22 Apr.2008
Stadtbau ignoriert Gesundheitsgefährdung! Experte: „Sofortiger Handlungsbedarf!“
„Es ist erstaunlich, dass sich noch niemand damit ernsthaft auseinandergesetzt hat. Der Vermieter hat seine Instandhaltungspflichten erkennbar vernachlässigt.“ Das ist die abschließende Bemerkung des Baubiologen Klaus Peter, nachdem er die Wohnung der Familie Hicheri vergangene Woche in Augenschein genommen hat. Der Diplomingenieur betreibt eine Baubiologische Beratungsstelle in Amberg und arbeitet mit dem renommierten „Institut für Baubiologie und Ökologie“ (IBN) in Neubeuern zusammen.
Im März berichteten wir über den Zustand der Wohnung der vierköpfigen Familie Hicheri. Die Fensterrahmen sind zum Teil durchgefault. An den Wänden der 70 Quadratmeter großen Wohnung in der Adalbert-Stifter-Straße bildet sich immer wieder Schimmel. Seit Jahren. Vermieterin ist die Stadtbau GmbH. Ein städtisches Unternehmen. Dort bleibt man tatenlos. Beschwerden des 31jährigen Hafez Hicheri – SPD-Stadtrats-Kandidat – blieben fruchtlos.
Den letzten Besuch eines Stadtbau-Mitarbeiters erhielt die Familie vor zwei Jahren. Hubert S. befand mit Blick auf marode Fensterrahmen und Schimmel: Alles in Ordnung. Er habe lediglich moniert, dass die Familie ein falsches Heiz- und Lüftverhalten an den Tag lege, so die einhellige Schilderung. Hubert S., den die Stadtbau mit der Begutachtung der Wohnung beauftragt hatte, ist von Beruf Bauzeichner.
„Hier besteht sofortiger Handlungsbedarf“, sagt hingegen ein Experte – Baubiologe Klaus Peter. Eine Gesundheitsbelastung für die Bewohner sei klar erkennbar. „Der Vermieter kann sich nicht auf Fehler der Mieter beim Heizen und Lüften berufen.” Sanierung ist Vermieter-Sache.
Gestützt wird Peters Aussage durch eine offizielle Stellungnahme des Bundesumweltamtes zum Thema Schimmel: „Rascher Handlungsbedarf besteht bei oberflächlich bereits mit bloßem Auge deutlich erkennbarem Schimmelbefall.“ Den Schimmel an der Oberfläche entfernt die Familie alle paar Wochen. Unter der Oberfläche wuchert der Pilz weiter. Klaus Peter: „Es wundert mich, dass die Mieter das so lange aushalten. Ein Behaglichkeitsgefühl kann hier nicht entstehen. Es riecht erkennbar modrig.“
Der Bausachverständige Rudolf Oreskovich, mit dem regensburg-digital.de die Wohnung ebenfalls besucht, bezweifelt, dass adäquates Heizen und Lüften dort überhaupt möglich sind. „Diese Wohnung ist in keinem funktionstüchtigen Zustand“, so seine zentrale Aussage. Die einzige Heizquelle ist ein Ölofen mit einer Leistung von 5,5 Kilowatt. Für eine 70-Quadratmeter-Wohnung sei eine Leistung von wenigstens acht Kilowatt notwendig. Im Badezimmer gibt es keine Heizung. Das Badfenster ist verfault, zu 100 Prozent mit Wasser gesättigt und tauge längst nicht mehr dazu – ebenso wie alle übrigen Fenster in der Wohnung – Schlagregen abzuhalten. Feuchtigkeit dringt von außen in die Wohnung ein.
Klaus Peter teilt die Einschätzung von Oreskovich: „Für jeden Raum wäre eine Heizquelle notwendig, um die Wände ausreichend aufzuheizen. In den kalten Ecken kondensiert das Wasser und es bildet sich Schimmel. Mehr Heizen hilft bei derart undichten Fenstern nur bedingt.”
Es ist nicht das erste Mal, dass externe Stellen die Stadtbau zum Handeln auffordern. Im September 2007 erhielt die städtische Tochtergesellschaft ein Schreiben des Hausarztes der Familie Hicheri, zusammen mit Messdaten über die Schimmelbildung in der Wohnung. Der Vater von Hafez, Otman Hicheri, litt seit Jahren an einer schweren Lungenkrankheit. Sei Hausarzt schrieb dazu im September 2007: „Notwendig ist eine sofortige Beendigung des Kontaktes mit Schimmel. Sollte dies durch eine rasche Sanierung der Wohnung nicht möglich sein, wird ein Wohnungswechsel dringend notwendig.“ Die Familie erhielt – als sie das Attest bei der Stadtbau vorlegte – eine Empfangsbestätigung. Der dringenden Bitte nach einer Sanierung oder einer Ersatzwohnung kam der zuständige Mitarbeiter Rüdiger H. nicht nach und wurde stattdessen pampig. Otman Hicheri starb im Oktober. Bis heute lebt sein Sohn Hafez mit seinen beiden Schwestern und der Mutter in ein- und derselben Wohnung. Die Mutter leidet an Asthma. Ein Krankheitsbild, auf das auch das Bundesumweltamt in Zusammenhang mit Schimmel ausdrücklich hinweist. Eine Tatsache, die bei der Stadtbau bislang niemanden dazu bewogen hat, sich in irgendeiner Form mit dem Thema auseinanderzusetzen. Einer Bitte um Stellungnahme durch unsere Zeitung ist das Tochterunternehmen der Stadt Regensburg, bei dem derzeit der 57jährige Klaus Nickelkoppe die Geschäfte führt, bis Redaktionsschluss nicht nachgekommen.
Am 7. Mai findet die erste Sitzung des Aufsichtsrats der Stadtbau GmbH statt. Das mit Stadträten besetzte Kontrollorgan hat nun neben der nach wie vor nicht zur Gänze geklärten Bestechungsaffäre und der vom Rechnungsausschuss kritisierten Vergabepraxis von Sanierungsaufträgen ein weiteres Thema, mit dem es sich auseinandersetzen muss: Zwischen 300 und 400 Wohnungen der Stadtbau sind bislang noch nicht saniert. Verfährt man mit den Beschwerden anderer Mieter ähnlich wie bei den Hicheris und spielt mit deren Gesundheit?
Beate
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Erschütternd!
Wenn das alles so stimmt, dann frage ich mich, warum hier nicht längst die Staatsanwaltschaft tätig wurde. Schließlich gibt es ja auch so etwas wie “Körperverletzung (mit Todesfolge) durch Unterlassen”. Oder ist das hier etwas anderes wie wenn Eltern ihre Kinder vernachlässigen, bis diese verhungern und verdursten?
Daniela Camin - Heckl
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Nun haben also doch die Herren J. Bender und Herr J. Förster geirrt, zumindest bei diesem Fall. Siehe auch deren Argumentation vom 24.03.08 – 27.03.08. )Artikel: Familie klagt an: “Stadtbau …”) Na hoffentlich kommt die Stadtbau jetzt mal hoch! Zeit wird`s. Und den zukünftigen Herren und Damen Stadträten, die künftig im Aufsichtsrat der Stadtbau sitzen, zzgl. des Herrn OB als Aufsichtsratsvorsitzenden, sei gesagt, man kann nicht immer (überteuerte) Grundstücke kaufen, ab und zu muss man auch mal Geld für Sanierungen ausgeben. Und bevor ich es vergesse, das Geld zur Sanierung aber nicht beschaffen, indem man Wohnungen vorzeitig aus der Sozialbindung holt, damit man eher die Mieten anheben kann. Die Stadtbau hat als 100% Beteilgunggesellschaft der Stadt Regensburg eine verpflichtende Aufgabe! Siehe auch Handelsregisterauszug.