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Rotes aus dem Museum der Bayerischen Geschichte

Searching for red Lederhosen

Bavaria for bloody beginners, oder: Das Museum der Bayerischen Geschichte ist eins für Japaner und Chinesen.

Die Lederhose darf in Bayern rot sein. Foto: Marcinkus.

Eine Glosse von Paul Casimir Marcinkus

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„Die vier Evangelisten waren folgende drei: der Petrus und der Paulus.“ Der kleine Maxl hat die vier Evangelisten natürlich nicht parat, die einzigen Heiligen, die ihm überhaupt einfallen, sind der Petrus und der Paulus, aber vielleicht lässt sich der Religionslehrer ja hinter die Fichte führen, wenn er, der Maxl, bevor er diese beiden Namen sagt, schon mal von vier auf drei reduziert – dann fällt die Schummelei, dass er, statt der gefragten vier nur zwei nennen kann, vielleicht nicht so auf. Dass die zwei auch noch die falschen sind, mei, in der Religion ist doch auch sonst nicht alles ganz knusper, da werden Jungfrauen schwanger und schwimmen Heiligenstatuen flussaufwärts…

Wie viele Wellbrüder passen zum offiziellen Bayern?

In der Welt der Religion ist das noch stimmig, dass ein Satz mit vier Personen anfängt und am Ende nur noch zwei übrig sind. Aber wenn zum Beispiel im British Museum ein Foto von Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr zu sehen wäre und darunter stünde: „The Beatles“, dann würde das niemand lustig finden. Was das jetzt mit dem Museum der Bayerischen Geschichte zu tun hat? Erstens führt sich das Museum der Bayerischen Geschichte so auf, als wäre es das British Museum. Und zweitens hat das Museum der Bayerischen Geschichte letzthin eben das fertiggebracht. Nein, nicht mit den Beatles, aber immerhin mit der Biermösl Blosn.

Der alte Bildzuschnitt im Museum. Foto: Marcinkus.

Da war die ersten Wochen seit Eröffnung des Museums, fast ein Vierteljahr lang, ein Foto mit zwei jungen Musikern auf der Bühne zu sehen. Beide trugen eine knallrote, superenge, verboten kurze Lederhose. Und darunter stand zu lesen: „Die Biermösl Blosn“. Wie bitte? Die Biermösl Blosn, nur zwei? Das nennt man kreative Geschichtsschreibung!

Bavaria for bloody beginners: die Biermösl Blosn bestand aus d r e i Wellbrüdern, Michael, Christoph und Hans Well. Auf dem Foto im British – pardon: Bavarian Museum waren aber nur die ersten beiden zu sehen. Am linken Bildrand war noch eine Hand an den Tasten eines Akkordeons zu erkennen. Genau, die Hand gehörte Hans Well.

Gepinselte Wahrheiten

Dass unliebsame Personen aus Fotos herausretouschiert werden, das kennt man. Aus totalitären Staaten. Stalin ließ Trotzki und Kamenew aus einem Foto herausoperieren: sie sollten nicht mehr existieren, noch bevor Stalin sie ermorden ließ. Berlusconi ließ den nackten Busen der „Wahrheit“ auf einem Gemälde von Tiepolo überpinseln; das Gemälde hing in dem Saal, in dem die Pressekonferenzen der Regierung stattfanden – ein nackter Busen im Zusammenhang mit Berlusconi, das fand der Cavaliere sehr unpassend.

Dass Trotzki und Kamenew unter Stalin auszumerzende Personen waren, das liegt auf der Hand, genauso wie Berlusconi Grund dazu hatte, sich als Saubermann darzustellen. Aber warum musste Hans Well, Jahre nach der Auflösung der Biermösl Blosn, vom offiziellen Bayern ausradiert werden?

Republik als Betriebsunfall

Wer diese Frage stellt, der kennt das Hörbuch „Rotes Bayern“ von Hans Well nicht. In diesem Monate vor Eröffnung des Museums der Bayerischen Geschichte erschienenen Hörbuch führt Gisela Schneeberger vorab schon mal durch den Museumskeller, wo die seit hundert Jahren verrammelte Abstellkammer „Revolution 1918/19“ besichtigt wird. Rumpelkammer: das entspricht genau dem, wie die Revolution 1918/19 jetzt im Museum dargestellt wird.

Die Geburt der Republik, anderswo gefeiert, gilt in Bayern hundert Jahre danach immer noch als Betriebsunfall. Kurzum: das Museum der Bayerischen Geschichte wurde durch Hans Well bereits a priori in schlechtes Licht gerückt. Grund genug, ihn aus dem Bild zu nehmen, sprich: ihn kurzerhand herauszuschneiden.

Es geht um den Knalleffekt

Das Museum der bayerischen Geschichte würde das natürlich vehement abstreiten. Und es ist sogar möglich, dass gar keine direkte böse Absicht dahinterstand. Denn auf vielfache Beschwerden hin wurde der herausretouschierte Hans Well jetzt wieder hineinretouschiert, und siehe da: Er trägt da (nämlich beim Auftritt der Biermösl Blosn beim WAAhnsinns-Festival in Burglengenfeld 1986) im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern keine superenge, knallrote kurze Lederhose.

Allein darum geht‘s dem Museum der Bayerischen Geschichte aber; ein Exemplar dieser superengen, knallroten kurzen Lederhose ist schließlich hinter Glas im Original ausgestellt. Und das Bildsuchprogramm der Museumsmacher war halt einfach auf dieses Asservat eingestellt, sodass Hans Well, der eine normale lange Hose anhatte damals in Burglengenfeld, schlicht aus dem Raster fiel.

Merke: im Museum der Bayerischen Geschichte geht’s um den Knalleffekt, ums Klischee, um die rote Krachlederne. Und nicht um solche Institutionen, wie die Biermösl Blosn eine war. Das Museum der Bayerischen Geschichte ist ein Museum für Japaner und Chinesen. Und für Bayern, die sich gern mit ihrem eigenen Klischee abspeisen lassen.

 

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Kommentare (6)

  • Giovanni Bavarese

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    Mi leggst am Osch!
    I war mol auf da Wiesn, oamol nur, und i war da oinzige am Tisch ohne Lederhosn. Ohne scheiß! I hob hold koane ghabt.
    Eiz fohr i manchmal am Museum vorbei und denk ma: Wos mocht der Löwe do drin? Wer safft scho Löwenbräu? Und i mouß wissen weil mir brauma selber Bier.
    Und des is gwiss besser wei der Soichlplempl.

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  • dünnster Künstler

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    Toller Artikel Paul Casimir Marcinkus!

    Am Samstag 7.09 um 11 Uhr treffen sich beim Haus der Bayern Wolfram P. Kastner (Künstler, Autor, Historiker Institut für Kunst und Forschung München …siehe unten verlinkten Artikel) und ein paar weitere Leute aus München zu einer kritischen Museumsbesichtigung. Es könnte ganz inspirierend sein da einfach mit zu gehen.
    vergl. https://www.regensburg-digital.de/museum-der-bayerischen-geschichte-unheimlich-bayrisch/30072019/

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  • Piedro

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    Wir haben kurz reingeschaut, durch die Glasfassade. Ich hatte im Vorfeld genug über diese Kulturbereicherung erfahren um zu wissen, dass sie Bayern nicht mal im Ansatz gerecht wird, erst recht nicht der bayrischen Geschichte. So zynisch bin ich halt doch nicht, dass ich mir das geben musste.

    Neben an, in der modernistischen Nebenstelle des Jolie, waren Leute die sich überlegten rein zu gehen und andere, die sich das angetan hatten. Asiaten waren keine dabei. Zwei weitere sparten sich das Eintrittsgeld. Mensch kann ja aus der Erfahrung anderer lernen. Fazit: die gute Absicht (so vorhanden gewesen) ist da nicht erkennbar. Regensburg geben wir uns bestimmt noch mal, aber was nicht sein muss, dass muss halt nicht sein. Schade, dass wir nicht am 7.9. da sind. DAS könnte interessant werden.

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  • Kathl

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    Bevor man günstigen Wohnraum schafft oder Grünflache baut man lieber ein Museum für Touris des sonst keiner der hier lebt wirklich braucht…peinlich, ein drittel der Biermösl Blosn wegzumretuschiern weil man davon ausgeht dass keiner der Besucher die kennt-da sieht man für wen hier gebaut und Politik gemacht wird-nicht für die Menschen die in dieser Stadt leben…

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  • joey

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    die Touristen haben keine Zeit für sowas. In der Regel hetzen sie mal schnell in die Wurschtkuchl, haben noch eine Stadtführung von 1h und fahren am Nachmittag nach Weltenburg.
    Bin gespannt auf die Zahlen. Vermutlich werden es hauptsächlich Schüler sein, die das Museum zwangsweise besuchen müssen.

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  • Pfefferminza

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    Ach kommen Sie, bitte! Diese Well-Brüder und Schwestern schwimmen im Mainstream mit. Die Staatskünstlerin Schneeberger zu erwähnen, ist entlarvend. Die leben alle in Koalition mit dem BR sehr komfortabel. Schauen sie sich doch nur an, für was sie gezwungen werden, GEZ-Gebühren zu zahlen. Diese armseligen Witzchen von immer den gleichen Leuten in immer den gleichen Lederehosendeppenformaten mit dem Tenor: “wir sind ja alle so widerständisch, achso kritisch und lustig und natürlich super teilzeitboarisch”. Grünwald, Gruber,Schneeberger, Polt, Biermösl, Ringelstetter, alle diese Komiker gehören zur selben Soße. Die orientieren sich schön brav mit Gratismut am Mainstream.

    Was hat das mit dem neuen Museum zu tun?

    Nun, man sieht, daß sich dieses Lederhosendeppendasein, dieses Oktoberfestgroßgetue in der Gruppe sich hier manifestiert in einem lieblosen Bau mit Fundsachen aus dem Dachboden. Das ist sehr schade. Man könnte da so interessante Sachen daraus machen.

    Aber es ist wie mit den Oktoberfestlederhosen, in der Gruppe ist man “mir san mir”, Hoamat, Dahoam ist dahoam, sie vermeiden aber, durch den Stadtpark allein heimzugehen, weil sie Leute, die schon länger keine Lederhose anhaben auf dringendere Probleme unmittelbar aufmerksam machen könnten.

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