Schriftliche Stellungnahme der Gewerkschaft ver.di über den Verlauf des betrieblichen Konflikts mit der Geschäftsführung des DSR
Angesichts der Darstellung des Mittelbayerischen Verlages über den Verhandlungsverlauf zum Haustarif bei der Druckservice Regensburg GmbH (folgend DSR genannt) wollen wir als Verhandlungspartei unsererseits den Verlauf schildern.
Die DSR wurde am 7. Januar 2014 gegründet. Sie ist eine Tochter der M-Logistik. Diese ist eine Tochter des Mittelbayerischen Verlages und wurde am 26. November 2013 gegründet. Bis dato waren die Arbeitsplätze in der Zeitungsfertigmacherei (Weiterverarbeitung) des Mittelbayerischen Druckzentrums, in dem Drucktarifbindung besteht. Den Kollegen wurde im Betrieb am 31. Januar 2014 auf einer Versammlung erklärt, sie werden ab dem 01. Februar 2014 (!) in eine neue Firma übergehen. Dies entspricht nicht dem Betriebsverfassungsgesetz § 80 II (Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten ….).
In dem auf dieser Versammlung (31.01.2014) ausgeteilten Schreiben, heißt es: „ …attraktivere Arbeitsplätze schaffen. Dadurch wollen wir unsere Mitarbeiter motivieren sowie an uns binden und gleichzeitig neue Mitarbeiter für eine Arbeit bei uns gewinnen.“ Die in den folgenden Haustarifverhandlungen gemachten Angebote der Geschäftsführung des DSR, erstreckten sich vom stark gekürzten Drucktarif (30.05.2014) bis zum Eintritt in den Arbeitgeberverband Papier, Pappe und Kunststoffverarbeitende Industrie (29.06.2015).
In den tarifgebunden Zeitungsdruckereien (z.B. Neuer Tag Weiden) wird die Zeitungsfertigmacherei (Weiterverarbeitung) nach Drucktarif bezahlt. In den Richtbeispielen der Lohngruppen werden genau diese Tätigkeiten wie folgt beschrieben: Lohngruppe IV, 2. Maschinelles Beschicken an Weiterverarbeitungsmaschinen. Lohngruppe V, 7. Einrichten Bedienen und Überwachen von einzelnen Automaten und Maschinen der Weiterverarbeitung. Lohngruppe VI, Verantwortliches Einrichten, Bedienen und Überwachen von mehreren Bearbeitungsstationen, Automaten oder Aggregaten der Weiterverarbeitung. Das sind exakt die Tätigkeiten die die Betroffenen an den angegebenen Maschinen verrichtet haben.
In dem vom DSR angestrebten Tarifvertrag der Papier, Pappe und Kunststoffverarbeitenden Industrie (folgend PPKV genannt) werden diese Tätigkeiten nicht genannt. Ebenso ist eine Samstagsarbeit als Regelarbeitstag ausgeschlossen (§ 2 Ziff.2 Absatz 1: „Die Arbeitszeit ist für den einzelnen Arbeitnehmer auf maximal 5 Tage zu verteilen. Sie ist auf die Wochentage Montag bis Freitag zu legen…“) Im Druckmanteltarif § 3 Ziff.2 Absatz 2 steht über Samstagsarbeit: Zur Produktion einschließlich Weiterverarbeitung und Versand von Zeitungen oder Zeitschriften kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse mit dem Betriebsrat gemäß Betriebsverfassungsgesetz die Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit abweichend vereinbart werden. Und § 3 Ziff. 5: „… Bei Einbeziehung des Samstags in die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sind die zwei arbeitsfreien Tage zusammenhängend zu gewähren ….“ Somit sieht also nur der Drucktarif und nicht der PPKV Tarif den Samstag als möglichen Regelarbeitstag vor.
Der Übertritt in den PPKV-Tarif erfolgte auf der Grundlage den Kollegen die letzte Möglichkeit zu nehmen, um ihre Arbeitnehmerrechte mit einem Streik durchzusetzen. Selbst wenn die Zuständigkeit des beigetretenen Verbandes fragwürdig ist (unser Schreiben vom 02.07.2015 an die Geschäftsleitung), darf bei Tarifbindung nicht gestreikt werden. Die aufgeführte Zustellorganisation wird von City Mail oder der VIA betrieben. In diesen Tochterfirmen kam auch der Mindestlohn ab dem 01. Januar 2015 zum Tragen. Die DSR war vom Mindestlohn nicht betroffen (bei ca. 57 500 Euro Brutto Jahresgehalt im Durchschnitt). Das Jahresgrundgehalt eines Kollegen des DSRs (LG 7 –höchste Lohngruppe im Drucktarif) betrug im Jahr 2014 – 33.683,92€, das Gesamtbrutto dagegen 62.983,76€. Dies wird hauptsächlich über Jahresleistungen (Urlaubs- u. Weihnachtsgeld) und eben Zuschläge für „erschwerte“ Arbeitszeiten (ständige Nachtschicht, Sonn- und Feiertagsarbeit) gerade bei der Zeitungsproduktion erreicht. Viele dieser Zuschläge sind steuerbefreit. Alleine die Antrittsgebühr betrug für diesen Kollegen in einem Jahr 2394,00€. Diese gibt es in PPKV überhaupt nicht.
Im ersten schriftlichen Angebot (per Mail am 30.05.2015) wurde der Drucktarif zur Grundlage genommen. Dabei sollte der Grundlohn um mindestens 10% abgesenkt werden; Kürzung des Weihnachtsgeldes um 45%; sowie die mögliche Kürzung des Urlaubs um bis zu 13 Tage und Kürzung der Zuschläge um bis zu 27 %. Der Bestandsschutz bezog sich im letzten Vorschlag (26.01.2015)der Geschäftsleitung nur auf das Grundgehalt. Desweiteren wurde auch hier schriftlich aufgeführt: Punkt 4 Absatz 3 – „… ab dem 01. Februar 2014 neu eingestellte Beschäftigte einheitlich als Maschinenbediener …“ Hier wurden also Neueinstellungen angenommen, wie im Schreiben vom 31.01.2014. Beim Aufbau einer neuen Logistikproduktion sollten die Kollegen die Leiharbeiter anlernen(Kooperationsvertrag vom 30.04.2015). Die Geschäftsleitung reagierte erst am 22.05.2015 mit einer Antwort, nachdem der Betriebsrat schriftlich am 13.05.2015 dieses Vorgehen hinterfragte. Bei eben diesen möglichen Neueinstellungen wären wir als Gewerkschaft bereit gewesen auf ca. 13 % Lohn zu verzichten.
Angesichts der Höhe des Alters einiger Kollegen in Verbindung mit dem abgeschlossenen Altersteilzeittarifvertrag hätten wir eine sozialverträgliche Lösung (80% Nettoarbeitsentgelt während der Dauer des Altersteilzeitverhältnisses) für die Altbeschäftigten, sowie eine zukunftsfähige, wirtschaftliche Lösung für Neueinstellungen gehabt. Der Altersteilzeittarifvertrag wurde am 02.10.2014 abgeschlossen und keinem einzigen Kollegen, trotz Anträgen genehmigt (Schreiben der Geschäftsleitung vom 26.05.2015). Der genehmigte Altersteilzeitvertrag eines Kollegen begann bereits am 01.10.2011 (noch als Beschäftigter im Druckzentrum) und ging in die Freistellungsphase am 01.10.2014. Er endet am 30.09.2017. Den „eindringlich dargelegten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ folgten keine Bilanzen oder belastbaren Aufstellungen. In diesem Fall wäre nämlich ein Sanierungstarifvertrag, wie ver.di ihn schon gemacht hat, möglich gewesen. Hierbei verzichten die Kollegen meist auf tarifliche Bestandteile und erhalten im Gegenzug Kündigungsschutz.
Auch das Angebot (schriftlich 02.07.2015) eines Überleitungstarifvertrages von Druck in PPKV Tarif, der das kontinuierliche Abschmelzen der Besitzstände der Kollegen beinhaltet hätte, wurde im Schreiben vom 07.07.2015 seitens der Geschäftsleitung abgelehnt. Die Produktion der M-Logistik (Start 1. Juli 2015) mit der „Rundschau am Wochenende“ und dem „BLIZZ“ wurde bis zur Schließung des DSR von den gekündigten Kollegen zumindest mit- und teilweise voll produziert. Entsprechende Schichtpläne liegen uns vor. Der Entschluss zur Stilllegung des Betriebes (31.08.2015) des DSR erfolgte angeblich am 14. August. Am 17. August wurden die Beschäftigten auf einer Versammlung darüber informiert. Dieses Vorgehen ist unserer Auffassung nach nicht die richtige Vorgehensweise nach Betriebsverfassungsgesetz § 80 II, demnach ist der Betriebsrat vorher „ umfassend und rechtzeitig“ von einer Betriebsschließung zu informieren.
Der Informationsanspruch nach Betriebsverfassungsgesetz § 92 zum geplanten Personalabbau erfolgte aus unserer Sicht nicht rechtzeitig. Dies kritisierte auch der Rechtsanwalt Eisele in seinem Schreiben an die Geschäftsleitung vom 31.08.2015. Der vom Betriebsrat engagierte Fachanwalt für Arbeitsrecht war auch während der Sozialplan Verhandlung für den Betriebsrat beratend tätig. Da dieser freiwillige Sozialplan (einen Großteil der Kosten hätte die Agentur für Arbeit über das Transferkurzarbeitergeld bezahlt) aus Sicht der Kollegen keine Alternative für den Verlust des Arbeitsplatzes darstellt, entschloss jeder Einzelne für sich diesen abzulehnen. Der beschriebene berufliche Neuaufbau über eine Leiharbeitsfirma, wurde einem Kollegen telefonisch von der Geschäftsführerin Frau Köhler angeboten. Er müsse nur der Transfergesellschaft zustimmen.
Als er nach seinen Verdienstaussichten fragte, lehnte der Kollege ab. Dieser lag weit unter seinem bisherigen Entgelt. Als zuständiger Gewerkschaftssekretär ist es meine Aufgabe die Kollegen in ihrem weiteren Vorgehen zu unterstützen. Aus unserer Sicht besteht immer noch die Möglichkeit die Kollegen wieder auf ihre Arbeitsplätze zu bringen. Es werden dieselben Tätigkeiten mit denselben Maschinen in denselben Räumlichkeiten verrichtet. Dies ist für uns ein Betriebsübergang wie es das BGB in § 613 a beschreibt.