Städtischer Denkmalschutz unterliegt im Solarstreit
Die Stadt Regensburg wird verpflichtet, die denkmalrechtliche Erlaubnis für 20 Solarmodule zu erteilen, die ein Ehepaar auf einem Anbau in der Ganghofersiedlung anbringen will.
Niederlage für die städtischen Denkmalschützer vor dem Verwaltungsgericht Regensburg. Wie berichtet, hatte ein Ehepaar geklagt, um 20 Solarmodule auf dem Anbau zu ihrem Häuschen in der Ganghofersiedlung anbringen zu können.
Zuvor hatte die Stadt Regensburg eine entsprechende denkmalrechtliche Erlaubnis verweigert. Zulässig seien lediglich 18, aber keine 20 Module, so ein Vertreter des Denkmalschutzes beim Gerichtstermin am Freitag.
Abwägung des Denkmalschutzes „inkonsistent“
Bereits im Verlauf der Verhandlung war absehbar, dass die Kammer gewisse Zweifel an der Begründung des Amts für Denkmalschutz hatte. Das städtische Amt begründete die Verweigerung der beiden Module mit einer Kombination aus Sichtbarkeit der Module von benachbarten Grundstücken aus einerseits und Substanzschutz andererseits.
Eine Abwägung, die der Rechtsanwalt des klagenden Ehepaars als „inkonsistent“ bewertet, auch vor dem Hintergrund, dass an anderer Stelle Module genehmigt worden waren, die von benachbarten Gebäuden einsehbar sind.
Dass der Vertreter des Denkmalschutzes selbst die vorgebrachte Argumentation seines Amts wohl für wenig überzeugend zu halten scheint, mag man daran ablesen, dass er beim Sitzungstermin einräumte, dass man über diese Regelung „schmunzeln“ könne, aber dass das nun mal so sei.
Angst vor Verlust des Denkmalcharakters
Die vom Denkmalschutz geforderte Begrenzung von Solarmodulen auf zwei Drittel der Dachfläche hatte es 2020 nicht in die Neufassung der Gestaltungssatzung für die Ganghofersiedlung geschafft. Hier wird lediglich die Höhe der Solaranlagen geregelt. Ungeachtet dessen hatte das Amt versucht, eine Begrenzung der Dachfläche zu erreichen.
Hintergrund all dessen ist offenbar die Befürchtung der Denkmalschützer, dass, so erklärte es der städtische Vertreter beim Sitzungstermin, der Denkmalcharakter der Ganghofersiedlung verloren gehe, „wenn das so weiter geht wie jetzt“ mit der Genehmigung von Solaranlagen.
Ein Einwand, der mit dem verhandelten Fall jedoch nichts zu tun hat und der die zweite Kammer des Verwaltungsgerichts ebenso wenig zu überzeugen vermochte, wie die anderen vorgebrachten Argumente.
Die Stadt Regensburg wird mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts verpflichtet, die denkmalrechtliche Erlaubnis für die beantragten 20 Solarmodule zu erteilen. Eine Berufung ließ die Kammer nicht zu.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels war die Rede davon, dass in der Ganghofersiedlung Solaranlagen genehmigt worden seien, die von öffentlichen Straßen einsehbar sind. Das ist laut Aussage der Stadt Regensburg nicht der Fall. Genehmigt worden seien Anlagen, die von benachbarten Gebäuden aus sichtbar seien. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
Sonnenanbeter
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Hoffentlich retten die 2 Solarmodule das Weltklima.
joey
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(Einigkeit und…) Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand. Das ist nicht von Ganghofer, aber auch überhaupt nicht von Göring. Man kann nur hoffen, daß sich mehr Regensburger verteidigen und nicht alles akzeptieren, was eine Obrigkeit befiehlt.
Übertreibung schadet der Ordnung mehr als jede Übertretung.
Nicht nur hier fehlt der Kompaß bei der Stadtverwaltung … und Politik. Längst hätte eine OB oder Stadträte eingreifen können. Deswegen gibts ja Demokratie: damit evtl. Willkür und Fachidiotie eine Verantwortlichkeit findet.
Mario
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Wenn man sich ansieht, welche Monstrositäten teilweise an die Häuschen angebaut wurden, frage ich mich, wo der Denkmalschutz bei Planung und Umsetzung war.
Im Vergleich dazu komm es auf die Paar Solarmodule sicher nicht mehr an.
HR
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Ein Statement gegen Beamten-Willkür.
Insbesondere gegen die Methode: hier ein bisschen weg, und da eine Einschränkung – zur Darstellung der Wichtigkeit der Behörde.
alphaville
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Als der Rechtsdezernten der Stadt noch unkündbarer Laufbahnbeamter auf Lebenszeit war, der seine Fachkompetenz im Egienen Hause bereits nachgewiesen hatte, (Dieter Baldauf), hat er dem Stadtrat gesagt, wie der Hase rechtlich zu laufen hat.
Da waren Satzungen noch klar und rechtssicher und nicht wie heute, politisch weichgespült und nur bedingt anwendbar.
Heute müssen alle Referenten/innen auf die Wiederwahl durch die Stadtratsmehrheit schielen.
Ob das in der Sache dienlich(er) ist?
Die Vielzahl verlorener Rechtstreitigkeiten der Stadt – siehe auch Schmack Berg etc. – könnte da durchaus Zweifel nähren.
Rade
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Neoliberale und Bauunternehmer dürfen jubilieren! Indem das Landesamt für Denkmalpflege (unter dem Söder treu ergebenen Generalkonservator) das Solarzellenverbot an den Baudenkmälern kippt, können die größten Hindernisse für ungehemmtes Ausschlachten von Bestandsbauten gegeneinander ausgespielt werden: Denkmalschutz und Umweltschutz. Ausbaden dürfen es die Denkmalschutzbehörden vor Ort, aber die sind günstige Sündenböcke, weil die sich eh zu oft schon mit Bauunternehmern angelegt haben und daher unbeliebt sind.
Jubilieren darf auch die CSU, die sich jetzt weiterhin davor drücken kann, effektive Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energiequellen zu ergreifen. Wenn das mit der Energiewende nichts wird, dann liegt es an den zwei Prozent Baudenkmälern! Und wenn nebenbei noch Zeugnisse der unbequemen braunen Vergangenheit von der Denkmalliste getilgt werden, können sich auch noch andere Kreise freuen.
Hartnäckig
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Stimme alphaville voll zu.
Das Instrumentarium mit den berufsm. Stadträten ist von Übel.
Surreal
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dazu fällt mir nur ein einziger wunderbarer bayerischer Ausdruck ein:
Tüpflscheißer (mittelbairisch nach http://www.dewiki.de)