusswort rechnet am Dienstag der Unternehmer Ferdinand Schmack mit der Staatsanwaltschaft ab. Es sei „absolut tragisch“, dass er vor Gericht stehe. Er verabscheue Korruption.
Die eigentlich schon abgeschlossene Beweisaufnahme im zweiten Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs wird noch einmal eröffnet. Zwei Kripobeamte sollen nun wegen eines anonymen Schreibens als Zeugen vernommen werden.
Strafverteidiger Michael Haizmann übt in seinem Plädoyer im Korruptionsprozess scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft. Für seinen Mandanten Ferdinand Schmack beantragt er Freispruch in allen Anklagepunkten.
Strafverteidiger Peter Wittting fordert im Korruptionsprozess einen Freispruch für Joachim Wolbergs in allen Anklagepunkten. Zumindest solle das Gericht den „Irrtumsgedanken“ in Betracht ziehen. Der Rechtsanwalt appelliert, den Menschen Wolbergs zu sehen. Dieser sei „keiner der Politiker, die man landläufig kennt“.
Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier nutzt sein Plädoyer am Dienstag dafür, um mit den Vorwürfen des Angeklagten Joachim Wolbergs abzurechnen. Er spricht von nie erlebtem Hass, „maßloser Selbstüberschätzung“ und davon, dass der Ex-OB das Prinzip von Ursache und Wirkung verkenne. Am Ende aber schlägt Kastenmeier auch versöhnliche Töne an.
Eine letzte Zeugin, letzte vorgespielte Telefonate, heftige Vorwürfe des Angeklagten und mehrere Streitgespräche mit der Staatsanwaltschaft prägen den 28. Tag im zweiten Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs. Am Dienstag kommender Woche sollen die Plädoyers beginnen. „Sie haben mein Leben zerstört“. Er habe sein Erbe verloren. Und seinen Beruf. „Und morgen kann ich wieder in der Zeitung […]
Wegen der Corona-Pandemie wurden zwei Verhandlungstermine in dieser Woche abgesetzt. Frühestens weitergehen wird es am 4. Mai. Die Unterbrechung könnte aber auch rund drei Monate dauern.
Derzeit sieht das Gericht im zweiten Korruptionsprozess „keinen validen Beweis“ dafür, dass Joachim Wolbergs als Dritter Bürgermeister „praktische Einflussmöglichkeiten“ auf Bau- und Immobilienprojekte hatte. Damit ist der Vorwurf der Bestechlichkeit im Fall Schmack vorerst vom Tisch. Zum weniger schwerwiegenden Vorwurf der Vorteilsannahme positionierte sich die Kammer am letzten Verhandlungstag vor der Kommunalwahl nicht.
„Praktische Einflussmöglichkeit“: Zu der Frage ob Joachim Wolbergs diese als Dritter Bürgermeister hatte oder nicht, will sich das Gericht im zweiten Korruptionsprozess demnächst positionieren. Verteidigung und Staatsanwaltschaft vertreten dazu eine gegenteilige Auffassung. Das Thema könnte das Verfahren deutlich in die Länge ziehen.
Im zweiten Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs bemüht sich das Gericht, den Terminplan zu straffen. Zumindest bis Ende April ist ein Urteil – nach derzeitigem Stand – möglich. Es gibt aber noch jede Menge Beweisanträge abzuarbeiten. Unter anderem soll nun der frühere Mitangeklagte Martin Schmack als Zeuge vernommen werden.
Wegen Bestechung von Oberbürgermeister Joachim Wolbergs verurteilte die fünfte Strafkammer am Landgericht Regensburg einen früheren Geschäftsführer des Immobilienkonzerns „Sontowski & Partner“. Das Gericht betonte aber ausdrücklich, dass damit keine Vorentscheidung über Wolbergs’ Schuld oder Unschuld im noch laufenden Prozess getroffen sei. Allein der Versuch, einen Amtsträger mit geldwerten Vorteilen zu beeinflussen, sei strafbar.
Zu einem Schlagabtausch um die zeitliche Planung kam es am 23. Tag des zweiten Korruptionsprozesses gegen Joachim Wolbergs. Das Gericht bat „vorsorglich“ um Terminvorschläge für Juni und Juli. Da platzte Wolbergs und seinem Verteidiger der Kragen.
Im abgetrennten Verfahren des zweiten Korruptionsprozesses fällt am Freitag das Urteil für den wegen Bestechung angeklagten früheren Geschäftsführer von Sontowski & Partner. Es geht um eine Spende von 5.000 Euro. Ein Punkt ist auch für die Entscheidung im Fall Wolbergs von einiger Bedeutung.
Der frühere SPD-Fraktionschef Norbert Hartl nimmt Joachim Wolbergs bei seiner Zeugenaussage gegen den Vorwurf der Einflussnahme zugunsten von Schmack-Projekten in Schutz. Er habe nur längst von der Koalition gefällte Beschlüsse umgesetzt. Die frühere Leiterin von Wolbergs’ Wahlkampfbüro gibt erneut zu Spenden, Darlehen und Geldflüssen Auskunft.
Das Verfahren gegen einen Mitangeklagten im Korruptionsprozess wird abgetrennt und auch der dritte Befangenheitsantrag von Joachim Wolbergs wird abgelehnt. Außerdem wird am Freitag Anja Wolbergs vernommen – es geht um das Darlehen, mit dem Wahlkampfschulden getilgt wurden und darum, wie sie das alles erlebt hat. Auch die Scheinrechnung über 30.000 Euro ist erneut Thema.
Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen eine städtischen Spitzenbeamten wegen Verdachts auf Falschaussage eingeleitet, Norbert Hartl wird als Zeuge geladen und Wolbergs-Verteidiger Peter Witting stellt seinen dritten Befangenheitsantrag. Interessant für das Verfahren war am 19. Tag im Korruptionsprozess aber die Aussage des Leiters des städtischen Umweltamtes.
Für die Chefin des Planungsamtes war eigentlich klar: Im Landschaftsschutzgebiet „Auf der Platte“ wird nicht gebaut. Doch dann gab es „Gespräche auf Referentenebene“, sagt sie am Freitag vor Gericht. Bürgermeister Jürgen Huber weiß von alledem nichts.
Nicht alltäglich, aber auch nicht unmöglich war Planungsreferentin Christine Schimpfermann zufolge die Lösung, mit der ein Bauvorhaben des „Immobilien Zentrum Regensburg“ im Landschaftsschutzgebiet ermöglicht werden sollte. Joachim Wolbergs habe das Projekt zwar stets befürwortet, aber keine Weisung erteilt, nach dem Motto „Koste es, was es wolle“.