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Tag der offenen Tür

Seit zwölf Jahren Mieter und Vermieter gleichzeitig – die DANZ in Regensburg

Vor zwölf Jahren kauften die damaligen Bewohnerinnen der DANZ das Haus mit legendärer WG-Geschichte und nahmen es zusammen mit dem Mietshäusersyndikat dauerhaft vom Markt. Am kommenden Samstag stellt sich das Projekt wieder einmal der Öffentlichkeit vor.

Zehn Menschen, drei Katzen, regelmäßige Fluktuation: wohnen in der DANZ.

Mit Wurzeln, die man bis ins Jahr 1973 zurückverfolgen kann, und mit über 50 Jahren auf dem Buckel dürfte die DANZ in der Konradsiedlung die älteste Kommune Regensburgs sein. Zu WAA Wackersdorf-Zeiten sollen in dem eher unscheinbaren Einfamilienhaus, Baujahr 1936, bis zu 150 Leute über Nacht einquartiert worden sein, um sich von Regensburg aus zum Protest aufzumachen. Und manche erinnern sich bestimmt noch an manches der vielen Konzerte, die seit Anfang der 2000er im Keller stattgefunden haben.

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Vor zwölf Jahren dann, als der Besitzer das ehemalige Arzthaus mit Apothekerschlange über der Eingangstür aus Altersgründen verkaufen wollte, taten sich die damaligen Bewohner mit dem Mietshäusersyndikat zusammen und kauften das Gebäude für 275.000 Euro kurzerhand selbst.

„Die Häuser denen, die drin wohnen.“

Sie gründeten einen Verein, um Kapital in Form von Groß- und Kleinstkrediten zu sammeln, und taten sich mit Mietshäusersyndikat zusammen, das 1992 aus der Freiburger Hausbesetzerszene hervorging. Dessen Ziel: Eigentum neutralisieren, Häuser dauerhaft vom Markt zu nehmen und langfristig bezahlbaren Wohnraum zu garantieren. Motto: „Die Häuser denen, die drin wohnen“.

191 Hausprojekte gibt es mittlerweile in ganz Deutschland, zehn davon in Bayern und mit der DANZ auch eines in Regensburg (zur Homepage). Der Verein fungiert als Mehrheitsgesellschafter einer gemeinsamen GmbH mit dem Mietshäusersyndikat, das beim Finanzierungsplan und ähnlichem beratend zur Seite steht. Bei Verkaufsplänen hat die Versammlung aller Syndikatsinitiativen ein Vetorecht – das ist damit so gut wie ausgeschlossen.

Stabile Miete, abseits von Renditeüberlegungen

15 Kreditgeber, die gegen minimale Verzinsung zwischen 500 und 20.000 Euro zur Verfügung stellten waren es damals. Der Rest des Geldes kam von der Bank. Die Bewohnerinnen sind Mieter und Vermieter zugleich. Ihrem Verein gehört das Gebäude, doch jeder Einzelne wohnt nur zur Miete. Wer einzieht, wird Mitglied, wer auszieht, scheidet in der Regel aus dem Verein aus.

2018 erhielt das Haus einen neuen Anstrich.

Das Ergebnis: Die Miete bleibt stabil, ist unabhängig vom Markt, Spekulationen und Renditeüberlegungen. Sie setzt sich allein aus den Kosten für Kreditrückzahlung, Rücklagen für Reparaturen, Nebenkosten und zehn Cent pro Quadratmeter für das Mietshäuser Syndikat zusammen.

Sanierungen und Photovoltaik am Dach

Seit dem Kauf hat sich das Pionierprojekt in der beschaulichen Siedlung stetig weiterentwickelt. Ein neuer Heizkessel mit höherem Wirkungsgrad 2014, der Keller wurde gedämmt, das Dachgeschoss 2018 saniert und die Fassade bekam einen neuen schicken Anstrich. Trotzdem sieht es drinnen stellenweise immer noch ein wenig nach DIY („Do it youself“) aus. „Es ist ein gutes Gefühl, Veränderungen am Haus nicht mit Vermieter*innen absprechen zu müssen, sondern das mit denen zu diskutieren, die auch tatsächlich hier wohnen“, sagt Anne, fünf Jahre in der DANZ.

2022 wurde das halbe Dach mit einer Photovoltaikanlage belegt. Dank eines Batteriespeichers deckt die WG ihren Strombedarf damit gut zur Hälfte selbst – und es ist schon geplant, auch die zweite Hälfte mit PV auszustatten. Dafür wirbt die DANZ zur Zeit verstärkt um weitere Direktkredite.

Mit der Selbstverwaltung kommt mehr Verantwortung

Zehn Menschen zwischen 20 und 45 Jahren wohnen momentan in der DANZ, und drei Katzen. Beruflich geht es recht bunt zu – von Schule über Studium und Lohnarbeit bis hin zu beruflichen Pausen ist ein ordentlicher gesellschaftlicher Querschnitt vertreten, bei regelmäßiger Fluktuation. Ein bis zwei Ein- und Auszüge pro Jahr gibt es. „Das macht es interessant, aber auch anstrengend“, sagt Karl, der zwei Jahren in der DANZ wohnt.

Mit der Selbstverwaltung sei die WG aber auch insgesamt harmonischer geworden. „Durch die Selbstverwaltung haben wir mehr Verantwortung und lassen wir uns bei der Mitbewohner*innensuche mehr Zeit.“

Kommenden Samstag lädt die DANZ wieder einmal – von 14 bis 19 Uhr – zum Tag der offenen Tür, mit Kleidertauschparty, Mitbringbuffet und Spaß und Spiel. Und natürlich gibt es Hausführungen und Infos zum Mietshäusersyndikat, denn das man in Regensburg mit seinem überhitzten Miet- und Immobilienmarkt noch das eine oder andere Haus vom Markt nehmen könnte, hält man sicher nicht nur in der DANZ für eine gute Idee.

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Kommentare (7)

  • Mr. T.

    |

    Geiles Projekt! So eine Art Anti-IZ! Beispielhaft!

  • Andi

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    Wie schön! 7 schöne Jahre dort verbracht – obwohl ich mich nur höchstens 4 erinnern kann :)
    Vll. bis Samstag!

  • Andi

    |

    Tolles Projekt nach wie vor! Habe selber 7 Jahre in der Danz gewohnt – leider kann ich mich nur an 4 Jahre erinnern.

    Long Life Danz!

  • Tobias

    |

    Das ist genau das, was ich immer sage – nicht meckern sondern selber Eigentum erwerben. Ich finde die Idee richtig gut und es klingt nahezu optimal.

    Dennoch ein bisschen Reality-Check: Die Rendite als (privater) Vermieter ist übrigens nach Steuern lächerlich gering (jedes Aktion-Spardepot bei der Hausbank haut mehr Rendite / p.a. raus!!) und der Mieterschutz überbordernd. Der Staat zockt sich fast DIE HÄLFTE der Mieteinnahmen!! Nicht der Vermieter, der davon angeblich ständig in den Urlaub fährt! So ein Anstrich wie oben zu sehen kostete bei meinem Wohnhaus 13.000 EUR. Wir sind 7 Parteien; das ist nach Steuern ein ganzes Jahr ohne Mieteinnahmen für den privaten Vermieter. Nur, damit die Farbe chic ist. Das sehen viele Mieter nicht. Dass im DANZ-Projekt Harmonie herrscht ist der Grundpfeiler für den Erfolg. Wer die Wohnung/Wohnungraum aber an Fremde gibt, geht immer ein Risiko ein – dafür dann auch die Rendite. Mietnomadentum und Parasiten, die den Vermögenswert des Gebäudes zerstören (und damit Monate oder gar Jahre des Vermietens) gibt es im DANZ nicht. Da kann man sich das auch leisten, Risiko einzugehen und die Miete “auf Kante” zu nähen. Daher finde ich das Projekt toll und sehr erstrebenswert; das indirekte Bashing von Vermietern, die da mitschwingt, stört eher.

  • Luck

    |

    @ Tobias:

    Wer keine Aktiva-Veränderung in das Rendite-Kalkül mit berücksichtigt, jammert sich selbst arm.
    Was machen dann die Nasdaq-“Aktionäre”, die (um des Wachstums wegen) auf Dividenden verzichten?
    War das mit dem Spardepot auch so, als der Bund Future knapp an der 180er-Kante gekratzt hat?

  • Burgweintinger

    |

    Tobias, keiner zwingt dich Eigentümer/Vermieter zu sein. Verkauf es einfach, mach dich frei, wenn es so eine Last ist, aber bitte hör auf, ständig mimimi zu machen, oder gehörst du zu diesen Nieselpriemen, bei denen immer die Wiese auf der anderen Seite des Flussufers die grünere ist?

  • Benedikt

    |

    Neben der Danz als Mietshäusersyndikat gibt es in Regensburg auch weitere gute Beispiele für Wohnprojekte: das Haus mit Zukunft und Womina der NaBau in Burgweinting, und W.I.R. im Nibelungenareal.

    Mit der PLK besteht zumindest die Chance, dass ein wirklich lebenswertes Viertel nach Münchener, Freiburger oder Tübinger Vorbild entsteht.
    Auch auf das ehemalige Kloster an der Wittelsbacherstraße/Dörnbergpark haben sich unter anderem Genossenschaften beworben.

    Was in Regensburg fehlt ist die in anderen Städten längst angekommene Einsicht, dass solche Projekte einen messbar positiven Einfluss auf ihre Quartiere haben und ein wichtiges Instrument der Stadtentwicklung sind. Leider fehlt hier von städtischer Seite Unterstützung bzw. die Schaffung einer zentralen Koordinationsstelle.

    Aber es gibt auch positives: das Mietshäusersyndikat hat zB einen offenen Stammtisch im M26 jeden dritten Mittwoch im Monat um 19 Uhr und jeden ersten Dienstag im Monat um 18 Uhr ist im M26 offenes Netzwerktreffen von unserer Plattform gemeinschaftlich-wohnen-Regensburg.de, die zumindest versucht, das Vakuum im Bereich Vernetzung und Information etwas zu füllen.

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