Fahndungserfolg nach Stuhlgang
Während sich sieben Stühle vom Luxuslokus in Polizeigewahrsam befinden, wurde der letzte verbliebene in der Nacht von Montag auf Dienstag entwendet. Die Polizei ermittelt – wir haben ihn gefunden.
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Idylle mit Sitzgelegenheit – der verschwundene Stuhl ist an der Latzarettspitze wieder aufgetaucht. Foto: privat
Ein bisschen überrascht war eine Leserin von regensburg-digital, als sie am Mittwochnachmittag an der Lazarettspitze spazieren ging, dort wo Nord- und Südarm der Donau sich wieder vereinen. War da ein Stuhl aus dem Polizeigewahrsam geflohen? Hat sich gar die Regensburger Polizei einen Scherz erlaubt?
Wie berichtet, hatten Zivilbeamte in der Nacht zum Montag mehrere Aktivisten überrascht, als sie laut eigenem Bekunden mehrere der Stühle vor dem Luxusklo am Schwanenplatz zu einer Sitzbank umfunktionieren wollten. Sieben der acht Stühle hatten sie bereits abmontiert, als die Polizeibeamten eintrafen. Eine 22-jährige Tatverdächtige wurde kurz darauf festgenommen. Die Ermittlungen wegen der Aktion laufen.
Verwaister Stuhl verschwand ebenfalls
Während die Tatverdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, kamen die sieben abgeschraubten Sitzgelegenheiten in Polizeigewahrsam. Zurück blieb ein verwaister grüner Stuhl, der in der Nacht von Montag auf Dienstag nun ebenfalls verschwunden ist.
Der verbliebene Stuhl blieb nur einen Tag allein zurück.
Im Gegensatz zur ersten Aktion des „Kunstkollektivs Fußabdrücke“ gibt es dieses Mal kein Bekennerschreiben, doch Dank der Spaziergängerin, die sich an uns gewandt (und mit der Tat nichts zu tun) hat, kann der grüne Stuhl nun bei der Lazarettspitze abgeholt werden – sofern er nicht erneut verschwindet.
Wann wird das Gebäude aufgegeben?
Das Abschrauben der Stühle reiht sich ein in eine Reihe von Aktionen, die es seit dem Entfernen einer Sitzbank von dem 900.000 Euro teuren „Servicegebäude“ am Schwanenplatz, auch Regensburger Luxusklo genannt, gegeben hat. Die Kritik entzündet sich vornehmlich am Umgang mit Obachlosen, deretwegen die Bank vordergründig entfernt wurde und am Einsatz von sogenannter defensiver Architektur.
Innerhalb der Stadtverwaltung beginnt man zunehmend an dem Toilettenhäuschen zu verzweifeln. Offiziell heißt es zwischenzeitlich, man wolle mit den Kritikern in Dialog treten. Intern wird darüber diskutiert, sich nun auch von der 8.000 Euro teuren Stuhlvariante zu verabschieden und sich eine neue Lokuslösung zu suchen. Ein Abriss des Gebäudes steht nicht im Raum – bislang.
tom lehner
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Jetzt ohne das ins Lächerliche ziehen zu wollen..
Die zeitlose Freischwingkonstruktion aus gebürstetem Edelstahl, in Kombination mit dem wetterfesten, grünen Mehrschichtholz harmoniert wunderbar mit der Landschaft an der Lazarettspitze. Das lädt nicht nur zum Verweilen ein, sondern macht Regensburg neben seinen vielen öffentlichen Toilettenhäuschen um eine weitere Sehenswürdigkeit reicher.
Das der Stuhl gerade in dieser Idylle wieder “Aufgetaucht” ist lässt die “Feine” Ironie des Autors mitsamt seiner heimlichen Schadenfreude erahnen.
Sarasvati
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Apropos Sehenswürdigkeiten… sollte der wiederholte Stuhlgang ins Ungewisse tatsächlich zu einem permanenten Stuhlabgang aus dem Klohäuschen führen, hätten die teuer gecasteten Sitzgelegenheiten es nicht verdient, dass ihr Schicksal auf die lange Bank geschoben wird – auch wenn sie eine solche ursprünglich aus dem Luxuslokus verdrängt haben.
Was tun? Im Keller des Thon-Dittmer-Palais verstecken, wie es schon mit etlichen anderen städtischen Aktionsgütern geschah? Nicht mehr zeitgemäß, denn das wäre eine erprobte, aber keine innovative, geschweige denn nachhaltige Lösung.
Vielleicht ist es an der Zeit, für ein wenig “Comic Relief” in der Angelegenheit zu sorgen. „Die zeitlose Freischwingkonstruktion aus gebürstetem Edelstahl, in Kombination mit dem wetterfesten, [grünen] Mehrschichtholz“ (Zitat @Tom Lehner) ist geradezu prädestiniert dazu, die Regenburger Antwort auf die weltweit beliebten Wandersteine zu werden.
Schicken wir sie doch als acht „Wanderstühle“ in die weite Welt, und verfolgen wir ihre Reise auf einer dafür angelegten Website, die regelmäßig die besten Foto- oder Video-Inszenierungen prämiert. Als Ausgangs-Stationen könnten unsere Partnerstädte dienen. Von da an heißt es dann: Mitnehmen und zeitweiliges Be-sitz-en und In-Szene-setzen – wie an der Lazarettspitze – ausdrücklich erwünscht. #wandeRstuhl
tom lehner
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@ Sarasvati:
Ihre Idee mit den “Wanderstühlen”, den Partnerstädten und der medialen Begleitung in Film, Funk, Fernsehen und auch Social Media finde ich herausragend. Leider gibt es ja nur diesen einen Stuhl in Freiheit. Laut Berichterstattung wurden alle anderen Exemplare von den Behörden “Festgesetzt”. Trotzdem Thump up!
#Chairity, #Stuhlgang, #Stuhlofchange, #Weltstuhlerbe, #PartnerstühleofRegensburg, #regensburg-stuhl-digital, #Stuhlprobenonline, #Revolutionchair, #Stuhlworldwide, #Bavariaonthechairway, #Makechairsgreatagain, #Legalmigrationchairs, #Gangsofchairs, #Stuhlfreiheit, #Chairspiracy, #Fluchtaufstühlen, #Aliceonthechair…..
Native
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@Sarasvati 31. Januar 2025 um 22:46 und @tom lehner 1. Februar 2025 um 10:21
Um ihren kreativen Vorschlag weiter zu spinnen:
Wie wäre es, als Reminiszenz des apostolischen Bischofssitz in Regensburg auf einer „neverending“ Wanderausstellung dieser „Kultbestuhlung“ mein Vorschlag: Wie wäre es den Heiligen Stuhl in Rom (lateinisch Sancta Sedes ‚Heiliger Sitz‘) mit einzubeziehen.
Ich schreibe es vorsichtshalber für alle „Spaßbefreiten“ dazu, die die Ironie nicht erkennen. Dieser Kommentar ist Satire. 😊
El
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Was für eine wundervolle Kreativität dieses Clohaus entfacht. Vllt. gibt es irgendwo einen Topf mit Geldern für ein Kulturprojekt, das dann eingeht in die Analen (!) der Stadt.
So oder so — es steht zu hoffen, dass dieser nicht-inhaftierte Stuhl ein Auslaufmodell im doppelten Sinne ist und die Stadt die lange Bank wieder rausrückt.
Altstadt-Göhte
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Das Altstadt-Flair ist unerreicht,
drum wird an jedes Eck geseicht.
Hubie Hubie
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Hm, ein Teil von mir bewundert das Engagement gegen die “feindliche Architektur”, ein anderer Teil versteht das was nicht ganz: soll der Vorraum dieses Häuschens bewusst als Unterkunft für Wohnungs- oder Obdachlose von den AktivistInnen oder der Stadt bereitgestellt werden? Sollen da wirklich Menschen leben?
Dabei geht es mir weniger um das “Stadtbild”, sondern eher um die Würde derer, denen dort eine Voraussetzung für ein “Bettchen” bereitet werden soll. Gäbe es für ein “Künstlerkollektiv” nicht auch die Möglichkeit, sich konstruktiv, also im wahresten Sinne des Wortes “bauend” oder “errichtend” zu engagieren? Im Konkreten: baut doch selber was! Ob Tinyhäuser, künstlerisch gestaltete Verschläge aus schicken Paletten, ein Tippydörfchen… Etwas Sarkasmus schwingt mit, aber auch eine ernstgemeinte Anregeung. Klar, dort sollte wieder eine Bank gebaut werden, aber warum genau?
Diese “Guerillaaktionen” sind schon schick und danach fühlt man sich bestimmt auch recht gerecht und schuldbefreit, aber ob sie so zielführend sind oder doch eher einem verstecktem Narzissmus der beteiligten unter dem Deckmantel der Arbeit für das Allgemeinwohl dienen, ist meiner Meinung nach fraglich. Denn soviel Zuspruch sie in einer Gruppe finden, für viele Andere ist und bleibt es Sachbeschädigung und Diebstahl, was nicht ganz zu unrecht Aversion, Angst und Stigmatisierung produziert und weniger zu einem Perspektivwechsel anregt.
Klar kann man sagen, wehret den Anfängen der abgewandten Architektur, aber dieses Klohäuschen Kammerspiel ist weniger der Anfang von dieser Art Architektur in der Regensburg, sondern vor allem einen leicht bespielbare, da gerade sehr populäre, Projektionsfläche für die eigenen unaufgearbeiteten Konflikte mit Mami und Papi, die einfach nicht akzepiteren wollen, dass man schon groß genug ist, um sein Kinderzimmer selbst einrichten zu dürfen.
Hubie Hubie
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Kommentar gelöscht. Werden Sie mal nicht unverschämt. Lesen Sie die Netiquette.
Hartmut Kiener
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Der Nachbau einer römischen “Latrina” mit mehreren Sitzgelegenheiten würde sich hier geradezu anbieten – vielleicht war gerade an dieser Stelle auch vor 2000 Jahren auch schon mal so eine Sitz- und Plauderecke –
El
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Hartmut Kiener – Sie haben mir ein schallendes Lachen geschenkt!
Abgesehen davon ….womöglich wäre das ein Touristenanziehpunkt par excellence …. Shitting like the Old Romans
Native
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@Hartmut Kiener 2. Februar 2025 um 09:49
Sehr richtig, eine römische „Latrine“ an dieser Stelle würde die Aufenthaltsdauer deutlich verkürzen und wäre eine zusätzliche Sehenswürdigkeit für die Kreuzfahrttouristen mit geschichtlichem Bezug zur Bereicherung der Eindrücke von Regensburg. 😊(Späßle)
https://oeklo.at/latrine-toiletten-im-alten-rom?srsltid=AfmBOor90T6IOc-IvewziIhuAUyzOaPSAV_iNErRIrthT_hvZdMqOtLm
Luck
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Kulminiert sich dann dieses “Novum” (mit historischen Wurzeln) in die Fragestellung: Stuhlgangst du noch oder latrinierst du schon?
tom lehner
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Für mich ist der Stuhl an der Lazarettspitze jetzt schon das Bild des Jahres 2025.
Für mich das Sinnbild für eine unzureichend durchdachte Idee die “Baden geht”.