Stuhlfragen im Regensburger Stadtrat
Kosten acht Stühle tatsächlich 8.000 Euro? Kann man da nicht mal einen Kunstverein fragen? Und langen solche Hersteller bei der Stadt nicht von vorneherein ordentlich hin?
Das letzte Kapitel in der Posse um eine Sitzgelegenheit bei Regensburgs Luxusklo? In der Fragestunde des Regensburger Stadtrats, versuchte Thomas Mayr (Brücke) der viel kritisierten Verwaltung zur Seite zu springen. Die befinde sich in einem Dilemma. Wenn man am Schwanenplatz nichts gemacht und die Bank dort stehen gelassen hätte, hätten sich Leute über die Obdachlosen in der Wartehalle aufgeregt, mache man dann etwas, dann regten sich Leute über die nun aufgestellten bunten Stühle auf.
Eine „pragmatische Lösungsfindung“ sei das gewesen – und die Unterstellung, dass das eine Maßnahme zur Verdrängung von Menschen gewesen sei, halte er für abwegig, so Mayr. „Das würde ich so nicht formulieren.“
Herstellerfirma sagt nichts Genaues
Wissen wolle er aber schon, wie sich die Kosten für diese Stühle zusammensetzen. Wie berichtet, hieß es in einer Pressemitteilung der Stadt Regensburg: „Die Kosten für die neue Bestuhlung und deren Anbringung belaufen sich auf rund 8.000 Euro.“ Nicht mehr und nicht weniger.
Er habe sich nun die Mühe gemacht, zu recherchieren und mit der Herstellerfirma in Kiel telefoniert, berichtet Mayr. „Die wollten oder konnten mir natürlich keine direkten Angaben machen, was so ein Stuhl kostet.“ Sie hätten aber signalisiert, das es bei Weitem keine 1.000 Euro seien.
Mayr will deshalb wissen, wie sich diese Kosten zusammensetzen. „Das sei null Kritik.“ Es gehe um die Kommunikation nach außen. Was man als Stadtrat den Leuten darauf antworten solle.
„Eine ganz normale Geschichte.“
Bei Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer hat er damit offenbar einen gewissen Punkt getroffen. Es sei ja keineswegs so gewesen, dass sich Leute über Obdachlose aufgeregt hätten, die dort schliefen, so ihre Vergangenheitsbewältigung. Nein. Die Verwaltung habe „nach mehreren Anläufen, das anders zu regeln“ die Bank abgebaut, weil Obdachlose dort Passanten und Menschen, die die Toiletten hätten nutzen wollen, „belästigt“ und die Toilette „in unbeschreibliche Zustände versetzt“ hätten. Aber die Wartehalle habe man ja als Bushaltestelle für Touristenbusse gebaut und nicht dafür.
Planungsreferent Florian Plajer, aus dessen Haus die Stuhlidee stammt, kann bei der Sitzung nicht aus dem Stand sagen, was nun was genau gekostet habe. Nur so viel: Stadtmobiliar sei nicht mit normalem Mobiliar vergleichbar. Ein großer Teil der Kosten falle aber definitiv für Transport, Lieferung und das Herrichten des und die Anbringung am Untergrund an, was übrigens schon, das als Anmerkung, als Grund angeführt wurde, warum das Klohäuschen selbst rund 900.000 Euro kostete.
„Die Aussage, dass nur ein kleiner Bruchteil davon auf die faktischen Einkaufskosten eines Stuhles fällt, ist eine ganz normale Geschichte, wenn man etwas im öffentlichen Raum installiert“, so Plajer.
Nicht jeder darf ran ans Klo
Er habe sich so etwas schon gedacht, sagt Mayr. Aber es sei „unglücklich“, wenn auf der städtischen Homepage stehe, dass so ein Stuhl 1.000 Euro koste. „Wir müssen das dann draußen erklären.“ Das stehe doch da gar nicht, glaubt die OB. Da stehe doch, dass das die gesamte Maßnahme gekostet habe. Wissen tue sie das aber nicht. Sie habe das selbst noch nicht auf der Homepage gesehen.
Die bis dahin gute Laune von Maltz-Schwarzfischer trübt dann Stadtrat Jakob Friedl (Ribisl) mit einer weiteren Stuhlfrage. Wenn die Stadt bei darauf spezialisierten Firmen nachfrage, dann erhalte sie natürlich auch entsprechend teure Angebote, sagt der. Ob man da zum Beispiel mal einen Kunstverein frage, was bunte Stühle dort so kosten. Ob man nicht so etwas probieren könne. Vielleicht gebe es da ein besseres Angebot.
Könne man außerdem nicht, dieses Gebäude im Sinne des Gestaltungselements Stühle nicht noch weiter gestalten. Neuer Kunstverein, städtische Galerie, Bananenflanke – vielleicht hätten die ja Ideen, zum Beispiel fürs Dach.
So etwas könne sie sich sicher nicht vorstellen, gibt die OB zurück. Man habe bei öffentlichen Einrichtungen schließlich Vorgaben. Da könne nicht einfach jemand ohne Schutz auf dem Dach rumturnen. Man könne auch nicht irgendetwas bei irgendeinem Kunstverein einkaufen. „Das wissen Sie.“ Und überhaupt sei es auch eine „sehr gewagte“ Unterstellung, dass Hersteller von Mobiliar oder der Handel bei der öffentlichen Hand schon mal eine Schippe drauflegen würden.
Trackback von deiner Website.
Karl Straube
| #
Laurence J. Peter referiert eine Vorstandssitzung, die wie folgt ablief (sinngemäße Wiedergabe – ich finde das Werk gerade nicht):
Neue Kaffee-Maschine, Kosten 200 $, Beratungsdauer 1 Std.
Fahrradständer für Mitarbeiter, Kosten 3000 $, Beratungsdauer 30 Min.
Beteiligung an einem Kraftwerksprojekt, Kosten 1 Mio $, Beratungsdauer 5 Min.
Fazit: da fast jeder glaubt, beim Stuhlgang mitreden zu können, wird uns das Thema noch lange erhalten bleiben. Bei einem städtischen Haushalt von 1,25 Milliarden wird nach Peters Überlegungen der Posten von 8 T€ nicht unter 195,7 Stunden Diskussion abzuarbeiten sein.
joey
| #
Für die Stühle ist sicherlich viel Beraterhonorar ausgegeben worden. Die paar Schrauben und Dübel können es ja nicht gewesen sein.
Dugout
| #
Also ich hätts für 4000 hin gedübelt
Dieter
| #
Diese höfische Ehrfurcht vor der Verwaltung, die alles andere als unfehlbar ist, ist manchmal schwer zu ertragen. Selbst ein Mayr will tunlichst keine Kritik anbringen.
Nichts rechtfertigt den Preis für diese Stühle und erst recht nicht den Preis für das Klo Aber manch einem kann man auch ein Stück vom Mond verkaufen.
JS
| #
Wenn die Bushaltestelle für Touristen sein sollte, dann wäre es doch gut gewesen verschiedene Stühle aus Regensburg aufzustellen und deren Geschichte dazu (Sitz aus Jahnstadion, Donauarena, Theater, …). Vielleicht hätte sich dann der ein oder andere in genau so einer Spielstätte eine Vorstellung angesehen?
xy
| #
Natürlich langt jeder besonders gerne und ausgiebig hin, wenn die öffentliche Hand zahlt. Die Autos werden teurer, wenn der Staat Beihilfen zahlt, Löhne werden höher, wenn der Staat Arbeitgeber oder Anteilseigner ist und für einen Stuhl werden eben 1000 Euro verlangt. Der Staat hat es ja
Tom Lehner
| #
8000€ sind ein Haufen Geld für Stühle. Für achttausend € least man einen Dienstwagen oder zahlt ein Jahr lang an seiner Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz. Manch einer “Verdient” das im Monat. Stühle für den Aussenbereich, wetterfest und verankert für 8000€ Skandal!
Vermutlich hat das An- und Abschrauben der vorherigen Bank genauso viel gekostet. Inklusive Bank, Arbeitszeit und Kleinteile natürlich.
Einige hier hätten sich für weniger prostituiert. Die Stühle für “Weniger” aufgestellt. Beifall. Andere zweifeln gar am Sinn der Komplettlösung. Ein Klo in der Stadt? Die von letzter oder vorletzter Woche vielleicht? Die Mitbürger die im Vollsuff die Sitzgelegenheit verwüstet und ihren Müll liegen gelassen haben. Klar, wer was leistet kann sich auch was leisten. Welch ein Wortwitz. Ein Klo in der Stadt. Auf Anhieb fallen mir die Hauseingangsurinierer ein. An dieser Stelle verbiete ich das Gendern. Es sind nur Männer.
Wenigstens einer denkt an die Touristen. Die Alten vom Schiff. Eine geriatrisch-touristisches Entgegenkommen der Stadt. Windelfrei durch die weihnachtlich geschmückte Altstadt.
Aber alle vergessen einen ganz wichtigen Punkt. In den 8000€ ist auch der Obdachlose eingerechnet. Nicht der mit dem Bedürfnis. Der Obdachlose der vorher für ein unschönes Gesamtbild gesorgt hat. Das Stadtbild ist jetzt wieder sauber. Ganz ohne Ordnungsdienst und Finanzaufwand. So gesehen ist das ein Schnäppchen.
Auf der anderen Seite stellt sich schon auch die Frage nach den Übernachtungskosten. Ich denke nicht das sich die Toilettenvorhalle jeden Abend bis zum Anschlag mit Menschen ohne Obdach gefüllt hat. Aber so lange gab es diese Möglichkeit auch nicht. Wohl dem, hat man doch eine Zuwanderungswelle obdachloser Menschen nach Regensburg verhindert.
Das wäre fatal gewesen. Dieses Elend sehen zu müssen. Beim Flanieren über den Weihnachtsmarkt. Mit dem neuesten Iphone und den Sauschratzen in Markenklamotten. Seht uns an wie toll wir sind.
Geiz macht Geil. Auch im Advent. Frohe obdachlosenfreie Weihnachtstage!
Native
| #
Du heiliges Kanonenrohr!
Was für ein selbst verschuldeter, nicht endender Bohei, um die legendären Regensburger Sitzgelegenheiten. Das ist hart und hat schon starken satirischen Einschlag und hat überregionale Aufmerksamkeit erzeugt.
Dabei wollten manche nur sitzen und nix sagen. 😊
tom lehner
| #
@ Native:
Mit Kanonenrohr? Auf Stühle… ? Auf Spatzen vielleicht, aber auf Stühle..
Burgweintinger
| #
Tom Lehner, ich bin ja oft Ihrer Meinung, aber bei Ihrem letzten Kommentar, da hatten Sie wohl schon einen Glühwein zuviel…
=> “Manch einer “Verdient” das im Monat.”
Warum setzen Sie verdient in Anführungszeichen?
=> “Beim Flanieren über den Weihnachtsmarkt. Mit dem neuesten Iphone und den Sauschratzen in Markenklamotten. Seht uns an wie toll wir sind.”
Was kümmert Sie das Iphone oder die Klamotte anderer Leute? Neid?
Meier mit „ei“
| #
Wenn das Gebäude von einem Architekten entworfen wurde, dann hat er wahrscheinlich auch ein Mitbestimmungsrecht / Gestaltungsrecht bei der Bestuhlung.
Das verursacht weitere Kosten.
Schlauchkatze
| #
Die Frau OBin hat es selbst noch nicht gesehen…oh mei.
Und doch, das steht da wirklich. Seit 22.11.2024: https://www.regensburg.de/aktuelles/pressemitteilungen/159998/577543/neue-sitzgelegenheiten-am-schwanenplatz.html
Und es steht auch heute noch da. Zumindest jetzt hätte ich die Pressemitteillung geändert. Das einzige, was hier tranparent wird ist die Inkompetenz der Stadtverwaltung…
Macchiavelli
| #
Wenn man halt sonst nix hat, worüber man sich aufregen kann….! Wie kann man nur aus allem ein Problem machen. Stühle im öffentlichen Raum kann man doch nicht mit windigen Gartenstühlen von irgendeinem Baumarkt vergleichen. Und geliefert und montiert müssen sie halt auch werden. Luxusprobleme. Schön, dass manche für die eigene permanente Unzufriedenheit wenigstens hier in den Kommentarspalten Raum und Gehör finden.
Wuzzi
| #
@ Macchiavelli
Natürlich muss man diese wunderbare Parabel auf die Kompetenz, das Können und die Fähigkeit unserer Stadtverwaltung diskutieren! Sie lässt sich ja auf (fast alle) Bereiche der Stadtverwaltung (und Stadtpolitik) übertragen.
Native
| #
@Tom Lehner 6. Dezember 2024 um 07:01
Ich schätze ihre Beiträge im Forum von RD sehr, aber mit ihrer Einschätzung, dass das flanierende Publikum auf den Weihnachtsmärkten, bis zu 8000€ (oder mehr) „verdient“ und den Normalfall, der Bevölkerung repräsentiert, möchte ich bezweifeln. Diese Einschätzung hat nichts mit Neid zu tun und ist nur ernüchternd.
Viele vom unteren Rand der Gesellschaft können sich nicht einmal die Fahrtkosten zum Weihnachtsmarkt (trotz LandkreisPass) leisten. 😊
Für sie gilt an Weihnachten:
„Der Weihnachtstisch ist öd und leer, die Kinder schauen blöd daher.
Da lässt der Vater einen krachen, die Kinder fangen an zu lachen.
So kann man auch mit kleinen Sachen, den Kindern eine Freude machen.“
Herr Lehner sollte es sich bei ihrem Beitrag um satirische Überzeichnung handeln, die ich nicht erkannt habe, entschuldige ich mich bei Ihnen. Nix für ungut!
„Mit´m Red´n, kema d Leid zamm!“
Wilfried Süß
| #
Anscheinend tummeln sich auf rd jede Menge “Stuhlexperten”, die kompetent sind in Ergonomie, Gestaltung, Preisbildung und Honorarwesen bis zur Lächerlichkeit. So vergeht die Zeit, bis wieder interessante Beiträge zu kommentieren sind.
Günther Herzig
| #
@Joey, Burgweintinger, Wilfied Süß
ich mache mir Sorgen über weitere Verschmutzungen. Es sollten fest montierte Aschenbecher vorhanden sein oder wenigstens Schilder die auf ein Rauchverbot aufmerksam machen.
Luck
| #
Die Verwaltung zeigt eben, was sie kann und so drauf hat.
Die Kostenseite scheint zum Rest des Ensembles eher unterdimensioniert zu sein.
Und der indirekte Ertrag, der sich durch die Verhinderung von Obdachlosigerei ergibt, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Die imanenten Schattenseiten gewisser Gesellschaftsweisen will man ja gerne ausblenden und mit vermeintlichen Patentrezepten gut reden.
Dabei könnte dieser “soziale Abfall” zum Wertstoff für eine wirklich aufgeklärte Gesellschaft werden, indem am Umgang mit diesem ihr Herz und ihre analytischen Fähigkeiten gebildet werden.
All we need is solidarity, not charity.
Horst
| #
Wenn der Staat was macht, dann wird das immer sehr sehr teuer. Aber seid doch bitte froh, dass für die Stühle kein neues Brandschutz- oder Umweltverträglichkeitsgutachten notwendig war. Dann wäre es wieder 6-Stellig geworden.
Aber die meisten unserer links wählenden Mitbürger, die würden dem Staat ja noch sehr viel größere Teile unserer Wirtschaft und Gesellschaft übertragen. Die wünschen sich noch mehr und mehr Regulierung und wundern sich wenn alles teuer wird.
Allem voran soll der Staat für billige Wohnungen sorgen. Da könnte man sich kaputt lachen. Aber vielleicht lernt ja einer was an diesem guten und einfachen Beispiel.
Jakob Friedl
| #
https://ribisl.org/dachbegruenung-service-gebaeude-schwanenplatz/
Die Stadtverwaltung wäre besser beraten gewesen die Bank einfach wieder anzuschrauben und sich Gedanken um die weitere Gestaltung, also die stadträumliche, kulturelle und inklusive Einbettung des Servicegebäudes, z.B. durch Care-Arbeit, zu machen. Der Bustouristenunterstand sollte ja ursprünglich ein Touristeninfobüro enthalten – was dann in der geänderten Ausführung durch einen Generalunternehmer aufgrund der explodierten Baukosten aufgegeben wurde – so wurde man mit knapp einer Million € fertig. Die RTG mietete ein Büro neben dem Geigenbauer.
Schaut man sich also die Planungsgeschichte des Schwanenplatzes und des Servicegebäudes genauer an, so wird einerseits etwas klarer, was hier schief gegangen ist: Versiegelung, keine Regenwassernutzung, Straße statt Shared Space, teures unpersönliches „Service“gebäude, das nun nirgendwo andocken soll.
Anknüpfend an den Ursprungsgedanken einer Touristeninformation könnten am Gebäude zumindest Kino- und Ausstellungsprogramme und Informationen zu kulturellen Angeboten für Alle angebracht werden – mit Projektionen oder einem Schaukasten und mit freiem Internetzugang.
Beim Bau des Servicegebäudes war für Kunst am Bau 0 € eingeplant. Das Dach ist mit Betonplatten im Kiesbett eingedeckt, könnte also wohl Kunst, Kultur oder Gartenprojekte tragen. Ein zivilgesellschaftlich betreuter Duftgarten über dem Klo. Eine variable und künstlerische Dachgestaltung bietet viel Potenzial. Sicherheitsaspekte lassen sich sinnvoll lösen, wenn man will. Die Bewässerung müsste, um es auf die Spitze zu treiben, und da dem Platz leider keine andere Infrastruktur zu Grunde gelegt wurde, mit Leitungswasser erfolgen. Strom für Kunst oder Wassergesprenkel könnte aus einem gebrauchten PV-Modul oder dem Servicegebäude bezogen werden, siehe Skizze. Gestaltung mit Pflanzen erfordert viel Care-Arbeit und bietet auch gerade deshalb Raum für Kommunikation, Begegnung und Vermittlung. Eine soziale Skulptur täte dem Ort gut! Gebt das Dach frei! Schlüssel zur Putzstube mit Technikraum inklusive.
Das Servicegebäude könnte über zivilgesellschaftliches Engagement und eröffnete Gestaltungsmöglichkeiten z.B. an den Neuen Kunstverein, die Bananenflanke, den Leeren Beutel, die Museen, RTG etc. andocken. Es würde sich meiner Einschätzung nach lohnen Geld in pflegeintensive Gestaltungsprojekte zu investieren, da so erwartbar Reinigungs- und Reparaturkosten eingespart werden können. Partizipative Betätigungsfelder könnten Akzeptanz, Erfahrungswerte und Erkenntnisgewinn generieren, Identität stiften und dazu beitragen, dass sich das teure Klohäuschen endlich gelungen in den Stadtraum einfügen kann und sich sich letztendlich doch noch auszahlt. :-)
Ich glaube an so etwas – die verantwortlichen Stellen scheinbar an etwas anders.
Die Gestaltungshoheit für das Servicegebäude liegt exklusiv bei der Stadt Regensburg, deren Werkzeugkasten sehr limitiert ist und die sich obendrein gegenüber konstruktiven Ideen und Anregungen noch verschlossen zeigt.
Daniela
| #
@Günther Herzig
8. Dezember 2024 um 09:16 | #
..’ich mache mir Sorgen über weitere Verschmutzungen. Es sollten fest montierte Aschenbecher vorhanden sein oder wenigstens Schilder die auf ein Rauchverbot aufmerksam machen.’
Wenn, dann braucht es nur ein Rauchverbotsschild…, die EU plant gerade den Nichtraucher- Schutz zu erweitern, eben auch auf öffentliche Räume. Ich denke das bekommt man dann schon für 500€ mit Schrauben, Dübel und Anbringung.
Sozusagen das Preiswerteste am Luxusklo in Regensburg. Ich bin gespannt, ob die Stadt dann auch wieder eine renomierte Firma aus einem anderen Bundesland beauftragt, oder ob dann ein Baumarkt und Angestellte der Stadt genügen. (Vorsicht Satire)
Wilfried Süß
| #
@ Jakob Friedl
Ich schätze Ihren, wie so oft, umfassenden Kommentar. Allerdings wäre ich etwas vorsichtiger mit Ideen, was man auf einem mit Betonplatten im Kiesbett verlegten Dach veranstalten könnte. Vermutlich liegt unter dem Kies eine Dichtungsfolie. Wenn da durch Last die Kiesel punktuell Druck ausüben, kann dies die Folie schädigen.
Aber das Grundproblem ist nicht die Verwaltung, die Kosten oder die Gestaltung und schon gar nicht die obdachlosen Menschen. Es ist ein gesellschaftliches Thema. Immer mehr Individuen verstehen unter Freiheit, dass man Grenzen überschreitet, wo immer es geht. Und das sind meistens keine Typen, die man einem Milieu zuordnen könnte. Sie bilden zusammen mit uns die Stadtgesellschaft.
Die Soziologie kennt den Begriff „Soziale Kontrolle“ – gemeint im weitesten Sinne ist die Gesamtheit aller sozialen Prozesse und Strukturen, mit denen in einer Gesellschaft ein als abweichend definiertes Verhalten überprüft und sanktioniert wird. Früher (ja, früher) wirkte sich das so aus, dass die Gesellschaft die Einhaltung von „ungeschriebenen Gesetzen“ unter sich regelte. Ein Schildchen heute „Rauchen verboten“ – vergiss es! Es würde höchstens im Fall, dass doch jemand beim Verstoß erwischt wird, die Sanktionierung vereinfachen.
Während meines Studiums (schon lange her) untersuchten wir unbewirtschaftete Toiletten an Autobahnen. Problemstellung: Verhinderung von Beschädigung und Verschmutzung. Da wurden Türklinken und Klobrillen mit Kot beschmiert und Löcher in die Zellwände gebohrt. Die Betreiber rüsteten auf: Die Wände aus Stahl und möglichst viele Oberflächen in Edelstahl. Da wurde dann eben mit Kobaltbohrern gearbeitet. Man nannte uns auch das Motiv – es waren einfach Spanner, die das WC unbenutzbar machten, um ihre Lust im angrenzenden Gebüsch zu befriedigen. Ich gehe jetzt nicht auf die Lösung ein, die wir in Bonn und beim ADAC vorstellen durften (ohne dass wir etwas bewegten). Alleine durch technische und kostenintensive Maßnahmen am Bauwerk kann man höchstens die Folgen solcher Einwirkungen abmildern.
Und da bin ich wieder bei Jakob Friedl. Stadtraumgestaltung beginnt nicht erst bei Beton und Grün. Es müsste durch gelenkte Gesamtplanung und ausgewogene Steuerung noch mehr Leben in den Stadtkern – Tag und Nacht sowie werktags und feiertags, aber das bitte für alle und nicht nur für Kunden und zahlende Gäste. Wohnen, Arbeiten, Kaufen, Genießen, Ruhen oder einfach Bewegen könnten im Mix dazu führen, den Bedarf von Bewohnern und Besuchern (m/w/d) in möglichst vielen Zeitabschnitten zu treffen. Es sind dicke Bretter zu bohren. Da hilft Verwaltungs-Bashing gar nix.
tom lehner
| #
@ Native + Burgweintinger:
Vielen Dank für die wertschätzende Rückmeldung. Tatsächlich dürfen Sie das als “Überzeichnenden Zynismus” verstehen. Das mit dem in Anführungszeichen gesetzten “Verdient” ist zumindest in manchen Fällen diskutabel. Geht aber auch als Provokation durch. :-)
Hingegen bleibe ich bei meiner Aussage das es sich dabei um eine “Investition” handelt die Menschen ausschließt und vertreiben soll. Genauer: Die verhindern soll das sich hier und da ein obdachloser Mitmensch sich hier schlafen legen kann. Dafür finde ich 8000€ + die Kosten für das Anbringen und Abschrauben der Bank extrem viel Geld.
Wie wir alle wissen stören “Schlafende” von Natur aus nicht. Schlafen ist nicht konfrontativ oder aggressiv. Wenn überhaupt stört diese Art des Daseins nur den “Betrachter” in seinem Verständnis von Ästhetik, die Flanierenden in ihrer weihnachtlichen Idylle oder Gewerbetreibenden in ihrer Existenzangst, oder die auf den Plan gerufene, auf Sauberkeit und illegales Schlafen achtende Ordnungsmacht.
Mit 8000€ finanziert man einige Nächte in einer “Unterkunft” die, leicht temperiert, eine Alternative zur Freiluftlaube neben dem Innenstadtklo darstellen würde.
Ich feiere die Menschen die eine alternative Schlafgelegenheit aufgestellt haben. Das sind meine wahren Helden dieser Geschichte. Sie haben Empathie und verstanden was Menschlichkeit ist, was man von “Denen im Rathaus” nicht behaupten kann.
Ihre Maßnahmen sind reine Kosmetik und dient nur dazu den Wähler*Innen ein schönes Ambiente vorzugaukeln. Wir haben schon Probleme genug. Armut können wir uns da nicht mehr leisten. Wer nichts hat braucht nix. Ganz einfach.
Das ist der eigentliche Skandal.
Native
| #
@tom lehner 9. Dezember 2024 um 07:55 Vielen Dank für ihre Erklärung.
Der Alt-SPDler August spricht Klartext:
„Die kleinen Parteien nehmen bei so viel Posten, jeden.“ (Leider)
Achtung Satire! Aber nur so ist die Wirklichkeit erträglich. 😊
Jakob Friedl
| #
@Wilfried Süß:
Soziale Kontrolle und Soziale Stadtraumgestaltung, da sind wir einer Meinung. Ich setze auf Partizipation, Inklusion und Handlungsspielräume für Engagement.
Zum Dachaufbau: Dem technischen Beschluss liegt eine Skizze bei, aus der hervorgeht, dass das Dach wie folgt aufgebaut ist – siehe Blog: “[…]Die Dachfläche ist nach innen geneigt und entwässert an zwei Tiefpunkten innenliegend. Der Aufbau besteht aus einer Schaumglasdämmung, Flüssigabdichtung und einem Betonplattenbelag im Splittbett.[…]” Ich hätte gerne gewusst wo die Dachabdichtung verläuft und wieviel das Dach trägt (vermutlich die doppelte Schneelast).
Ich habe mich deshalb mehrfach bei der Stadtverwaltung erkundigt, ob mir Baupläne zum Dachaufbau und zur Statik übermittelt werden können – erfolglos. Mein Anliegen wurde wieder einmal als “entbehrlich” eingestuft. Meiner Meinung nach stehen allerdings jedem Bürger solche Auskünfte zu, denn nur so ist die Entwicklung von zivilgesellschaftlichem Engagement und Kunst im öffentlichen Raum möglich.
Gestaltungsideen können dann anhand der baulichen Voraussetzungen und fachlich beurteilt werden. So weit lässt es die Verwaltung leider ersteinmal nicht kommen. Das sind die dicken Bretter.
Wolfgang Theine
| #
Natürlich kann man den überdimensionierten Preis der Stühle bekritteln und gewiss hat die Stadtverwaltung da nicht gerade ein Leuchtturmprojekt verzapft.
Aber darüber hinaus möchte ich Machiavelli und Süß zustimmen. Und dass zusätzlich zu der fast überall geäußerten selbstgerechten Empörung ( wofür die Stadtverwaltung die einzig richtige Adresse ist ), in kaum zu ertragender Arroganz auf Weihnachtsmarktbesucher (” Beim Flanieren über den Weihnachtsmarkt. Mit dem neuesten Iphone und den Sauschratzen in Markenklamotten. Seht uns an wie toll wir sind.”) , ältere Touristen (“Die Alten vom Schiff. Eine geriatrisch-touristisches Entgegenkommen der Stadt. Windelfrei durch die weihnachtlich geschmückte Altstadt.”) und angebliche 8000,00 € Verdiener, eingeprügelt wird, verschafft dem Schreiber sicherlich das wohlige Gefühl moralischer Überlegenheit.
Wie billig ist das denn??
Daniela
| #
@Wolfgang Theine
9. Dezember 2024 um 15:48 | #
Sie haben völlig Recht. Manche Mitkommentatoren entgleiten gelegentlich dem ‘guten Argument ‘. Aber eines dürfte gewiss sein, die Stühle hätte es nicht gebraucht, da war doch schon eine Bank.
Mit Verlaub kann man an dieser Stelle sagen, 8000 € Steuergeldverschwendung.
Und die Begründung für die gesamte Aktion ‘haarsträubend’.
Native
| #
Hygiene-Tipp
Ich weiß nicht, ob sie es wussten, die Toiletten sind häufig „am Ende des Ganges“ und das nicht nur in Indien. 😊
Immer schön sauber bleiben! (Satire)