Überzeugungstäter mit Witz, Herz und Kante
Klaus Caspers ist am Ostermontag im Alter von 79 Jahren gestorben. Ein Nachruf.
„Ob der sich was getan hat? Ja freilich wird er sich was getan haben. Weil er nämlich ein Depp ist.“ Es muss so im Spätherbst 2018 gewesen sein, als ich bei einem der letzten längeren Gespräche mit Klaus Caspers dabei war. Draußen in der Sonne, vor dem kleinen Café, gleich in der Nähe seiner Wohnung. Drumherum zwei oder drei Leute, mit denen er bei einem Glas Wein ein wenig politisiert hat.
Obwohl man ihm seine schleichende Erkrankung da schon angemerkt hat, war es so ein typischer Caspers-Monolog, zu dem er gerade angehoben hat. Witzig, kritisch, kenntnisreich – und auch ein wenig derb. Grantig. Dem städtischen Spitzenbeamten, den es da ein paar Tage vorher mit dem Radl geschmissen hatte, dem hat der Klaus nichts Schlechtes gewünscht. Er hat ihn halt nur für einen Deppen gehalten.
Weil der so viele Dinge nicht gemacht hat, die man für Regensburg hätte machen können, die man hätte machen sollen, Sachen, die Klaus Caspers und seine Mitstreiter schon öfter angemahnt haben, oder die sie ganz einfach selber schon gemacht haben.
Das Bürgerfest hat er maßgeblich mit angestoßen und den Regensburgerinnen und Regensburgern gezeigt, dass ihre Altstadt viel zu schön ist, um da überall Autos fahren und parken zu lassen, oder gar eine breite Verkehrstrasse durchzuschlagen. Beim Fest im Fluss war er mit dabei, das den Regensburgern ein paar wunderschöne Donaustrände geschenkt hat. Bei der Rettung vom Velodrom, das die Stadtspitze damals unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hat abreißen wollen.
Der von Caspers mit gegründete Arbeitskreis Kultur hat sich seit bald 40 Jahren immer wieder eingemischt als eine Art „kulturelle Stadtguerilla“, wenn es darum ging, etwas einzufädeln und auf die Beine zu stellen – wie eben das Bürgerfest, das Fest im Fluss oder den Weihnachtsmarkt am Haidplatz. Auch das eine oder andere historische Kleinod wurde so gerettet, wie zum Beispiel die verfallenden Denkmäler am Schloss Prüfening, die dem Haus Thurn und Taxis gehören: die Orangerie, der Astronomische Turm und der Gartentempel.
Es sind nur ein paar Schlaglichter aus fast 80 Jahren, die geprägt waren von einer Liebe zu Regensburg, unbandiger Lebensfreude und Lust an der Auseinandersetzung, am Streiten. Mit Joachim Wolbergs und Norbert Hartl, als die noch die unangefochtenen Führungspersonen seiner Partei – der SPD – waren. Mit dem Kulturreferenten. Mit dem langjährigen Oberbürgermeister Hans Schaidinger.
Klaus Caspers hat mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten. Er hat es laut gesagt, dass er den sanierten Weinstadel für eine „bessere Pizzabude“ hält und damit „Kulturmäzen“ Oswald Zitzelsberger vor den Kopf gestoßen. Er hat es dem ehemaligen Kulturreferenten regelmäßig unter die Nase gerieben, dass der das Historische Museum vor sich hindümpeln lässt und dass Exponate in Lagerräumen „vor sich hin gammeln“. Er hat es der Stadtspitze offen vorgeworfen, dass sie bei ihren (gescheiterten) Plänen für eine Busbrücke über den Gries mit „getürkten Gutachten“ gearbeitet habe. Dass bei den Stadthallenplänen am Donaumarkt wohl ganz andere Interessen mitschwingen als das Wohl der Bürger. Und dass man ruhig mal ein Beteiligungsverfahren für ein Kultur- und Kongresszentrum am Ernst-Reuter-Platz machen solle – die Bürger würden dann schon aufpassen, dass da was Vernünftiges hinkommt.
Es dürfte nicht zuletzt Caspers Kantigkeit geschuldet sein, dass er von offizieller Seite erst kurz vor seinem Lebensende für seine Verdienste um Regensburg und für sein künstlerisches Schaffen geehrt wurde. 2018, damals schon von seiner Krankheit gezeichnet, erhielt er den Kulturpreis der Stadt, die sich ohne den politischen Wechsel an der Spitze sonst wohl nie dazu herabgelassen hätte, einen so kritischen Begleiter gebührend zu würdigen. Schon in den 90ern, den Schaidinger-Jahren, war Caspers für diesen Preis vorgeschlagen. Aber „von höherer Stelle“, wie es damals hieß, wurde eine Ehrung verhindert.
„Klaus Caspers hat ein herausragendes Lebenswerk geschaffen“, steht nun in der 2018er-Laudatio. „Seit nunmehr 50 Jahren hat er sich für die Kunst und das kulturelle Leben Regensburgs stark gemacht, die Stadtentwicklung und Stadtkultur maßgeblich beeinflusst und sich um die Denkmäler der historischen Stadt verdient gemacht. In diversen kulturellen Vereinigungen war und ist er vielseitig engagiert. Die große städtische Auszeichnung stellt eine angemessene Würdigung seines langjährigen bedeutsamen Schaffens dar.“
Überfällig oder gerade noch rechtzeitig wäre wohl das bessere Attribut gewesen. Und dass die Würdigung seines künstlerischen Lebenswerks in einer städtischen Galerie mit dem dann schon fast zynisch klingendem Titel „Klaviatur des Lebens“ wegen des jahrelangen Zuwartens erst kam, als er krankheitsbedingt nicht einmal daran teilnehmen konnte, ist eigentlich eine Schande.
Klaus Caspers starb am Ostermontag. Er wurde 79 Jahre alt.
blondie
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der klaus war ein traum, hat immer unterstützt wo er konnte und sich getraut das maul aufzumachen, auch auf die gefahr damit anzuecken. ich kannte ihn seit jahrzehnten. traurig…
Mathilde Vietze
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Es stimmt: Klaus Caspers hatte ausgezeichnete Ideen und viele fleissige Helfer,
diese in die Tat umzusetzen.
Nocheinüberlebender
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Oh oh! Mein herzliches Beileid! Ich kannte Ihn!
Roche-Dirac
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Ich kannte Klaus Caspers nicht persönlich. Sein Name war mir nur aus diverseren Presse-Artikeln der letzen Jahrzehnte bekannt.
Die Liste mit seinen Aktionen seit den 70ern ist beeindruckend. Solche Leute haben für Regensburg echt was getan.
Ich frag mir gerade was wohl in zehn oder zwanzig Jahren von Hans Schaidinger noch zu berichten sein wird. Er war der Kommerz-Immobilien-Bürgermeister. Toll. Laissez-faire für die Immobilien-Fuzzis in Regensburg … mehr hat er wohl nicht auf der Pfanne gehabt. Aber das war wohl das was die Regensburger wollten in den 90ern und Nuller-Jahren.
Wir kriegen eben alle die Volksvertreter, die wir haben wollen …
Martin Spiegler
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Für mich war Klaus Caspers Ende der 60er /Anfang der 70er Jahre in seiner Funktion als Kunstlehrer am Domgymnasiumin ein Lichtblick in der damals überwiegend autoritär geprägten Lehrerschaft. In seinem Unterricht menschlich und künstlerisch inspirierend, dazu ein wacher Geist, der den damaligen gesellschaftlichen Aufbruch persönlich, mutig und authentisch verkörperte.
Im Kunstunterricht zwei Etagen unter Ratzingers heiligen Hallen durften wir – nebenbei bemerkt – die Musik hören, die unserem erwachten Lebensgefühl entsprach und die der gestrenge Domkapellmeister ablehnte wie der Teufel das Weihwasser: die Musik der Doors, der Who, von Pink Floyd usw.
Klaus Caspers Tod weckt wehmütige Erinnerungen.
Martin Spiegler, Heidelberg
Harald S.
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Nicht zu vergessen das Anti-WAA-Festival in BUL, das er maßgeblich mitorganisiert hat, neben all den anderen innovativen, teils unpopulären und manchmal auch nicht ganz “legalen” Aktionen. War sehr kurzweilig mit ihm.
wollwirker
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Ach ja,
das Fest im Fluss,
bei Sonnenuntergang und Geigenmusik sind wir beim Heurigen am Baggerweiher
gesessen, haben in einem rostigen, stählernen Laderaum eines gestrandeten
Donau-Lastkahns Gerhard Polt live erlebt…….
Dort, wo sich die Kreativen einmischen wird eine Gesellschaft bunt und lebenswerter.
Danke Herr Caspers.
Stadtamhoferer
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Ich habe Klaus vor langer Zeit kennenlernen dürfen. Es waren immer kritische, aber sehr sachliche Diskussionen und immer auf Augenhöhe, auch wenn man eine andere Meinung vertreten hat. Man spürte bei ihm bei jedem Satz, wie sehr er Regensburg schätzte und liebte.
Auch wenn die Ehrungen sehr oder zu spät gekommen sind, er bleibt durch sein Enganement bei den Regensburgern unvergessen.
Herbert Grabe
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Er war auch der wichtigste Macher des Anti-WAA-Folk-Festivals im Mai 1986. Die Fläche, unweit des WAA-Bauplatzes, hat er durch sein guten Kontakte gekriegt. Ich war erstaunt, wen er alles kennt und noch mehr, welch fabelhaftes Verhältnis er zu so vielen Leuten hat. Obwohl (oder gerade weil) er sein Licht stets unter den Scheffel gestellt hat.
C.K.
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Die Einsatzfreude, die Intensität mit der Claus Kaspers seine vielen Themen, seine Haltung vertrat ist in Regensburg sicher schwierig zu finden.
Immer offen, geradlinig auch jüngeren gegenüber, nie hochmütig so war mein persönlicher Eindruck von Ihm.
Natürlich immer kritisch und kontrovers.
Angesichts seiner Verdienste sind aber die späte offizielle Anerkennung und der oft ruppige Umgang mit seiner in Jahrzehnten entstandenen Kunst am Bau Projekte von städtischer und staatlicher Seite schwer nachzuvollziehen.
Sigi
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Ein Regensburger Original. Ich durfte ihn im Rahmen der Anti-Wahnsinns-Festivals kennen lernen.
Helmut Pfifferling
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RIP…lieber Claus…es war immer etwas ganz Besonderes Dich zu treffen..von Dir zu hören..Dich gekannt zu haben..sehr Schade..ein besonderer Regensburger verlässt die Stadt…welche Dich sicher nie vergessen wird…
Manfred Schimchen
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Danke Klaus für Alles, du wirst dieser Stadt fehlen
Burkhard
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Ich vermisse Dich ????