03 Mrz2008
Strohballen-Prozess – ein Stochern im Nebel
Derzeit kann sich der Angeklagte noch entspannt zurücklehnen
War der 28jährige Thomas L. vor Jahresfrist der Mörder seines Onkels – oder anders gefragt: Kann der Straubinger Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Fiedler dem Angeklagten diese grausame Gewalttat nachweisen? Wie ausführlich berichtet, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der „Richtige“ auf der Anklagebank des Schwurgerichts Regensburg sitzt, den sie des Mordes „aus Habgier und mit Heimtücke“ überführen will.
Die Leiche des 48jährigen Karl Herzog war am Rosenmontag letzten Jahres eher zufällig zwischen Strohballen in der Nähe des Straubinger Tiergartens entdeckt worden. Eine Feldarbeiterin wollte dort einem „dringenden Bedürfnis“ nachgehen und stieß dabei auf den Toten. Tatzeugen gibt es nicht. Fest steht nur, dass der Fundort nicht der Tatort ist. Dabei ist es bis zur Stunde nicht einmal möglich, die Tatzeit einigermaßen sicher oder wenigstens taggenau einzugrenzen. Während der ersten vier – von insgesamt 15 vorgesehenen – Verhandlungstagen schwieg der Angeklagte beharrlich, machte sich eifrig Notizen und tauschte sich ab und zu mit seinem Verteidiger Rechtsanwalt Michael Haizmann aus. Dabei können sich die Beiden – zumindest derzeit noch – entspannt zurück lehnen, denn die Befragung der Nachbarn und Bekannten des Opfers brachten keine Erkenntnisse in der einen oder anderen Richtung. Nicht einmal der „Tag es endgültigen Verschwindens“ von Karl Herzog konnte eingegrenzt werden.
Nachdenklich stimmt bei Verteidiger Haizmann – und nicht nur bei diesem – der Auftritt des Bruders des Ermordeten. Nicht nur, dass er sich als Nebenkläger gleich von zwei Rechtsanwälten vertreten lässt, was bislang zumindest in Regensburg noch nicht da war und auch absolut unüblich ist. Bei seiner Vernehmung als Zeuge präsentierte er sich als „Sherlock Holmes“, der mit sichtlichem Belastungseifer bestrebt war, dem Anklagevertreter die Beweise zu liefern, die dieser braucht um den Angeklagten überführen zu können. Zwar konnte er hierzu so gut wie nichts Konkretes beitragen. Dabei musste sich wiederholt von Seiten des Verteidigers vorhalten lassen, dass seine Behauptungen in mehreren Punkten im Widerspruch zu anderen – vor allem neutralen – Zeugenaussagen stehen.
Keinen Deut besser erging es seiner Freundin, die im Anschluss an seine Vernehmung in den Zeugenstand musste.
Zwar bestätigte sie auffällig genau dessen Angaben, musste aber auf Nachfrage von Verteidiger Haizmann einräumen, dass sie rund zwei Wochen vor ihrer Vernehmung von einem Anwalt nicht nur ihre eigenen polizeilichen Vernehmungsprotokolle ausgehändigt bekam, sondern auch den Schlussbericht der Kripo Straubing. Damit muss sich die Schwurkammer wohl ernsthafte Gedanken über den Wert einer solchen Zeugenaussage machen.
Der Prozess wird nach einwöchiger Unterbrechung am 10. März fortgesetzt.