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Versuchter Totschlag

Rache für kompromittierendes Video?

Wegen einer Auseinandersetzung in der Gemeinschaftsunterkunft am Weinweg muss sich seit Mittwoch der 30-jährige Goran K. vor Gericht verantworten. Er soll versucht haben, mit einem Schraubenzieher auf einen Mitbewohner einzustechen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Totschlag vor. Doch der Fall ist kompliziert. In der GU kursierte zuvor ein heimlich gefilmtes Video, das den fast erblindeten Angeklagten beim Onanieren zeigen soll.

Täter oder Opfer? Goran K. vor Gericht. Foto: om

Es ist ein Fall, bei dem sich die Wahrheitsfindung schwierig gestaltet. Zeugen haben das Ganze allenfalls am Rande oder gar nicht beobachtet. Die direkt Beteiligten schildern das Geschehen diametral unterschiedlich. „Wir wissen zu wenig“, so der Vorsitzende Richter Dr. Michael Hammer, „müssen aber davon ausgehen, dass es ein hoch affektives Geschehen war“.

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Bewährungsstrafe möglich

Angeklagt ist der 30-jährige Goran K. Er soll versucht haben, mit einem Schraubenzieher auf seinen Mitbewohner Salar H. einzustechen. Die Staatsanwaltschaft sieht darin versuchten Totschlag in einem minder schweren Fall. Falls K. diesen „nicht gerechtfertigten Angriff gegen den Oberkörper mittels Schraubenzieher“ einräumen sollte, stellt ihm das Gericht nach einem Rechtsgespräch eine Bewährungsstrafe in Aussicht. „Wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls“, so Richter Hammer.

Doch K. will von diesem Angebot keinen Gebrauch machen, weil sich der Vorfall ganz anders abgespielt haben soll. Während der vermeintlich Geschädigte Salar H. davon spricht, dass er immer nett zu seinem Mitbewohner gewesen sei und ihm immer „zu hundert Prozent“ geholfen habe, „wie ein Vater oder Bruder“, sieht sich Goran K. als das eigentliche Opfer.

Täter oder Opfer?

Über seinen Verteidiger Julian Wunderlich teilt er mit, dass H. ihn zunächst beleidigt haben soll. „Ich ficke deine Mutter“ oder „Schwuchtel“ seien bei Gesängen in einer geselligen Shisha- und Bierrunde in der GU gefallen. Der Angeklagte hörte dies von weiter weg und wollte H. zur Rede stellen. Der habe ihm jedoch ins Gesicht geschlagen. Freunde hätten ihn gar von Goran K. wegziehen müssen.

Er sei dann zu seinem Zimmer gegangen, so der Angeklagte. H. sei ihm aber gefolgt und habe ihn erneut geschlagen. Deshalb habe sich der fast blinde K. mit dem Schraubenzieher – den er zufällig in der Hosentasche hatte – gewehrt. Zugestochen habe er damit nicht, sondern lediglich vor sich hin und her gefuchtelt. Der Angeklagte sieht sich als das eigentliche Opfer.

Heimlich beim Onanieren gefilmt

In einem anderen Fall, der die Kammer ebenfalls beschäftigt, ist er jedenfalls tatsächlich Opfer geworden. Irgendjemand – Goran K. vermutet seinen Kontrahenten Salar H. – hat ihn heimlich dabei gefilmt, wie er aus der Dusche ging und sich selbst befriedigte. Das Video kursierte in der Gemeinschaftsunterkunft und wurde auch K.s Vater und seiner Verlobten nach Kurdistan geschickt. Eine Schmach für K., der sich als sehr gläubig beschreibt.

Er zeigte den Mitbewohner an, zog die Anzeige wieder zurück als der ihm „auf den Koran“ schwor, dass er mit dem Video nichts zu tun habe. Weil er ihm letztlich doch nicht traute, zeigte er ihn erneut an. Gegen Salar H. wird in diesem Zusammenhang ermittelt. Der streitet aber ab, etwas mit dem Video zu tun zu haben.

Am kommenden Montag sollen einige Zeugen zum Video aussagen, das zumindest Motiv für einen Racheakt sein könnte. Mit welcher Strafe K. zu rechnen hat und ob der Vorwurf des versuchten Totschlags zu halten sein wird, ist unklar, denn bisher weiß das Gericht nicht allzu viel.

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Kommentare (4)

  • Privatfrau

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    “Zeugen haben das Ganze allenfalls am Rande oder gar nicht beobachtet.”
    Aha – eine kreative Neudefinition für den Zeugenbegriff?
    Am Rande beobachtet – jaah, aber schon grenzwertig.
    Aber gar nicht beobachtet? Und trotzdem Zeuge?
    Versteh ich jetzt nicht so ganz, aber wenn’s der Wahrheitsfindung dient….

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  • Piedro

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    @Privatfrau
    Wenn du als Zeuge geladen wirst, bist du einer. Wenn du nichts gesehen hast teilst du das mit und wirst als Zeuge entlassen. Dann bist du keiner mehr.

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  • J.D.

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    @Privatfrau
    Entscheidend ist doch eher was gesehen wurde. Alleine wenn jemand den Angeklagten kurz vor der Tat mit einem Schraubendreher gesehen hat oder vorangegangene Streitigkeiten mitbekommen hat, macht das jemanden zum Zeugen. Das reicht zwar um einen etwaigen Tatvorgang oder Motiv zu konstruieren, aber ohne direkte Zeugen bei der Tat ist es trotzdem schwieriger ein Urteil zu fällen.

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  • Hthik

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    Ich bin mit der Überschrift nicht ganz zufrieden.

    “kompromittieren” laut Duden:

    “durch eine Äußerung oder ein Verhalten jemandes, dem eigenen Ansehen schaden; bloßstellen
    Beispiel jemanden, sich durch etwas kompromittieren”

    Vermutlich wurde der Angeklagte hierdurch in Kurdistan aufgrund der dortigen Ansichten kompromittiert, die Überschrift erweckt aber eher den Eindruck, er wäre kulturunabhängig, also auch in Deutschland kompromittiert.

    Tatsächlich kompromittiert ist aber der Unbekannte, der das Video erstellt und veröffentlicht hat. Vor einiger Zeit hat der Gesetzgeber hierfür extra noch einmal spezielle Straftatbestände geschaffen um die Strafbarkeit klarzustellen. Darüber, dass jemand durch Selbstbefriedigung kompromittiert wäre, sind wir ja hoffentlich hinweg. Abgesehen möglicherweise von der AfD, wenn sie in einer Aufklärungsbroschüre lesen muss, dass es sich dabei um normales Sexualverhalten handelt.

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Kommentare sind deaktiviert

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