Stadt vergeigt Smart City-Ausschreibung
Mit Ausgaben von 17 Millionen Euro will Regensburg in den nächsten fünf Jahren den Weg zur Smart City beschreiten. Doch eine erste Ausschreibung, über die die als zentral erachtete Bürgerbeteiligung gemanagt und begleitet werden sollte, musste die Stadt kürzlich zurückziehen. Man habe „das falsche Verfahren“ gewählt, heißt es.
Es ist ein ambitioniertes Projekt, für das der Bund der Stadt Regensburg einen zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung stellt. REGENSBURG_NEXT lautet der Name des 17 Millionen Euro schweren Programms, in dessen Rahmen Regensburg innerhalb der nächsten fünf Jahre zur „Smart City“ transformiert werden soll – zumindest ein Stück weit. Das Bundesinnenministerium übernimmt dabei 65 Prozent der Gesamtkosten.
Ausgegebenes Ziel: Soziale Gestaltung nur mit Bürgerbeteiligung
Für die meisten Regensburgerinnen und Regensburger dürfte der Begriff „Smart City“ bislang ziemlich vage und inhaltsleer klingen. Eine achtseitige Rahmenstrategie, die im April 2020, damals noch unter Ägide von Bürgermeister Jürgen Huber beschlossen wurde, strotzt vor Allgemeinplätzen, inhaltsleeren Begriffen und Floskeln („Smart sein bedeutet klug sein.“) und trägt eher zur Verwirrung denn zur Erhellung bei. Doch was nicht ist, soll ja erst werden.
Und als Wirtschaftsreferent Georg Stephan Barfuß im vergangenen September bei einer Pressekonferenz über den Zuschlag für das Förderprogramm informierte, hatten er und seine Mitarbeiterin Franziska Meier nicht nur fünf konkrete Projekte im Gepäck, sondern betonten auch, dass die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger, das Zusammenspiel mit ihnen bei diesem Transformationsprozess unabdingbare Basis sein müsse. „Nur dann kann das Ganze auch sozial gestaltet werden“, so Meier damals. Partizipation – Beteiligung – lautet das Zauberwort.
Neben den fünf Leuchtturmprojekten – Co-Creative-Lab, Smart Move, Virtuelles Welterbe, Neue Horizonte Altstadt und Digitaler Zwilling eines Wohnquartiers (mehr zu den einzelnen Projekten in unserem Bericht vom September 2021) – sollte vor allem eine aussagekräftige Smart City-Strategie für Regensburg entwickelt werden. Zwingende Voraussetzung dabei: Die Strategie sollte „in einem offenen und partizipativen Verfahren vor Ort erarbeitet“ werden und dabei „innovative Formen der Zusammenarbeit innerhalb der Kommune und mit externen Beteiligten“ nutzen. Auch, um der Stadtgesellschaft das Konzept Smart City näherzubringen und es gemeinsam mit ihnen mit Leben zu füllen.
„Die falsche Verfahrensart gewählt“
Doch genau diese geforderte Einbindung der Regensburgerinnen und Regensburger bleibt bislang auf der Strecke. Eine entsprechende öffentliche Ausschreibung, bei der – acht Monate nach besagter Pressekonferenz – ein Dienstleister gefunden werden sollte, um die Strategiephase, „Phase A“ genannt, zu begleiten und, so das wesentliche Ziel zu erreichen, „von den zentralen Stakeholdern, insbesondere aus der Stadtverwaltung, dem Stadtkonzern, der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik und aus der Stadtgesellschaft gemeinschaftlich“ eine Smart City-Strategie entwickeln zu lassen, musste die Stadt Mitte April zurückziehen.
Man habe „die falsche Verfahrensart gewählt“, heißt es in der knappen Mitteilung an beteiligte Anbieter, derzufolge die Ausschreibung für eine „Durchführungsunterstützung zur Entwicklung der Smart City Strategie der Stadt Regensburg“ am 19. April aufgehoben worden sei.
Dabei war die Zeit für diese Phase A – Projektvolumen 2,2 Millionen Euro, davon etwa eine Viertelmillion für die externen Berater – ohnehin knapp bemessen: Geplant war laut erster Ausschreibung, den Auftrag im Mai zu vergeben, dann mit „Workshopreihen“ zu den fünf Leuchtturmprojekten und dem Strategieprozess zu beginnen und spätestens Ende Juni erste Konzeptpapiere vorzulegen. Dann sollten erneut Workshops folgen, um das Ganze abzuschließen. Bereits im vierten Quartal 2022 sollten dem Stadtrat konkrete Ergebnisse zum Beschluss vorgelegt werden – besagtes „gut strukturiertes, gut lesbares und allgemeinverständliches“ Strategiepapier. Laut Fördergeber, also dem Bundesinnenministerium, sollte Phase A bis zum Dezember abgeschlossen sein.
Was bleibt von der „partizipativ entwickelten Gesamtstrategie“?
Dieser ambitionierte Zeitplan wird sich nun entweder deutlich nach hinten verschieben oder aber erheblich straffen, womöglich auf Kosten der vom Bundesinnenministerium geforderten und allseits als notwendig bekundeten breiten und intensiven Einbindung der Stadtgesellschaft. Laut der neue Ausschreibung („Verhandlungsvergabe nach öffentl. Teilnahmewettbewerb“), die nun seit dem 26. April läuft, ist zwar eine einmalige Verlängerung der „Strategiephase“ um sechs Monate möglich, allerdings bedürfe dies „jedoch einer Einzelfallentscheidung und der Genehmigung durch den Fördergeber“, heißt es in den Ausschreibungsunterlagen. Und: „Die Stadt Regensburg wird für die Verlängerung der Phase A um 6 Monate zeitnah einen Antrag stellen. Mit einer Genehmigung ist jedoch erst nach Beauftragung dieser Leistung zu rechnen. Dementsprechend wird vom Bieter die hierfür notwendige Offenheit und Flexibilität gefordert.“
Im Anschluss an die Strategiephase folgt übrigens Phase B, auf vier Jahre angelegt und 14,8 Millionen Euro schwer. „Als Vorbedingung dafür ist die partizipativ entwickelte Gesamtstrategie für die Smart City Regensburg vorzulegen“, heißt es dazu in den Ausschreibungsunterlagen.
Engerer Zeitrahmen für Bürgerbeteiligung…
Eine Gefährdung des Förderprogramms insgesamt besteht laut Aussage der Stadt Regensburg trotz alledem nicht. Das „interdisziplinäre Projektteam“ innerhalb der Stadtverwaltung arbeite bereits ohne externe Unterstützung an der Umsetzung der Maßnahmen. Eine Ausschreibung für das Projekt „Smart Move“, hier geht es um den Einsatz von digitaler Technik zur Mobilitätsplanung, etwa beim Winterdienst, sei bereits erfolgt – Projektvolumen etwa 200.000 Euro. „Weitere Ausschreibungen sind bereits in Vorbereitung.“
Für den zentralen Punkt von Phase A aber, der breiten Einbindung der Stadtgesellschaft bei der Entwicklung der Smart City-Strategie und bei den Leuchtturmprojekten, zu denen auch „Smart Move“ gehört, stehe der Stadt ein externer Dienstleister zur Unterstützung aber erst zu einem „späteren Zeitpunkt“ zur Verfügung. „Das bedeutet natürlich, dass die Bearbeitung einen engeren Zeitrahmen hat“ – und dass die als so zentral erachtete Bürgerbeteiligung und der damit verbundene soziale Aspekt wohl einen deutlich geringeren Stellenwert haben könnte, als allfällig kommuniziert.
Jonas Wiehr
| #
Da hat der Herr Wirtschaftsreferent vielleicht ein bisschen zu viel mit der Jahn-Jugend trainiert als seine Hausaufgaben zu machen