Nach einer Serie von Artikeln über ein Geheimzimmer, in dem – mal mit einiger Wahrscheinlichkeit, mal mit ziemlicher Sicherheit – Juden vor den Nazis versteckt worden sein sollen, zieht die Stadt Regensburg die Reißleine – nach detaillierten Nachfragen unserer Redaktion. Diese Vermutung sei ein „Produkt der Medien“.
Von einer Sensation war die Rede, von Assoziationen mit dem Anne-Frank-Haus – doch die Behauptung, dass hier Regime-Gegner versteckt worden sein sollen, erscheint mehr als fragwürdig. Foto: Effenhauser/Stadt Regensburg
Es klang spektakulär, was die Mittelbayerische Zeitung Ende 2022 zu berichten wusste. Unter der Überschrift „Sensationsfund aus der Nazi-Zeit“ hieß es in der MZ vom 19. Dezember: „Stadt und Experten gehen davon aus, dass der Besitzer hier während der Nazi-Zeit Juden versteckte.“ Es handle sich um ein Versteck mit einem Fluchtweg aus den 30er Jahren, „der Leben gerettet haben dürfte.“
Berichte über ein Geheimzimmer, in dem angeblich Juden versteckt worden sein sollen, eine nichtssagende und intransparente Pressemitteilung der Stadt Regensburg, in der von einer „umstrittenen Rolle“ des NS-Karrieristen Walter Boll die Rede ist, eine städtisch geförderte Ausstellung, in der ein Fan von Otto Schottenheim den Nazi-OB abfeiern durfte. Es sind nur ein paar Beispiele für erhebliche Defizite in der Erinnerungs- und Gedenkkultur von Regensburg. Wir veröffentlichen dazu einen Einwurf der Journalistin und Autorin Waltraud Bierwirth („Die Firma ist entjudet“, „Der Fall Elly Maldaque“, „Das Novemberpogrom und der lange Weg zu einer neuen Synagoge“).
Auf reges Interesse stieß eine kürzlich gezeigte Fotoausstellung zu „Dorf Schottenheim“ in der Konradsiedlung. Im Nachgang gibt es nun Protest, Distanzierungen und Peinlichkeiten. Vorher will niemand mitbekommen haben, dass im Rahmen der Ausstellung versucht wurdem, den Nazi Otto Schottenheim weißzuwaschen. Teils lange zurückliegende Versäumnisse der Stadtverwaltung und des Historischen Museums rächen sich.
Ein Beitrag zur historischen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gleichschaltung des Kunst- und Gewerbevereins Regensburg sowie des Historischen Vereins.
Vor 13 Jahren ließ der damalige Kulturreferent Klemens Unger eine geschichtsklitternde Inschrift ins denkmalgeschützte Pylonentor hämmern. Die wurde unter seinem Nachfolger Wolfgang Dersch entfernt.
Zum 200jährigen Jubiläum des jüdischen Friedhofs in Regensburg hat die Journalistin Waltraud Bierwirth in 35 Kurzbiografien das Leben und Sterben von 35 Regensburger Jüdinnen und Juden skizziert.
Die Stadt Regensburg will Raubkunst, die man sich unter Ägide des Nazi-Karrieristen und Ehrenbürgers Walter Boll angeeignet hat, zurückgeben. Die Vorlage räumt nebenbei mit einer Entlastungslegende Bolls auf. Stadtrat Jakob Friedl fordert weitere Aufklärung – auch zu einer Geschichte, die vom früheren Kulturreferenten Klemens Unger verbreitet wurde.
„Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ ist der Titel einer Buchreihe, die seit 2010 von dem Historiker Wolfgang Proske herausgegeben wird, und in der sich verschiedene Autoren mit NS-Biografien befassen. Kürzlich ist der 14. Band mit Schwerpunkt Oberpfalz erschienen, in dem unser Autor Robert Werner mit den Legenden um einen der meist dekorierten Bürger Regensburgs aufräumt: den früheren Museumsdirektor, Kulturdezernenten, Stadtarchivar und NS-Karrieristen Walter Boll. Wir haben uns über die Rolle Bolls, die aufwändigen Recherchen und die bislang ungenügende Aufarbeitung von Bolls Rolle in Regensburg unterhalten.
Als sich der Regensburger Stadtrat auf der Suche nach einem Kulturkonservator 1928 für Walter Boll entschied, beeinflusste das auch das Leben des bekannten Kunsthistorikers und Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt.
Die traurige Geschichte davon, wie sich die Stadt Regensburg einmal ein Regensburger Wahrzeichen unter den Nagel gerissen hat, es zerstörte und was aus der Eigentümerin und dem damaligen Standort geworden ist.
Fast 2.000 Ukrainerinnen und Ukrainer suchen derzeit in Regensburg Zuflucht. Was heute vielen unbekannt sein dürfte: Schon einmal wurde Regensburg zu einer „kleinen Ukraine“. Die Uni Regensburg zeigt darüber diese Woche einen Film von 1982.
1942 wurden die jüdischen Familien Brandis und Holzinger ins polnische Piaski deportiert. Ein Koffer beschert dem Regensburger Stadtarchiv nun seltene Einblicke in das Schicksal zweier Regensburger Familien.
Im Juni 1937 befand sich Regensburg im Ausnahmezustand. Adolf Hitler hat sich zu einem Staatsakt angekündigt, um den Komponisten Anton Bruckner zu ehren. Tragende Rollen bei der Inszenierung für den „Führer“ spielten die NS-Karrieristen Theobald Schrems und Walter Boll.
Nach zwei Jahren Pause fand am Samstag wieder der Gedenkweg für die Opfer des Faschismus statt. Das Erinnern an die Vergangenheit und die richtigen Schlüsse für die Gegenwart prallen dabei vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs mehrfach aufeinander.
213 jüdische Männer, Frauen und Kinder wurden am 4. April 1942 aus Regensburg in die Vernichtungslager im Osten deportiert. Niemand von ihnen überlebte. Zum 80. Jahrestag wurde vor Tatorten in Verwaltungsstellen und Behörden aus den Akten derjenigen gelesen, die diesen Massenmord mitorganisierten und die Verteilung des geraubten Vermögens – bei einer „Topographie des letzten Weges“.
Bei der Debatte zum Umgang mit problematischen Straßennamen im Bildungsausschuss wird klar: Abgesehen von der CSU begrüßen alle Fraktionen die Einsetzung eines Expertengremiums und eine breite Einbindung der Öffentlichkeit. Die Oberbürgermeisterin versucht derweil, Kritik am Koalitionspartner zu vermeiden – und brüskiert damit ihren Bildungsreferenten.
Vorerst wird es keine Entscheidung darüber geben, wie künftig mit belasteten Straßennamen umgegangen werden soll. Eine ursprünglich für den kommenden Bildungsausschuss vorgesehene Vorlage wurde durch einen mündlichen Zwischenbericht ersetzt.
Die CSU spricht von einer „unendlichen, ärgerlichen Geschichte“, die Grünen werfen der CSU „skandalöses“ Verhalten vor. Doch die Vorlage, die Bildungsreferent Hermann Hage dem Bildungsausschuss vorlegen will, hört sich gar nicht schlecht an – auch wenn die Diskussion über den Umgang mit belasteten Straßennamen schon recht lange dauert.
Am 22. Juni jährte sich der Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion zum 80. Mal. In Regensburg gedachte die Stadt erstmals mit einer zentralen Feier am Hohen Kreuz. Nahe dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers steht dort seit den 1980er Jahren ein (fast vergessener) Gedenkstein.