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Was ist ein Snack?

„Sauerei“ bei IKEA Regensburg: Konstruierte Vorwürfe gegen engagierten Betriebsrat?

Wegen angeblich unberechtigter Spesen von 33 Euro will IKEA Regensburg einen langjährigen Mitarbeiter und Betriebsrat außerordentlich kündigen. Am Donnerstag traf man sich vor dem Arbeitsgericht.

„Ludwig muss bleiben. So nicht IKEA!“ Beim Termin vor dem Arbeitsgericht Regensburg bekundeten mehrere Kolleginnen und Kollegen ihre Solidarität mit dem Betriebsrat. Foto: as

Es war eine der längsten und härtesten Tarifrunden im Einzelhandel, die im Juli ihren endgültigen Abschluss fand. Nach über zwölf Monaten, die von Streiks und verhärteten Fronten zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern geprägt waren, stand eine Lohnerhöhung von rund 14 Prozent, verteilt auf drei Jahre.

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Im Fokus der Auseinandersetzungen standen große Unternehmen wie die Metro AG, die Supermarktgruppen der Schwarz-Gruppe (Kaufland und Lidl) und IKEA. Der multinationale Einrichtungskonzern hatte im vergangenen Jahr in Deutschland einen nie dagewesenen Rekordumsatz von 6,4 Milliarden Euro hingelegt und seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr auf rund 1,5 Milliarden Euro verfünffacht.

In Regensburg und anderswo: IKEA geht gegen Betriebsräte vor

Entsprechend scharf fiel die Kritik von Beschäftigten angesichts der anfänglichen Verweigerungshaltung bei IKEA aus. Bei einem Streik in Regensburg war unter anderem von „krimineller Unterbezahlung“ die Rede. IKEA-Betriebsrat Ludwig Doblinger forderte im Februar in einem TVA-Beitrag: „Gebt uns unsere Kohle, damit wir ein vernünftiges Leben führen können und behandelt uns nicht wie irgendwelche modernen Sklaven.“

Solche und ähnliche Aussagen dürften bei der Geschäftsführung von IKEA nicht gut angekommen sein. Bundesweit geht der Konzern derzeit gegen Betriebsräte und Gewerkschafter vor, augenscheinlich nur solche, die sich während des Tarifkonflikts besonders hervorgetan haben. So auch gegen Ludwig Doblinger in Regensburg.

Was ist ein Imbiss?

Am Donnerstag traf sich der 47-Jährige, er ist auch Mitglied im Gesamt- und EU-Betriebsrat, mit Vertreterinnen der Geschäftsführung und dem Betriebsratsvorsitzenden vor dem Arbeitsgericht. Das Unternehmen will ihn mittels einer außerordentlichen Kündigung rauswerfen. Wegen „Spesenbetrug“ und „Arbeitszeitbetrug“, wie IKEA-Rechtsanwalt Jan-Peter Braun nicht müde wird, zu erwähnen. Es geht um eine Summe von 33 Euro, verteilt auf drei Tage.

Es geht darum, ob ein Imbiss, der bei einem Treffen des IKEA-Gesamtbetriebsrats in Fulda Anfang September bestellt wurde, auch als ein solcher zu werten ist oder, wie Rechtsanwalt Braun meint, als „vollwertiges Mittagessen“, an dem sich Doblinger habe „satt essen“ können und deshalb Spesen von elf Euro täglich nicht hätte abrechnen dürfen. Und es geht darum, ob ein Betriebsrat auch in einer Kaffeepause von 15 Minuten seiner Tätigkeit nachgehen kann oder nicht.

„Ludwig muss bleiben. So nicht IKEA!“

Kolleginnen und Kollegen von Doblinger sind überzeugt: Das Unternehmen will hier mit fadenscheinigen Vorwürfen einen engagierten Betriebsrat loswerden. Ein gutes Dutzend von ihnen ist zum Gerichtstermin mitgekommen. Fast alle tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Ludwig muss bleiben. So nicht IKEA!“ Auch der Betriebsratsvorsitzende, der mit Rechtsanwalt Norman Hagel neben Doblinger sitzt, hat eines übergezogen.

Die geforderte Zustimmung zum Rauswurf des Küchenverkäufers hat der Betriebsrat verweigert. Doblinger habe sich kein Fehlverhalten vorzuwerfen, sagt Rechtsanwalt Hagel. Bei dem Treffen in Fulda sei ausdrücklich kein Mittagessen, sondern ein Snack bestellt worden. Von diesem habe auch Doblinger gegessen, sonst nichts. Und was die Kaffeepausen betrifft, stehe es einem Betriebsrat „völlig frei, wann und wie er seine Tätigkeit ausübt“. Allein schon deshalb seien sämtliche Ansätze für eine außerordentliche Kündigung „aus der Welt“.

Doblingers Rechtsanwalt Rüdiger Helm verweist auf die harte Tarifauseinandersetzung, die man bei IKEA hinter sich habe und wie der Konzern auch andernorts gegen Beschäftigte vorgehe, die sich während dieser Zeit besonders engagiert hätten. „Auch in München und Rosenheim laufen derzeit Verfahren gegen Aktive.“

Kreisen um den Snack

Abgesehen davon, dass Fristen versäumt wurden, außerordentliche Kündigungen müssen unverzüglich erfolgen, doch IKEA ließ sich mehrere Wochen Zeit, sei der Antrag auch abseits dessen „etwas dünn“. Auch sei er gespannt darauf, wie es denn begründet werde, dass IKEA hier mit strafrechtlichen Begriffen wie „Betrug“ operiere, sagt Helm. Rückfragen an Doblinger zu seiner Abrechnung habe IKEA zu keinem Zeitpunkt gestellt.

Eine gütliche Einigung sei nur möglich, wenn die Kündigung zurückgenommen werde. Der Betriebsrat helfe IKEA anschließend gern, wenn es darum gehe, sein Kompendium zur Reisekostenabrechnung zu interpretieren und überall dort, „wo der Arbeitgeber vielleicht sonst einen Schmerz hat“.

IKEA-Rechtsanwalt Braun hält dem entgegen, dass es bei dem Treffen in Fulda „Fleischspieße und Salat“ gegeben habe. Daran habe sich Doblinger sehr wohl „satt essen“ können. Ein Snack, das seien Chips oder ähnliches Salzgebäck, aber nicht so etwas.

Angebot: 15.000 Euro Abfindung nach zehn Jahren

Als Vergleichsvorschlag könne er allenfalls anbieten, die außerordentliche Kündigung in eine fristgerechte umzuwandeln. Außerdem könne man Doblinger, der seit zehn Jahren bei IKEA arbeitet, eine „maßvolle Abfindung“ von 15.000 Euro bezahlen.

Damit ist der Gütetermin auch schon vom Tisch. „Wenn es nur ums Armdrücken geht“, dann müsse man das Verfahren eben durchziehen, sagt Rechtsanwalt Helm. Voraussichtlich im März wird erneut verhandelt.

ver.di-Gewerkschaftssekretärin Christin Rappl, die als Beobachterin an dem Prozess teilgenommen hat, bezeichnet das Vorgehen von IKEA als „Sauerei“. Aber dass der Konzern mit engagierten Betriebsräten und der Einhaltung von Gesetzen der betrieblichen Mitbestimmung ein Problem habe, das kenne man schon aus der Vergangenheit und von zurückliegenden Auseinandersetzungen am Arbeitsgericht.

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Kommentare (4)

  • joey

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    Gut daß darüber berichtet wird. Der image Schaden ist nun deutlich mehr als 33,-.

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  • Daniela

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    Na, sauber IKEA!

    Mir fehlt jegliches Verständnis!

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  • Wolfgang Theine

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    Natürlich fängt Betrug nicht erst bei großen Summen an. Aber diese lächerliche Streiterei, ob ein Schaschlik ein Imbiss, oder ein vollwertiges Mittagessen ist, ist schon mehr als bizarr. Ikea hätte ohne weiteres die Zahlung der Reisekosten verweigern und mit dem Mitarbeiter deswegen ein Gespräch führen können. So ist es ganz offensichtlich, dass man hier einen eigentlich unkündbaren, missliebigen Mitarbeiter loswerden will. Ikea sollte sich was schämen.

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  • Native

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    @Joey 21. November 2024 um 17:33
    „IKEA, der multinationale Einrichtungskonzern hatte im vergangenen Jahr in Deutschland einen nie dagewesenen Rekordumsatz von 6,4 Milliarden Euro hingelegt und seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr auf rund 1,5 Milliarden Euro verfünffacht.“
    Vermutlich hat sich der Gewinn von IKEA vervielfacht, weil der Mehrbedarf der Kunden mit IKEA GLIMMA Teelichtern (geschmacklos) stark erhöht hat, um in der Zeit düsterer, wirtschaftlicher Aussichten, etwas mehr Licht und Hoffnung, zu bringen. 😊
    Immer wenn Du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her, dass Du es noch einmal zwingst und von Sonnenschein und Freude singst. Leichter trägst des Alltags herbe Last wenn Du wieder Kraft und Mut und frischen Glauben hast.
    Dazu gehört auch das Grundbedürfnis einer „warmen Mahlzeit“ für Betriebsräte auf Dienstreise. Daran geht der Konzern nicht zugrunde.

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