Regensburgs Schottenportal zerbröselt’s: Altstadtfreunde spenden für die Restaurierung
1979 beschäftigte sich ein international besetztes Symposium erstmals mit der notwendigen Restaurierung des Schottenportals. Die soll 45 Jahre später nun „demnächst“ in Angriff genommen werden.
Das weibliche Geschlecht hat im Jenseits die besseren Karten. Zumindest dann, wenn man dieser Interpretation der Figuren auf dem Regensburger Schottenportal folgt, wo sich an der Außenseite die Löwinnen, vom Altar aus gesehen, auf der rechten Seite versammeln, bei der Jungfrau Maria, den eher fröhlich anmutenden Fabelwesen und dem Reich der Seligen, während die Löwenmännchen es mit schaurigen Kreaturen zu tun haben, mit dem strafenden König Salomon und der Unterwelt inklusive ewiger Verdammnis.
Doch auch wenn man das nicht sehen will, etwa in Ermangelung christlichen Glaubens, ist das, nicht von schottischen, sondern irischen Benediktinern erbaute Schottenportal am westlichen Rand der Altstadt weit mehr als nur einen flüchtigen Blick wert. Im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts errichtet, gilt es, ganz abseits des gelegentlich grassierenden Regensburger Hangs, sich als besonders herausragend zu betrachten, als das aufwändigste und figurenreichste Portal der Romanik in Deutschland.
1979: 28 Fachleute debattieren über die Rettung des Schottenportals
Die Kirche St. Jakob mit ihrem Schottenportal an der Nordseite befindet sich im Eigentum der Diözese Regensburg und dient als Seminarkirche des Regensburger Priesterseminars. Am Dienstagvormittag liefert Professor Achim Hubel, hiesiger Tausendsassa in Sachen des Denkmalschutzes (er war unter anderem Diözesankonservator, ICOMOS-Experte für die Welterbestätten in Deutschland und maßgeblich an der Erforschung des Regensburger Doms beteiligt) und immer wieder Stachel im Fleisch einer allzu baubegeisterten Stadtspitze, binnen weniger Minuten einen eloquenten und faktenreichen Abriss, der sich nicht nur mit der Entstehung des Schottenportals befasst, sondern auch mit dessen stiefmütterlicher Behandlung und dem fortschreitenden Verfall der letzten Jahrzehnte.
Nicht nur, weil er davon jede Menge Ahnung hat, schon 1979 war er bei ersten Symposium dabei, bei dem sich 28 Fachleute mit den Möglichkeiten einer Restaurierung des Portals befasst hatten, sondern auch weil Hubel trotz seiner 79 Jahre beeindruckend schnell sprechen kann.
Der Anlass ist ein durchaus erfreulicher. Dem schon 1992, bei einem weiteren internationalem Symposium festgestellten „dramatischen Anstieg der Oberflächenschäden“ soll ein Ende gesetzt werden. Dafür überreichen die Altstadtfreunde einen Scheck von 10.000 Euro aus einer von Hubel gestarteten Spendenaktion.
„Das kostet richtig viel Geld.“
Eine bemerkenswerte Summe ist das. Die Hälfte kam von zwei hiesigen Rotary-Clubs. Es ist aber doch nur eine kleine Anschubfinanzierung für die „demnächst“ beginnende Voruntersuchung des Schottenportals, die vor kurzem an das Bamberger Planungsbüro „ProDenkmal“ vergeben wurde und deren notwendige Vorarbeit für eine dann anstehende Sanierung bereits „richtig viel Geld“ kostet, wie Diözesankonservatorin Maria Baumann anmerkt.
Der vor allem in 80er und 90er Jahren (nicht im wörtlichen Sinne) in aller Munde befindliche saure Regen hat dem Schottenportal arg zugesetzt. Der eigentlich hochwertige Kalkstein aus der Gegend um Kapflberg und Bad Abbach, dasselbe Material, mit dem der Regensburger Dom erbaut wurde und weit hochwertiger als der Sandstein, der von weltlichen Bauherren errichteten Steinernen Brücke, wird durch den starken Schwefeleintrag in Gips umgewandelt. Der verhärtet sich zusehends, platzt durch den Druck des im Inneren angestauten Wassers und von Salzen ab, und das Schottenportal zerbröselt’s – im ureigensten Sinn des Wortes.
Ein ästhetischer Glasvorbau, der eher schadet
Nach den zahlreichen Symposien, den Untersuchungen und der 1998 abgeschlossenen Sanierung der Kirche St. Jakob, wurde die Instandsetzung des Schottenportals nicht in Angriff genommen, sondern stattdessen, vier Jahre später, die Ausschreibung für eine Vorhalle gestartet, um es zumindest vor dem Regen zu schützen.
Der 1999 fertiggestellte Glasvorbau, gegen den damals der Bund Naturschutz in Verteidigung dreier Buchen erfolglos Sturm lief, sieht zwar schön aus, ist aber, wie Hubel herausstellt, nicht geeignet, um das Schottenportal zu schützen.
Der ursprünglich aus der Ausschreibung hervorgegangene Siegerentwurf, ein Massivbau, hinter dem das Portal von außen nicht sichtbar gewesen wäre, habe dem damaligen Jury-Vorsitzenden, Weihbischof Vinzenz Guggenberger, nicht so gut gefallen, sagt Hubel. Und so habe man sich für den ästhetisch ansprechenderen Vorschlag des Zweitplatzierten entschieden, in dessen Innenraum die OTH Regensburg seit zweieinhalb Jahren das dort herrschende Mikroklima gemessen hat und es laut den Altstadtfreunden so aussieht, als würde dieses zum Verfall des Schottenportals auch noch beitragen.
Kompressen statt Kärchern
Doch wo Dunkelheit ist, da wächst auch Rettendes heran, denn die jahrzehntelange Verzögerung bei der Restaurierung hat auch ihr Gutes. Im Zuge der zwanzig Jahre währenden Sanierung der Fassade des Regensburger Doms und durch Forschungen des mit Hubel befreundeten Professors für Restaurierungswissenschaften Rainer Drewello wurden mittlerweile schonendere Methoden gefunden, um den zu Gips werdenden Kalkstein wieder auf Vordermann zu bringen.
Hätte man früher zu Mitteln gegriffen, die man, etwas flapsig ausgedrückt, als sanftes Kärchern bezeichnen könnte, kann man den Gips heute durch das Auflegen von mit Ionentauschern getränkten Kompressen wieder zurück in Kalkstein verwandeln und mit Hilfe von Lasern reinigen, in der Hoffnung, dass sich vielleicht sogar Farbreste finden am Schottenportal, das ehedem bunt bemalt war.
Eine zwar langwierige, aber doch sanfte Methode wäre das, für die man sich bei der Diözese Regensburg, nach Abschluss der Voruntersuchungen, Zuschüsse vom Landesamt für Denkmalpflege und diversen Stiftungen erhofft.
Was das dann kostet, das vermag am Dienstag niemand zu beziffern. Und es wird wieder etwas christlich als der Kunsthistoriker und Altstadtfreund Helmut-Eberhard Paulus zu dieser Frage anmerkt: „Nur die einfachen Antworten fallen vom Himmel.“ Die Brösel vom Schottenportal aber wohl bald nicht mehr.
tom lehner
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Wer ist eigentlich Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes mit dem schönen Portal?
Stefan Aigner
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Steht im Text. Die Diözese Regensburg.
KW
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Sehr schönes Kirchenportal, nur warum finanziert das Bistum Regensburg die Sanierung nicht aus der eigenen Tasche? Sollte für die Firma finanziell eher unter Peanuts laufen.
Ja, zugegeben, die Frage ist eher rhetorisch. Ein seit 2000 Jahren nahezu perfekt auf Gewinnorientierung optimiertes Unternehmen wird auch weiterhin keinen Cent ausgeben, den es auch von woanders bekommen kann.
Native
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Ablasshandel als Finanzierung für die Immobilie Petersdom war schon einmal (16. Jahrhundert) eine bevorzugte Einnahmequelle. In die Anfangsjahre des 16. Jahrhunderts fällt nicht zufällig der Beginn der Reformation. Der Bau des Petersdoms war der Anlass für die Spaltung der Kirche in Katholiken und Protestanten. Um genug Geld für den Bau zu beschaffen, beschied Papst Leo X. einen so genannten Plenarablass: Wer der Kirche Geld zahlte, dem wurde die Strafe für seine Sünden erlassen. Das war der so genannte Ablasshandel. Den Ablass predigte auch Johann Tetzel (nicht BTT Tretzel GmbH) in Magdeburg. Ihm schreibt man den Spruch zu: “Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt.” Wenn es das Gewissen erleichtert, dann hurtig los! Quasi als Ablass für begangene Umweltsünden der letzten Jahrhunderte. Ich befürchte, aber es wird noch mehr „zerbröseln“, z.B. die Infrastruktur (Brücken, Straßen, Schienennetz und schützenswerte Naturräume für den Klimaschutz). 😊
Native
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Zurück zur Realität. Es gibt keine Geisterstunde an Halloween. Zugegeben etwas makaber. 😊
Tom Lehner
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@ Stefan Aigner
Danke, es war rhetorisch gemeint. Mein Gedanke dabei war ein anderer. Die Kirche generiert seit Jahrtausenden Gelder und Vermögen. Nicht immer zum Vorteil der Schäflein. Jetzt kann man sich streiten ob ein Dom auch einen Anteil zum Ansehen einer Region hat und quasi Teil einer “Zugewinngemeinschaft” ist. Also hilft Gelder zu generieren. Ich denke aber schon das die Finanzierung von Gotteshäusern und deren Unterhalt durchaus auch neu diskutiert und gestellt werden darf.