Stadt darf Grundstücksbewerber ausschließen
Ein Regensburger Unternehmer klagte vor dem Verwaltungsgericht, weil er von der Stadt Regensburg vom Vergabeverfahren für ein vergünstigtes Grundstück in Burgweinting ausgeschlossen wurde. Das Gericht wies die Klage ab.
An wen vergibt die Stadt Regensburg Grundstücke? Und an wen nicht? Mit diesen Fragen hat sich am Mittwoch das Verwaltungsgericht Regensburg befasst. Im konkreten Fall geht es um ein Baugrundstück im Burgweintinger Neubaugebiet Nordwest III. Ein Regensburger Unternehmer hatte sich mit seiner Ehefrau um eine der 30 Parzellen beworben, um dort ein Eigenheim zu errichten – so wie rund 190 weitere Paare.
Punktesystem für „Sozialmodell“
Für das Vergabeverfahren beschloss der Grundstücksausschuss des Stadtrats Ende Februar 2019 Richtlinien. Auf deren Basis werden die Interessentinnen und Interessenten nach bestimmten Kriterien bewertet. Dieses Punktesystem soll dafür sorgen, dass „junge Familien mit mittlerem Einkommen“ bevorzugt an die günstigen städtischen Grundstücke kommen.
Dieses „Sozialmodell“, wie es Josef-Alexander Lappiotta vom städtischen Rechtsamt nennt, soll verhindern, dass sich zunächst Bauträger die Flächen sichern und diese dann mit ordentlichem Aufpreis weiterveräußern. In der Vergangenheit war dies teilweise der Fall (siehe hier).
Klage erfolglos
Weil die Stadt die Bewerbung von Markus S. aber bereits vor der eigentlichen Punktevergabe aussortierte, klagte er. Eigentlich hätte die Familie S. eine hohe Punktzahl erzielen können, so der Kläger. Der vierfache Vater ist der Ansicht, dass ihm ein Schaden entstanden sei, sollte er rechtswidrig vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden sein. Die Familie habe in den vergangenen zwei Jahren „unnötigerweise“ Miete zahlen müssen und müsse auf Preissteigerungen, die es bei dem Grundstück über die Jahre und gegeben hätte, verzichten. Nun habe sie sich ein Anwesen in Neutraubling gekauft.
Obwohl dadurch aktuell kein Bedarf mehr an der Burgweintinger Parzelle besteht und der Sachverhalt damit zunächst erledigt ist, möchte S. an der Klage im Sinne einer Fortsetzungsfeststellungsklage festhalten. Bei Erfolg wolle man gegen die Stadt auf Schadenersatz klagen, so Klägervertreter Dr. Matthias Ruckdäschel. Doch das Verwaltungsgericht spielt hier nicht mit und weist die Klage ab.
Strikte Ausschlusskriterien
Aber warum hat die Stadt S. gar nicht ins Punktevergabeverfahren aufgenommen? Lappiotta und Eva Wild (Liegenschaftsamt) führen hier ihren Ermessensspielraum ins Feld. Der Vorsitzende der 3. Kammer Markus Eichenseher verweist dabei besonders auf drei Ausschlusskriterien, die S. im Ablehnungsbescheid genannt wurden: Höhe des Einkommens, Verfügbarkeit von selbst zu beziehendem Wohneigentum und Veräußerungsbereitschaft. All dies habe die Stadt zu Ungunsten des Unternehmers ausgelegt.
Der Kläger überschreite die Einkommensobergrenze um das Vierfache, so Lappiotta. Außerdem habe die Familie Grundbesitz und Wohneigentum in Regensburg. Letzteres sei allerdings für die Familie nicht nutzbar, da es mit einem Nießbrauchrecht seiner Eltern belegt sei, erwidert S. Außerdem – der dritte Ausschlussgrund, den die Stadt anführt – habe die Ehefrau Claudia S. anteilig ein Wohneigentum in der Nähe von Heilbronn, das sie nicht verkaufen möchte.
Bewerber müssen Wohneigentum verkaufen
Neben Angaben zu Einkommen oder Vermögen, die für das Ranking entscheidend sind, verlangen die städtischen Richtlinien von den Bewerberinnen und Bewerbern auch noch mehr, sollte ein Kaufvertrag zustande kommen.
So verpflichten sich die künftigen Eigenheimbesitzer im Baugebiet Burgweinting Nordwest III unter anderem dazu, binnen zwei Jahren ein Haus zu bauen und dort mindestens acht Jahre zu wohnen. Auch müssen sie vorhandenes Wohneigentum veräußern.
Anwalt sieht Verstoß gegen das Grundgesetz
Für Anwalt Ruckdäschel ist der letzte Punkt nicht nachvollziehbar. Warum man nicht etwa auch Aktien oder Schmuck verkaufen müsse, sondern lediglich Immobilien? Für ihn stelle sich das als Ungleichbehandlung von Eigentum dar. Er sieht sogar eine Verletzung des Art. 14 Grundgesetz. Diese Veräußerungspflicht sei „durch nichts gerechtfertigt,“ so der Klägervertreter.
Die durch solche Kriterien regulierte Grundstücksvergabe, so der Beklagtenvertreter Lappiotta, soll „der Wohnraumversorgung von jungen Familien dienen“ und damit „preisdämpfend auf den Immobilienmarkt einwirken“. Diese städtischen Grundstücke seien so dem freien Wohnmarkt entzogen und würden deutlich vergünstigt vergeben.
Die Argumente der Kläger überzeugen das Verwaltungsgericht letztlich nicht. Die Klage wird abgewiesen. Aus welchen Gründen, will das Gericht auf Nachfrage noch nicht im Detail mitteilen. Ob der Kläger etwa kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe oder die Stadt inhaltlich Recht bekommen hat, bleibt damit zunächst offen. Die Entscheidung müsse den Beteiligten erst noch zugestellt werden, so ein Sprecher.
Mr. T.
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Warum soll jemand, der ausreichend Wohnraum hat, noch Anspruch auf vergünstigten Wohnraum haben?
Das sind die Leute, die für eine dritte Niere auf der Transplantationsliste stehen. Klagt er jetzt auch noch auf Zugang zur Tafel?
Nico
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Ich verstehe es nicht, das hier jemand im Vorfeld vom Verfahren ausgeschlossen wird. Großfamilie, Unternehmer in R mit vermutlich etlichen Arbeitsplätzen. Es wäre auch unsozial sein Haus ( und de facto damit seine Eltern mit Niesbrauch) zu verkaufen. Was hat überhaupt ein Hausanteil in einem anderen Bundesland damit zutun?
Wieso kann überhaupt im Vorfeld zum Punktevergabeverfahren einen ‚Ermessensspielraum ins Feld’ führen?
Alfons
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Zusammengefasst für Nico. Bestimmte Voraussetzungen nicht gegeben, z.B. zu hohes Einkommen, dann kommst du nicht rein, ins Punktevergabesystem. Dieses macht Sinn wenn mehr Bewerber die Voraussetzungen erfüllen als Grundstücke vorhanden sind. Da die Stadt damit gerechnet hat, mehr Bewerber mit Erfüllung der Voraussetzungen als Grundstücke – Punktesystem. Unser Unternehmer will trotz nicht gegebener Voraussetzungen vergünstigten Wohnraum. Was die Arbeitsplätze in der Argumentation von Nico für eine Rolle spielen??? Anscheinend soll man mehr Ansprüch haben dürfen, wenn man andere für sich arbeiten lässt, als wenn man selber durch Arbeit seine Existenz sichern muss.
Pech Marie
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Anbei ein ‚Vergabeverfahren‘ für Harting, vermutlich in B. ähnlich .
https://www.regensburg.de/fm/121/la-baugebiet-heckstegstrasse-vergabekriterien-c-stadt-regensburg.pdf
Mr. B.
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Zu Pech Marie:
Stadt Regensburg: Vergabeverfahren und Verkaufspreis unter III. 1.
…”Für das Vergabeverfahren und zur Festlegung des Verkaufspreises ist der Stadtrat zuständig”….
Meine Frage: Hat sich jetzt nach den Korruptionsprozessen, betreffend der letzten 20 Jahre, bei unserer nördlichsten Stadt Italiens doch etwas geändert? Aus der Berichterstattung zu den Prozessen war doch bekannt geworden, dass zu diesem Zeitraum die Vergabe von ganz oben eher diktatorisch geschehen ist (kleiner Kaufpreis für die Immo- Haie mit großem Gewinn und große Spenden an “bedürftige Politiker” von CSU und SPD)?
Soweit ich weiß, haben sich einige Haie auch unter anderem Namen bereits auf das Land zurückgezogen?
Vielleicht bekomme ich hierzu Antwort aus dem Stadtrat und ich sehe einen Sinn, wieder einmal hier zu einer nicht sinnlosen Wahl gehen zu können, wo es nicht mehr wurscht ist, wen man wählt, weil alle das “Gleiche” machen?