Kriegsende soll aufgearbeitet werden
Der Kulturausschuss billigte 250.000 Euro für ein zweijähriges Forschungsprojekt. Ein Ergänzungsantrag der Linken erntet einhelliges Lob.
„Ich hätte ja nie gedacht, dass ich das mal sage, aber dieser Antrag der Linken ist richtig gut.“ Das sagt Michael Lehner von der CSU. Auch Oberbürgermeister Joachim Wolbergs ist begeistert und selbst Eberhard Dünninger findet ein paar lobende Worte für Stadträtin Irmgard Freihoffer.
Am Mittwoch gab der Kulturausschuss des Regensburger Stadtrats den Startschuss für ein auf zwei Jahre angelegtes Forschungsprojekt, um „einige Aspekte der beiden Weltkriege in ihrem Bezug auf Regensburg einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Dabei, so die Beschlussvorlage, gehe es „nicht um lückenlose Darstellungen der lokalen Ereignisse in den Gesamtzusammenhängen, hier wird zur Zeit von vielen Seiten Umfassendes angeboten, sondern um einige lokale Besonderheiten, die es wert sind, sie neu zu beleuchten“. Einer davon ist das Kriegsende 1945 und die Frage, wer nun für die Rettung Regensburgs vor einer Zerstörung durch die Alliierten, also für die kampflose Übergabe der Stadt verantwortlich war.
Peinlich berührtes Schweigen
Stadtarchiv und Kulturreferat befanden es offenbar nicht für notwendig, in der Beschlussvorlage auch die Recherchearbeit von Günther Schießl und Peter Eiser zu erwähnen, die in ihrem 2012 erschienenem Buch „Kriegsende in Regensburg“ mit einigen Legenden aufräumen. Verwunderlich ist dieses Schweigen nicht – waren es doch der Stadtarchivar Heinrich Wanderwitz auf der einen und Stadtheimatpfleger Werner Chrobak auf der anderen Seite, die bei der Legendenbildung zum Kriegsende eine eher unrühmliche Rolle gespielt hatten.
In der Vorlage für den Kulturausschuss heißt es nun lediglich: „Aus gegebenem Anlass hat sich das Stadtarchiv intensiver mit dem Ende des 2. Weltkrieges im Raum Regensburg befasst.“ Welcher Anlass dies war wird nur zum Teil erläutert. Es wird die Frage aufgeworfen, welche Rolle die alliierten Geheimdienste und mögliche Widerstandsgruppen vor der Kapitulation im April 1945 in Regensburg spielten. Hier gebe es neuere Forschungen des Historikers Rainer Ehm.
Zusätzlich wird gefragt, „inwieweit die teils noch umgesetzte Verlagerung deutscher sog. Spitzenkampfstoffe (Nervengas) von Süddeutschland nach Ostbayern und von dort auf Donauschiffe, die taktische Kriegsführung in diesem Raum erschwert bzw. u. U. gar unmöglich gemacht hat“.
Ansonsten ist lediglich die Rede davon, dass „auch andere Fragestellungen […] einer intensiven wissenschaftlichen Erforschung“ bedürfen. Welche dies sind, erfährt man nicht.
Irmgard Freihoffer und Richard Spieß legten dazu am Mittwoch einen Ergänzungsantrag vor, der diese „anderen Fragestellungen“ konkret formulierte und auf die Forschungen von Schießl und Eiser zur kampflosen Übergabe der Stadt verweist. In der Vergangenheit wollte schon Nazi-Oberbürgermeister Otto Schottenheim dies für sich beanspruchen, dem ermordeten Domprediger Johann Meier wurde die Rettung der Stadt zugeschrieben und vor Eisers und Schießls Buch war es der Wehrmachtsmajor Robert Bürger, dem die Stadt dafür ein ehrendes Andenken bereitet hatte. Nach Darstellung Eisers und Schießls hat dagegen Wehrmachtsmajor Othmar Matzke die kampflose Übergabe der Stadt verantwortet.
Unvoreingenommene Forschung? „In der Vergangenheit anscheinend nicht.“
„Zwar hat vor allem Robert Werner auf Regensburg Digital das Thema mehrfach aufgegriffen“, schreiben Freihoffer und Spieß in ihrem Antrag. „Eine weitergehende öffentliche Debatte fand bisher aber noch nicht statt bzw. wurden keine Konsequenzen aus den neueren Erkenntnissen gezogen.“ Nun solle diese Frage wissenschaftlich fundiert geklärt werden, um „Eisers und Schießls Forschungsergebnisse zu verifizieren oder gegebenenfalls zu modifizieren“, heißt es weiter.
Der Antrag wurde ohne größere Diskussion angenommen. „Es ist wichtig, dass das jetzt endlich unvoreingenommen untersucht wird“, so CSU-Stadtrat Lehner. „In der Vergangenheit war das ja anscheinend nicht der Fall.“
Hier geht’s zum Sitzungskalender der Stadt Regensburg. Die Sitzungen sind öffentlich.