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Beiträge mit Tag ‘Bistum Regensburg’

In der zwischenzeitlich eingereichten Klage des von Gewalt und Missbrauch betroffenen Matthias Podszus hat das Landgericht Regensburg das Bistum nun zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Wie wird Bischof Rudolf Voderholzer mit der nun eingereichten Klage von Matthias Podszus umgehen? Foto: Archiv/Staudinger

476.404,29 Euro. So hoch ist der vorläufige Streitwert der Klage gegen das Bistum Regensburg, über die nun die 4. Zivilkammer des Landgerichts entscheiden muss. Ende Oktober hat das Gericht die Verantwortlichen des Bistums zu einer Stellungnahme aufgefordert. Eingereicht haben die Klage Matthias Podszus und sein Rechtsanwalt Sven Markuske. Wir haben mehrfach darüber berichtet.

Es geht um Schadenersatz und Schmerzensgeld dafür, was dem heute 42-Jährigen an der Vorschule der Regensburger Domspatzen in Pielenhofen angetan wurde. Körperliche, psychische und seelische Gewalt und mehrfache Vergewaltigung durch den langjährigen Leiter von Schule und Vorschulinternat, den Geistlichen Johann Meier.

Pielenhofen: Ein Gewaltregime, von dem das Bistum lange wusste

Mittlerweile ist unumstritten, dass der im Juli 1992 verstorbene Priester ein sadistischer Gewalt- und Missbrauchstäter war, der in Pielenhofen ein Regime geführt hat, das Betroffene – es geht um hunderte Jungen im Grundschulalter – unter anderem als „Hölle“ und „Konzentrationslager“ bezeichnet haben.

Podszus, der von September 1991 bis Juli 1993 in Pielenhofen war, dürfte eines von Meiers letzten Opfern gewesen sein. Ansatzpunkt seiner Klage: Die Verantwortlichen im Bistum Regensburg wussten bereits Jahrzehnte, bevor er dorthin kam, Bescheid und unternahmen nichts.

Erste schriftliche Hinweise erhielt der damalige Bischof Rudolf Graber bereits 1965/66 durch einen Präfekte, der auf Meiers Gewalttätigkeit hingewiesen hatte. Ohne Konsequenzen.

1975 signalisierte der Stiftungsvorstand der Regensburger Domspatzen dem Schulleiter, dass Prügel und übermäßige Gewalt gegen Schüler nicht mehr gebilligt würden. Meier erwiderte darauf damit, dass sein Erziehungsstil angemessen sei und forderte, dass sich vielmehr das Domspatzen-Gymnasium an seinen Methoden orientieren mögen. Wieder ohne Konsequenzen.

Es könnte in die Million gehen

Es sind nur zwei, von vielen weiteren Beispielen, die das Wissen des Bistums Regensburg um das Leid der Kinder in Pielenhofen belegen. Und die Tatenlosigkeit der Verantwortlichen. Die Kirche habe ihre Pflicht, die Vorschüler zu schützen, „trotz eindeutiger Hinweise“ nicht wahrgenommen, heißt es in der von Rechtsanwalt Markuske verfassten Klageschrift. Stattdessen seien „Vorfälle wie beim Kläger Jahrzehnte lang bewusst verschwiegen und verschleiert“ worden.

Nimmt man den Bruttobetrag des im Raum stehenden Streitwerts von knapp 500.000 Euro und Gelder, die das Bistum im Falle einer Niederlage zusätzlich an die Sozial- und Rentenversicherung abführen müsste, könnte sich die Gesamtsumme auf über eine Million Euro belaufen.

Dazu, wie man mit der Forderung umgehen wird, hat sich das Bistum auf eine bereits am 29. Oktober erfolgte Anfrage unserer Redaktion bislang nicht geäußert. Insbesondere auch nicht dazu, ob man versuchen wird, sich darauf zu berufen, dass all dies bereits verjährt sei.

Verjährung – ja oder nein?

Nach einer Einschätzung des Kölner Jura-Professors Markus Ogorek in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger könne die Einrede wegen Verjährung „in Ausnahmefällen vom Gericht als ‘Verstoß gegen Treu und Glauben’ gewertet werden“. Weiter führt Ogorek aus:

„Die Rechtsprechung ist bei der Annahme von Rechtsmissbrauch vor allem dann etwas großzügiger, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner eine enge Nähebeziehung besteht, ein besonderes Vertrauensverhältnis oder eine Abhängigkeit. Klassischerweise betrifft das Beziehungen in der Familie oder zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Meines Erachtens wird man sagen können, dass zwischen der Kirche und den Gläubigen im Ansatz ebenfalls ein solches Näheverhältnis besteht.“

Nach aktuell gültiger Rechtslage wären die Taten, deretwegen Matthias Podszus nun gegen das Bistum vor Gericht zieht, auch abseits dessen nicht verjährt. Galt früher in Fällen von sexueller Gewalt noch eine dreijährige Verjährungsfrist wurde diese Frist 2013, auch unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals bei der katholischen Kirche und in anderen Internaten, auf 30 Jahre hochgesetzt. Zudem ist diese Frist gehemmt, bis der oder die Betroffene das 21. Lebensjahr erreicht hat. Allerdings gilt dies nur für Taten, die zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung 2013 nicht bereits verjährt waren.

Gesetz und Moral

So oder so hätte das Bistum Regensburg aber auch ein moralisches Problem, würde es sich darauf berufen, obwohl die damals dort Verantwortlichen Kinder wie Podszus nicht geschützt, sondern im Gegenteil die Taten ignoriert, oft verschleiert und die Täter geschützt haben.

Anlass des erwähnten Interviews mit Ogorek war übrigens ein Schadenersatzprozess, in dem eine von sexuellem Missbrauch betroffene Frau gegen das Erzbistum Köln klagte. Ihre Forderung: 830.000 Euro. In einem vorangegangen Verfahren hatte das Gericht einem anderen Missbrauchsopfer im Juni 2023 Recht gegeben und das Erzbistum Köln zur Zahlung von 300.000 Euro an den damals 62-Jährigen verurteilt. Der verantwortliche Kardinal Rainer Woelki hatte zuvor ausdrücklich auf die Einrede wegen Verjährung verzichtet.

Bistum verwies bislang auf bezahlte Anerkennungsleistungen

Im Vorfeld der Klageeinreichung von Matthias Podszus hat das Bistum Regensburg gegenüber anderen Medien bislang lediglich erklärt, dass dieser bereits Anerkennungsleistungen in Höhe von 50.000 Euro erhalten habe (10.000 davon, weil dies die von der Bischofskonferenz eingerichtete Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen dem Bistum zusätzlich auferlegt hatte). Außerdem habe es doch auch ein Gespräch mit dem Bischof gegeben.

Ob es bei dieser Position bleibt und das tatsächlich ausreichend ist, wird nun früher oder später das Landgericht Regensburg entscheiden. Und nun liegt dem Bistum auch die Klage vor, um sich gegebenenfalls konkreter äußern zu können.

Ein Spendenaufruf, mit dem Podszus Geld sammelt, um die Verfahrenskosten zu decken, ist nach wie vor online. Der Hintergrund: So lange sich das Bistum nicht zu seiner Klage äußert, bleibt offen, wie ein möglicher Prozess verlaufen wird, wie lange er dauert und ob möglicherweise auch Sachverständige geladen werden müssen – verbunden mit entsprechenden Kosten.

Öffentlicher Spendenaufruf

Ex-Domspatz will Bistum Regensburg verklagen: Massive Vorwürfe gegen Multi-Missbrauchsbeauftragten

Der langjährige Missbrauchsbeauftragte des Bistums Regensburg Martin Linder wusste schon 1998 von einem schwerwiegenden Fall von Gewalt und Missbrauch bei einem Grundschüler. Doch er informierte offenbar nicht einmal die Eltern des Jungen – mit weitreichenden Folgen für den Betroffenen. Der will nun das Bistum auf Schadenersatz verklagen und bittet um Spenden.

Buchvorstellung

Brisante Details – nicht nur über die Resl von Konnersreuth

Ein Buch über das Leben der Äbtissin Benedicta von Spiegel gewährt spannende Einblicke in das antinazistische Engagement ihres Freundeskreises, zu dem der Journalist Fritz Gerlich und Therese Neumann gehörten. Gleichzeitig liefert es brisante Details, welche die Seligsprechung der Resl von Konnersreuth in Frage stellen und die Rolle des Regensburger Bischofs Michael Buchberger im Nationalsozialismus beleuchten. Nun war die Autorin in Regensburg.

Buch von Ex-Kulturreferent Unger

Aufgewärmte Legende um Kultbild für judenfeindliche Regensburger Wallfahrt

Bis heute gab es im Bistum Regensburg keine kritische Auseinandersetzung mit dem über Jahrhunderte gepflegten und propagierten antisemitischen Kult um die Schöne Maria. Jüngster Ausfluss: Ein Buch, in dem der frühere Kulturreferent Klemens Unger geschichtsklitternde Propaganda über ein angeblich sensationelles Gnadenbild von Albrecht Altdorfer wiederkäut.

Voderholzer und der Synodale Weg

Ein Brief aus dem bischöflichen Zwielicht

Bischof Rudolf Voderholzer hat den Beschäftigten im Bistum Regensburg einen Brief geschrieben. Vordergründig geht es um sexuellen Missbrauch und sein „ungeschicktes Agieren“ in diesem Zusammenhang. Hauptthema ist aber Voderholzers Kritik am Synodalen Weg. Ein der drängendsten Fragen für viele Beschäftigte thematisiert der Bischof dabei nicht.

Der Generalvikar geht

Ausgefuchst

Vom Feldherrenhügel zurück in den Schützengraben: Michael Fuchs legt sein Amt als Generalvikar im Bistum Regensburg nieder und begibt sich zurück in den seelsorgerlichen Dienst als Pfarrer. So steht es in einer Harmonie verbreitenden Pressemitteilung des Bistums. Dass Fuchs jahrelang mit der wichtigste Handlanger des früheren Bischofs Gerhard Ludwig Müller beim Kleinreden des Missbrauchsskandals war, bleibt nicht nur unerwähnt. Seine Rolle wird ins Gegenteil verkehrt.

"Der Chor zuerst"

Bereichernde Domspatzen-Studie mit gravierenden Lücken

“Der Chor zuerst” – mit ihrer nun veröffentlichten historischen Studie zu den Regensburger Domspatzen bringen Dr. Bernhard Frings und Professor Bernhard Löffler viel Licht ins Dickicht des Domchors, seine wechselnden Interessensgeflechte und Abhängigkeiten. Sie benennen Täter, Wegschauer und Vertuscher und werfen einen emphatischen Blick auf die Betroffenen der körperlichen, sexualisierten und psychischen Gewalt. Dennoch offenbart das lesenswerte Buch auch gravierende Lücken, irreführende Deutungen und blinde Flecken.

Neue Studien zu Gewalt bei den Domspatzen

Studien zu Domspatzen: Eine Absage an alle Ausflüchte

Zwei weitere Studien zu Gewalt und Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen untermauern die These eines Systems, in dem der Chor alles und das individuelle Schicksal der Schüler allenfalls wenig bedeutet hat. Bei der Vorstellung der Untersuchungen wählen die Macher deutliche Worte – zu Georg Ratzinger, Gerhard Ludwig Müller und im Hinblick auf gängige Rechtfertigungsmuster.

Reaktionen auf die MHG-Studie

Bistum Regensburg zwischen “Lug und Trug” und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen

Eines hat die Ende September veröffentlichte MHG-Studie deutlich gemacht: Sexueller Missbrauch durch katholische Geistliche ist nicht mit sündig gewordenen Einzelnen zu erklären. Die katholische Kirche sieht sich vielmehr mit grundsätzlichen Fragen zu ihren missbrauchsbegünstigenden und –vertuschenden Strukturen konfrontiert. Während in Regensburg die Staatsanwaltschaft in der Folge der Studie Vorermittlungen aufgenommen hat, soll ein Vertreter des Bischofs von „Lug und Trug“ gesprochen haben.

4,3 Millionen Euro für 647 Opfer

Neue Zahlen des Bistums: Die Dimension von Gewalt und Missbrauch abseits der Domspatzen

Laut einer aktuellen Veröffentlichung des Bistums Regensburg haben Betroffene von Gewalt und sexuellem Missbrauch bislang rund 4,3 Millionen Euro an „Anerkennungsleistungen“ erhalten. Die nun erstmals veröffentlichten Zahlen zu Betroffenen machen auch deutlich, welche Dimension Gewalt und sexueller Missbrauch in anderen Einrichtungen des Bistums hatte: Bislang wurden fast 300 weitere Betroffene anerkannt.

„Kirchen und ihre Verantwortung zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“

Das Bistum Regensburg ist Musterbeispiel für bundesweite Missstände

Bei einem öffentlichen Hearing zur Verantwortung der Kirchen bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch wird der frühere Bischof Gerhard Ludwig Müller als abschreckendes Beispiel für Täter-Opfer-Umkehr thematisiert. Auch sonst darf Regensburg – nach wie vor – als Musterbeispiel für viele der thematisierten Missstände gelten.

Pachtvertrag bis Jahresende verlängert

Lichtblick fürs Antoniushaus

Vorläufig geht es nun doch weiter im Antoniushaus. Vergangenen Montag einigten sich die Kirchenstiftung St. Anton und Pächter Franz Treml auf eine Verlängerung bis zum Jahresende. Über eine längere Zusammenarbeit führt man nun wieder „konstruktive Gespräche“.

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