Hotel Jakob: Urplötzliche Änderung einer „unverbindlichen Auskunft“
Wurde ein Regensburger Investor bevorzugt behandelt? Das Innenministerium fordert jetzt eine Stellungnahme der Stadt Regensburg zur Baugenehmigung am Stahlzwingerweg. Mehrere Investoren, die dort ebenfalls bauen wollten, erhielten von der Stadt durchweg die Auskunft, dass das tabu sei. Erst mit dem Verkauf an Oswald Zitzelsberger kam der Meinungsumschwung.
Die umstrittene Genehmigung für zwei Gebäude im hinteren Bereich des Hotel Jakob (Stahlzwingerweg 1 und 3) zieht Kreise: Die beim bayerischen Innenministerium angesiedelte Oberste Baubehörde hat die Stadt Regensburg aufgefordert, bis zum 7. Oktober eine Stellungnahme abzugeben. Das meldet der Bayerische Rundfunk heute auf seiner Internetseite.
Bauen im Welterbe: Ohne Stadtrat, ohne Gestaltungsbeirat
Wie berichtet erhielt der allseits bekannte Investor und Sanierer Oswald Zitzelsberger trotz heftigen Widerspruchs aller Fachstellen – Landesamt für Denkmalpflege und städtisches Denkmalamt – die Baugenehmigung für zwei Gebäude, in denen jeweils neun Hotelzimmer untergebracht werden sollen. In der Vergangenheit hatte es indes von der Stadt gegenüber dem Freistaat Bayern, von dem Zitzelsberger die Fläche erworben hat, stets die Auskunft gegeben, Neubauten seien dort tabu.
Weil das Denkmalamt sich strikt weigerte, seine Zustimmung für Zitzelsbergers Vorhaben zu erteilen, wurde das von Kulturreferent Klemens Unger übernommen.
Ebenfalls fragwürdig: Die Entwürfe für diese Bauten im Welterbebereich wurden – entgegen der gängigen Praxis – weder dem Stadtrat noch dem Gestaltungsbeirat vorgelegt. Bedauerlich: Bei der Debatte dazu am Dienstag im Stadtrat fehlten sowohl Unger wie auch der Leiter des Denkmalamts, Dr. Heinrich Wanderwitz.
Schaidinger und Unger nehmen Stellung
Nach unserem Bericht vom Dienstag zog heute auch die Mittelbayerische Zeitung nach. Dort nehmen nun Oberbürgermeister Hans Schaidinger und Klemens Unger Stellung. Tenor: Die Fachstellen hätten Fehler gemacht. „Aber Bürger dürfen erwarten, dass sich eine Behörde nicht hinter früheren Fehlern versteckt“, so Schaidinger gegenüber der MZ. Unger habe durch eigene Recherchen festgestellt, dass unter anderem die Freifläche im Jahre 1811 schon mal bebaut gewesen sei. Deshalb, so die MZ, „sehe er keine Denkmal-Bedenken gegen die Neubauten – auch wenn Denkmalpfleger das anders beurteilen“.
Bebauung 1811 ist keine Neuigkeit
Die Bebauung aus dem Jahr 1811 ist indes nichts neues. Sie findet sogar in der ablehnenden Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom Mai 2013 Erwähnung. Demnach handelte sich dabei um eine „Rad-Einstell-Halle“ und eine „Holz- und Kohlenlege“ der damaligen Polizeistation. Diese Bebauung, so das Landesamt weiter, „ist nicht geeignet, hieraus Baurecht für eine Wohnbebauung abzuleiten“. Allenfalls bestehe Baurecht „für ein derartiges Nebengebäude“.
Abseits davon geht es insbesondere um die Frage möglicher Schadenersatzansprüche an die Stadt Regensburg. Diese könnten einerseits vom Freistaat Bayern kommen, der das Grundstück vor dem Hintergrund der städtischen Auskunft verkaufte, dass die jetzt zur Debatte stehenden Fläche nicht bebaut werden könne. Andererseits könnten auch Mitbieter um das Grundstück gegen den Wettbewerb klagen, bei dem sie gegen Oswald Zitzelsberger den Kürzeren gezogen haben.
Stadt an Freistaat: Bebauung tabu
Hans Schaidinger erklärte dazu gegenüber der MZ, dass es entsprechende und seiner Lesart zufolge „falsche“ Auskünfte der Stadt an den Freistaat zwar gegeben habe. „Die Auskunft an die ‘Immobilien Freistaat Bayern’ fiel aber ‘unverbindlich’, mit dem Zusatz, Gesichertes gebe es erst per Bescheid“, so der Oberbürgermeister weiter.
So eine „unverbindliche Auskunft“ an die „Immobilien Freistaat Bayern“ liest sich dann, in einem Schreiben des Bauordnungsamtes vom November 2011, zum Beispiel so:
„Seitens der Denkmalpflege wurde erläutert, dass dieser ehemalige Grabenbereich (…) historisch nicht bebaut war und auch weiterhin nicht bebaut werden soll. Dieser Argumentation schließt sich die Stadt Regensburg an. Unter Umständen sind diese Flächen auch für eine neue Nutzung des Hauptgebäudes notwendig. Eine weitere bauliche Verdichtung im historischen Grabenbereich entspricht nicht den städtebaulichen Zielen an diesem Ort.“
Im Dezember 2011 legt die Stadt dann noch einmal nach. In einem weiteren Schreiben an die „Immobilien Freistaat Bayern“ heißt es:
„Eine weitere bauliche Entwicklung im rückwärtigen Bereich wird nicht für zulässig gehalten. Auch vonseiten der Sanierungsstelle (das Anwesen liegt im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ‘westlich der Bachgasse’) werden für eine bauliche Erweiterung erhebliche Bedenken angemeldet.“
Stadt an Investoren: Bebauung tabu
Es ist jedoch nicht nur der Freistaat Bayern, der eine solche Auskunft erhalten hat.
Diese Passage findet sich so bis mindestens Mitte 2012 auch in Auskünften des Bauordnungsamts an mehrere Investoren, die anlässlich des Bieter-Wettbewerbs des Freistaats Interesse an der Jakobswache und dem dahinter liegendem Grundstück angemeldet hatten.
„Eine weitere bauliche Entwicklung im rückwärtigen Bereich wird nicht für zulässig gehalten. Auch vonseiten der Sanierungsstelle (das Anwesen liegt im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ‘westlich der Bachgasse’) werden für eine bauliche Erweiterung erhebliche Bedenken angemeldet.“
Eine, folgt man Schaidinger, durchweg „unverbindliche Auskunft“. Gesichertes gibt es eben erst per Baubescheid.
Eine unverbindliche Auskunft wird plötzlich falsch
Ob auch Oswald Zitzelsberger eine solche Auskunft erhalten hat, ist nicht bekannt. Aber es ist auf jeden Fall ein Glück für ihn, dass er bei dem Bieterwettbewerb das höchste Gebot abgegeben und dadurch den Zuschlag erhalten hat. Und es ist ebenso ein Glück, dass im Rahmen des Baubescheids geklärt werden konnte, dass die vor einem Jahr noch mehrfach gegebene „unverbindliche“ Auskunft zur Nichtbebaubarkeit der Fläche sich, folgt man Unger und Schaidinger, plötzlich als falsch herausgestellt hat, die Bedenken sämtlicher Stellen Blödsinn waren und Zitzelsberger nun bauen darf bzw. bauen dürfen soll.
Ob das alles rechtens ist, ob sich daraus Schadenersatzansprüche ergeben oder nicht, prüft nämlich nun noch das Innenministerium. Von einer unvoreingenommenen Prüfung ist trotz bester Kontakte des Oberbürgermeisters zur nun wieder mit absoluter CSU-Mehrheit besetzten Staatsregierung selbstverständlich auszugehen.