Social-Media-Gedöns einer Regensburger Stadträtin: Ganz schwach, Frau Dechant!
CSU-Stadträtin Bernadette Dechant schafft es in einem Facebook-Post, sich sowohl im Ton wie auch bei Inhalt und sprachlich zu verhauen – und das zunächst auch noch zu verteidigen. Eine knappe Woche später löscht sie kommentarlos.
„Die ganze Republik ist entsetzt von unseren Zuständen am Regensburger Bahnhof und unsere Oberbürgermeisterin schmiedet Karrierepläne. Quo vadis Ratisbonensis????“
Hat Bernadette Dechant diesen Facebook-Post, versehen mit einer Kurzmeldung zu einem Besuch der Oberbürgermeisterin im Presseclub, nun gelöscht, weil ihr das falsche Latein peinlich war? Weil sie eingesehen hat, dass das, was sie da von sich gegeben hat, „nicht in Ordnung“ war – mal ganz vorsichtig ausgedrückt? Weil sie in sich gegangen ist und festgestellt hat, dass man nicht nur Überschriften zu Veranstaltungen lesen sollte, bei denen man nicht dabei war, sondern zumindest den ganzen Text, ehe man dazu irgendetwas schreibt?
Haben Parteifreunde aus der CSU-Fraktion im Regensburger Stadtrat ein wenig Druck gemacht? Hat sie es aus Koalitionsräson getan? Hat sie im Nachhinein einen der Zeitungsartikel gelesen, die schon Tage vor Dechants Post erschienen waren, und gemerkt, dass das, was sie da in den Raum stellt, mit der Realität nicht in Einklang zu bringen ist? Oder war ihr die Debatte darum einfach zu blöd?
Liest Frau Dechant nur Überschriften?
Was Dechant eine knappe Woche nach Veröffentlichung dieses Textes zu diesem Schritt – der klammheimlichen Löschung – bewogen hat, nachdem sie ihre Äußerungen zuvor noch hartnäckig verteidigt und eine Entschuldigung abgelehnt hatte, weiß man nicht so genau. Auf mehrere Nachfragen in dieser Woche reagiert sie nicht.
Fest steht: Bei dem Termin im Presseclub, am Donnerstag vor zwei Wochen, hatte Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer sich ausführlich zu den Zuständen am Regensburger Hauptbahnhof geäußert. Auf Nachfrage hatte sie – irgendwann gegen Schluss – zudem erklärt, bei der nächsten Kommunalwahl wieder antreten zu wollen.
Das konnte man, selbst wenn man nicht vor Ort war, beispielsweise einem ausführlichen Bericht entnehmen, der tags darauf in der Regensburger Zeitung erschienen ist und das Thema sogar in die Schlagzeile nimmt. Das konnte man aber sogar der einen Tag später erschienenen kurzen Mitteilung auf der Seite des Presseclubs entnehmen, deren Überschrift („Bei der nächsten Wahl bin ich wieder dabei“) Dechant als Aufhänger für ihr Facebook-Posting genommen hat. Ob sie nur die Überschrift gelesen hat oder auch die darauffolgenden sieben Sätze, ist nicht bekannt.
Weiß Frau Dechant, dass sie Teil der Regierungskoalition ist?
Nun könnte man einige kritische Anmerkungen dazu machen, was man davon hält, dass Maltz-Schwarzfischer noch einmal als OB-Kandidatin antreten will. Oder auch dazu, was die Spitze der Stadt Regensburg mit Blick auf die Zustände am Regensburger Hauptbahnhof unternimmt, nicht unternimmt oder unternehmen sollte. Das könnte man durchaus.
Bei Stadtspitze wäre Bernadette Dechant als bis vor kurzem stellvertretende Fraktionsvorsitzende der mitregierenden CSU, als Mitglied im wichtigen Planungsausschuss und generell als Stadträtin, die sich gern zu Wort meldet, nicht ganz ohne Einfluss. Ein Einfluss, den sie gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern auch immer mal gern hervorkehrt, wenn es um Themen im Stadtosten geht.
Ein Einfluss aber, mit dem Bernadette Dechant in Sachen Bahnhof, abseits von Social Media-Gedöns, bislang nicht auffällig geworden ist.
Beim zentralen Busbahnhof geht nichts voran – mit der Stimme von Frau Dechant
Der Verschiebung der Pläne für den Zentralen Omnibusbahnhof direkt beim Hauptbahnhof aus Kostengründen im Haushalt um fünf Jahre, wohl eher auf den St.-Nimmerleinstag, stimmte Dechant als Mitglied der Regierungskoalition widerspruchslos zu. Damit einher ging auch eine Verschiebung der Pläne für die Aufwertung des gesamten Areals, das derzeit eben so aussieht wie kurzfristig gedachte Übergangslösungen aussehen. Und auch dürfte seinen Anteil an der momentanen Situation haben.
Es ist auch nicht bekannt, dass Dechant als Mitglied des dafür zuständigen Planungsausschusses Druck gemacht hätte, um die vom Planungsreferat letzten Mai versprochenen Verbesserungen für die Übergangszeit voranzutreiben.
Nein. Dechants Engagement beschränkt sich in punkto Hauptbahnhof bislang darauf, auf Facebook Postings von CSU-Bürgermeisterin Astrid Freudenstein zu teilen, die sich eine Verbesserung der Sicherheitslage durch eine erneute Durchfahrt für den Pkw-Verkehr erhofft. Letzteres, die erneute Durchfahrt, ist eine CSU-Forderung entgegen der Koalitionslinie, der man aber – das bleibt gelegentlich unerwähnt – letzten März zugestimmt hat. Wenn auch widerwillig.
Im Spannungsfeld zwischen Debattenbeitrag und Bullshit
Das Freudenstein-Posting hat mittlerweile ein paar lustige Memes hervorgebracht – dazu, wo man noch überall durch Freigabe für den Autoverkehr für Sicherheit sorgen könnte. Doch das nur am Rande.
Derlei (auf Facebook von einiger Zustimmung begleitete) Forderungen wie jene von Freudenstein mag man zwar, wie aktuell die Fraktion der Grünen, als kaum sachdienliche Vermischung der Themen Verkehrsführung beim Bahnhofsvorplatz einerseits und Sicherheit in der Fürst-Anselm-Allee andererseits sehen, als wenig konstruktive „Stimmungsmache“, mit der die CSU ihre Doppelrolle als Regierung und Opposition gleichzeitig pflegt.
Sie bewegen sich aber noch im Rahmen der Debatte ums Thema. Man kann dafür sein. Dagegen. Ein bisschen polemisieren. Kritisieren. Es geht aber zumindest um die Sache.
Dechants Posting: Persönlich, falsch, dumm
Darum geht es in Dechants Posting zum Auftritt der Oberbürgermeisterin im Presseclub nicht. Dechant vermittelt den Eindruck, die OB habe zu dem Thema Hauptbahnhof nichts gesagt, kümmere sich generell nicht und beschäftige sich nur mit ihrer Karriere.
Dechant heizt damit eine ohnehin im Entgleisen begriffene Debatte mit einer offenkundigen Falschbehauptung unnötig an – gerade, um in der Diktion Dechants zu bleiben, „in der ganzen Republik“, wo man die lokalen Gegebenheiten eben nicht kennt und wo Dinge gerne aus dem Kontext gerissen werden.
Was Dechant da verbreitet ist in der Stoßrichtung persönlich, in der Sache falsch und in der Formulierung dumm. Dechant hat es – das muss man erst einmal hinkriegen – geschafft, sich in Inhalt, Tonalität und Sprache gleichzeitig zu verhauen.
Löschen und schweigen
SPD-Fraktionschef Thomas Burger bezeichnet die Aussagen der Koalitionspartnerin in einer Mitteilung vom Montag als „unsachlich, verleumderisch und verunglimpfend“. Und auch CSU-Fraktionschef Michael Lehner scheint keine große Lust zu verspüren, sich für seine Parteifreundin in die Bresche zu werfen, wenn er sagt: „Es ist nicht meine Aufgabe private Meinungsäußerungen von Frau Dechant zu kommentieren.“
Man könne „in einer emotionalen Erregungsphase übers Ziel hinaus“ schießen oder sich im Ton vergreifen, meint Burger. „Dies kann man grundsätzlich im Nachgang abmildern oder sogar heilen, wenn man sich korrigiert oder entschuldigt.“ Mit alledem hat er recht.
Dass Dechant, es nicht für nötig erachtet, ein entschuldigendes Wort dazu zu sagen, ist schwach oder, um sich auf ihr Niveau zu begeben: Quo vadis, pecudisinensis?
Rufus
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Mei um was gehts jetzt da wieder?
Dass immer schnell mal unangebrachte posts gesendet werden, weiß jeder. Da sind in manchen Minuten halt auch Stadträt/innen nicht gefeit. Wenn plötzlich Gedanken in die Zügel schießen, die man schon länger loswerden wollte….. Halt wieder blöd gelaufen.
Mein Bahnhofseindruck bisher hat sich seit Jahrzehnten nicht geändert. Bleibt immer gleich, ist halt ein Bahnhofsvorplatz. Sich darüber so lange zu beschäftigen, mit dieser Inbrunst, ist schon etwas merkwürdig. Bitte bitte, es gibt mittlerweile soviele neue Probleme auf der Welt. Die müssten die Gedanken der Menschen eigentlich voll auslasten. Aber Bahnhofsplätze, häh?
Und was die Absichten von Frau OB anbelangt, warum sollte sie denn nicht wieder antreten?
hartl Norbert
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Über die Gesamtsituation am Hauptbahnhof sollten die Verantwortlichen im Stadtrat sich auseinandersetzen, statt nichtssagende Aussagen übereinander zu führen. Dies gilt sowohl für die Lateinspezialistin Dechant als auch für die anderen Koalitionspartner.
Sie sollten sich fragen, warum werden Millionen in eine Stadtbahnplanung gesteckt, ohne eine wichtige Voraussetzung für eine Verbesserung des ÖPNV, die Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes und die Anbindung der Galgenbergbrücke an die Gleise endlich in Angriff zu nehmen. Planen ist aber einfacher als realisieren. Richtig ist auch, dass Regensburgs Bahnhofsvorplatz nicht gerade als schön zu bezeichnen ist, man könnte sagen, er ist hässlich. Kaputte Fahrräder liegen seit Jahren im Park und vor dem Bahnhof. Diesen Zustand habe ich schon zweimal bei der Oberbürgermeisterin reklamiert, es interessiert aber offensichtlich niemanden im Stadtrat und Verwaltung. Die Straßensperren tragen auch nicht zur Verschönerung bei. Fazit: In einem solch schmuddeliges Umfeld erhöht sich die Kriminalitätsrate. Es gäbe viele Möglichkeiten das Umfeld am Hauptbahnhof schöner und sicherer zu gestalten. Dies würde aber Arbeit bedeuten.
Norbert Hartl
Christian
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Was genau ist der Vorwurf an Frau Dechant nun? Dass sie in der politischen Auseinandersetzung vielleicht etwas populistisch zu Werke geht? Dass sie Teil der Koalition ist und gegen den Koalitionspartner “schießt”? Wirklich? Kommt ja nur in Regensburg vor und wird auch nur von Frau Dechant gemacht. Ich halte die Entrüstung für extrem lächerlich. Es vergehen keine 3 Tage an dem sich die Mitglieder der Bundesregierung nicht gegenseitig “anschießen” und anzählen und hier tut man so als wär dieser lächerliche Post ein Pionierstück das es noch nie gab?
Was war denn falsch? Das Latein! :-) Okay mit zurückhaltender Beurteilung kann man zustimmen dass sich Frau Maltz Schwarzfischer nicht nur um ihre Karriere kümmert. Aber in der politischen Auseinandersetzung (die eben in der Koalition seit dem 1. Tag vorhanden ist) überhaupt kein Problem. Die Zustandsbeschreibung dass die Zustände am Regensburger Hbf bundesweit als Skandal durch die Medien gingen? Nein. Das ist sicher nicht falsch.
Ich möchte anmerken dass ich Frau Dechant nie sympathisch fand und sie auch nicht für integer halte aber dieser Post wird meiner Meinung nach unnötig skandalisiert.
Burkhard
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Der schmuddelige Zustand um den Bahnhof herum in Richtung Fürst Anselm Allee hat sich in den letzten Jahren weiter verschlimmert. Ein Teil der Lösung unserer OB scheint zu sein, dass jetzt fast alle Parkbänke in der Fürst Anselm Allee entfernt wurden. Gelobt seien diejenigen, die noch rüstig sind und sich nicht auf Parkbänke verlassen müssen. Diese Art von Politik ist ein Graus.
Circo Massimo
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Jaja, die mater dolorosa des Regensburger Orients äh Ostens..
Mei, hat sie halt das “civitas” vor “ratisbonensis” unterschlagen. Jeder stramme Katholik weiß, was gemeint ist. Oder “homo ratisbonensis” ginge auch, aber hupsi, das kann sie ja schlecht schreiben, was denken die Leute..
Die klassischen Lateiner haben gern mal einzelne Wörter, die sich aus dem Kontext ergaben, einfach weggelassen. Sparte Platz auf den Steintafeln.
Das Denken mancher Leute ist eben so verstaubt, dass sie sich daran noch erinnern können..
Grad dass nicht noch Sand vom Berg Golgatha höchstpersönlich in den Sandalen hängt.
Günther Herzig
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Bei der nächsten Wahl bin ich wieder dabei. Ist das eine Drohung?
El
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“Wer als einziges Werkzeug einen Hammer hat , für den ist jedes Problem ein Nagel” .
Was sich für die Verscheuchung der obdachlosen Frau vom LuxusClo am Schwanenplatz so gut bewährt hat, wird nun anscheinend auch auf andere Problemlage angewandt.
Transferdenken a la Regensburg! Wer als einziges Werkzeug einen Schraubenzieher hat, für den ist jedes Problem eine Parkbank.
Da sich die Menge der abgeschraubten Parkbänke häuft, könnten diese doch im arbeitslosen Parkhaus untergebracht werden. Quadratisch. Praktisch. Ruhe.
aucheinehemaliger
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Romanes eunt domum!
Rufus
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Domum pereunt sinter !
Hthik
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@Christian 14. Februar 2024 um 20:47
“Was genau ist der Vorwurf an Frau Dechant nun? Dass sie in der politischen Auseinandersetzung vielleicht etwas populistisch zu Werke geht?”
Könnte man fast meinen, nicht wahr? Aber ich glaube es ist doch nur gekränktes Journalistenego. So schreibt er in der Überschrift
“Liest Frau Dechant nur Überschriften?”
Das hat wohl mit diesen sogenannten Artikel zu tun, von denen die immer reden und auf die sie so stolz sind. Da sollen Quellen und Fakten drin sein, behaupten die. So ein Quatsch. Wär eine Quelle in meinem Handy, dann würde da ja Wasser rauslaufen.
Deshalb kann ich nur warnen. Lesen kann zum Verlust des Freundeskreises führen.
Thorsten konnte geholfen werden.
Gib dich nicht auf! Gemeinsam können wir die Sucht, den Dingen auf den Grund zu gehen, besiegen. Auch Du kannst wieder ein oberflächlich denkender, glücklicher Mensch werden. Matthäus 5,3.
Native
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Darf man das noch sagen?
Asche auf unser Haupt! Die Generationspanne der 1950 bis 2000 Geborenen (me too), haben es verkackt. Aber sowas von!
Come to the Kabarett, das hilft.