Unter dem Eindruck der Korruptionsaffäre beschloss der Stadtrat Ende 2017, sich jährlich einen Bericht des Antikorruptionsbeauftragten vorlegen zu lassen. Am Donnerstag ist es wieder so weit. Doch sowohl die Art, in der der Bericht verfasst ist, als auch das wesentliche Fazit lassen im Grunde nur den Schluss zu, dass es den Antikorruptionsbeauftragten gar nicht braucht.
„Stete Sensibilisierung für vorbildliches Verhalten auf allen Ebenen.“ Ein Drei-Gänge-Bankett für die Spitzen von Politik und Verwaltung, inklusive des Antikorruptionsbeauftragten, gab es im April 2018 auf Kosten von Thomas Dietlmeier, Chef des “Immobilien Zentrum Regensburg”. Foto: Archiv/Stadt Regensburg
Bei Korruption geht es viel um Zahlen: die Höhe der Geldbeträge, die geflossen sind, Wertgrenzen bei Geschenken, die überschritten wurden, oder aber – wenn ein Fall bei der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht landet – um die Höhe der erlangten Vorteile, des entstandenen Schadens und schließlich der geforderten oder verhängten Haft- und Geldstrafen. Auch beim Bericht des Antikorruptionsbeauftragten (der Leitende Verwaltungsdirektor Thomas Fischer) für das Jahr 2020 sind einige Zahlen interessant. Er wird am Donnerstag dem Regensburger Stadtrat vorgestellt.
Von Joachim Wolbergs bis hin zu Franz Rieger: Zu den Ermittlungen und Verfahren in der Regensburger Korruptionsaffäre ließ und lässt sich das Bayerische Justizministerium regelmäßig von der hiesigen Staatsanwaltschaft berichten. Das zeigt ein Antwortschreiben von Justizminister Georg Eisenreich auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Toni Schuberl. Eine irgendwie geartete Einflussnahme weist das Ministerium von sich. Man habe keinerlei Weisungen erteilt.
„Der Beschluss unterliegt auf Dauer der Geheimhaltung“, heißt es in der Vorlage, die der Regensburger Stadtrat Ende Oktober mehrheitlich beschlossen hat. Demnach übernimmt die Stadt 70 Prozent der Verteidigerkosten, die Hans Schaidinger im Zuge zweier Ermittlungsverfahren ausgegeben hat. Der Alt-OB hatte als Bediensteter der Stadt Rechtsschutz beantragt.
In der Regensburger Korruptions- und Spendenaffäre muss sich nun der dritte Regensburger Kommunalpolitiker vor Gericht verantworten. Wie das Landgericht Regensburg am heutigen Donnerstag mitteilt, wurde die Anklage gegen den früheren OB-Kandidaten Christian Schlegl zur Hauptverhandlung zugelassen.
Vergangene Woche war Regensburg bayern-, bundes-, ja sogar weltweit mal wieder in aller Munde. Zwei Ereignisse haben es den Menschen besonders angetan – und auch dem Feinsender 123: Der Besuch des Ex-Papstes und das zweite Urteil gegen den Ex-Oberbürgermeister.
Im Vorfeld der Entscheidung über die Zulassung der Anklage gegen den CSU-Landtagsabgeordneten Franz Rieger haben sich insgesamt sechs Richterinnen und Richter am Landgericht Regensburg wegen einer möglichen Besorgnis der Befangenheit selbst angezeigt. Darunter alle Mitglieder der zuständigen Kammer.
Trotz Freisprüchen in mehreren Anklagepunkten ist das Urteil der fünften Strafkammer für Joachim Wolbergs nach den Worten seines Verteidigers „niederschmetternd“. Das Gericht verurteilt ihn wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr, bescheinigt ihm persönliche Vorteile, eine Dienstpflichtverletzung und zweifelt mehrfach an seiner Glaubwürdigkeit.
Oft laut, manchmal wütend, meist aber resigniert gibt sich Joachim Wolbergs in seinem Schlusswort beim zweiten Korruptionsprozess. An eine vollständige Rehabilitierung glaubt er mittlerweile nicht mehr. Die Verurteilung im ersten Verfahren bleibe an ihm kleben. Der Ex-Oberbürgermeister fordert als ein persönliches Fazit die Abschaffung von Parteispenden.
Ein Kripobeamter bestätigt kurz vor dem Urteil im zweiten Wolbergs-Prozess Vorwürfe aus einem anonymen Schreiben gegen einen leitenden Ermittler der Kripo. In seinem Schlusswort rechnet am Dienstag der Unternehmer Ferdinand Schmack mit der Staatsanwaltschaft ab. Es sei „absolut tragisch“, dass er vor Gericht stehe. Er verabscheue Korruption.
Die eigentlich schon abgeschlossene Beweisaufnahme im zweiten Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs wird noch einmal eröffnet. Zwei Kripobeamte sollen nun wegen eines anonymen Schreibens als Zeugen vernommen werden.
Strafverteidiger Michael Haizmann übt in seinem Plädoyer im Korruptionsprozess scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft. Für seinen Mandanten Ferdinand Schmack beantragt er Freispruch in allen Anklagepunkten.
Strafverteidiger Peter Wittting fordert im Korruptionsprozess einen Freispruch für Joachim Wolbergs in allen Anklagepunkten. Zumindest solle das Gericht den „Irrtumsgedanken“ in Betracht ziehen. Der Rechtsanwalt appelliert, den Menschen Wolbergs zu sehen. Dieser sei „keiner der Politiker, die man landläufig kennt“.
Über ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung klagt die Bauteam Tretzel GmbH gegen Berichte von regensburg-digital. Die Klage ist unübersichtlich strukturiert, reißt Aussagen aus dem Zusammenhang und verlangt von uns die Veröffentlichung von Behauptungen, die wir nicht belegen können. Kritische Fragen werden in den Ruch des Rechtswidrigen gerückt. Der Streitwert ist für uns existenzbedrohend.
Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier nutzt sein Plädoyer am Dienstag dafür, um mit den Vorwürfen des Angeklagten Joachim Wolbergs abzurechnen. Er spricht von nie erlebtem Hass, „maßloser Selbstüberschätzung“ und davon, dass der Ex-OB das Prinzip von Ursache und Wirkung verkenne. Am Ende aber schlägt Kastenmeier auch versöhnliche Töne an.
Eine letzte Zeugin, letzte vorgespielte Telefonate, heftige Vorwürfe des Angeklagten und mehrere Streitgespräche mit der Staatsanwaltschaft prägen den 28. Tag im zweiten Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs. Am Dienstag kommender Woche sollen die Plädoyers beginnen. „Sie haben mein Leben zerstört“. Er habe sein Erbe verloren. Und seinen Beruf. „Und morgen kann ich wieder in der Zeitung […]
Wegen der Corona-Pandemie wurden zwei Verhandlungstermine in dieser Woche abgesetzt. Frühestens weitergehen wird es am 4. Mai. Die Unterbrechung könnte aber auch rund drei Monate dauern.
Auch das zweite Ermittlungsverfahren gegen Alt-OB Hans Schaidinger wegen Korruptionsverdachts hat die Regensburger Staatsanwaltschaft nun eingestellt. Der Anfangsverdacht habe sich nicht erhärtet, heißt es in einer Pressemitteilung vom heutigen Donnerstag.
Derzeit sieht das Gericht im zweiten Korruptionsprozess „keinen validen Beweis“ dafür, dass Joachim Wolbergs als Dritter Bürgermeister „praktische Einflussmöglichkeiten“ auf Bau- und Immobilienprojekte hatte. Damit ist der Vorwurf der Bestechlichkeit im Fall Schmack vorerst vom Tisch. Zum weniger schwerwiegenden Vorwurf der Vorteilsannahme positionierte sich die Kammer am letzten Verhandlungstag vor der Kommunalwahl nicht.
„Praktische Einflussmöglichkeit“: Zu der Frage ob Joachim Wolbergs diese als Dritter Bürgermeister hatte oder nicht, will sich das Gericht im zweiten Korruptionsprozess demnächst positionieren. Verteidigung und Staatsanwaltschaft vertreten dazu eine gegenteilige Auffassung. Das Thema könnte das Verfahren deutlich in die Länge ziehen.
Zweiter Teil unseres Meinungsbildes zur Kommunalwahl am 15. März. Wie stehen die Regensburgerinnen und Regensburger zur vorläufigen Amtsenthebung von Joachim Wolbergs? Und: Haben die Ermittlungen, Anklagen und Prozesse Einfluss auf ihre Wahlentscheidung?