Post-Azubis zwischen Pest und Cholera
Mit Übernahmeversprechen werden Azubis bei der Deutschen Post erst als billige Arbeitskräfte ausgebeutet und sollen dann in ausgelagerten GmbHs mit schlechter Bezahlung landen.
„Erst wird man zwei Jahre als billige Arbeitskraft ausgebeutet und dann kann man schauen, wo man bleibt.“ Das ist das traurige Fazit von Stefan R. (Name geändert). Ende Juni beendet R. seine Ausbildung zum Briefzusteller bei der Deutschen Post AG, ebenso wie 23 andere Azubis im Bereich der Niederlassung Straubing, zu der auch Regensburg gehört. Für 760 im ersten und 840 Euro im zweiten Lehrjahr war er nach zwei Tagen Einarbeitungszeit für einen kompletten Zustellbezirk zuständig. Bei Ausbildungsbeginn stand stets die – mündliche – Zusage in jedem Fall übernommen zu werden – so wie es auch noch bei allen Azubis 2014 der Fall war.
„…kurz reinschauen, weil Personalnotstand herrscht.“
Bei solchen Versprechen lässt man sich als Azubi dann auch mal breit schlagen, ins Paketzentrum „reinzuschnuppern“, anders ausgedrückt: um während der Stoßzeiten im Weihnachtsgeschäft als billige Zusatzkraft zu arbeiten. Oder man erklärt sich bereit, auszuhelfen, wenn man während der Urlaubszeit zuhause angerufen wird, um „kurz reinzuschauen, weil Personalnotstand herrscht“. Schließlich hofft man auf Festanstellung, da zeigt man sich schon mal flexibel.
Doch ob er übernommen wird, wissen weder Stefan R. noch ein Großteil der anderen Azubis – und das keine drei Wochen vor dem Ende ihrer Ausbildung. Angeblich habe die Zentrale der Deutschen Post in Bonn die sogenannten „Übernahmequoten“ noch nicht mitgeteilt, erfuhren die Azubis bei einer Versammlung Mitte April. Und auf diesem Informationsstand befinden sich die meisten von ihnen bis heute. Stichprobenartige Anrufe ergaben: Lediglich vereinzelt haben sie schon erfahren, wie es beruflich weitergeht.
Übernahme nur in die Lohndrücker-GmbHs
Bislang stehen die jungen Leute stattdessen vor einer „Wahl zwischen Pest und Cholera“, wie R. es bezeichnet. Entweder könnten die Azubis sich auf einen Vertrag bei der Deutschen Post AG einlassen, der allerdings auf ein halbes Jahr – bis Ende 2015 – befristet ist oder sich auf eine unbefristete Stelle bei einer der 49 regionalen „DHL Delivery GmbHs“ bewerben.
Diese Tochtergesellschaften hat die Deutsche Post AG Anfang des Jahres explizit gegründet, um den Lohn ihrer Beschäftigten zu drücken.
Anstelle des lukrativen Haustarifs gelten in den Delivery GmbHs die weit darunter liegenden Tarife der Speditions- und Logistikbranche. Für die gleiche Arbeit erhält ein Zusteller bei der GmbH dann bis zu 20 Prozent weniger Lohn als einer, der direkt bei der Deutschen Post AG beschäftigt ist. Auch Betriebsräte gibt es in den DHL Delivery GmbHs bislang noch nicht. Derzeit arbeiten dort schon jetzt rund 6.000 Menschen und das Gros der Azubis wie Stefan R. einer ist soll nach dem Willen des Konzerns auch dort landen – als Paket- und nicht, wie es seiner Ausbildung entspricht, Briefzusteller.
Bei den Tarifverhandlungen mit der Deutschen Post hatte die Gewerkschaft ver.di, das ging bislang immer unter, auch gefordert, dass alle Auszubildenden von der AG und nicht den Billig-GmbHs übernommen werden sollten. Generell sollen die Beschäftigten der regionalen GmbHs in den Haustarif zurückgeführt werden. Doch die Deutsche Post AG ließ die Verhandlungen scheitern. Nun läuft ein unbefristeter Streik.
Milliardengewinn und hohe Renditeversprechen
Die Verhandlungsführerin der Post AG, Melanie Kreis, hat die Forderungen der Gewerkschaft rundweg abgelehnt. „Dieses sogenannte Angebot, das durch die ultimative Forderung nach umgehender Annahme nicht einmal verhandelbar war, löst keines unserer Probleme. Mit einer Mehrbelastung von rund 300 Millionen Euro wäre es sogar eine spürbare Verschärfung unseres bestehenden Wettbewerbsnachteils“, lässt sie in einer aktuellen Pressemitteilung verlauten.
Diese Aussage der Diplomphysikerin, die übrigens von der Unternehmensberatung McKinsey kommt, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. In diesem Jahr erwartet die Post AG einen Gewinn von 3,2 Milliarden Euro. Der Marktanteil bei der Paketzustellung, die vor allem in die GmbHs ausgelagert werden soll, ist zuletzt auf gut 45 Prozent gestiegen. Und zu allem Überfluss läuft diese De facto-Lohnkürzung unter Ägide eines Postchefs Frank Appel, übrigens ebenfalls ein McKinsey-Mannn, dessen Bezüge im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 9,59 Millionen Euro gestiegen sind. Aber offenbar sollen die Rendite-Versprechungen des DAX-Konzerns von acht Prozent jährlich auf dem Rücken der Beschäftigten gehalten werden.
…oder woanders für einen Hungerlohn arbeiten
„Wenn ich einen anderen Beruf gelernt hätte, dann könnte ich mir vielleicht einen anderen Arbeitgeber suchen“, sagt R.. So aber bleibe ihm nur, auf das Angebot der Deutschen Post einzugehen. Freilich gebe es noch andere Briefzustelldienste, wie etwa die zum Verlag der Mittelbayerischen Zeitung gehörige City Mail GmbH „Aber dann arbeite ich tatsächlich für einen Hungerlohn.“
Heinz
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Ja so ist das in unserem schönen Kapital-System. Die Erfolge der Lobby, buckelt der Kleine. Und wie das so überall ist, mangelt es an Bildung. Nicht, dass die Azubis dumm wären. Nur eine DGB-Gewerkschaft, die sowieso schon im kapitalistischen “Hau-Drauf” ihre Spielchen spielt, wird sich wenig bemühen, solche “Schönheitsfehler” auszubügeln. So läuft´s bei IGM, IG BAU und noch weiteren. Die kleinen Lohnerhöungen sind nur ein Bonbon um die Mäuler zu stopfen.
Unser Politisches System gehört sich komplett abgeschafft. Nur wer schafft ab und wer baut neu auf?
PostAzubi
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Ja, das was im Artikel steht stimmt vollkommen. Es ist gerade sehr beschissen was die Übernahmesituation der Azubis angeht. Spätestens jetzt sollten die Azubis sich gegen diese Verantwortungslosigkeit des Arbeitgebers zur wehr setzen.
Franz Mahler
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Auf den ersten Blick meint man, es geht hier um eine Bananenrepublik im Urwald oder die Vereinigten Staaten von Amerika, in denen jeder, der die kapitalistische Marktwirtschaft auch nur mit einer Silbe kritisiert, sofort als Kommunist an das Kreuz genagelt wird.
Aber das ist die ungeschönte Realität in dem von den meisten anderen Medien hierzulande vielgepriesenen schönen Deutschland mit seiner „sozialen“ Marktwirtschaft, in dem es allen hart arbeitenden Bürgern angeblich so gut geht. Die einen malochen inzwischen für ein paar lausige Kröten und die anderen ersaufen in Millionen und bekommen den Hals einfach nicht voll genug.
Denn genau das meinen Neoliberale, Konservative und Rechte, wenn sie in ihren Sonntagsreden auf der einen Seite immer vom „Sparen“ und auf der anderen Seite von den sogenannten „Leistungsträgern“ faseln. Bei den einen wird gespart und gekürzt, damit sich die oberen Zehntausend in diesem „christlichen“ Land noch eine Ferienvilla, noch einen Ferrari, noch einen Rembrandt und noch eine Luxusyacht leisten können.
Diese Realität fällt also nicht vom Himmel. Diese Realität ist das Ergebnis der neoliberal-konservativen Politik von CDU/CSU, FDP, Grüne, SPD und unserer „geliebten“ Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel.
MfG
Franz
Taxifahrer
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Mündliche Zusagen zählen leider in der Arbeitswelt nichts. Für den Kampf um eine bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen bleibt manchmal nur der Streik.
Resch
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Die traurige Wahrheit ist , dass eben in unserer heutigen Zeit eben nur noch der maximale Profit zählt. Schon der Wahnsinn was die von der Post in den nächsten Jahren so als Dividende ausloben. Im Jahr 2017 gibt die Post eine Dividendenrendite von 4,26% vor. Wenn man die Vollzeitarbeitsplätze killt , kann man eben heute in Deutschland kein vernünftiges Leben mehr führen. Alles billig oder was . Mit diesen neuen Regionalen Gesellschaften spart sich die Post auch großartig laufenden Kosten , und die übrigen Postbeamten werden es dann schon richten. Es wären dann für den kleinen Mann von heute eben auch 2 oder sogar 3 zwanzig Stunden Jobs gefragt , damit man ja auch in Regensburg gut über die Runden kommt. ( die Mietpreise dort stiegen ja auch derartig in den letzten vielen monaten )
Seit Jahren vernichtet die Deutsche Post tausenden Vollzeitarbeitsplätze , und ich frage mich andauernd , was eigentlich unsere Politiker dazu sagen.
So kann man heute doch nicht Leben, wenn ein jeder nur noch einen Teilzeitjob hat, oder eben billig für 1200 Euro netto ausgelagert wird.
Der Bund hält doch noch einige viele Postaktien ,bzw. Stammakten , aber unternimmt nichts gegen die Ausrottung der vielen Vollzeitarbeitsplätze bei der heutigen Deutschen Post.
http://www.finanzen.net/aktien/Deutsche_Post-Aktie
Heute kann man eben als junger Zusteller auch mit den paar Euros dann in dieser neuen GmbH , die Post hat heute schon 49 in ganz Deutschland , kein anständiges Leben mehr führen. — Ich würde nach Beendigung der Lehrzeit bei der Post mir eben einen anderen Job suchen, damit man heute auch anständig davon Leben kann. – Oder eben gleich umschulen.
http://www.paketda.de/dhl-frachtzentrum-regensburg-straubing.html
Jürgen K.
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Irgendwie vermisse ich in dem Artikel die Ausbildungsziele, die ein Auszubildender haben sollte. Früher war es zumindest so, dass ein Azubi keine Arbeitskraft ersetzen durfte, sondern für seinen künftigen Beruf die best mögliche Ausbildung erhielt. Lernen und ausbilden war das Ziel einer Lehrstelle. Warum ausgerechnet ein halbstaatliches Unternehmen dies unterwandern darf, ist mir schleierhaft. Da stellt sich grundsätzlich die Frage warum Firmen gegründet werden dürfen um Löhne zu drücken? Warum dürfen also neu gegründete Firmen andere Löhne bezahlen? Das erinnert stark an die Firma Birkenstock, die wohl dem Gebaren um Jahrzehnte voraus war.
Statt sich zu schämen, werden die Initiatoren sogar noch gelobt und mit einer zusätzlichen Bonitätszahlung belohnt.
Kein Wunder dass gestreikt wird. Meine Solidarität haben sie. Übrigens auch die GDL.
PostAzubi 2
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Ja, alles stimmt. Es ist unmöglich. Überstunden bekommen Azubis auch nicht bezahlt, sollen aber 10 Stunden arbeiten, bis Pakete und Briefe weg sind. Pausen hat man auch nicht, man muss sich ja beeilen, das man noch nach Hause kommt. Ich werde höchstwahrscheinlich keinen Vertrag bekommen, da ich mich einer Operation unterziehen musste , um überhaupt ohne Schmerzen wieder arbeiten zu gehen. Es wurde mir sogar angedroht, wenn ich es machen würde könnte ich sehen was ich kriege.
hs
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warte zwar dringend auf 2 Pakete, aber lasst euch nicht verarschen. Die Postnachfolgeunternehmen haben sich eine Unternehmenspolitik angeeignet, die als arbeitnehmerfeindlich noch zu schön bezeichnet ist. Alles auslagern in Billiglohn-Töchter oder ins Ausland, die restlich verbliebenen Mitarbeiter ständig zum Ausstieg aus dem Unternehmen auffordern usw. Post, Telekom, Wasser, Gas und Stromversorgung, Wasser- und Autostrassen sehe ich als Infrastruktur und das gehört in Staatshand (zurück).
hs
Post-Streik: Beim Lohndrücken spielt Geld keine Rolle » Regensburg Digital
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[…] Wie Recherchen von Regensburg Digital ergaben, werden auch frisch ausgelernte Briefzusteller in dies… In der Niederlassung Straubing, zu der auch Regensburg gehört, wurden sie vor die Wahl gestellt, nach dem Ende ihrer Ausbildung entweder einen Vertrag bei der Deutschen Post zu bekommen, der auf ein halbes Jahr befristet ist und – so die naheliegende Vermutung – nicht verlängert werden wird oder sich auf eine unbefristete Stelle bei einer „DHL Delivery GmbH“ mit entsprechend niedrigerer Bezahlung zu bewerben. Nach Veröffentlichung unseres Berichts haben sich zwischenzeitlich auch Betroffene aus anderen Niederlassungen gemeldet, die vor eine Entscheidung gestellt werden, die einer von ihnen als „Wahl zwischen Pest und Cholera“ bezeichnet. […]
vi
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Ich bin selbst seit Jahren bei der DPAG beschäftigt und finde diesen Artikel grenzwertig und einseitig.
Der Job als Briefzusteller ist nicht einfach , Stress – Termindruck – Verantwortung . Damit muss man klar kommen . Und sich bewähren – Leistung wird auch von der DPAG belohnt .
Und das ist es was viele Lehrlinge nicht erkennen – sie erwarten Kindergarten ……
Ständig krank – faul – unwillig .
Wir hatten Lehrlinge mit mehr Krankheits als Arbeitstagen .
Und dann erwarten sie das sie nen festen , unbefristeten Vertrag bekommen ?
IMein Mitleid hält sich echt in Grenzen …….
Jonas
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Ich finde es ist eine Sauerei, wenn man Azubis nur als billige Arbeitskraft verwendet und dann nach der Ausbildung nicht übernimmt. Das scheint aber nicht nur bei der Post zur Zeit der Fall zu sein. Auf der anderen Seit lese ich über die Integration von Flüchtlichgen : https://www.pakete-verfolgen.de/deutsche-post-schafft-arbeitsplaetze-fuer-fluechtlinge/ .Es ist ja ganz gut, das man sich darum kümmert, aber man sollte die Azubis nicht zu kurz kommen lassen. Ich hoffe es bessert sich in der nächsten Zeit wieder.
Viele Grüße Jonas