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"Nur informell"

Streik am Uniklinikum Regensburg: ein Gesprächsangebot ohne Gesprächsbereitschaft

Im Tarifkonflikt an der Regensburger Uniklinik ist ein Gesprächstermin zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft anberaumt. Über die Kernforderung will die Geschäftsführung der UKR-eigenen Servicegesellschaft aber nicht reden, sondern nur „informell“.

Nach Monaten des Schweigens und Ignorierens von Gesprächseinladungen durch Gewerkschaft und Betriebsrat, nach einem fast vierwöchigen Erzwingungsstreik der Beschäftigten, nach Drohungen mit der Polizei durch den UKR-Vorstand, nach Demonstrationen und Wortmeldungen aus Landes- und Bundespolitik hat die Geschäftsführung der KDL mbH Anfang der Woche mitgeteilt, dass man die Gewerkschaft verdi Anfang der Woche zu „informellen Gesprächen“ eingeladen habe.

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Die Form der Einladung sowie ein flankierendes Blatt mit einem „Faktencheck“ für die Medien wecken allerdings Zweifel, dass ein solches Gespräch die Tarifauseinandersetzungen um die Servicegesellschaft des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) deeskalieren und in vernünftige Bahnen lenken wird. Ausdrücklich betont KDL-Geschäftsführer Philipp Atzler nämlich, dass es dabei „nicht um ein Angebot von Tarifverhandlungen oder Anerkennung der Tarifzuständigkeit“ gehen werde.

Doch genau das – Verhandlungen über die Angleichung der Niedriglöhne bei der KDL an den Tarifvertrag der Länder, der ansonsten am UKR gilt – fordern Gewerkschaft und Betriebsrat seit mehreren Monaten. Dass die Gewerkschaft verdi tatsächlich für diese Tarifverhandlungen zuständig ist, musste der KDL-Geschäftsführung bereits Ende März das Arbeitsgericht Regensburg in einer deutlich formulierten Entscheidung klarmachen.

Erzwingungsstreik geht trotz „informeller Gespräche“ weiter

Vor dem Hintergrund also, dass Atzler über das Wesentliche gar nicht reden will (oder auf Geheiß des UKR-Vorstands nicht reden darf) dürfte die mittlerweile anberaumte Gesprächsrunde eher kurz ausfallen.

Die eventuelle Hoffnung von UKR-Vorstand und KDL-Geschäftsführung, dass der mit erheblichen Auswirkungen für das Universitätsklinikum verbundene Erzwingungsstreik im Zuge der „informellen Gespräche“ ausgesetzt werden würde, erfüllt sich ebenfalls nicht. Nach Informationen unserer Redaktion werden die seit dem 2. Mai laufenden Streikmaßnahmen weiter fortgesetzt.

13,50 Euro brutto die Stunde

Wie mehrfach berichtet, war für die Reinigung am UKR zunächst das Regensburger Putz-Imperium Götz zuständig. 2006 wurde schließlich die KDL gegründet, die mehrheitlich dem Universitätsklinikum und damit dem Freistaat gehört, 49 Prozent gehören weiterhin Götz. Der Großteil der überwiegend weiblichen Beschäftigten hat Migrationshintergrund. Nach eigenen Angaben arbeiten 343 Menschen aus 80 Nationen bei der Service-GmbH KDL.

Bei 13,50 brutto die Stunde – der Lohn der KDL orientiert sich am Rahmentarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks, einen eigenen Tarifvertrag für die KDL-Beschäftigten gibt es nicht – bleiben im Monat bei Vollzeitbeschäftigung etwa 1.400 Euro netto.

Zulagen vor Gericht erstritten

Geringfügige Zulagen in einzelnen Bereichen (1,34 bis 1,55 Euro die Stunde) erstritten Gewerkschaft und Betriebsrat vor Gericht. Ansonsten beschränkt sich die Entlohnung auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum. Im Vergleich zum Tarifvertrag der Länder kann es je nach Beschäftigungsdauer Gehaltsunterschiede von bis zu knapp 50 Prozent oder 1.000 Euro monatlich geben.

Eine Eingliederung der Servicebeschäftigten bei der KDL in den Tarifvertrag der Länder würde das UKR laut einem internen Vorstandsprotokoll vom letzten November, das unserer Redaktion vorliegt, inklusive Tarifsteigerungen rund 2,4 Millionen Euro im Jahr kosten.

Das entspricht etwa 0,4 Prozent der Gesamtbetriebsleistung des vergangenen Jahres. Ausgelagerte Servicegesellschaften sind längst nicht an allen Kliniken in Bayern üblich. Unter anderem in Nürnberg, Main-Spessart, Fürth und Ingolstadt gilt für die Servicebeschäftigten der noch etwas bessere TVÖD.

Staatsregierung hält sich raus

Einschalten in diesen Tarifstreit, den es derzeit nicht nur in Regensburg, sondern auch in Erlangen und Würzburg gibt, könnte sich die bayerische Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern, allen voran das originär zuständige Wissenschaftsministerium unter Markus Blume (CSU). Doch dort stehen die Zeichen auf Nichteinmischung.


Kommentar

Uniklinikum Regensburg und der Streik: Jeden Anstand verloren


Wie eine Anfrage des CSU-Landtagsabgeordneten Patrick Grossmann (Sinzing) bei seiner Fraktion ergab, stellt man sich dort auf den Standpunkt, „dass der Staat in die Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite nicht involviert ist“. Es gelte die „verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie“. Die Entscheidung darüber, ob und wie Dienstleistungen ausgelagert würden, träfen „die Uniklinika als rechtlich selbständige Anstalten des öffentlichen Rechts in eigener Verantwortung“, heißt es.

„Feiges Wegducken“

Dieser Position widerspricht verdi-Gewerkschaftssekretär Sven Czekal. Die KDL GmbH sei kein Normalfall, sondern „eine eigens zur Kosten- und Steuereinsparung gegründete Tochterfirma des Uniklinikums Regensburg, das sich in Trägerschaft des Freistaates Bayern befindet“.

Es sei „faktisch einfach falsch“, wenn man behaupte, dass es sich bei den Leistungen der KDL um eine irgendwie eingekaufte Dienstleistung einer Fremdfirma handle. „Der Geschäftsführer der KDL ist offiziell Angestellter des UKR (Philipp Atzler ist Abteilungsleiter am UKR, die Geschäftsführung der KDL übernimmt er im Rahmen eines Minijobs. Anm. d. Red.), handelt und kommuniziert sogar im Namen seiner UKR-Mailadresse“, so Czekal.

Grundsatzentscheidungen über das UKR beträfen selbstverständlich auch die KDL, weil es sich um Themen handle, die in und durch die bayerische Landespolitik entschieden werden. „Sich mit diesem Verweis auf die Tarifautonomie einfach wegzuducken, wirft ein feiges und schlechtes Licht auf die bayerische Politik.“

Das Schweigen der Freien Wähler

Komplettes Wegducken ist übrigens bei den Freien Wählern angesagt. Der Kallmünzer Abgeordnete Landtagsabgeordnete Tobias Gotthardt, von Hubert Aiwanger als Staatssekretär eingesetzt, reagiert auf Anfragen zum Thema KDL und Uniklinikum nicht – im Gegensatz zu seinen CSU-Kollegen in der Regierungskoalition und den lokalen Abgeordneten der Fraktionen von SPD und Grünen.

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Kommentare (8)

  • Spartacus

    |

    Den „Chefs“ von heute fehlt auch jeder Anstand.
    Ich kann den Angestellten nur Nahe legen gesammelt krank zu machen und zu kündigen sollte sich in den nächsten Wochen nichts tun und den Unternehmen einen maximal großen finanziellen Schaden zu erzeugen.
    Arbeit gibt es genug so schäbig muss man sich nur hat mehr behandeln lassen.

  • Hthik

    |

    »„Sich mit diesem Verweis auf die Tarifautonomie einfach wegzuducken, wirft ein feiges und schlechtes Licht auf die bayerische Politik.“«

    Allerdings kein Unerwartetes.

    Anders etwa das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums von 2004

    “Als die Tarifautonomie erstritten wurde, ging es um den Schutz der Schwachen.
    Auch heute geht es um den Schutz der Schwachen. Das sind jetzt vor allem die
    Arbeitslosen und die von Arbeitslosigkeit Bedrohten. Dass sie nicht behindert
    werden, sich selbst zu helfen, ist die Basis aller Sozialpolitik.”

    Die böse Gewerkschaft hindert die Arbeitslosen an der Selbstausbeutung durch Löhne, die nicht zum Leben rechen. Diktatoren, die über anderer Leute So-was-ähnliches-wie-Leben bestimmen wollen, sind das. Das muss wahr sein, denn das sagen ja auch die Arbeitgeber.

    »”03. September 2021, 14:10 Uhr Berlin
    DB bedauert Entscheidung zu GDL-Streiks: „Tarif-Autonomie darf nicht zu Tarif-Diktat werden“«

    Erfolglos geklagt wurde da gegen die Tarifautonomie.

    “Die Deutsche Bahn AG (DB) bedauert die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts in Frankfurt zum Arbeitskampf der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Das Gericht hat heute in Zweiter Instanz den Antrag des Unternehmens auf einstweilige Verfügung gegen die GDL-Streiks abgewiesen.”

    “Das Schweigen der Freien Wähler”

    Nun, die CSU macht ihre Klausurtagung in Kloster Banz und die FW eben in einem Schweigekloster der Zisterzienser der strengeren Observanz. So oder ähnlich wird das sein, denn es ist völlig undenkbar dass der Anwalt er kleinen Leute, der Menschen, die wirklich arbeiten und damit das ganze Wirtschaft- und Staatswesen überhaupt am Laufen halten, da nicht seine Stimme erhebt. Die wirken ganz sicher im Verborgenen, denn hier geht es ja nicht um Lehrer, Journalisten, Theaterensembles oder anderen, die sich als angebliche intellektuelle Elite gebärden, aber eigentlich nur gut bezahlt ihren Hobbys nachgehen.

    Trotzdem alles Gute für die Gespräche. Vielleicht kommt ja doch ein wenig mehr raus, als nur. dass die Leitung behaupten kann, gesprächsbereit gewesen zu sein.

  • Daniela

    |

    Streikt und werdet laut, weil man Euch die Zukunft klaut!

    Gut eigentlich hat man von politisch zuständiger Ebene nicht viel erwartet… den Hubert wird der Markus schon zurück gepfiffen haben, schließlich ist der Blume der Frontmann… na und ob der Atzler was zum sagen hat?

    Tarifautonomie… ja dann streiken die KDLler ja völlig richtig vor dem und im UKR.

    Was auch immer “informelle Gespräche” in diesem Zusammenhang bedeuten, vielleicht wollen Atzler und Co. von der verdi erklärt bekommen, dass man bei 51% Firmenanteil UKR schon davon ausgehen kann, dass das UKR und damit der Freistaat schon irgendwie mit beteiligt sind.

    Eigentlich sollten die Herren Politiker CSU und FW des Freistaat Bayern vor Scham sonnenbrandartig erröten und augenblicklich im Boden versinken!

    …. aber die nächsten Wahlen kommen! Hoffe, dass dann die Bevölkerung soviel soziales und christliches Missengagement richtig würdigt.

  • Demo Verpasst

    |

    Demo schön und gut, aber wo steht eigentlich übersichtlich wo und wann und für oder gegen was eine genehmigte Demo in Regensburg oder Umkreis stattfindet. Ich möchte doch nicht zu spät bei ’meiner Demo‘ erscheinen.

  • da_Moartl

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    Es fällt auf, dass ausgerechnet drei Universitätskliniken – nämlich Regensburg, Würzburg und Erlangen – den Weg des Outsourcing gewählt haben, während alle genannten Kliniken, die im öffentlichen Tarif geblieben sind, KEINE Universitätskliniken sind. Mir ist nicht klar, ob es zwischen diesen beiden Details einen Zusammenhang gibt. Wenn aber doch, wäre es interessant, ob damit letztlich nicht ein Teil von Forschung und Lehre auf Kosten von Lohndumping durch Outsourcing “niederer Dienste” finanziert wird.

  • Mr.C

    |

    Wir haben heute auch wieder gestreikt am 31. Mai. Die Geschäftsleitung der KDL ist zu informellen Gesprächen bereit, aber keine Taeifverhandlungen. Zuständig ist für uns Verdi aber auch das wollen sie nicht wahr haben, obwohl es vom Arbeitsgericht und der IG Bau bestätigt wurde. Wir streiken jetzt die 4. Woche. Um hinterherzukommen haben sie jetzt eine Fremdfirma angestellt um mit den Müllbergen hinterherzukommen. Diese Firma haben wir heute einmal besucht um zu zeigen was wir davon halten, das sie als streikbrecher fungieren. Anstatt sich an den Verhandlungstisch zu setzen wird Steuergeld in die Hand genommen um diese Firma zu beschäftigen. Es ist beschämend wie sich unsere Geschäftsleitung verhält. Für uns ist angeblich kein Geld da, aber für diese Firma dann plötzlich doch. Unser Streik kostet dem UKR Geld. Diese Firma ist auch nicht billig.. Wir wollen fairen Lohn für faire Arbeit. Dafür streiken wir.

  • Hthik

    |

    @Demo Verpasst 30. Mai 2024 um 02:51

    Das Ordnungsamt ist in der Johann-Hösl-Straße 11, auch wenn mache Demoanmelder diese wohl lieber die Florian-Seid-Straße nennen wollen. Aber ob das hilft? Wenn eine Demo “gegen die Diktatur” ist, bin ich nominelle ja auch dafür. Also dafür, dass ich dagegen bin.

  • tom lehner

    |

    “Mei” sagt der Bayer, “Gwäld habtsn aa”.
    Soviel zum Thema Staatsregierung. Wer ernsthaft glaubt in CSU und FW in einem derartigen Streit Unterstützung zu finden glaubt auch an den Weihnachtsmann.
    Für die seit Ihr nur die “Niederen Dienste” wie “Da_Moartl” schon richtig erwähnt hat.
    Mit Euch verhandelt man nicht.

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drin