28 Jan2008
Stirbt der Fasching aus?
Der wohl leidenschaftlichste Maschkerer dürfte Ministerpräsident Günter Beckstein sein. Seine Kostümierung beim Fränkischen Fasching ringt selbst Faschingsmuffeln, Maskenbildnern und der SPD Respekt ab. Zählt er etwa zu einer aussterbenden Gattung? Denn, obwohl unsere Befragung nicht repräsentativ ist, scheint der Fasching nicht mehr den Stellenwert zu haben, den er einst hatte. Der einst so legendäre Schnupfer-Ball – die Leute rauften förmlich um Karten – ist Geschichte. Die echten Maschkerer trifft man in Regensburg fast nur noch auf dem Reiterfasching oder auf dem Jäger-Ball. Hoch her geht es nach wie vor auf den Uni-Bällen und beim Jazzer-Fasching.
Aber alles in allem ist die Feierei in Regensburg nur noch ein müder Abklatsch vergangener Faschingszeiten
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Am Aschermittwoch war der Chef früher tolerant
„Den richtigen Fasching gibt’s nimmer“, bedauert Schuhmacher Rudolf Soltau, „in meiner Jugend war am Faschingsdienstag die Maxstraße voll mit Maschkerern wie heute der Haidplatz beim Bürgerfest. Man ist maskiert in die Arbeit gegangen, die Chefs haben das toleriert und waren nachsichtig, wenn es am Aschermittwoch mit der Arbeit nicht so lief. Am ausgelassensten waren die Parties im Kuchlbauer an der Kolpingstraße, da ist am Weiberfasching immer was gegangen. Und heute? Fade und müde Bälle, steifes Tanzen und etepetete Büffet. Wer laut Radi Radi ruft, wird verwundert angeschaut! Ich habe das Gefühl, die Leute gehen zum Lachen in den Keller. Die Büttenreden, wenn ich die im Fernsehen verfolge, die waren früher auch viel spritziger und frecher, heute lass ich höchstens noch den Fränkischen Fasching gelten, den, wo der Beckstein immer hingeht. Selber gehe ich auf keinen Ball und zu keiner Faschingsfeier, leider, die urigen Spontan-Feten gibt es nicht mehr.“
„Mir reicht der Fasching meiner Kinder“, muss die Künstlerin und Designerin Margit Veit nicht lange überlegen, „aus der Kiste mit dem Kostümen ziehen sie jeden Tag ein anderes Gewand und verkleiden sich mit Wonne und Hingabe. Ich habe nichts dagegen, wenn man mich als Faschingsmuffel bezeichnet, heuer besuche ich keine Party, keine Feier, keinen Ball. Letztes Jahr im Heuport war ich auf dem Weiberfasching, das war allerdings toll! Bis 24 Uhr hatten Männer keinen Zutritt. Aber Heiterkeit und Frohsinn soll man sich grundsätzlich nicht vom Kalender vorschreiben lassen. Ich bin immer optimistisch und heiter, wurscht, ob gerade Rosenmontag oder Aschermittwoch ist.“
Johann Grundler haben wir nicht etwa als Kaminkehrer kostümiert auf dem Weg zu einer Faschingsparty aufgehalten, nein, er ist korrekt in seiner Montur unterwegs, um Kamine und Heizanlagen zu inspizieren. „Ich bin bekennender Faschingsmuffel“, gesteht er und weiter: „Ich mag es gar nicht, wenn ich auf Kommando lustig sein soll. Seit meiner Kindheit ist Fasching für mich definitiv kein Thema mehr. Keine Parties, keine Bälle, keine Kostümierung!“ Wenn er doch einmal gezwungen wäre, seine bessere Hälfte auf einen Faschingsball zu begleiten, würde er sich niemals als Kaminkehrer verkleiden. „Dienstkleidung kommt nicht Frage, das wäre phantasielos und brächte sicher nicht den Effekt, den Maskerade haben soll.“
Chris bezeichnet sich als „so ´ne Art Punkerin“ und von daher, so sagt sie, „ist für mich das ganze Jahr über Fasching“. Dieser ist als solcher aber kein Thema für sie. Auch für Missy nicht. „Höchstens dass wir mal auf eine Party gehen, wenn es sich gerade ergibt. Aber verkleiden – nein, das kommt gar nicht in Frage.“ „Schwarz ist unsere Farbe, als Clown oder gar Prinzessin kostümiert durch die Gegend laufen, schrecklich“, fügt Chris an, „aber gegen den Fasching haben wir nichts. Wer feiern will, soll feiern, wer sich das Gesicht bunt anmalen will – bitte, da sind wir tolerant. Dieses Verständnis soll man aber auch den Leuten gegenüber aufbringen, die mit Fasching nichts am Hut haben.“