15 Mrz2008
Rotes A und grünes Kreuz
Mittlerweile kennt auch das Ordnungsamt den Sinn der „blinkenden Reklame“ im Schaufenster von Regensburger Apotheken. Noch vor geraumer Zeit erhielten etwa Adler-Apotheke und Dom-Apotheke, mitten im Zentrum des Welterbes, einen Brief der Behörde, mit der Aufforderung, das blinkende grüne Kreuz doch bitteschön zu entfernen…
Diese „blinkende Reklame“ aber ist (nicht nur) in Frankreich und Italien der zuverlässige Hinweis auf Stellen, an denen es (unter Umständen lebensrettende) Medikamente gibt, es steht international schlicht für „Apotheke“. Mit dem allein in Deutschland und in Österreich gebräuchlichen roten A in Frakturschrift können Chiara und Lorenzo, können Uncle Sam und Madame Dupont nichts, aber auch gar nichts anfangen.
Wie soll man beim Buchstaben A auf die Idee kommen, dass es in den Läden, die dieses Zeichen ziert, Pillen und Mittelchen gegen größere und kleinere Wehwehchen gibt, dass sich dahinter eine farmacia, pharmacy oder pharmacie verbirgt?
Sonja Karl, Inhaberin der Dom-Apotheke, war die Vorreiterin und trug dem ständig anwachsenden Strom internationaler Touristen schon 2004 mit einem grünen Kreuz Rechnung. „Mit dem leuchtenden grünen Kreuz ist alles klar, es gibt keine schüchternen Fragen, Regensburg-Besucher aus aller Welt wissen sofort, hier kriegen Sie ihre Medikamente. Inzwischen toleriert die Stadtverwaltung das leuchtende Kreuz, es hängt innen und das Blinken haben wir auch abgestellt, nachdem es beanstandet worden war.“ Ähnlich sind die Erfahrungen von Marta Rogenhofer, der Inhaberin der Adler-Apotheke: „In den Vereinigten Staaten sind drugstore und pharmacy zwei völlig verschiedene Dinge. Wir verkaufen ja auch Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel, bevor wir das grüne Kreuz im Fenster hatten, wurden wir von den Touristen nicht eindeutig als Apotheke wahrgenommen. Das ist nun zum Glück anders. Das Blinken, es war ganz dezent, mussten wir abstellen, aber fahren Sie mal nach Frankreich, da blinken die Apothekenkreuze wie Reklame für ein Spielcasino in Las Vegas.“ Seit ein paar Monaten hängt auch in der Drei-Mohren-Apotheke ein grünes Lichtkreuz. „Es hängt innen, es blinkt nicht, beanstandet hat das Signet noch niemand. Wir hoffen, damit den internationalen Regensburg-Besuchern eine klare Hilfestellung zu geben“, bekundet Ulrike Büchner.
1936 wurde deutschlandweit ein Wettbewerb um ein einheitliches Apotheken-Signet ausgeschrieben. Als Sieger ging das heute noch verwendete rote A hervor. Reichsapothekerführer Albert Schmierer ersetzte unter Hitler das weiße Kreuz in der Letter durch die Man-Rune. 1951 beschloss man, das rote A beizubehalten und die Giftschale mit Äskulapschlange als Logo einzusetzen.
„Dass das rote A vom grünen Kreuz verdrängt werden könnte ist, nicht zu befürchten“, sagt Sonja Karl, „der Deutsche Apothekerverband wird am bundesweit durchaus bewährten Logo festhalten, schon allein, weil der Online-Konkurrent Doc Morris mit einem grünen Kreuz wirbt.“ Das Signet des virtuellen Medikamenten-Händlers aber ist apfelgrün – die Farbe ist Regensburg noch in bester Erinnerung von der „Jetzt-oder-nie-Kampagne“ – und hat deutlich abgerundete Ecken. „Im Zeichen der Globalisierung und angesichts der Tatsache, dass Regensburg Welterbe ist, eine Selbstverständlichkeit für uns Apotheker, mit dem grünen Kreuz auf uns hinzuweisen“, verdeutlicht Apothekerin Rogenhofer, „es ist ein Service für unsere ausländischen Gäste und dokumentiert unsere Gastfreundlichkeit.“ Die Initiative „grüne Apotheken-Kreuze“ geht von den Apotheken selbst aus und wurde nicht von der Tourismus GmbH angeregt, wie vielfach vermutet wird. Ein Anruf von uns im Amt von Sabine Thiele löste nur Ratlosigkeit und Sprachlosigkeit aus.
Da das grüne Kreuz in Deutschland kein geschütztes Markenzeichen ist, geht es übrigens auch locker als Logo für die Kneipe Apotheke (einst tatsächlich eine Apotheke) in der Roten-Hahnen-Gasse durch. Eine sehr clevere und originelle Idee. Bleiben Sie gesund!