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Landkreis-Tochter mit Zeitarbeitstarif

Rekommunalisierung: Die Methode Wörth?

Das Thema Rekommunalisierung erfährt seit einigen Jahren einen stetig wachsenden Zuspruch. Insbesondere bei der Energieversorgung. Aber nicht nur. Am Kreisklinikum in Wörth a.d. Donau ist der Landkreis Regensburg nach eigener Darstellung bereits 2003 einen solchen Schritt gegangen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich allerdings Fragen.

Die Kreisklinik in Wörth. Zwei-Klassen-System bei der Bezahlung? Foto: Christoph Grahmann/Landratsamt Regensburg

„Chancengleichheit ist für uns mehr als eine gesetzliche Pflicht.“ So steht es in den Stellenausschreibungen des Krankenhaus Wörth a.D. Die „Gleichstellung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ unabhängig von ihren persönlichen Umständen sei „fester Bestandteil unseres Selbstverständnisses und unserer Unternehmenskultur“. Eine Bezahlung nach dem Tarif für den Öffentlichen Dienst in kommunalen Krankenhäusern TVöD-K, Zusatzleistungen und ein betriebliches Gesundheitsmanagement verstehen sich da von selbst. Jedenfalls dann, wenn man direkt beim Krankenhaus angestellt ist. Das gilt aber nicht für jeden.

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Am 24. Oktober 2003 beschloss der Regensburger Kreistag die Gründung der Dienstleistungsgesellschaft der Kreisklinik Wörth a. d. Donau des Landkreises Regensburg mbH, kurz: DKLR. Die DKLR ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Kreisklinik Wörth und somit des Landkreises. Laut Gesellschaftsvertrag soll das Tochterunternehmen „infrastrukturelle Dienstleistungen“ erbringen, „die insbesondere im Zusammenhang mit dem Betrieb der Kreisklinik Wörth a. d. Donau und sonstigen Einrichtungen des Landkreises Regensburg anfallen“. Konkret geht es unter unter anderem um das Reinigungspersonal, die Essensversorgung, den Fahrdienst und den Sicherheitsdienst.

Landratsamt spricht von Rekommunalisierung

Laut Hans Fichtl, Pressesprecher des Landratsamts, müsse die Gründung der DKLR vor 17 Jahren als „Rekommunalisierung“ verstanden werden. „Die DKLR GmbH erbringt infrastrukturelle Leistungen, die vor der Gründung der DKLR GmbH von externen Fremdfirmen an der Kreisklinik erbracht wurden.“ Es habe somit „keine Aus- sondern eine Eingliederung (Rekommunalisierung) stattgefunden“, erklärt Fichtl auf Nachfrage unserer Redaktion. Daraus würden sich zwei wesentliche Vorteile ergeben. Die infrastrukturellen Leistungen für die Kreisklinik Wörth könnten wieder in Eigenregie erbracht werden. Zudem seien diese im Rahmen einer sogenannten umsatzsteuerlichen Organschaft umsatzsteuerfrei.

Einen Tarifvertrag am Klinikum gibt es nicht für alle. Quelle: Screenshots kreisklinik-woerth.de

Wie eng die DKLR an das Kreisklinikum angedockt ist, zeigen personelle Überschneidungen. Beide Unternehmen werden von Martin Rederer als Geschäftsführer geleitet. Auf den Stellenausschreibungen der DKLR sind zudem in einigen Fällen Verantwortliche des Krankenhauses als Kontaktperson aufgeführt. So etwa der Pflegedienstleiter Helmut Zitzmann.

Zeitarbeit als Richtwert statt einheitlicher Tarifvertrag

Anders als das Krankenhauspersonal werden die Angestellten der Tochter aber nicht nach dem TVöD entlohnt. In den Stellenausschreibungen der DKLR ist lediglich von einer „leistungsgerechten Bezahlung“ und einer „langfristigen Entwicklungsperspektive“ die Rede. Pressesprecher Fichtl bestätigt, dass die DKLR „an keinen Tarif gebunden“ sei. Dennoch lehne man sich an den BAP/DGB-Tarifvertrag an. Dieser Tarif ist speziell auf Zeitarbeitsfirmen zugeschnitten. Ist die DKLR also eine landkreiseigene Zeitarbeitsfirma für die Kreisklinik?

 „Nein“, sagt Fichtl auf nochmalige Nachfrage. „Man lehnt sich nur an den Tarif an, weil hier als Tarifvertragsparteien auch sämtliche acht DGB-Gewerkschaften beteiligt sind.“

„Kein Ausdruck der der Wertschätzung gegenüber dem Krankenhauspersonal.“

Sebastian Koch fordert den TVöD auch für die Angestellten der DKLR. Foto: Archiv/bm

Weshalb dies notwendig sein soll, erschließt sich Sebastian Koch allerdings nicht. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Kreistag fordert schon länger, die Angestellten der DKLR ebenfalls nach dem Tarif des Öffentlichen Diensts zu entlohnen. „Ein vermeintlicher Zeitarbeitstarifvertrag, der eher undurchsichtig mit Zulagen und Sonderzahlungen ausgewertet wird, ist für mich nicht gerade Ausdruck der zuletzt vielfach beschworenen Wertschätzung gegenüber dem Krankenhauspersonal.“

Schließlich seien auch die Beschäftigten in der Küche oder im Reinigungsdienst für den Krankenhausbetrieb vonnöten.

Kreisrat sieht „weiteren Aufklärungsbedarf“

Die von Koch angesprochenen Zulagen bleiben auch auf Nachfrage undurchsichtig. In den „ergänzenden Arbeits-/ und Entgeltbedingungen“ würden „zusätzliche allgemeine Zulagen, besondere Zulagen, Zulagen nach Betriebszugehörigkeit, Altersversorgung, Zeitzuschläge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld” geregelt werden, so Pressesprecher Fichtl. Er spricht von weiteren leistungsorientierten Bezahlungen, Ergebnisbeteiligungen sowie Prämien für außerordentliche Krankheitsvertretung.

Was genau unter leistungsorientierten Zahlungen zu verstehen ist, wann und in welcher Höhe diese ausbezahlt werden, erläutert Fichtl nicht. Ähnliche Begrifflichkeiten wurden allerdings vor einigen Jahren auch bei der Deutschen Post verwendet. Zusatzzahlungen waren hier unter anderem an die Anzahl der Fehltage gekoppelt. Ob dies auch in Wörth der Fall ist, ist nicht bekannt.

Es brauche „Klarheit und Einheitlichkeit bei der Vergütung“, fordert Koch. Ginge es nach ihm, wäre die derzeitige Doppelstruktur ohnehin unnötig. Die Beschäftigten der DKLR könne man bestenfalls in das Krankenhaus überführen. Alternativ müsse die DKLR zumindest den TVöD-K als für alle Beschäftigen verbindlich aufgreifen. Das Kreiskrankenhaus Wörth a. d. Donau nehme seit Jahren mit einer „exzellenten medizinischen Arbeit und guten wirtschaftlichen Zahlen“ eine Vorbildfunktion ein. „Dies würde ich mir auch im Hinblick auf eine konsequente und gesamtheitliche Rekommunalisierung wünschen“, so Koch.


Kommentar

Der Verdacht liegt auf der Hand: Die vorgebliche Rekommunalisierung mehrerer Dienstleistungen am Klinikum Wörth dient in erster Linie der Kostenersparnis – auf dem Rücken der Beschäftigten. Während der Krankenhaustarif TVöD-K transparent und nachvollziehbar ist, bleibt die Entlohnung der DKLR-Beschäftigten trotz mehrfacher Nachfragen im Dunkeln. Warum man sich an einen Tarif für Zeitarbeitsfirmen anlehnt, bleibt völlig unklar. Dabei würde es gerade kommunalen Einrichtungen gut zu Gesicht stehen, mit gutem Beispiel voranzugehen und die allseits bekundete Wertschätzung für Krankenhauspersonal auch durch eine transparente tarifliche Bezahlung zum Ausdruck zu bringen. Vom Händeschütteln und Klatschen haben die Beschäftigten nichts.  

 

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Kommentare (3)

  • Heinrich Kielhorn

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    “Dieser Tarif ist speziell auf Zeitarbeitsfirmen zugeschnitten. Ist die DKLR also eine landkreiseigene Zeitarbeitsfirma für die Kreisklinik?

    „Nein“, sagt Fichtl auf nochmalige Nachfrage. „Man lehnt sich nur an den Tarif an, weil hier als Tarifvertragsparteien auch sämtliche acht DGB-Gewerkschaften beteiligt sind.“”

    Was für ein himmelschreiender Unfug.

    Die absolute Regel sind Tarifverträge mit Einzelgewerkschaften. Ver.di, IG Metall, IG BAU, und so weiter.

    Der BAP/DGB Tarif ist die exotische Ausnahme und die unterschwellige Behauptung, dass der irgendwie besser sei, weil da alle acht Einzelgewerkschaften eingebunden seien blanke Schaumschlägerei.

    Warum sollte es auch von Vorteil sein beispielsweise die Gewerkschaft der Polizei oder die IG Bergbau, Chemie, Energie an der Tarifvereinbarung für einen Krankenhausdienstleister zu “beteiligen”?

    Vollkommen unsinnig wird die Aussage aber dadurch, dass ja der BAP/DGB in der dklr nicht einmal abgeschlossen ist, er wird sich nur angelehnt an ihn. Er beteiligt also nicht nur nicht alle acht Gewerkschaften, sondern keine einzige Gewerkschaft an der Entgeltgestaltung.

    Mir drängt sich der Eindruck auf, dass der Landkreis in der dklr ganz einfach schalten und walten will, wie er möchte.

    Es gibt keinen Tarif und damit keine Rechtssicherheit für die Belegschaft, sondern ein Entgeltmodell, das sich an den Hungerlöhnem des DGB/BAP anlehnt und jede Zulage, die das abmildert kommt als großzügiges Geschenk daher und nicht als fester Teil eines gültigen TVs.

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  • R.G.

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    DKLR GmbH , heißt das Ding also.
    “Wie eng die DKLR an das Kreisklinikum angedockt ist, zeigen personelle Überschneidungen. Beide Unternehmen werden von Martin Rederer als Geschäftsführer geleitet. Auf den Stellenausschreibungen der DKLR sind zudem in einigen Fällen Verantwortliche des Krankenhauses als Kontaktperson aufgeführt. So etwa der Pflegedienstleiter Helmut Zitzmann.”
    Bitteschön, erhalten die angeführten Herren, da sie zum Teil für das Ding zuständig sind, wenigsten nur zur Hälfte ein Gehalt wie für den öffentlichen Dienst, und zur Hälfte eine niedrigere Entlohnung wie beim DKLR GmbH , angelehnt an die traurigen Löhne von Leiharbeitern?
    Gibt es für sie etwa gar eine Zulage für die Tätigkeiten in der DKLR GmbH ?

    Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu!

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  • Hutzelwutzel

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    Hatten “wir” das nicht schon mal ähnlich, in der Vergangenheit? Nach Kosten intensiver Verbetonierung von Flüssen und Landschaftsteilen kam man – oh, welch ein Wunder – nach Jahrzehnten drauf, dass man das wieder “re-naturieren” müsse. Einmal gutes Geld zum Fenster rausgeworfen, das zweite Mal wieder. Manchmal glaube ich Deutschland befindet sich seit 1949 in einer Art “wiederkehrender Zeitschleife”. Nur die Politiker:innen welche saubere Diäten vermehren sich scheinbar durch Zellteilung.

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