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Stefan Kornelius im Gespräch

SZ-Politikchef an der Uni Regensburg: Mit Selbstsicherheit die Demokratie verteidigen

Stefan Kornelius, Politikchef der Süddeutschen Zeitung, erörterte am Dienstag an der Uni Regensburg die Instabilität der Weltlage, die er historisch relativierte, indem er darauf hinwies, dass es auch in der Vergangenheit „bewegte Zeiten“ gegeben habe. Kornelius betont die Notwendigkeit einer „wachen Souveränität und Selbstsicherheit“ und erinnert daran, dass es „an uns liegt“, die Demokratie zu verteidigen.

„Zerfall der Weltordnung? Warum es Kriege und Krisen gibt.“ Stefan Cornelius war zu Gast an der Uni Regensburg. Foto: bvg

Durch die jüngst von ihm analysierten Europawahlen findet Kornelius die politischen Gewichte „nicht dramatisch verschoben“, denn die Mitte sei recht stabil. Für die „strahlende Führungsfigur“ in Europa hält Kornelius aber jetzt die rechte italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die nun Mitsprache einfordere.

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Dies sei der erste Test, ob Europa noch nach den alten Regeln funktionieren könne, was davon abhänge, ob Meloni diese Ordnung herausfordere oder nicht. „Lässt sie sich einbinden?“, sei die entscheidende Frage. Während sie in der Außenpolitik eine klare Linie zeige, sehe er in der geplanten Verfassungsreform „Anflüge von Illiberalität“.

US-Wahlen: Trump ist besser vorbereitet als letztes Mal

Die Wahlen in den USA „können die wichtigsten sein“, die politische Welt sei von diesem Termin gebannt und versuche jetzt den Westen „Trump-fest“ zu machen, um die zu erwartenden Systemveränderungen abzufangen. In der Tat würde eine zweite Trump-Regierung anders sein als 2016, da Trump jetzt besser vorbereitet sei.

Er habe Ideologen um sich geschart, die radikale Vorstellungen vom Umbau der USA etwa in Fragen der Steuerpolitik, der Außenpolitik und der Einwanderung hätten. Außenpolitisch drohe Isolationismus, innenpolitisch Auseinandersetzungen in einem gespaltenen Kongress. Es bedürfe allerdings der Klärung, ob ein Vorbestrafter Präsident der USA sein dürfe, so Kornelius. Außerdem würden in den USA herkömmlich eigentlich keine abgewählten Präsidenten erneut zum Präsidenten gewählt.

„Achse des Widerstands“ gegen die Vorherrschaft des Westens

Von Gastgeber Professor Stephan Bierling auf den Titel der Veranstaltung „Zerfall der Weltordnung? Warum es Kriege und Krisen gibt“ angesprochen, meint der Politikchef der SZ, dass auch frühere Ordnungen nie richtig stabil gewesen seien. Freilich bewege sich die Welt jetzt von einem Aggregatzustand in einen anderen, dabei würde der offene Regelbruch in der Systemauseinandersetzung praktiziert, während sich gleichzeitig die Kräfte verschöben.

Die Strahlkraft der USA verblasse und sie seien keine „Ankernation“ mehr, auf die man sich verlassen könne, es fehle an „Synchronität“ im Westen, der nicht mehr sehr attraktiv wirke. Trump, dessen Wiederwahl am 5. November zur Entscheidung steht, assoziiert Kornelius mit „Selbstzerstörung“.

In das entstehende Machtvakuum stießen nun andere Mächte vor. China, der Iran und Russland versuchten eine „Achse des Widerstands“ gegen die Vorherrschaft des Westens zu formieren und dabei den globalen Süden einzubeziehen. Diese Bündnisse seien jedoch sehr „fluide“: „Man schlägt sich, man verträgt sich.“

Auch mal „seine Interessen durchsetzen“

Zwar sei es positiv, dass der Westen Konflikte mit Regeln lösen wolle, manchmal müsse man in den Machtkämpfen der internationalen Bühne aber auch „seine Interessen durchsetzen“. Die westliche Vorstellung von Freiheit werde jetzt andernorts auf der Welt als Unfreiheit für sich selbst wahrgenommen und sei mit der Identitätspolitik aufstrebender Mächte konfrontiert, die zu Konflikten führen könne, da es in der Identitätspolitik um Stolz, Selbstbehauptung und Dominanz gegenüber äußeren Feinden gehe.

Auch im Westen selbst gebe es große Bevölkerungsgruppen mit autoritärer Grundhaltung, die Liberalismus als Belastung für die Gesellschaft empfänden. Da es aber auch Gegentendenzen in Osteuropa gegen Orbanismus und für Freiheit und Demokratie in Polen gebe, biete der Westen hier kein einheitliches Bild.

Das Publikum beschäftigt an dem Abend stark die Lage im Nahen Osten. Auf das Projekt einer iranischen Atombombe angesprochen, weist Kornelius auf die starken innenpolitischen Widerstände im Iran hin, die deren Umsetzung verhinderten. Oberstes Ziel der Führung in Teheran sei der Machterhalt, nicht die regionale Hegemonie.

Hamas provozierte Israel zu „irrationalem Handeln“

Als Ziel des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober 2023 vermutet Kornelius, Israel zu „irrationalem Handeln“ zu provozieren, was auch gelungen sei. Er selbst wüsste aber auch nicht, was die „richtige Antwort“ auf einen derartigen Terrorakt sei. Eine Fortsetzung des Krieges sei nicht erfolgversprechend, eine restlose Auslöschung der Hamas nicht möglich. Er favorisiere die Zwei-Staaten-Lösung, die aber das Problem der richtigen Grenzziehung in sich berge.

Kornelius, von Bierling als der „einflussreichste außenpolitische Journalist der Bundesrepublik“ bezeichnet, stand in der Vergangenheit in der Kritik für seine gute Vernetzung mit der Politik und seine Mitgliedschaft in transatlantischen Organisationen wie der Atlantik-Brücke. Gegen den damit verbundenen Vorwurf der Verbrüderung mit politischen Kreisen verwahrt sich Kornelius am Dienstag in Regensburg, seine Loyalität gelte allein der Süddeutschen Zeitung.

Kornelius sprach im Rahmen einer offenen Vorlesungsreihe des Lehrstuhls für Internationale Politik an der Uni Regensburg. Die Gastauftritte werden von der Friedrich-Naumann- und Thomas-Dehler-Stiftung sowie dem Alumni-Verein „Phönix Academiae“ gefördert. Am 2.7. wird noch der SPIEGEL-Autor Richard C. Schneider in die Vorlesung kommen.

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Kommentare (6)

  • Günther Herzig

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    Die SZ hatte in der letzen Zeit keine besondere Presse.
    Rüher waren sie sozial-liberal. Das ist vorbei.

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  • Mr. B.

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    Günther Herzig
    21. Juni 2024 um 16:47 | #

    Genau, und jetzt für mich nicht mehr lesbar.

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  • Tom

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    Und dann noch den Preis „Geschichte des Jahres“ vom Stern für die herausragende investigative Recherche im „Aiwanger-Gate“!!! Läuft bei der SZ. Wenn da nicht die desaströse Verkaufzahlenentwicklung wäre….Aber, wen interessieren schon Verkaufzahlen, wenn man generöse Förderer hat.

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  • Günther Herzig

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    @Tom
    So ist es! Die SZ war einmal eine Zeitung, informativ und meinungsstark. Ich kannte sie schon unter Werner Friedmann. Wen meinst Du mit generösen Förderern?

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  • Tom

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    @Günther

    Ohne die staatliche Förderung würde es dir meisten Printmedien schon gar nicht mehr geben.

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  • Herbert Grabe

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    Im Vergleich zum großen Rest der Tagespresse ist die SZ eine herausragend gute Zeitung. Alleine wenn ich mir heute das Feuilleton ansehe, bin ich beeindruckt über die Analyse- und Interpretationsfähigkeit des Blatts. Klar, sie haben gute Leute verloren und der Wirtschaftsteil ist alles andere als links, aber ich bitte euch, ihr wollt doch nicht im Ernst auf Werner Friedmann verweisen. Diese Zeiten liegen fast 50 Jahre zurück. Wir dürfen heute froh sein, dass es das hohe Niveau des Journalismus am Beispiel der SZ überhaupt noch gibt.

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