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„Wir haben da keine Karten im Spiel.“

Regensburg geht auf Distanz zur Luca-App

Von der viertgrößten Stadt in Bayern gibt es keine Empfehlung und schon gar keine Verpflichtung zur Nutzung der Luca-App. Das hat Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer in einer Sitzung des Kulturausschusses am Dienstag klargestellt. Es gebe auch keine Pläne zum Einsatz in städtischen Einrichtungen. Das Westbad bleibt bei seinem Online-Ticketing-System – ohne App.

Über fünf Millionen Euro hat der Freistaat Bayern für Lizenzen der umstrittenen Luca-App ausgegeben – von der Stadt Regensburg gibt es keine Empfehlung oder Verpflichtung, diese zu verwenden. In städtischen Einrichtungen kommt sie derzeit nicht zum Einsatz. Foto: Hersteller

„Die Stadt Regensburg empfiehlt nicht die Verwendung der Luca-App.“ Das hat Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer in einer Sitzung des Kulturausschusses klargestellt. Anlass war eine Nachfrage von Ribisl-Stadtrat Jakob Friedl. Zwar habe man sich auf Wunsch von Gastronomen dafür eingesetzt, eine App mit Schnittstelle zum Staatlichen Gesundheitsamt zu etablieren, so die Oberbürgermeisterin. Das habe sich aber dann mit der Entscheidung des Freistaats überschnitten, Lizenzen für die Luca-App zu erwerben. Jeder, der wolle, könne diese nutzen, allerdings gäbe es dazu keine Empfehlung oder gar Verpflichtung durch die Stadt Regensburg. „Wir haben da keine Karten im Spiel.“

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„Derzeit keine konkreten Planungen“ zum städtischen Einsatz

Etwas ausführlicher äußert sich Maltz-Schwarzfischer in einem Schreiben an Grünen-Stadtrat Daniel Gaittet. Dieser hatte bereits am 28. April eine Anfrage gestellt (hier geht es zum Bericht) und auf die breite Kritik von Fachleuten an der Luca-App verwiesen, unter anderem vom Chaos Computer Club (CCC). Mit direkter Kritik am Freistaat hält sich Maltz-Schwarzfischer in ihrer Antwort zwar zurück – „Wir gehen davon aus, dass bei der Lizenzierung für den Freistaat Bayern die vom CCC kritisierten Aspekte Datenschutz, Vergabe und reale Nachverfolgungsmöglichkeiten mit der Luca-App eingehend geprüft wurden“, so die Oberbürgermeisterin.

„Wenn es weitere Möglichkeiten gibt, die Kontaktnachverfolgung sicherzustellen, wird die Verwaltung davon Gebrauch machen.“ Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Foto: om/Archiv

Gleichzeitig stellt Maltz-Schwarzfischer aber einerseits klar, dass die Stadt „derzeit keine konkreten Planungen“ habe, die Luca-App selbst einzusetzen. Andererseits gehe es der Stadtverwaltung auch generell nicht um die Etablierung einer Software als alleinige Problemlösung bei der Kontaktnachverfolgung. „Wenn es weitere Möglichkeiten gibt, die Kontaktnachverfolgung sicherzustellen, wird die Verwaltung davon Gebrauch machen.“

„Eine gute Nachricht“

Daniel Gaittet hält die Corona-Warn-App für die “deutlich smartere Lösung”. Foto: pm

Tatsächlich hatte die Stadtverwaltung in einer Beschlussvorlage für den Verwaltungs- und Finanzausschuss zum Kultursommer in Regensburg am 22. April das Ziel formuliert, „eine möglichst einheitliche bzw. interkompatible App zur digitalen Kontaktnachverfolgung in der Stadt und Landkreis Regensburg zu etablieren“. Im Zuge der anschließenden Debatte hatte Maltz-Schwarzfischer damals erwähnt, dass vom Freistaat zwischenzeitlich Lizenzen für die Luca-App angeschafft worden seien.

Kritik kam anschließend von Stadträten und Fachleuten. Der Regensburger IT-Experte Markus Feilner hatte die Bedenken hinsichtlich der Luca-App in einem Interview mit unserer Redaktion ausführlich erläutert (hier nachzulesen). Zuletzt hatte er Stadtrat und Stadtspitze in einem Offenen Brief aufgefordert, die Bürgerinnen und Bürger vor der Luca-App zu warnen (hier nachzulesen). Der Schaden durch den Freistaat sei bereits angerichtet, die Stadt solle diesen nun nicht auch noch vergrößern.

Als Bekenntnis pro Luca will das Stadtoberhaupt ihre damalige Aussage laut der Antwort an Daniel Gaittet ausdrücklich nicht verstanden wissen. Man habe in der Vorlage „gerade nicht eine ausgewählte App“ genannt.

Gaittet bewertet die Rückmeldung der Oberbürgermeisterin im Wesentlichen positiv. Zwar sei die Position gegenüber dem Freistaat „bestenfalls naiv, schlimmstenfalls fahrlässig“, so der Grünen-Stadtrat. „Dass die Stadt jetzt auf Distanz zur Luca-App geht, ist aber eine gute Nachricht.“

Stadtwerk setzt auf eigenes System

Auch das Stadtwerk Regensburg setzt offenbar nicht auf die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung. Laut einer aktuellen Pressemitteilung anlässlich der Wiedereröffnung des Westbads am kommenden Dienstag, setzt die städtische Tochter dort weiter auf ihr bereits etabliertes System: Tickets können ausschließlich online unter Angabe der Kontaktdaten erworben werden, um so eine Nachverfolgung sicherzustellen.

Das Staatliche Gesundheitsamt Regensburg ist zwar auf Geheiß des Freistaats an das Luca-System angeschlossen. Allerdings ist dessen Verwendung bislang eine Marginalie. Laut dem IT-Experten Ralf Rottmann, der seit dem 22. April öffentlich Buch darüber führt, wie viele Gesundheitsämter an das System angeschlossen sind und wie viele Kontaktnachverfolgungsanfragen es gab, beläuft sich deren Zahl für Stadt und Landkreis innerhalb der letzten zwei Wochen auf 130. Und selbst diese Zahl ist mutmaßlich zu hoch, da sich Testanfragen durch den Hersteller nicht sicher herausfiltern lassen.

Die derzeit gültige Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Freistaats Bayern schreibt die Verwendung einer App zur Kontaktnachverfolgung nicht vor, sondern lediglich die Erfassung von „Namen und Vornamen, Anschrift und eine sichere Kontaktinformation (Telefonnummer oder E-Mail-Adresse) sowie der Zeitraum des Aufenthaltes“.

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Kommentare (7)

  • Mr. T.

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    Danke Markus Feilner, Jakob Friedl, Daniel Gaittet 🙏
    Die Stadt scheint nur bedingt beratungsresistent zu sein.

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  • Mister X

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    Es ist schade, daß sich einige Gastronomiebetriebe für die Luca-App entschieden haben. In das MuseumsCafee zum Beispiel (so steht es auf Facebook) gelangt man nur wenn man die App instaliert hat und sich darüber registriert.

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  • Markus Feilner

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    @Mr. T: Ich hab eigentlich immer gute Erfahrungen gemacht in Gesprächen mit der Kommunalpolitik. aber auch in Bundes- und Landtag. Wenn überhaupt, dann waren es meist “Koalitionsräson” oder “Realpolitik” die die sinnvollen Sachen verhindert haben. Mein Ansatz ist immer: Gib den Damen und Herren was an die Hand, was ihnen auch hilft. Dazu braucht’s den Perspektivwechsel. Und hier haben wir genau das: Alle gewinnen, Regensburg steht gut da, und wir können uns (zu Recht!) auf die Schultern klopfen. Gemeinsam was bewegt, das freut mich so, als Open-Source-Mensch.
    Übrigens findet sich hier auf Twitter bei Bianca Kastl noch mehr interessantes zur Kontaktverfolgung: “Um die nachhaltig zu verbessern, braucht es Apps die den gesamten Prozess begleiten können, also etwa die Corona Warn App.”
    https://twitter.com/bkastl/status/1395080810601009161
    Ich denke immer noch, dass wir hier über ein Problem reden, das Austerity, also Neoliberale der FDP und Co. uns eingebrockt haben und das wir jetzt verzweifelt mit Steuermillionen und IT und Heilsbringern zu lösen trachten – das kann nicht funktionieren.
    Das Problem ist, dass Menschen wie Herr Lindner etc. :
    * Gesundheitsvorsorge abbauen wollen
    * Gesundheitsämter (wie auch andere) zum “schlanken Staat” machen wollen
    * Krankenhäuser kaputt sparen
    * Niedrigstlöhne bei den Menschen durchsetzen, die unsere Leben retten.
    und sich dann hinstellen, “hier ist wieder ein SUPERTOLLES Startup aus Berlin, das rettet alles!”
    Echt schade, dass solche Methoden so viele Menschen einfangen. Das müsste nicht sein, das könnte Leben retten.

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  • Markus Feilner

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    Mister X: Museumscafe+Luca: Ist das legal oder ist das nicht diskriminierend? Die müssen doch Papierlisten vorhalten…

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  • R.G.

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    Durch den vorigen Artikel entdeckte ich die Seite epicenter.works.
    Gelegentlich sind darauf deutsche Zustände beschrieben, im Moment stehen noch österreichische Entscheidungen im Vordergrund.
    In Sachen Grüner Pass ist das Nachbarland der Geburtshelfer, bei Corona-Qarantänen nahm sich Bayern Kanzler Kurz angeblich stets direkt zum Vorbild.
    Ungemach droht, wenn die Datenverknüpfungen, gewünscht durch den ganz neu eingewechselten österreichischen Gesundheitsminister, tatsächlich zum Maßstab werden. Die Gesundheitskarte, das dahinter liegende System ELGA mit allen darin gespeicherten Gesundheitsdaten, soll nun mit den Impf-, Corona-, und Genesungsdaten verknüpft werden.

    Ich gebe die direkten Links.
    https://epicenter.works/content/sicherheitsluecken-im-gruenen-pass-gefaehrden-gesundheitsdaten-aller-sozialversicherten

    https://epicenter.works/content/eu-parlament-beschliesst-den-covid-pass-risiken-fuer-datenschutz-und-neue-diskriminierungen

    https://epicenter.works/content/die-saeulen-des-gruenen-passes-ueberwachbarkeit-ein-exorbitanter-datenberg

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  • Hthik

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    @Markus Feilner 20. Mai 2021 um 14:09
    Gratulation, so von free access Mensch zu open source Mensch.

    Auch der Diagnose stimme ich vollständig zu.

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  • Mr. B.

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    Zu Markus Feilner
    20. Mai 2021 um 14:09:

    Ich finde, dass haben Sie sehr gut dargestellt und erklärt!
    Danke!

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Kommentare sind deaktiviert

drin